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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Primumcronon«- vreis 22j Sgr. (; Zhlrs vierteljährlich, 3 Thaler für das ganze Jahr, ohne Er, Höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man pränumerir< auf dieses Beiblatt der Lllg. Pr. Staate, Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren - Straß« Nr. 34); in der Provinz so wie im AuSIande bei den WolMbl. Post-Aemiern. Literatur des Auslandes. 90. Berlin, Montag den 29. Zuli 1833. Nord-Amerika. Amerikanische Wilder und Daumpfianzungen.') Das Wort 8)>vu must Jeden au Evelyn erinnern, der, cingc- zogen und anspruchlvs lebend, dennoch zu den Woblthäler» der Menschheit gerechnet wird. Es war kein kleines Verdienst, Leuten, die Vermögen und Muße dazu haben, die Anpflanzung und Zucht schöner Baume als eine der angenehmsten und gcmüthlicksicn Bc- schLftigungc» zu empfehlen. Manches, öde Dors wurde verschönert, manche nackte Straße verdankte ihren Schatten der Anregung, welche sein Andenken und sein Beispiel bcrvorriefcn. Der Ruhm des Schöpfers wurde verherrlicht, die Quellen philosophischer Forschun gen vermehrten sich, indem man diese Fürsten der Wälder aus ihrer dunkeln Einsamkeit zog und sic vor das Auge des Beschauers hin pflanzte. Denn was kann man sich Edleres denken, als einen Baum, der viele Menschenalter hindurch den Stürmen trotzte und noch immer die mächtigsten Windstöße uncrschüticrt abwehrt, der in stolzer Unabhängigkeit dasteht und seine schützenden Arme weit a»S> streckt, als sollten sic künftigen Generationen noch Schutz verleihen. Zwar gicbt cs viclc Mcnschcn, dcnen die Bäume als Gegenstand dcs Nachdenken« und der Betrachtung von keinem Werth scvn wer den; doch ihren wirklichen Nutzen erkennt wohl Zeder an. Nachdem sic unsere Wohnungen bauen und ausstaltcn halfen, schützen sic sie freundlich gegen die brennende Sonne. Im Winter nehme» wir abermals unsere Zuflucht zu ihnen. Sic werfen ihre Blätter ab, um die Svnncnstrahlcn hindurch zu lassen, und erleuchten und er wärmen unsere Häuser mit ihrem lustigen Feucr. So gleichen sie treuen Vasallen, stets bereit, für ihren Häuptling zu leben und zu sterben. Selbst ganze Nationen stützen ihre Macht aus die wil den Söhne des Waldes. Seine Eichen sind eS, die de» siegenden Donner der Englischen Seemacht in alle Wclttheilc tragen. — Es ist ein crsrculichcr Gedanke, wie viel der einzelne Mensch im stillen Wirkungskreise des Privaiicbens für das Wohl seincS Landes und der Menschheit lhun kann. Wir wüßten keinen Staatsmann aus Evclyn'S Zeiten, von Eromwcll bis Clarendon, dessen Wirken noch heule eben so wobltbätig empfunden würde, scv es von dcr Welt im Allgemeinen, von seinem Vaierlande oder auch nur von einzel nen Mcnschcn. Evclyn'S Beispiel möchte wohl in der Folge in unserem Lande (Amerika) wirksamer seyn, als in seinem eigenen, wenn nicht eine große Veränderung in dem inneren Zustande Englands vorgeb!. So viel wir wissen, gab cs vor zehn Jahren nickt mehr als 20,000 Land- Eigciuhümcr in England, wenn man die Geistlichkeit und die Cor- poralionen nicht miirecknet. Die bloßen Pächter auf Zeil haben kein Jiitcrcffc dabei, Bäume zu pflanzen, da sie keine Hoffnung ha ben, daß ihre Nachkommen sich ihres Sckattens erfreuen werden; oder vielmehr, der Gedanke, daß sic kein Fleckchen Erde das ihrige nennen können, Hali sie ab, sich für irgend eine Verbesserung zu inicrcssircn. In unserem Lande hingegen ist dcr Zustand dcr Ge sellschaft ein ganz anderer. Es gicbt aus eincr Streckc, so groß wic England, kaum 20,000 Bewohner, die nicht Besitzer von Grund stücken sind. Jeder ist gewissermaßen stolz auf sein väterliches Be- sitzlhum. Wäre es auch nur ein Morgen Lande«, so wünscht er es doch so beschaffen, daß cs das Auge dc« Wanderers aus sich ziehe und ciucn Vergleich mit den größeren Eulern seines reichen Nach bars ausbaltc. Unsere Wälder bieten uns Schatze dar, wie sie wenige Lander suszuweisen haben, und die gewiß keines übertrifft. Man behauptet, daß es j» ycn Vereinigtem Staaten 140 Spezies von Waldbäumcn dcr gcößcrcn Galtung gicbt, während Frankreich nur 30 derselben Art besitzt, wovon nur 18 zum Holzschlag dienen und nicht mehr als 7 zum Baucn benutzt werden können. Die wilde Prackt unscrcr Wälder im Herbst, ihr mannigfach schatiirtcs Grün im Frühling, das dunkelgrüne nist Sckncc bedeckte Gcwand im Winter kann seinen iiescii Eindruck seihst aus den gleichgültigste» Beobachter nicht ver fehlen. Dem erste» überraschenden Eindruck folgt bald lebhaftes Jn- icrcssc, welches in dem Grade zuuimmt, wie" die Wissenschaft die gchcimnißvollcn Wunder jeder Pflanze vor ihm entfaltet, und er fühlt sich von ftlbsi angciricbcn, sich mit diese» edlen Werken dcr Schöpfung zu nmgebcn. Dieses Interesse, das, einmal rcgc, so leickt zu besricdigcn ist, nimmt mit dcr Zeit eher zu als ab, denn cs führt, ') 8)Iva 2uuec cao». k) v 1. Uroevo«, Lv-Wu, 18Z1. gleich dcr Tugend, seinen unmittelbaren augenblicklichen und völlig genügcndcn Lohn mit sich. Doch abgesehen von dem Interesse, welches eine Beschäftigung dicscr Art so natürlich erwecken muß, so fcsscln auch dir Gegenstände derselben bald unsere besondere Neigung. Der Mensch gewinnt die Bäume lieb, die mit ihm heranwuchscn. Wir waren immer der Mei nung, daß die unerklärliche Wchmuth, welche den Schweizer im Aus lände ergreift, wen» cr den .Kuhreigen hört, ihren Grund in der lebhaften Vorstellung Hai, die seinem Gemüth die Scene» seiner Heimath abbildct. Der ernste Felsen, der rauschende Strom, der in Wolken gehüllte Bergrücken lagen klar und deutlich in seiner Erin nerung, und dcr Ton eines Liedes ist hinreichend, die zarte Feder zu berühren, die sie plötzlich vor seine Seele zaubert. Eben so haftet in dcr Fremde unsere Erinnerung an dcm Baum, der das Thor dcs väterlichen Hauses bcschaiiete. Wir sehen ihn noch immer mit fri schem Grün bekleidet, obgleich die Kinder, die sonst in fröhlicher Sorglosigkeit umcr ihm spielten, sich längst zerstreut haben uiid dcr aste Mann, dcr aus seinem Lehnstuhl "ihn gedankenvoll anblickte, längst im Grabe ruht. Man kann überall bemerken, daß die Bewoh ner solcher Ocrlcr, die irgend einen merkwürdigen Gegenstand dicscr Ari auszuwciscn haben, ihrem Geburtsort weit lebhafter anhängcn, mit weil mehr Vergnügen und Stolz an ihre Hcimaih dcnkcn, sich für die Verschönerung derselbe» weil mcbr inlcrcfsiren, als diejenigen, die kci» solche« Merkzeichen in ihrem Grdächtniß auszubewahren haben. Indem wir die Anpflanzung oder Verpflanzung von Waldbäu- mci> empfehlen, wolle» wir damit kcincswcges sagen, daß sic wichti- gcr scy, als die Zucht der Obstbäumc. Allein diese empfehlen sich selbst hinlänglich. Die unermüdlichsten Zerstörer von Waldxngeu verschonen die Obstbäumc, weil diese nur so lange iiützcn, als sic sic hen, aber, einmal umgchaucii, nichts mehr werih sind.. Die Vorzüge eines Waldbaumcs hingegen werden nicht von Jedermann erkannt, obgleich sie offen genug daliegcn. Lie Anpflanzung der Obstbäume ist dcr Sorge dcs Mcnschcn überwicsc», weil der Antrieb dazu von Jedem cmpfundcn und begriffen wird, daher ist ihr Saamc säst all- gcmcin von dcr Art dcs Pfirsich- vdcr Apfelkern«, der ohne mcnsch- licke Hülse nicht ausschicßi. Ihre Früchte sind darauf cmgerichlct, gesammelt zu werden und nicht unter dem Baume, auf dcm sic ge wachsen sind, neue Keime zu treiben. Für die Waldbäumc hingegen, die nicht so leicht freundliche Hände finden, die ihnen diesen Dienst leisten, bat die Natur mütterlich gesorgt. Ihre Saamcnkvrncr sind leicht und sondern sich ohne Mühe von dein Baume ab. Manche Art Hal sogar gleichsam Schwingen, um sich von dcm Winde dabin trage» zu lassen, wo Regenschauer ihre» Flug hemmen, sic Nieder drücken und in die Erde senken. Auch die Verschiedenheit ihrer Ge stalt ist merkwürdig. Die Bäume, welche dcm Mcnschcn ihre Fruchte darbicicn, sind im Ganzen niedrig und leicht zu erklimmen, sie wach- scn zu keiner so ricsenmäßigen Größe an. Die Waldbäumc hingegen, welche sich unter keiner Last beugen, wachse» zu stolzer Höhe empor, gleichsam als rühmte» sie sich ihrer Unabhängigkeit von den Menschen. Im Allgemeine» läßt sich auch hier, wie im ganze» Reiche dcr Na tur, wahrncbmcn, daß die Vorzüge nach den Gesetzen dcr höchsten Billigkeit verthcilt sind. Die wilden Blumen dcs Feldes sind schöner, als die nutzbaren Eartcngcwächse, und eben so verbäU sick da« An sehen dcs Waldbaumcs zu dcm dcr Gärtcn, wic das Ansehen dcs Fürsten zu dcm dcr Sklavcii. Werke, welche die Aufmerksamkeit dcs Publikums auf diesen Ge genstand lenken, sind daher eine ersreulicke Erscheinung. Der Ver fasser dcr 8xlva -Imoon-ana, Hr. Browne, hat sehr wohl gelhan, daß cr, um das Jnlcrcffe daran zu erhöben, nicht bloß von dcr Zucht, sonder» auch von dcr Physiologie der Bäume handelte. Die gewöhn liche Art, die Botanik zu studiren, heißt die Ordnung dcr Pflanzen nm- kchrcn. Einige Kcnmniß von der Organisation dcr Natur ist durch aus noibwcndig, wenn man mit Jiitereffc und Erfolg an das Stu dium dcrselbeii gehen will, und Jeder, dcr nur einigermaßen mit dem Facke vertraut ist, weiß, daß alle praktische Verbesserungen in An pflanzung und Juckt der Bäume von solchen Männern gemacht wur- den, die mit der Pflanzen - Physiologie genau bekannt waren, die die Bestimmung und die Wichtigkeit dcr verschiedenen Theile und Organe,, die Natur und Einwirkung dcs Bodcns, dcs Klüua« und dcr Jah reszeiten und mehrere andere Umstände kannte», auf welche Rück sicht genommen werden muß, die aber von den Meisten ungekonnt oder unbeachtet sind. Außer dcr Wichtigkeit dieses Studiums ist es auch eins der er-