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wird am 82. Jahrgang Mittwoch Km 19. Januar 1916 abends Wr l-4 Die M-Herrtz-Zeitung«' Wscheint täglich mit Aus- »-m» der Sonn- und Uch 1 M. 50 Pf., zwei monatlich 1 Mark, ein- monatlich 50 Pf. Ein- »eine Nummern 10 Pf. Alle Postanstalten,Post- Koten, sowie unsere Aus- träger »-n,nen Vettel- Wv di« Aufnahme eU s Snsera^ «*- Stelle und «n stimmte» La^en wirLteinr^GaranMübernommen. " Verantwo kicher Redaneur: Pam Iehne- — Druck und Verlag von Earl Iehne in Dippoldiswalde. Inserat« werden ml! 15Pf., solche aus unserer Amtsh auptmanns chaft mit 12Pf. die Spaltzeil« oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 85 bez. 80 Pf. — Tabellarische undkomplizierteJnserate mit entsprechendem Auf- schlag. — Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spalteilzeile 30 Pf. WHerih-Mullg ÄMszeitW M Wm sir «. U. Amtsblatt für die KSm» Amtshauptmannschast. das Äönizliche Amtsgericht and de» Etadtrat zu Dippoldiswald« Beschlagnahme nud BcstanSs-Erhednng von Nutz- »amnholz nnd stehenden Rusivämncu. Durch Bekanntmachung der stellvertretenden Königlichen Generalkommandos Xll und XIX vom 15. Januar 1916 (Nr. 11 der „Sächsischen Staatszeilung") sind bosvblüßusbml: I. Vorrätv an Hakdsamdolr! mit einer Mindestslärke von 6 cm, emer Mm- deltlänge von 100 cm und einer Mindestbreile von 20 cm, mit LusuadMV von Lrroaeoisstoll aus Nußbaumholz, wie z. B. Möbel; 2. alle stvkvlläsu MstoukbLamv, deren Stämme bei einer Messung in Höhe von 100 cm über dem Boden einen Umfang von mindestens 100 cm uusweisen. Wer solche Holzvorräts oder Walnußbäume im Besitz hat, ist zu deren MoWvll8 bis spätestens rum 28. Faimsr 1916 vsrpkliodtst, Mslckvsodvlllv sind bei den ortstdsWrügll erhältlich und von diesen bei der Königlichen Amtshquptmannschaft anzufordern. Nr. 422a Mob. König!. Amtshauptmamifchaft Dippoldiswalde, am 16.Januar 1916. Gemeindekriegsstener. Die am 20. d. M. fällige Kriegssteurr ist innerhalb 14 Tagen und spätestens bis zum 2. ksbrasr 6. z. an die Stadtsteuer-Einnahme im Rathause, Zimmer Nr. 3, zu entrichten. Dippoldiswalde, am 18. Januar 1916. Der Stadtrat. ÄskMs «MS Süch^tches. Dippoldiswalde, 19. Januar. Wenn je ein Thema zeitgemäß war, so das, welches gestern abend Herr Waldemar Schmidt aus Dresden im Gewerbeverein behandelte: „Das masurische Seengebiet und der Krieg". Dementsprechend hatte sich auch eine zahlreiche Zuhörer schaft eingefunden, darunter unsere Verwundeten. Redner behandelte einleitend die Glanzzeit des deutschen Ritter ordens, die dieser im 14. Jahrhundert hier erlebt und auf den im Laufe des Vortrags wiederholt zurückgegriffen wurde bei der Besprechung zahlreicher schöner Bauwerke, die ihm ihre Entstehung verdanken; erwähnte dann die große Schlacht in, nächsten Jahrhundert, in der der Orden, ^er für deutsches Wesen und deutsche Sitte damals kämpfte, wie heute dafür gekämpft wird, dem damaligen Polenlönig unterlag, wofür, so waltet das Schicksal, Held Hindenburg mit seinen Tapferen auf dem gleichen Boden jetzt Rache nahm. An der Hand von Karten erläuterte Redner näher das masurische Seengebiet und die masu rischen Schlachtfelder, schilderte dann Land und Leute, Sitten und Gebräuche, unternahm mit den Zuhörern eine zweitägige Dampferfahrt auf einer Anzahl der 360 masu rischen Seen, deren größter zum Beispiel noch den Vier waldstädter Ker an Fläche übertrifft, und zeigte die Ort- schasten mit ihren Sehenswürdigkeiten. Masuren ist reich an landschaftlich schönen Gegenden, hat aber auch sandige und steinige Strecken genug, so steinig, daß der Landmann von der Bearbeitung des Bodens absehen muß, und hat auch die berüchtigten, durch den Grarüberzug zunächst nicht erkennbaren Sümpfe. Die Wälder, die noch zum großen Teil unangetastete Natur uns bieten, sind Ueberrefte der vom Ritterorden mit Absicht geschaffenen Wildnis als Schutz gegen Einfälle von Osten. Diese entstehende Wildnis verminoerte damals nach und nach die Einwohnerzahl, die noch heute im Verhältnis zum Durchschnitt in Deutschland sehr gering ist, etwa l :5. Farbenprächtige Lichtbilder unter- stützten den Vortrag und zeigten,daß dieses erstin jüngster Zeit den meisten dem Namen nach bekannt gewordene Stück Deutschland, verdient, aufgesucht zu werden, und daß es recht wohl imstande ist, sogar den Vielaereiften zu fesseln. Aber die Bild:r zeigten uns auch die Spuren der schweren Zeit, die Masuren im jetzigen Weltkrieg durchzumachen hafte. Manches der schönen Bauwerke, die Herr Schmidt vor ein paar Jahren im Bilde feftgehalten hat, ist heute ein Trümmerhaufen, soweit nicht unermüdlicher Fleiß schon wieder Besserung schaffte. Daß das durch Hindenburg be- rühmt gewordeneMasurcn,kehrt erst derFriede ein, dasRclseziel vieler sein wird, ist sicher; und daß es das verdient zeigte uns gestern Abend Herr Waldemar Schmidt, der für seine Darbietungen reichen Beifall erniete. — Freudig üufge- nommen wurde ein auf die Leinwand geworfener Gruß unseres Vorsitzenden in „Marineblau" mit seinem Bildnis, ausgenommen „bei der Arbeit". — Der dem Roten Kreuz ungekürzt zufließende Ertrag der freiwilligen Gaben be- trägt etwa 50 Mark. — Am Schlüsse gab der derzeitige Bereinsleiter, Herr Lehrer Michael, der während des Vortrages die schönen Bilder „machte", nach herzlichem Danke für alle Spender, bekannt, daß Herr Teicher die Leitung des Vereins übernehmen wird, und wünschte dem Verein weiter erfolgreiche» Arbeiten. (Herr Michael hat ebenfalls Order.) — Die hiesige Bäcker-Innung hält am nächsten Sonn- tag nachmittags 4 Uhr im Gasthof zum Stern hier ihr Neujahrsquartal ab. — Der am gestrigen Dienstag über unsere Stadt ge flogene Zeppelin hat eine Feldpost abgeworfen, die rm Garten des Herrn Färbereibesitzer Zeidler niederfiel und die zunächst an das Lazarett des Herrn A. Reichel abge liefert wurde. An einem schwarz-weiß-roten Fahnenftreifcn war ein Gummisäckchen befestigt, in dem ein Zettel mit folgenden Versen steckte: An die Verwundeten des Lazaretts zu Dippoldiswalde. Daß der Feind uns zertrümmert, Nicht haben wir's gelitten. — Für unsre Heimat habt Ihr Geblutet nnd gelitten. Aus roher Kriegszeit wird Ein schönes Deutschland wachsen! Habt Dank für Eure Grüße-vom Marinelustschisf , Sachsen". 18. Januar 1916. Viktor Schütze, Korvetten- Kapitän. — Keine Mitteilungen in Postpaketen an Kriegsge fangene. Der hiesige Zweigve:ein vom Roten Kreuz schreibt uns: Der russischen Zeitung „Nowoje Wremja" vom 8. 12. 15 haben wir folgende Mitteilung entnommen: „Vor einigen Tagen entdeckte ein Beamter der militärischen Zensur bei Untersuchung eines aus dem Auslande einge troffenen Postpakets, Vas für einen Kriegsgefangenen be stimmt war, in einer Tafel Schokolade einen beschrie benen Zettel, der bei Herstellung der Schokolade in diese eingebacken worden war. Man nimmt an, daß diese Methode Briefe zu senden in großem Umfange angcwendet wird. Infolgedessen befahl der Oberkommandierende, alle Kriegsgefangenen darauf aufmerksam zu machen, daß Postpakete für Kriegsgefangene überhaupt nicht mehr an genommen werden, falls derartige Briefsendungen aus der Heimat nicht innerhalb eines Monats unterlassen werden." Im Interesse der Gesamtheit der Kriegsgefengenen sollten die Angehörigen keinesfalls den Ihrigen in der Gefan genschaft irgendwelche Mitteilungen auf unerlaubtem Wege zukommen lassen, da hierdurch, ab eschen von der großen Gefahr, die sür den Betreffenden selbst entsteht, dieses auch für alle Mitgefangenen von großem Schaden sein kann. Oberhäslich. Herr Walter Welde, ältester Sohn des Herrn Vorwerksbesitzers O. Welde hier, erhielt bereits vor einigen Wochen das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Schmiedeberg. Eines außerordentlich zahlreichen Be suchs von nah und fern, wie ja zu erwarten mar, konnte sich der am Sonntag hier von den Männergesangveretnen Schmiedebergs veranstaltete Kriegsabend erfreuen. Das vorzüglich zusammengestellte Programm erreichte voll und ganz seinen Zweck, in ernster Kriegszeft erhebend und be lehrend auf die Zuhörerschaft zu wirken. Unter den Dar bietungen, die hauptsächlich in trefflichen, wohlgelungenen Männerchören bestanden, zeichnete sich ein von den Herren Schuldirektor Kadner und Kantor Schüller gespielter vier- händiger Klaviervortrag (Ouvertüre „Der Kalif von Bag dad") aus. Ebenso vermachte Herr Lehrer Söldner als gern gehörter Bassist die Anwesenden mit prächtig gesun genen Solis zu erfreuen. Dank überaus liebenswürdiger Bereitwilligkeit des Herrn Kgl. Bezirkrschulinspektor Kuhne- Dippoldiswalde, bilde!« ein von demselben gehaltener Vor trag über das zeitgemäße, hochinteressante Thema „Berlin —Bagdad" den Mittelpunkt des Abends. Diese umfang- reichen, bedeutungsvollen Ausführungen des geschätzten Herrn Redners hier eingehend wieder zu geben, ist un- möglich. Doch soll in Folgendem versucht werden, das Hauptsächlichste zu berichten. Die beiden Städte Bagdad und Berlin verkörpern gleichsam zwei Pole entgegengesetzter Kräfte. Der eine al« Sammelpunkt politischer Größe, der andere als Wunderstadt des Orients, die Mutter geistiger Kultur. Die Beziehungen zwischen Morgen- und Abend land, über 2000 Jahre alt, waren zumeist nicht friedlich. Sie brachten ein sietes Ringen mit sich, dessen Einfluß bis in unsere Tage reicht. Während Berlin durch seine Lage deutliche Zeichen einer späteren Lntjtehungrperiode aufweilt, kann das höhere Alter Bagdad mit ehemals schon hoch entwickelter Kultur sür sich in Anspruch nehmen. Auf einem unweit in südlicher Richtung von Bagdad befind lichen Hügel (Teil) stand 4000 Jahre vor Christi ein Sonnentempel, das Zentrum der Welt. Aber das ist noch nicht die äl'este Kulturperiode. Durch Kenntnis von Sprachdenkmälern, Religionssystemen und Völkertypen wissen wir heute, daß di« älteste Zeit hoher Kultur etwa 6000 Jahre vor Christi zurückltegt. Das System der Zahl 12, wonach wir heute noch di« Jahre. Monate und Tage einteilen, entstammt aus jener Zeit, einer Anregung Me sopotamiens. Unter Alexander d. Großen begann die erste Berührung mit dem Wetten. Dreimal standen Osten und Westen an Macht gleich; in den Zeilen Karls d. Kroßen, der Hohenstaufen und Karls V. Dreimal war der Westen dem Osten überlegen; zur Zett der Römerherrschafl, in der Kaiserzcit Napoleons und in der Gegenwart. Dreimal griff der Osten weiter nach dem Westen; zur Zeit der Ausbrei tung des Islams, in der Mongolenströmung des 14. Jahr hunderts und in der Türkenherrschaft in Mitteleuropa. Ost genug standen sich die Völker des Morgenlandes in Zer splitterung gegenüber. In keinem Kampfe hat das Abend land jemals das Morgenland kulturell unterworfen. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, wo Deutschland dasselbe zu gewinnen sucht. Go ist de,: Augenblick, wo der erste Zug aus Berlin nach Konstantinopel abrollte, als ein großes weltgeschichtliches Ereignis anzuschen. Jene Stadt mit den goldglänzenden Kuppeln gilt als das Weitentor nach drei Erdteilen Kin. Eie ist der Schwerpunkt dcr Politik, die hehr Schule der Diplomatie und kaufmännischer Nutzoer kehr. Seil l l/2 tausend Jahren war Konstantinopel die bang« Sorge vieler Volker und des gesamten Islams. Bis 1453 galten die Türken als Sieger. Mohamed II. ward dcr Eroberer des Westens. Von 1683 ab ging die Kraft dcr Türkei langsam wieder zurück. Sie wurde nach und nach vom Balkan verdrängt, bis sie 1913 das letzte Stück Europas verlor. Als alter Nomaden stamm, in Art und Charakter rein orientalisch, mußte die Türkei wirt schaftlich znrückgehen, da ihr em'weiter Blick fehlte. Zu dieser ungünstigen Charakteranlage kamen noch geschicht liche Ereignisse hinzu. Die westeuropäischen Entdeckungen unterbanden Land- und Seehandel von Indien. Oester reich drängte infolge Erstarkung Preußen» nach Osten, England suchte den östlichen Sandel in seine Gewalt zu bringen, Rußland trachtete nach einem Ausgang ins Aegäische Meer und im Innern der Türkei erkrankte das Leben. Daher die Bezeichnung „Der kranke Mann". Der Plan des Viervcrbandcs aber ging dahin, die Türkei auf zuteilen. England mar die treibende Kraft. Dagegen widersetzte sich Deutschland, denn es brauchte Spielraum, um sich wirtschaftlich betätigen zu können. Im Interesse seiner Zukunft muß es die Türkei erhalten, sie wirtschaft lich und militärisch zu stärken suchen So kam es, daß Deutschland mit den Bestrebungen Englands und Ruß lands zusammenftieß. Für Deutschland gilt es, die Türkei nicht zu beherrschen, wie es die Ententemächte versucht haben, sondern sie zu befruchten. Daher die innige Ver brüderung des Abendlandes mit dem Morgenlande. Wie hat England in den letzten Jahrzehnten gearbeitet? Selt 1870 ab erregte e» ständig Unruhen auf dem Balkan, in Griechenland und Kreta. 1882 besetzte es Aegypten, weil es den Suezkanal für seinen Handel als den Lebensnerv erachtete. 1900 griff es hinüber nach Arabien und ge wann mit Geld, Waffen und Bestechung Einfluß und einzelne Scheichs. 1903 legte es Hand auf Mesopotamien