Volltext Seite (XML)
MMufferTaMaii Nr. 158 — 95. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Donnerstag, den 9. Juli 1936 Postscheck: Dresden 26-M Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meisten und des Stadt, rats zu Wilsdruff behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Wilsdruff, des Finanzamts Nossen sowie des Forstrentamts Tharandt. Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und DaS „Wilsdrusser Tageblatt" erschein! werktags nachm. 4 Uhr DezugSpr. manall 2RM. frei Haus, bet Postbestellung l.M RM. zuzügl. Bestellgeld Einzelnummer lo Rpf Alle Postanstalten, Postboten, unsere Austräger u Geschäftsstelle nehmen zu jeder Zeil Be- «.«-n re. . ftellungcn entgegen Im Falle höherer Gewalt oder WülheUvlllll fUI WilsdkUff U. NlUgegLUd sonstiger Beirtebsstörun- gen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zei ¬ tung oder Kürzung des Bezugspreises Rücksendung ctngesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut ausliegendcr Preisliste Ar K. — Ziffer-Gebühr: 20 Rpig. — Vorgesehen bene Erscheinungstage und Platzwünsche werden nach Möglichlcii berücksichtigt — Anzeigen-Annahme bis vormittags io Uhr .. Mr die Richtigkeit der durch Fernruf übermit- Fernsprecher: Ami Wilsdruff 206 telten Anzeigen überneh. men wir keine Gewähr —— — Bei Konkurs und ZwangSverglcich erlischt leder Anspruch aus Nachlaß, Drahtanschrift: „Tageblatt Vereinfachung »nd Verbilligung. Zur Reform der Organisation der gewerblichen Wirtschaft. Der Reichswirtschaftsminister hat durch einen Erlaß an die Reichswirtschaftskammer eine Reform der Organi sation der gewerblichen Wirtschaft in Kraft gesetzt, die von einschneidender Bedeutung ist und eine Vereinfachung und Verbilligung der Organisation bedeutet, manche Zustän digkeitsstreitigkeiten beseitigt und das S e l b st v e r w a l - tungsprinzip der Wirtschaft weiter ausbaut. Zum Verständnis der Reform ist ein geschichtlicher Rückblick notwendig, da müssen wir auf den Februar 1934 zuruckgehen, als der Führer durch das Gesetz zur Vorberei- tung des Aufbaues der gewerblichen Wirtschaft den Grund für die Neuregelung der deutschen Wirtschaft legt. Im Ok.ober 1934 erhielt dieses Rahmengesetz durch die Erste Durchführungsverordnung seine organisatorische Ausge- w "g' der gewerblichen Wirtschaft die bis jetzt be stehende Organisation gab. Diese Organisation war im wesentlichen gekennzeichnet durch das Nebenein anderbestehen einer fachlichen und einer regionalen Gliederung. In der Praxis ergaben sich daraus im Laufe der Zeit gewisse Mißstände. Es wurde Klage erhoben über eine Ueberorganisa- tion und über eine allzu starke Belastung der Wirtschaft durch Beitragszahlungen bei den verschiedenen Fachgruppen und Untergruppen. Insbesondere führte die Bildung der Bezirksgruppen der Reichsgruppe Industrie, die im wesentlichen dieselben Ausgaben hatten wie die In dustrie- und Handelskammern, zu ständigen Reibereien und Eifersüchteleien, die nicht zum Besten der Wirtschaft dienten. Aus diesen Erkenntnissen heraus und aus den Erfahrungen, die man bei der Ordnung der Verkehrs wirtschaft gemacht hatte, erklärt sich der Erlaß. Was die Klagen über zu hohe Beitragszah lungen anlangt, so will man diesen dadurch gerecht werden, daß der Erlaß zwischen Hauptmitgliedern, Fach mitgliedern und Listenmitgliedern unterscheidet. Eine Unternehmung wild Hauptmitglied bei ihrer Betreuungs gruppe, d. h. bei der Wirtschaftsgruppe, bei der das Schwergewicht ihrer fachlichen Betätigung liegt. Wenn sie darüber hinaus auch noch im Gebiet einer anderen Wirt schaftsgruppe tätig ist, so wird sie Fachmitglied bei dieser. Handelt es sich bei ihrer gewerblichen Tätigkeit außer der jenigen als Hauptmitglied um einen Hilfsbetrieb oder um sogenannte unerhebliche gewerbliche Nebentätigkeit, so wirh sie lediglich als Listenmitglied erfaßt und braucht in diesem Falle an-die betreffende Wirtschaftsgruppe keine Beiträge zu zahlen. Hierdurch will man insbesondere den berechtigten Klagen der kleinen Gemischtbetriebe abhelfcn. Wesentlicher ist indessen die Bedeutung derZusam - menfassung von Gruppen und Kammern, die zur Vermeidung der bisherigen Doppelorganisation durchgeführt wird. In die bestehenden 18 Bezirkswirt- schaftskammern werden danach die Bezirksgruppen der Hauptgruppe Industrie als Jndustrieabteilung und die Bezirksgruppen der Wirtschaftsgruppen der Reichsgruppe Handel als Unterabteilungen eingegliedert, die zu einer Abteilung Handel znsammengefaßt werden können. Die Industrie- und Handelskammern werden ebenfalls zu einer Abteilung, der sogenannten „Kammerabteilung", zu- sammengeschlossen, die an die Stelle der aufzulösenden landschaftlichen Zweckvereinigungen bzw der Jndnstrie- und Handelstage tritt. Dadurch erfahren dieBezirks - kämm ern eine Erhöhung zu einem wirklich reprä sentativen Organ der Organisation der gewerblichen Wirtschaft. In ihnen findet gleich zeitig eine feste Verklammerung des fachlichen und des regionalen Jnstanzenzuges statt, da der Präsident der Be zirkswirtschaftskammer berechtigt ist, den Abteilungen Weisungen zu geben. Selbstverständlich sind ebenso auch die Reichsgruppen nach wie vor dazu berechtigt. Ohne Zweifel wird durch diese Neuordnung der Organisation der gewerblichen Wirtschaft eine größere Schlagkraft gegeben, die noch dadurch erhöht werden soll, daß der Reichswirtschaftsminister es den Leitern und Geschäftsführern sämtlicher Gruppen zur Pflicht macht, engste Fühlung mit den von ihnen betreuten Menschen zu halten. Auf diese Weise soll die Organisation der gewerb lichen Wirtschaft zu einem Instrument werden, das der Durchsetzung der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik erfolgreich dienen kann. Der Erlaß sieht ferner für die Zukunft die Schaf- fung eines Ehrengerichtshofes der deutschen Wirtschaft vor, und zwar bei der Reichswirtschaftskammer und den Bezirkswirtschaftskammern. Ein Ausschuß unter Leitung des Grafen vond er Goltz bei der Reichswirt- schaftskammer ist mit der Ausarbeitung von Vorschlägen für diesen Ehrengerichtshof beauftragt. Die soziale Ehren- gerichtsbarkeit der DAF. wird dadurch in keiner Weise berührt. Denn während es sich bei dieser im wesentlichen um das Verhältnis von Betriebssichrer und Gefolgschaft handelt, wird der neu zu schaffende Ehrengerichtshof der deutschen Wirtschaft sich mit Verstößen gegen die kauf männische Ehre zu befassen haben. Sie Zührerpersönlichleit in -er WirtsOast Die Bedeutung der Reichsanleihe. — Eine Rede des Reichswirtschastsministers Dr. Schacht. Auf einer Sitzung der Wirtschaftskammcr für Westfalen und Lippe, an der auch namhafte Vertreter der Partei, der Behörden und der Wehrmacht teilnahmen, hielt Reichsbankpräsident und Reichswirtschaftsminister Dr. Schacht in der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund eine Rede, in der er u. a. aussührte: „Die gewerbliche Wirtschaft ist eine Einheit, die auch in ihrem organisatorischen Ueberbau eine Einheitlichkeit erfordert. Das soll jetzt auf der Ebene der Wirtschafts kammern herbeigeführt werden. Wir brauchen ein solches Instrument zur Durchgabe von Anordnungen an die Wirt schaft und zur geordneten Sammlung von Wünschen der Wirtschaft an die Negierung. Wenn unser neuer Staat die Führung über die Wirtschaft beansprucht, so muß er auch ein Organ haben, durch das er diese Führung verwirk licht. Ich werde dafür sorgen, daß die Organisation der gewerblichen Wirtschaft in Zu kunft in stärkerer Weise in die Tagesarbeit der Wirt schaftspolitik eingeschaltet wird." Dr. Schacht sprach sich dann scharf gegen eine Herr schaft der Bürokratie in der Organisation der Wirtschaft aus. „Man spricht von Bürokratie", so führte der Reichs wirtschaftsminister weiter aus, „wenn der Funktionär richtunggebende Entscheidungen von politischer Bedeu tung zu treffen wünscht, die allein der politischen Leitung zustehen. Der im Wirtschaftsleben tätige Betriebsführer muß auch in der Organisation der gewerblichen Wirrschaft die wichtigsten Entscheidungen selbst treffen. Die Betriebs führer selbst müssen ihre besten Führerpersönlichkeiten her ausstellen. Von ihnen selbst müssen die Impulse und die notwendigen Korrekturen für die Tagesarbeit ausgehen. MslWistWr MM in WM. Holländische Presse spricht von entscheidendem Schlag der Kommunisten in Westeuropa. Niederländische Blätter wollen wissen, daß m Breda (Südhollnnd) kürzlich eine Tagung von etwa 60 kommunistischen Vertretern aus verschiedenen Staaten stattgcfnnden habe, die als eine Art Kriegsra 1 des in Vorbereitung befindlichen entscheidenden Schlages der Kommunisten in Westeuropa aufgezogen worden fei. Die Versammlung in Breda hat sich, so schreibt ein Sonderberichterstatter aus Antwerpen, der Vorbereitung einer großzügigen Aktion als Einleitung der Weltrevolu tion, mit deren Organisation sich der internationale Ge heimdienst der Sowjetregierung zur Zeit beschäftigt, ge widmet. In diesem Zusammenhang sei vor allem auf die Bestrebungen und die Agitation der Dritten Inter nationale in Oesterreich und in Elsaß-Lothrin- gen verwiesen worden. Die Richtlinien Moskaus für die Aktion seien in einem Rundschreiben der Dritten Internationale an die kommunistischen Organisationen in Westeuropa bckanntgegcben worden. Sie lauteten: 1. Zunächst sind alle Kräfte auf die Zer setzung der Verwaltungsorgane des bürger lich-liberalen Staates durch Beseitigung der faschistischen Elemente aus Heer, Verwalmng und Polizei zu kon zentrieren. 2. Die revolutionäre Organisation des Proletariats und der Arbeitersturmtruppen ist mit allen Mitteln zu verstärken. 3. Die S o z i a list e n und Mitglieder anderer Par teien müssen nach und nach aus der Führung der Volksfront entfernt werden. An ihre Stelle haben Führer der revolutionären Sturmtruppen zu treten. 4. Durch Organisation von Streikbewegun gen mutz das Wirtschaftssystem des Kapitalismus unter graben werden. Der Berichterstatter verweist im Zusammenhang mit der kommunistischen Konferenz in Breda auf die enge Zu sammenarbeit der niederländischen und der belgischen Kommunisten. Bei dem belgischen Streik seien von den Behörden wiederholt niederländische Agitatoren frst- gestellt worden. Wiederholt hätten aus diesem Grunde in der letzten Zeit in Holland illegale Zusam menkünfte kommunistischer Agitatoren stattgefunden. — Ein Brüsseler Blatt will wissen, daß für Ende September oder Anfang Oktober mit einem großen Schlage der Kommunisten zu rechnen sei. Die letzten Streikbewegungen in Frankreich, Spa nien und Belgien und die Volksfrontbestrebungen seien nichts anderes, als eine Generalprobe für die nächsten Wirren. Breda sei ein gefährliches Kom-, munistenzenlrum, wo mindestens 20 bekannte kommu nistische Agitatoren ihren Wohnsitz hätten. Französische Regierung gegen den Gireikterror. Wcrkbesetzungen verboten — Unruhe im Lager der Linke«. Die französische Volksfront-Regierung hat scheinbar eingesehen, daß es an der Zeit ist, den radikalen Elementen, die eine große Gefahr für Staat und Wirtschaft bedeuten, cntgegcnzutretcn. Die Aussprache im Senat, die sich an die Mitteilung des Außenministers, daß 1000 ausländische Streikhetzer ausgewiesen seien, an schloß, Hai diese Erkenntnis wohl noch verstärkt. Jedenfalls hat Ministerpräsident Blum die Zusicherung des Innen ministers Salengro im Senat, daß die Regierung Fabrikbesetzungen durch streikende Arbeiter nicht mehr zu-' lassen werde, gebilligt. Diese Regierungsmaßnahme ist gleichzeitig ein Pflästerchen für die Radikal sozialisten, die bereits Miene machten, die Regierung nicht weiter zu unterstützen, wenn nicht endlich dem Streik terror entschieden entgegengctreten würde. Der Innenminister erklärte, daß sich der nächste Kabinctlsrat mit den Maßnahmen befassen werde, die gegen die Fabrikbssetzungen angewendet werden sollen. „Geeignete Mittel", führte Minister Salengro aus, „sind Aufforderungen an die Arbeiter, die Betriebe zu räumen, zunächst durch Gewerkschaftsvertreter und dann durch die Behörden, ferner Wiederholung dieser Aufforderung und dann gemeinsames Vorgehen von Gewerkschaften und Be hörden. Erst wenn diese Bemühungen erfolglos bleiben, soll auf andere Mittel zurückgegriffen werden. Während die Radikalsozialen die Erklärung der Regierung begrüßen, sind die Links gruppen nicht begeistert über das Versprechen des Ministers. Die Arbeiter, so erklärt z. B. die „Humanitö", hätten schon be griffen, daß man den Feinden der Volksfront keine Waffe in die Hände spielen dürfe, aber es sei nicht nötig ge wesen, daß Minister Salenaro eine Erklärung abgab. von der man mindestens sagen könnte, daß ihre Ausdrücke nicht genügend überlegt worden seien. Die Reaktion auf drxse Worte, die man als Ankündigung von Gewalt gegen die Arbeiter auslegen müsse, werde nicht ausbleiben. Einig.« sozialistische und kommunistische Abgeordnete sind der Mei nung, daß die Regierung dem Senar hätte Widerstand leisten wüsten, denn Fabrikbesetzungen seien immer noch Unruhen vorzuziehen, die aus der gewaltsamen Räumung möglicherweise entstehen könnten. Bürokratisierung bedeutet den Weg zum Staats sozialismus. Die vom Führer gewollte verant wortungsbewußte Wirtschaft kann nur erhalten wer den, wenn die Mitglieder der Organisation der gewerblichen Wirtschaft den Geist der, echten Selbst- Verwaltung in sich tragen und in tätiger Mitarbeit immer wieder aufs neue bekunden. In der Organisa tion selbst wird daher auch das Schicksal der Wirtschaft entschieden." Dr. Schacht wandte sich dann der Reichsanleihe zu und erklärte: „Ich habe den Eindruck, daß das Interesse der Anleihe in allen Bevölkerungs- schichtenn recht rege ist und die bisher vorliegenden Zeichnungsergebniste sind durchaus zufriedenstellend. Mein Appell an die Industrie geht dahin, in der noch vor uns liegenden Zeichnungsfrist zu prüfen, wieweil die In dustrie ihre im letzten Jahre erheblich gestiegenen Ge winne und Reserven der Reichsanleihezu führen könnte. Eine solche Anlage in Reichsanleihe stärkt die Liquidität der Werke; denn durch die Börsen- und Lombardfähigkeit besteht die Möglichkeit der jeder zeitigen Geldbeschaffung." Abschließend erklärte Dr. Schacht: „In diesem Kreise darf ich besonders betonen, daß es letzten Endes nur zwei Wege für die Finanzierung staatlicher Aufgaben gibt, und zwar entweder Steuern oder Anleihen. Die bisher verfolgte Methode der Anleihebegebung ver teilt die Lasten auf eine Reihe von Jahren und vermeidet eine rigorose Anspannung von Steuern, die die Industrie natürlich in erster Linie treffen würden. Ich glaube, daß ich Ihrer vollen Zustimmung gewiß bin, w-nn ich der Erwartung Ausdruck gebe, daß die gewerbliche Wirrschaft auch auf diesem Felde ihr Interesse erkennen und ihre Pflicht tun wird."