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Md ^ sss. Anzeiger. Donnerstag den 28. December. 1848 'VN Biograptzteen Tächflscher Minister. Oberländer.*) Martin Gotthard Oberländer wurde in Langenberns- dorf bei Zwickau am 7. Mai 1801 von braven Bauersleuten ge boren. In seiner frühesten Jugend zeigte er eine ungewöhnliche Bildung der geistigen Kräfte, und das bewog die Eltern, den Knaben bereits in seinem 7. Lebensjahre in die nicht weit entfernte Schule nach Werdau zu schicken, woselbst ihn ein tüchtiger Lehrer auf daS Gymnasium vorbereitete. Während seiner Schulzeit wurde das arme Sachsen vom Krieg und einer großen Theuerung heim gesucht; der arme Junge mußte oft, wenn er Sonnabends nach Hause ging, um sich einmal dort recht satt zu essen, mit hungri gem Magen vom elterlichen Hause zurückkehren, in dem er wenig Brot, aber um so mehr Einquartirung und andere Uebel, welche der Krieg mit sich bringt, vorfand. Außer den alten Sprachen erlernte er auch die französische, was ihm zuweilen eine gute Mahl zeit und ein Stückchen Geld verschaffte, denn der kleine Junge wurde oft von Franzosen als Dolmetscher gebraucht. Seine Eltern brachten ihn auf daS Gymnasium zu Altenburg, welches unter des bekannten Rectors Matthiä Auspicien damals ein sehr bekann- r > tts war. Im Jahre 1820 bezog Oberländer die Universität zu Leipzig. Das ihm angebome warme cheilnebmende Herz, sein le bendiges Mitgefühl am Guten und Schönen und Rechten erwarb ihm während einer fünfjährigen Studienzeit die Achtung und Freundschaft seiner Commilironen, während, wie natürlich, auf der andern Seite die vielen Schattenseiten unseres akademischen Lebens auch auf ihn durchaus nicht ohne bösen Einfluß blieben. Es war die Zeit der Demagogenriecherei — auch Oberländer kam in dm Verdacht der Theilnahme an burschenschaftlichen Verbin dungen und wurde in lange, Gemüthsruhe und Gesundheit ver zehrende Untersuchungen verwickelt. Anstatt daS wüste, geistlose Wesen der Landsmannschaften zu begünstigen, hätte man die Burschenschaft möglichst ungestört lassen sollen, die in ihrem ersten Paragraphen größtmöglichste Ausbildung deS Geistes und Körpers zum Dienste des Vaterlandes verlangte, aber eben weil sie besser war als das andere, auch der lieben Polizei zum Opfer fallen mußte. Obgleich Oberländer große Neigung zur Theologie besaß, widmete er sich doch, dem Wunsche seiner Eltern nachgebend, dem Studium der Rechte, ohne übrigens Philosophie und Lheologie an den Nagel zu hängen. Hauptsächlich war eS Kants „Religion innerhalb der Grenzen der reinen Vernunft", der er sein Studium widmete, und auch in spätem Jahrm war eS dieser große Philo soph, bei dem er Erholung für den Geist und Ermurhigung für daS Herz suchte und fand. Auch Jean Paul scheint eine LieblingSlectüre OberlLnders gewesm zu sein. Mit andern philosophischen Studien hat sich Oberländer nie beschäftigt, und dürfte man durchaus im Jrrthum sein, wollte man in seiner Verteidigung der Ruge'schen Jahrbücher einen Anhalt finden für die Ansicht, er sei ein Angehöriger des Hege lianismus — derselbe ist Oberländern gänzlich fremd. — Nach wohlbestandenem FacultätScxamen wendete sich Oberländer im Jahre 1825 nach Zwickau, wo er denn auch seitdem ununterbrochen in allen Branchen der gerichtlichen und Verwaltungspraxis thätig gewesen ist, auch einige Jahre mit gutem Erfolge Advocarenpraxis betrieben hat. Bis zur Einführung der allgemeinen Städteordnung im Jahre 1838 war er namentlich bei dem Stadtrath als Acluar in Polizeisachen beschäftigt; bei jener Umgestaltung der städtischen *) Auszugsweise a«s A. Frey'S interessanter „Biographischer Skizze" Oberlanders. (Leipzig, Arnoldische Buchhandl. 1848.) Behörde aber wurde er als Actuar und Vicestadtrichter beim Stadt' geeicht angestellt, auch zum Stadtverordneten und Vorsteher des Collegiums gewählt, bis er im Jahre 1835 die Stellung im Stadt rath einnahm, von der er schied, um Minister zu werden. — In einem seiner Briefe, den er vor mehreren Jahren geschrieben, schil dert er sich mit folgenden Worten: „Mein Inneres ist erwärmt von der Liebe für Freiheit, Recht und Vaterland; das liberale System, welches so innig mit der Sittenlehre des ChristenrhumS üdereinstimmr, und die Grundsätze des vernünftigen Rechts wur zeln rief in meinem Herzen. So lange ick daher von meinen Mitbürgern zu ihrem Vertreter bei dem Landtage berufen bin, werde ich von den bisher betätigten Grundsätzen auch nicht um ein Haar weichen, denn so fern ich von aller Ruhmbegierde bin, so besitze ich doch einen Ehrgeiz, den nämlich, unter den echten und edlen Volksmännern kein unwürdiger Kampfgenoß zu sein, und in dem Wenigen, was mir mit Gottes Beistand zu thun vergönnt ist, in dem Gedächtniß der Guten, namentlich aber der wahren Vaterlands- und Verfassungsfreunde fortzuleben." vr. von derPfordten. Ludwig Karl Heinrich von der Pfordten wurde am 11. Septdr. 1811 zu Ried im Jnnviertel — damals zu Baiern, jetzt zu Oesterreich gehörend — gedoren. Sein Vater, dessen Familie eigentlich aus dem sächsischen Geschlechte derer von der Pfordte stammte, war dort königlich bairischer Landrichter, seine jetzt noch lebende Mutter eine Tochter des Appellationsgerichtsdirectors E d e r in Neuburg an der Donau. Ludwig war der älteste von sechs Geschwistern. Seinen ersten Unterricht erhielt er bis zum sieben ten Lahre in Burgebrach in Unterfranken, wohin sein Vater in zwischen versetzt worden war. Von hier wurde er in daS Haus eines freisinnigen Geistl chen, des tekan Clarus in Bamberg, gebracht, unter dessen Aufsicht er durch Privatunterricht bis zu seinem zehnten Lebensjahr gebildet wurde. Schon hier entwickelte er ungewöhnliche Anlagen und einm so außerordentlichen Fleiß, daß seine damaligen Pstegeeltern weissagten, „aus dem da müsse einmal etwas Großes werden." Da unterdeß seinem Vater aber mals ein anderes Landgericht und zwar zu Kadolzburg bei Nürn berg übertragen wurde, so zog dieser den erstgeborenen Sohn wie der in seine Nähe und vertraute seine weitere Ausbildung dem Gymnasium zu Nürnberg, welches derselbe, immer beglei.et von den rühmlichsten Zeugnissen seiner Lehrer und einen Preis nach dem andern gewinnend, im September des JahreS 1827 wieder verließ, um als Student der Rechte die Universität Erlangen zu beziehen. Hier hörte er nach tüchtigen philosophischen, namentlich auch naturwissenschaftlichen Vorstudien, in seinem Fache unter anderen die Professoren Bücher, Schunck, Wendt und F-uerbach, und wendete sich schon damals dem Studium des römischen RechtS mir Vorliebe zu. Während seines dreijährigen Aufenthaltes in Erlangen extwickelre er mehr und mehr seinen offenen, entschieden männlichen Eharakter, und während er sich seinem eigentlichen Berufe mit strenger Gewissenhaftigkeit widmete, entzog er sich doch auch keineswegs dem öffentlichen akademischen Leben, in welchem er eine bedeutende Rolle spielte. Uebriaens starb sein trefflicher Vater, der bei mäßigem Einkommen für die Ausbildung seiner Kinder jedes Opfer brachte, schon im November 1828. Noch ein anderer Zwischenfall hinderte dm Sohn, seine Studien ln Erlan gen zu vollenden, und führte ihn im Herbste des Jahres 1830 zu seinem Glücke nach Heidelberg. Dmn hier war es, wo er bet Thibaut nochmals die Pandekten und bei Mirrermaier deutsches Privarrecht und Eriminalproceß hörend, diesen beide« ausgezeich neten Rechtslehrern von so vorcheUhafter Veits bekannt wurde.