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Nummer ISS — 27. Jahrgang »r che»» «.mal wö-h-uii. ->tt den Illusir. ff.r°,iSbr„n«-n D.e »«!>' und -Für »uiere kleinen Leute'. lowle den Terlbctlayen «, «enno-BIatt'. .Nnierhalkmg und Wissen'. .Die Weil der Kenn' .Aerzilicher Ratgeber' .Dar gute Buch' .FIlmnmd. 8.,»'. MonaliiAer «e,»«»Preis 3 Mi. ein,»,. Pesiellqeid. Wnzelnummer lO 4 Sonnabend- ». Eonntagnnmmer NO Ha,wti<»riltleltek: De. w. LeSezhk. Dresden. SachsWe Sonnabend, 1. September ISS» >ver>a«»ort! DreSde« «n,eigenpreisei Die Igespaitene Petilzetie»0 4. Familien. an;-ige,l u.St-llenaeiuiv- NO 4. Die Petttrellamezeile. 8gium breit. 1 Für Anzeigen auherhald der Verbreitungsgebiete« 40 4. die PetttreNaniezeile I.»O^r. Osferiengeb.ro <! Im Fall« höherer Gewalt erlischt ,ede VervMchtung auf Lieferung iowie Erfüllung v. Anzeigen-RuslrSgen u. Leistung v. Schadeneriad. GelchüMichei Teil Artur Len,. Dresden Der 1. September Die „Normallasten" des Dawesplanes beginnen! Der 1. September spielt in der Nachkriegs- geschichte Deutschlands eine wichtige Nolle. Von diesem Tag an datiert die Berechnung der Dawes lasten. Es war am 29. Dezember 1922, als der amerikanische Staatssekretär Hughes zum ersten Male den Vorschlag machte, das Neparationsproblem, das damals zum welt- w rtschaftlichen Chaos zu führen drohte, der politi- s ch e n Behandlung zu entziehen und einem Sonderaus schuss non Sachverständigen verschiedener Nationalitäten zu überweisen. Ehe es dazu kam. stellte die Reparatious- koinmission am 9. Januar 1923 Verfehlungen in den deutschen Kostenlieferungen fest. Am 11. Januar 1923 begann die Nuhrbesetzung. Das Reparationsproblem war aus einem toten Punkt angelangt. Der deutsch- nationale Außenminister des Kabinetts Cuno, von Ro se n b e r g . gab am 10. April die Erklärung ab: „Deutsch land sei bereit und gewillt, zur Erfüllung seiner Repa- rationsvMcht zu arbeiten, zu opfern und zu zahlen, was immer in seiner Kraft stehe. Dies sei der Inhalt, aber cu ch d>e Grenze seiner Verpflichtung." Und Lord Cur - zon. der englische Schatzkanzler, bezeichnete daraufhin einen Fortschritt durchaus für möglich, „wenn Deutschland seine Zahlungsbereitschaft zum Ausdruck bringt, die Zah lungen durch besondere Finanzautoritäten festgesetzt lind die erforderlichen besonderen Garantien von Deutschland gestellt werden." Am 7. Juni machte das Kabinett Cuno das weit über alle Vorschläge des Reichskanzlers Dr. Wirth hinausgehende Anerbieten, ,ckie Entscheidung einer unparteiischen übernationalen Instanz über Höhe und Art der Zahlungen anzunehmen." In diesem Aner bieten wurde die Reichsbahn, die gesamte deutsche Wirt schaft, sowie der Ertrag der Zölle auf Genußmittel und der Verbrauchssteuern auf Tabak, Bier, Wein und Zucker und des Branntweinmonopols als Siäzerheit ge nannt. Das ist in ganz kurzen Zügen die Vorgeschichte des Dawesplanes. der nach der berühmten Poincarö- Redc bei der Denkmalsweihe in Sampigny auf der Bstdsläche der Weltgeschichte erschien. Den Vorsitz des Sachverständigen-Ausschusses für Währungs- und Bud getsragen übernahm am 14. Januar 1924 der Amerikaner General Dawes, der der ganzen Regelung seinen Na men geliehen hat, während der Engländer Mac Kenna an die Spitze des Ausschusses für die Kapitalflucht trat. Die Sachverständigen arbeiteten schnell. Die rein ge schäftliche Art der Behandlung der sogenannten Re parationsfrage war an die Stelle der bisherigen vorwie gend politischen Betrachtungsweise getreten. Das Sy stem. das man auf diese sachverständige Art ersann, sollte Deutschland so viel Lust zum Atmen lassen, daß es eben nicht erstickt. In der Diplomatensprache hieß das „Scho nung der Lebensinteressen Deutschlands". Und niemand wird leugnen, daß es ein raffiniertes Meisterwerk sein mußte, das trotz dieser Schonung die höchstmöglichsten Reparationszahlungen aus Deutschland herauspreßt. Es ist gut, sich am vierten Jahrestage seit dein In krafttreten des Planes dieses System in voller Klarheit vor Augen zu führen. Es enthielt folgenden Zah lungsplan: Im ersten Dawesjahre 1924/25 hatte Deutschland zu entrichten: 1 Milliarde Mark (800 Millio nen aus Ausländsanleihe, 200 Millionen aus Zinsen der Eisenbahnobligationen). Im zweiten und dritten Dawes- jahr je 1200 Millionen, aus sämtlichen Reparationsquel- lcn, d. h. teils aus dem Reichshaushalt, teils aus der Reichsbahn- und Industriebelastung und teils aus Ver kehrssteuern. Im vierten Dawesjahr, das am heutigen Tage abschließt, waren 1750 Millionen zu zahlen, und ab 1. September 1928 beträgt die Schuldsumme jährlich, vorläufig noch auf unbestimmte Zeit hinaus, 2 5 0 0 MiI - lionen Mark. Diese Summe kann noch eine Er höhung erfahren, wenn ein sehr seltsam ausgeklügelter Index — man macht heute alles mit dem Index — einen besonderen „Wohlstand" des deutschen Volkes aus- welst. Zur Vollständigkeit des Systems gehört es, zu wissen, daß die aufgebrachten Summen auf ein besonde res Konto der Reichsbank fließen, dessen Abhebung das sogenannte „Transfer- (oder Uebertragungs-) Komitee" besorgt. Falls es nicht möglich sein sollte — dieser Fall ist bisher noch nicht eingetreten —. das Geld ohne Ge fährdung des internationalen Devisenmarktes ins Aus land zu übertragen, dann soll es im Inland angelegt wer- den. Erst wenn die nicht übertragbaren Summen fünf Di« heutige Nummer enthält das St. Benno-Blatt, da» Sanntagsblatt für di» Diözese «ritzen. W vleivl illls Mem-NW Die öffentliche Gerichtsverhandlung wird weiter hinausgeschoben wie Kalles operier! Der „O-servatore Romano" setzt seine Unter suchungen übe.- die Methoden des Präsidenten Calles zur Ver dunkelung der wirklichen Schuldverhältnisse am Morde des Generals Obren»!, fort. Unter dem Titel „Zwischen Kerker und Prozeß" stellt der „Osservatore" fest, daß aus Verlangen der psychiatrischen Kommission das Verfahren gegen Tora! bis Mitte September aufgeschoben werden soll. Unterdessen find Schwester Conzepcion und Castro im Ge- siingnis, während aus den Katholiken die Gcncralbcschuldigung Calles, lastet. Die von der össentlichen Meinung und den Obre- gonistcn Beschuldigten sind alle in Freiheit. Und doch liegt gegen die ersteren kein Beweis und nnr vage, lächerliche An klagen vor, während man Uber die anderen vom ersten Tag an laut und bestimmt sprach. Diese ganz bestimmten Anklagen wurden in einer Ver sammlung der Vereinigten nationalistischen Revolutions- Parteien (Obregonisten) von dem Abgeordneten Aurelio Man- rique erhoben. Derselbe sagt u. a.: Die mexikanische Arbeiterpartei hat schon seit langem jene Atmosphäre von Haß vorbereitet, die zur Ermordung des Gene rals Obregon führen mutzte. In einer solchen Lage konnte ein Geistesschwacher den seelischen Zwang empfinden und es für notwendig halten, den Mann zu beseitigen, der das nationale Wohl gewährleistete. Was verlangen wir für den Mörder Obregons? Ich mache mich zum Dolmetscher der Obregonisten, die eoelmütig sind, und erkläre, daß wir nicht seinen Tod wünschen." „El Universal", der diese Mitteilung macht, fügt hinzu: „Die Versammlung spendete anhaltenden Beifall, worauf der Redner weiter bemerkte, daß die Obregonisten mit dem bißchen Anteil an der Macht, das ihnen eingeräumt wurd, nichts an zufangen wissen. — Ihr könnt sicher sein, fuhr er fort, daß der Ooregonismus in diesem Verbrechen nicht verschlammen wird. Für uns ist der Mörder ohne Verantwortung, das Opfer höherer Mächte außer ihm. Hat der Mann die ganze Wahr heit gesagt? Wird er sie im Verhör sagen? . . . (Im Ver hör hat er gesagt, daß die Wahrheit die ist, daß Trejo, der Mann der Crom, der Anstifter war, an der Spitze der Crom steht aber Morones und auf sie stützt sich Calles.) Für uns gibt es ein höheres Gericht als das der Menschen. An dieses wenden wir uns, und ihm, dem Urteil des Volkes, haben wir bereits die Handvoll Männer angezeigt, die die wirkliche Verant wortung trifft . . ."" Wer hat je, so fragt der „Osservatore", so bestimmt gegen die Katholiken gesprochen? Wer hat es kaum gewagt, sie zu nennen? Calles und sein Bedienter, Amaro (Kriegsminijter). Ebenso bedeutsam ist ein Telegramm, das die „New Jork Herald Tribüne" am 24. Juli aus Boston brachte: „Es wurden gegen den Präsidenten Calles kurz nach dem Morde am erwähl ten Präsidenten Obregon etwa zwanzig Schüsse abge geben. Das berichtet ein Brief, den heute Carlos O. Malley in Boston von seinem Sohne Lewis, der 21 Jahre alt ist und gegenwärtig in Mexiko sich befindet, geschrieben. Lewis sagt, er habe dem Hause Obregons gegenüber alles beobachtet, was aus der Straße vor sich ging, als der Präsident erschien und dke Schüsse ertönten. Calles entkam wie durch ein Wunder unver sehrt." Wer hat, so fragt der „Osservatore", daran gedacht, katho lische Personen anzugreifen? Niemand. Und doch waren ihre Häuser nicht militärisch bewacht, wie es der Präsident vorsorglich für das Haus des Morones anordnete. Trotzdem hält die soge nannte Justiz die Katholiken im Gefängnis oder verfolgt sie mit ihrem Verdacht. Ein Licht auf die früher üblichen Polizeimethoden wirst eine Anweisung des neuen Polizei-Hess Zertuche. Die Geistlichen solle man nicht „verfolgen", um Beweise bezüglich der Ermordung Obregons zu erbringen, man müsse sie rücksichtsvoll behandeln, sofern sie nicht konkrete Gesetzesübertretungen begehen. Diese Instruktion erging gelegentlich der Nachforschungen nach dem Pater Iimenez, der angeblich unmittelbar vor dem Morde mit dem Mörder gesprochen hat. Toral selber hat aber erklärt, er habe überhaupt mit niemand über sein wahnsinniges Vorha ben gesprochen. Die Instruktion beweist, daß früher die Geist lichen, auch wenn sie keine konkrete Gesetzesübertretung sich haben zu Schulden kommen lassen, „verfolgt wurden". Was das bedeutet, erhellt aus einer Zuschrift eines mexikanischen Radikalen, die an andere Zeitungen, und an den „Osservatore" gesandt wurde: „Angesichts der Natur und des sittlichen Standes der Re gierung Calles ist es nicht befremdlich, daß gegen Nonnen ei» förmlicher Prozeß angestrengt wird, und daß sich falsche Zeugen finden, die die Anklagen erhärten. Calles hat eine Legion von Kreaturen, die jeder Gemeinheit fähig sind. Roberto Cruz ist ein Beispiel. Das ehemalige General- präsidium der Polizei ist zu einem gemeinen Spionage» büro geworden, ja schlimmer, in eine Fabrik von Verleumdun gen. Roberto Cruz befiehlt die Verhaftung der Opfer, läßt sie jede Art Qualen und Entbehrungen ausstehcn, und zwingt sie, so jene Aussagenzu machen, deren die Negierung bedarf. Angenom men, Calles wolle gewisse Leute als beteiligt am Morde Lbre- gons erscheinen lassen, um so die Aufmerksamkeit des Volkes, das Morones als den mutmaßlichen Schuldigen ansieht, abzu lenken. Er gibt die schreckliche Losung aus und erläßt sosort den Gestellungsbefehl für sie, um als Belastungszeugen zu dienen. Zuerst leugnen sie. Nun kommt die Tortur. Sie leugnen im mer noch. Die Tortur wird so oft wiederholt, als nötig ist. und auf diese Weise erlangen Calles' Folterknechte von ihre» Opfern soviel, daß sie die offizielle Anklage stützen. Mit dieser hölli schen, aber einfachen Methode gelangt man zum Ziele." Daraus, so fügt der „Osservatore" hinzu, ist zu ersehen, was aus dem Prozeß geworden wäre, wenn Caltes Herr der Lage geblieben, Toral verschwunden wäre, und er sich nur mehr Nonnen gegenüber befunden hätte. Aber nur die Methoden haben sich geändert, das Wesen ist geblieben Milliarden Mark übersteigen sollten, ist eine Herabsetzung der deutschen Jahresleistungen vorgesehen. Dieses System sollte in jedem deutschen Schulbuch stehen. Jeder Deutsche sollte es w'ssen, daß 1 300 000 deutscheArbeiter, wenn sie 40 Mark in der Woche verdienen, ein ganzes Jahr lang arbeiten müssen, um die Zahlung eines Normal- Dawesjahres aufzubringen. Wenn das Schlagwort von der „A-usbeutungstheorie" überhaupt einen Sinn hat, dann in bezug auf diese Daweslasten. Und jede Klage irgend eines Standes und eines Wirtschaftszweiges müßte normalerweise stets auf ihren Zusammenhang mit der Daweslast geprüft werden. Das keineswegs mit dem Hintergedanken, aus dem Bestehen des Da-wssplanes eine neue Saat des Dölkerhasses aufkeimen zu lassen. Das hieße schlechte Lehren aus der schlechten Liquidation dieses Weltkrieges ziehen. Vielmehr aus dem einfachen, positiven Grunde, um die Tatsache nie durch schönfär bende Reden und durch wohlklingende Verträge verges sen zu machen, daß wir vom Geiste des echten, selbstlosen Friedens noch sehr, sehr weit entfernt sind. Die Repa. sf.rage und die Abrüstungsfrage, das sind die beiden Prüfsteine. an denen die Völker und ihre verantwortlichen Staatsmänner in Zukunft prak- tisch werden beweisen müssen, ob ihre Friedensreden und A Gr feierlicher Verzicht auf den Krieg als Mittel der Politik echte Münze war, oder aber eitel Lug und Trug. Es wird auf die Dauer nicht angehen, daß man mit den Milliarden, die man angeblich als „Wiedergut mach u n g" aus einem entwaffneten Volke herauspreßt, die eigenen zum Teil wahnsinnigen Rüstungen be zahlt, die sich von dein Hintergründe der Friedenskonfe- renzen und der Friedenspakte wie Teufeiswerk abheben. Dieser Widerspruch ist schon heute unerträglich. Und Europa muß stutzig werden, wenn jenes Land, das uns die Wilsonschen Frieüensideen und neuerdinas den Ksl- loggpakt präsentiert hat. noch immer der hartnäckigste Gegner einer grundsätzlichen Aufrollung der Repara tionsfrage im Zusammenhang mit dem interalliierten Schuldenproblem ist. Selbst Poincare scheint einer Neu regelung der Reparationsfrage nicht unerbittlich gegen- überzustehen, wenn nur gleichzeitig Onkel Sani, der ein- zige Großglüubiger der Welt, in eine Revision ser franzö sischen Kriegsschulden einwilligen würde. Aber die U. St. of A. haben bis heute nicht gewollt! Es ist ein sehr schwacher Trost für die Weltfricdenspolitik, wenn man uns bis nach der amerikanischen Präsidentenwahl ver tröstet. Ajnerika, d. h. die Vereinigten Staaten von Nord amerika. vereinigen heute nicht nur die größte wirt schaftliche Machtfülle in ihrem Lande, bei ihnen liegt letz ten Endes auch der Schlüssel zur praktischen Lösung des Weltfriebensproblems, das trotz des Kelloggpaktcs noch immer ein Problem geblieben ist. Es wirkte einst wie eine Erlösung, als bas Nepara- tionsproblem aus der Sphäre des Politischen in die einer rein wirtschaftlichen Diskussion hinübergerettet wurde.