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Sonnabend Nr. 29. 2S. April 1843. MM Deutsche Allgemeine Zeitung. LHM -Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Deutschland» * Vom llikderrhein, 23. April. Die neuere Geschichtschreibung, welche au« der Zeit des Mittelalter« ein goldenes Zeitalter, aus den während desselben im Geiste de? Hierarchie handelnden Personen Hel den des Christenthums macht, will jetzt ein Terrain betreten, auf wel chem man sie schwerlich gesucht haben würde. Der Fanatismus soll aus den Archiven Hollands gerechtfertigt, die spanische Inquisition und Tyrannei in den Niederlanden unter Philipp II soll durch einen Gesandtschaftssecretair Espartero's im Haag zu einem edlen Werke der Vorzeit gestempelt werden. Don Jacinto de SaleS y Quiroga — dies ist der Name desselben — macht in einem vom Espectador aufgenom menen Briefe darauf aufmerksam: die Archive Hollands enthielten Do kumente, aus denen klar hervorgehe, die Geschichte Philipp's II., wie man sie jetzt kennt, sei ganz entstellt, und sein Jahrhundert eben so groß gewesen, als man es kläglich schildere. Er geht so weit, zu be haupten, daß Philipp II. die am wenigsten gekannte Person der Ge schichte sei und daß seine Geschichte erst noch geschrieben werden müsse. ES wird nicht an Leuten fehlen, die, wie so viele andere Geschichten, welche thrils von Augenzeugen, theils nach den Quellen bearbeitet wa ren und die Hierarchie in einem nicht eben glänzenden Lichte zeigten, so auch die Philipp's II. und seiner Zeit rosenfarbig coloriren werden. Sie werden nicht verfehlen, diese tubul» rasa nach ihrem Geschmacke zu bearbeiten. ES ist für sie nur zu bedauern, daß man Philipp's II. Wort noch kennt: „Es ist besser, ohne Untcrthanen, als der Beherr scher von Protestanten zu sein"; daß ferner die spanischen Geschicht schreiber als Augenzeugen sein ehrerbietiges Betragen gegen die heil. Inquisition bei der Verbrennung seiner Unterthancn rühmen, daß end lich sein unläugbarer Ehrgeiz und finsterer Aberglaube seine Regierung zu einer Zeit des immerwährende» Kriegs und Hasses machten- sodaß dadurch Spaniens damals so glänzend« Macht gebrochen, dessen Fi nanzen zerrüttet und die früher so ausgezeichnete Geistesbildung des spanischen Volks vernichtet wurde; wie denn wirklich dieses Land seit seiner Regierung politisch und geistig in jenen Abgrund versunken ist, aus welchem eS sich in unsern Zeiten nun schon seit mehr als 30 Jah ren vergebens- herauSzureißen sucht. Das sind Thatsachen, welche aus der Geschichte der Gegenwart zu uns über die Regierung Philipp's II. ltebepblick. Deutschland, »vom Niederrhein. Ein Spanier stellt Philipp ll. al« einen großen Regenten dar. München. Schluß der Rede über Dismembrationen. »München. Statistik der Ein - und Auswande rungen und der Verhaftungen. »Dresden. Doppelter Mord. Reuss. Fünfundzwanzigjähriges Regierungsjubiläum des Fürsten von Reuß- Schleiz. »»Kerlin. Circularverfügung des Finanzministeriums, den französischen Wein betreffend. »Aus Preussen. Der Strafgesetzcnt- wurf über Koalitionen von Fabrikherren und Arbeitern und das Gut achten der Stände der Provinz Preußen darüber. Defterreich. »Wien. Reise des Kaisers nach Ungarn. Krankheit des Erzherzogs Ferdinand. »Aus Äroatirn. Aufregungen bei den De- putirtenwahlen. Der JllyriSmus gegen den Magyarismus. Spanien. » Paris. Eine Localbehörde klagt das Ministerium bei den Cortes an. Parteiplane. Großbritannien. Der Globe über die französische Handelspolitik. Herabsetzung der Quarantainezeit auf Malta. »London. Die engli schen Parteien über Preußen. Frankreich. Verhandlungen der Pairskammer über die Armeeorgani sation. Der Cassationshof bestätigt, daß die französische Religions freiheit keine Wahrheit ist. »Paris. Eine merkwürdige Rede Mau- guin's über die Beschwerden der französischen Grundbesitzer, -f Paris. Das Urtel des Cassationshofes. Mauguin's Rede. Ackerbaustatistik. Türkei, -f Konstantinopel. Die Berathungen über die serbische Frage. Bereinigte Staaten von Nordamerika. s Neuyork. Präsident schaftscandidaten. Die Republikaner. Zur Durchsuchungsfrage. Mejieo. Die Regierung erklärt ihre Unfähigkeit zur Zinscnzahlung. Handel und Bnduftrie. »Augsburg. Eiscnbabnactienspeculation. Berlin. «nkünbigungen. sprechen und welche nicht widerlegt werden können, wenn man auch alle holländischen Archive durchsuchen und alle geschichtlichen Partei-Illusio nen auf diesen Theil des historischen Feldes übertragen wollte. München, 21. April. (Schluß aus Nr. 28.) „Man lege Hand an die Lebensfragen unsers materiellen Wohlstandes; man verbessere unsere mehrfach veraltete Abgabendistribution in einer Weise, welche die Belastung des Bodens (dieses seiner Naturausbeutungskosten und seiner sonstigen Lasten wegen ohnehin verhältnißmäßig mindest rcnta- beln Theiles des Nationalvermögens) in gleiches Verhältniß setze mit jener der übrigen Erwcrbszweige. Man veredle und verbessere die die nende Klasse durch die von ihm gelegentlich der Sparkassenfrage angedeuteten Mittel; man fundire unsere Fahrbahnen; man gebe dem Lande eine wohlbcmessene Ackerbaugesetzgebung; man hebe den land- wirthschaftlichcn Unterricht empor auf die ihm gebührende und durch die Verfügungen von 1833—37 so vollständig «»gebahnte Stufe; or- aanifire die äußern Aemtcr in einer Weise, welche ihnen lebendiges Ueberwachen der örtlichen Polizei und lebendige, rasche Gcsetzesanord- nung nicht ferner absolut unmöglich mache; man verwirkliche die Vor schläge, welche das Generalcomite des landwirthschaftlichen Vereins auf seinen Bortrag schon im Jahr 1839 zu Gunsten der Güterarron- dirung eingereicht habe; man gestatte endlich nach seinem Detailvor schlage von 1839 den Besitzern zweckmäßig gestalteter, d. h. ganz oder doch bezüglich des Ackerlandes flürlich arrondirtcr Complexe bis zu ei ner gewissen vernünftigen Maximalgrenze die Einführung des Erbgü terverbandes, nämlich eines Verbandes, wonach das Gut nicht ver theilt werden könne, so lange ein Familienglied dasselbe im Ganzen ge gen Genuß eines gewissen Präcipuumö und gegen Hinausbczahlung des Restbetreffes an die Miterben übernehmen wolle, und bald würden die übermäßigen Zertrümmerungen von selbst zu Grabe gehen. Na mentlich bilde die Arrondirung den sichersten Damm gegen Zerschla gung. So lange die Grundstücke verschiedener Landwirthe sich in bun ter Mischung durchkreuzten, reize der Besitz jedes Einzelnen zwanzig Angrenzcr, und der Zertrümmerer habe sichere Aussicht, alle Parcellen zu hohem Preise schnell an den Mann zu bringen; sei aber eine ganze Gegend oder auch nur eine ganze größere Markung zweckmäßig arron- dirt, so falle das wesentlichste Lockungsmittel zur Zerschlagung hin weg, ja das Zerschlagen werde beinahe unmöglich, weil Niemand Nei gung fühle, theures Geld auszugeben, um durch den Ankauf einzel ner entlegener Parcellen in die Peincn zerbröckelter Wirthschaft zu rückzufallen; aus einem arrondirtcn Bauernaute erwüchsen dort höch stens mehre wieder in sich arrondirte Kleinguter. Sprechender Zeuge dessen sei unser Oberland, das in beiläufig tausend arrondirten grö ßern und kleinern Ortschaften seit 1800 nicht Eine eigentliche Zerstücke lung erlebt, vielmehr allen dcsfallsigen Einflüssen der Behörden und Zertrümmerungslustigen mit der Festigkeit jener Felsen zu trotzen ge wußt, an deren Fussdie Natur es gelagert habe." Gegen den Güter wucher schlägt der Redner Folgendes vor: „Nur indem man I) das Zerschlagen nicht im Erbgange erworbener Güter von vorgängigem mehr jährigen Besitze abhängig erkläre, 2) ctwanige Ausnahmen von dieser Regel bei obwaltenden bcsondern Verhältnimn den königl. Kreisreqic- rungcn, Kammern des Innern, nur nach Einvernahme der treffenden Gemeinden und Polizeibehörden und auf den Grund zustimmenden Landrathsgutachtcns gestatte, 3) zuwiderlaufenden Handlungen, nament lich außergerichtlichen Verkäufen, Verbriefung aus Gültigkeit versage und Verponung zuwende; überdies 4) Solchen, welche bereits eine ge wisse Zahl von Zertrümmungen allein oder als Theilnehmer vorgenom» nen hätten, auf eine gewisse Zeit oder für immer wiederholtes Zcr- chlagen bei abermaliger Nullität und empfindlicher Strafe verbiete, und 5) diese Bestimmungen gleichmäßig auf die israelitischen und auf die- häufig noch weit gcwinngicrigern und erbarmunaölosern christlichen Dismembratoren ausdehnc, gelange man an die Wurzel des Gift- >aumes, sehe man den anti-nationalökonomischen, bloßer Geldgier Drit ter entsprießenden Zertrümmerungen ein reelles Ziel." (Bair. Bl.) * München, 22. April. (Fortsetzung aus Nr.26.) An die Nachweisungen über die Bevölkerung Baierns nach der Zählung vom Jahr 1840 schließen sich solch« über die Ein- und Auswanderun gen während der Jahre 1835/36 —1838/39 an. Die Einwanderun gen wurden natürlich von den Auswanderungen ungleich übertroffen, enn erstere beliefen sich nur auf 4588, letztere aber auf 24,507 Köpfe. Zon den Einwanderern gehörten 2607, von den Auswanderern 12,806 em männlichen Geschlecht an. Die wenigsten Auswanderer ziehen alljährlich aus Ober- und Nicderbaiern, auS Schwaben und aus der