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ällMurgtr Tageblatt Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. —— Filialen: in Altstadnvaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langcnchurs- dorf bei Herrir H. Stiegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Max Härtig, Leipzigers!. 163; in Rochsburg bei Herrn Paul in Wolkenburg bei Herrn Ernst Nchche; in Ziegelheim bei Herrn Edin.ro Kirsten scheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- rmd Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- Icheinende Nummer bis mittags 12 Uhr. M« Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mt. 25 Pf. Einzelne Nrn. ü Pf. «»serate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. «xpedition: Waldenburg, Obergasse 291 L. und Valienburger Anzeiger Zugleich weit verbreitet in den Städten Psrttg, Lrnzenn, 8t - eiu-EMnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. ägidien, Shrenhain, Frohllsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederham, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 46. Sonnabend, den 23 Februar Witterungsbericht, ausgenommen am 22. Februar, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 762 MW. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand ff- 2" 0. (Morgens 8 Uhr -4- 1".) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 76"/o. Thaupunkt — 2 Grad. Windrichtung: Nordwest. Daher Witternngsanssichten sür den 23. Februar: Trübe bis halbheiter, Niederschläge nicht ausgeschlossen. ^Waldenburg, 22. Februar 1895. In der in München erscheinenden „Allgemeinen Zei tung" wurde vor Kurzem ein Artikel über den Fürsten Bismarck und den Ausbruch des französischen Krieges veröffentlicht. Darin ward unter anderm gesagt, König Wilhelm und Graf Bismarck seien so sehr bemüht ge wesen, jede unnöthige Reizung des französischen National- gefühls zu vermeiden, daß sie den Wunsch Badens um Aufnahme in den norddeutschen Bund abgelehnt hätten. Diese Behauptung wird jetzt in einem Artikel der „Hamb. Nachr." als unrichtig bezeichnet und dies in folgender Weise begründet: „Der Wunsch Badens gelangte über haupt nicht in einer Form zum Ausdruck, daß seine Ab lehnung erforderlich gewesen wäre, aber man kannte ihn in Berlin, und wenn man ihn unerfüllt ließ, so geschah es keineswegs aus Rücksicht auf Frankreich, sondern in Rücksicht auf Bayern und Württemberg. Die Ausnahme Badens in den norddeutschen Bund ohne Bayern und Württemberg hätte diesen gegenüber den Eindruck einer rücksichtslosen Vergewaltigung gemacht; es wäre ein Druck auf sie gewesen und diesen Druck zu vermeiden, lag in der damaligen norddeutschen Politik, deren Aufgabe war, abzuwarten, bis das gesammte Süddeutschland zum An schlusse bereit war. Nur die Rücksicht auf die militäri schen, aber der Absicht nach schon damals auch politischen Bundesgenossen in München und Stuttgart hielt die Berliner Politik ab, den badischen Wünschen, die von Lasker und Genossen in ungeschickter und vorlauter Weise vor die Oeffentlichkeit gebracht wurden, näher zu treten." Die „Hamb. Nachr." bemerken weiter: „Der Artikel in der „Allg. Ztg." sagt nachher, es sei auf beiden Seiten, also auf französischer wie auf norddeutscher, aus geschloffen gewesen, daß die spanische Frage nur als Vorwand ergriffen worden sei, um vorher feststehende kriegerische Absichten zu verwirklichen. Daß Frankreich jeden Kriegsvorwand ergreifen würde, den es plausibel fände, war damals in den politischen Kreisen nicht zweifelhaft, und daß es entschlossen war, den Krieg zu führen, dafür liegt der Beweis in der Thatsache, daß auch ein so ungeschickter Vorwand wie die spanische Königswahl ihm gut genug erschien. Die deutsche Politik sah den Krieg mit Frankreich als zweifellos bevorstehend voraus, wenn er nicht in Frankreich durch den Tod Napoleons, der schon zu jener Zeit ernstlich ins Auge gefaßt wurde, oder anderweit durch innere Unruhen ver hindert würde. Es lag aber im Interesse Deutschlands, diesen großen und gefährlichen Krieg, wenn er auch nicht zu vermeiden war, doch aufzuschieben, weil die deutsche Seite mit jedem Jahre, um das der Ausbruch des Krieges verschoben wurde, um etwa 100,000 Mann nach preußischer Art ausgebildeter Soldaten stärker wurde. Die norddeutsche Militärmacht war 1867 zur Zeit der Luxemburger Frage qualitativ und quantitativ lange nicht von der Stärke, mit welcher sie 1870 in den Krieg ge gangen ist. Die Ausbildung und die Stärke der Kriegs macht in den neu annectirten Ländern war damals noch auf dem nämlichen schwachen Fuße, wie in dem Kriege von 1866, und die Einrichtung wie die Ausbildung der süddeutschen Heere haben in den vier Jahren von 1866 bis 1870 Fortschritte gemacht, die für die Ueberlegenheit der deutschen Kriegsmacht im Jahre 1870 schwer ins Gewicht fielen. Nichtsdestoweniger war es in dem Zwischenräume zwischen 1866 und 1870 durchaus nicht Rücksicht auf Frankreich, welche die Aufnahme Badens in den norddeutschen Bund hinderte, sondern wie gesagt, Rücksicht auf die anderen beiden Südstaaten, deren frei willige Entschließung in Berlin abzuwarten war, ohne daß man den ungeschickten Versuch gemacht hätte, die Entschließung in Stuttgart und München durch den Druck der Aufnahme Badens in den norddeutschen Bund zu beschleunigen. In dem weiteren Verlaufe des Artikels in der „Allg. Ztg." spricht der Verfasser von einer Sitzung, welche über die spanische Frage am 15. März 1870 unter Vorsitz des Königs stattgefunden haben soll und in welcher Bismarck, Moltke, Roon, Thile, Delbrück und Schleinitz in Gegenwart des Königs Berathungen gehalten haben sollen. Eine solche Sitzung hat niemals stattgefunden. Der König hat mit Bismarck, Moltke und Roon einzeln berathen, mit Thile, der der vortragende Rath Bismarcks war, und mit Delbrück überhaupt nicht; der Minister v. Schleinitz aber war wohl der vertraute Rathgeber der Königin Augusta, jedoch nicht der des Königs. Der König ist mit dem Votum irgendwelcher seiner, wie der Artikel sagt, sämmtlich zugezogenen Näthe nicht in Widerspruch getreten; er hat sie überhaupt nicht zugezogen. Richtig ist in dem Artikel der „Allg. Ztg." die An deutung über die Stellung des Fürsten von Hohenzollern, der seinerseits mehr Neigung für die Annahme der spa nischen Candidatur hatte als sein Herr Sohn. Der Gedanke, an Spanien einen werthvollen Bundesgenossen gegen Frankreich zu gewinnen, ist dem ersten Kanzler jederzeit vollständig fremd geblieben; er kannte die spa nischen Verhältnisse hinreichend, um überzeugt zu sein, daß bei dem deutsch-französischen Kriege, wie er 1870 für spanische Interessen mitgesührt wurde, von Spanien auch nicht die geringste Truppenaufstelluug an der Pyrenäen grenze zu erwarten war. Wir lassen uns auf die Widerlegung der Conjecturen, die der Verfasser des Artikels in der „Allg. Ztg." mit Wendungen wie „Es beibt nur die Annahme übrig" indirect über die Haltung des Grafen Bismarck macht, nicht näher ein; sie sind vollständig irrthümlich. Das Interesse des Kanzlers an der Einsetzung eines deutsch freundlichen Königs in Spanien war weit mehr ein wirthschaftlichcs als ein kriegerisches. Beide Nationen sind auf wirthschaftlichen Austausch ihrer Produkte ange wiesen, wenn sie natürliche Politik treiben wollen. Auf Kriegsleistungen des heutigen Spaniens im Interesse ir gend eines europäischen Bundesgenossen zu rechnen, ist Fürst Bismarck niemals naiv genug gewesen." Politische ÄuttSjchau. Deutsches Reich. Der Kaiser hörte am Donnerstag verschiedene Vor träge und empfing den Hamburger Bürgermeister Vr. Versmann. Abends fand bei den Majestäten ein Diner statt, zu welchem u. A. der in Berlin eingetroffene Groß fürst Michael von Rußland geladen ist. Der deutsche Kaiser hat aus Anlaß des Hinscheidens des Erzherzogs Albrecht von Oesterreich, der auch der Reichsarmee als Feldmarschall angehört, eine Trauer für die Armeeoffiziere angeordnet und dabei in rühmender Weise des verstorbenen Fürsten gedacht. Diese kaiserliche Cabinetsordre hat in O ester reich-Ungarn in militäri schen, wie in bürgerlichen Kreisen den allerb esten Ein druck gemacht, und es wird dringend gewünscht, der Kaiser möchte zur Leichenfeier, die kommenden Dienstag in Wien stattfindet, nach der österreichischen Hauptstadt kommen. Darans wird nun allerdings wohl kaum etwas werden. Die bestimmten Festsetzungen für die Geburtstags feier des Fürsten Bismarck in Friedrichsruhe werden selbstredend erst in der zweiten Märzhälfte getroffen wer den, und das Allgemeinbefinden des greisen Geburtstags kindes, wie die Witterung werden für den Umfang des Festprogramms maßgebend sein. Es ist ein offenes Ge heimniß, daß Professor Schwenninger die Zahl der Em pfänge und Begrüßungen im Interesse des Fürsten kräf tig beschneiden möchte. Daß die achtzig Jahre seines Lebens auch den eisernen Kanzler zu drücken beginnen, zeigt die neuste Photographie. Den 80. Geburtstag des Fürsten Bismarck wird das Ruhrrevier in besonderer Weise feiern. Größere ge meinschaftliche Volksfeste sind bereits beschlossen. Ferner werden aus sämmtlichen Höhen der Ruhr entlang Freu denfeuer abgebrannt, die weit ins Land hinein Kunde geben fallen, wie Fürst Bismarck im Ruhrgebiet geehrt wird. Zu der Zuckerprämienfrage hat nun auch die fran zösische Regierung Stellung genommen, insofern, als sie beschlossen hat, sofort die Ausfuhrprämien für französi schen Zucker zu erhöhen, wenn im deutschen Reichstage die Erhöhung der Ausfuhrprämien für deutschen Zucker beschlossen werden sollte. Eine solche Erhöhung ist bei uns bekanntlich in einem Anträge des nationalliberalen Abg. Or. Paasche geplant, den dieser im Reichstage dem nächst einbringen will, und für den sich bereits der Reichs schatzsekretär Graf Posadowsky und der preußische Land- wirthschaftsminister von Hammerstein erklärten. Daß die Lage der Zuckerindustrie und der Rübenbauer Manches zu wünschen übrig läßt, ist allerdings nicht zu bestreiten. Was die geplanten Hilfsmaßnahmen nützen werden, bleibt abzuwarten. Im Reichstage bezweifelt man sehr stark, daßdieCom- missionsberathung der Umsturzvorlage noch vor Ostern soweit beendet sein wird, daß sich das Plenum des Hauses noch mit dem Entwurf wird beschäftigen können. Je deutlicher hervortritt, daß die Vorlage schließlich mit Hilfe der Centrumspartei angenommen werden wird, um so langsamer scheinen aber auch die Commissionsverhandlun gen sich abwickeln zu sollen. Die Reichsregierung scheint keinen Werth darauf zu legen, daß die Annahme bis zu einem bestimmten Termin erfolgt, ihr liegt nur an der Annahme überhaupt. Sehr eifrig für eine Erhöhung der Biersteuer, statt für eine Erhöhung der Tabaksteuer tritt die Kreuzztg. ein. Das Blatt weist auf die Thatsachen hin, daß die Biersteuer in Bayern viel höher, wie in Norddeutschland sei, trotzdem aber das bayerische Bier billiger, wie das norddeutsche. Das leitende conservative Blatt meint, eine müßige Erhöhung der norddeutschen Biersteuer, die dann noch immer beträchtlich hinter der bayerischen Steuer zurückbliebe, würde eine Mehr-Einnahme von 30 Mil lionen ergeben. Verhandlungen über einen Schutz der Handwerker- Forderungen bei Neubauten sind im preußischen Justiz ministerium eingeleitct. Finanzminister Miquel vollendete am Donnerstag sein 66. Lebensjahr. Geboren am 21. Februar 1829 zu Neuenhaus (Grafschaft Bentheim), ist er nach dem Reichs kanzler Fürsten Hohenlohe der älteste der activen preußi schen Staatsminister. Eine Sitzung des preußischen Staatsministe riums am Mittwoch dauerte fast 5 Stunden. Sie be gann um 2 Uhr und endete erst gegen 7 Uhr. Der Finanzminister, der durch die Theilnahme an der Be- rathung über das Stempelsteuergesetz im Abgeordneten-