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Inserate für denselben Tag find bis vormittags l« Uhr aufzugeben. Einspaltige Zeile oder Seren Raum 12 Lokalxr. 40 Z. Reklame 20 Z. Bei Wiederholungen Rabatt. Blle Annoncen-Expeditionen nehmen Inserate entgegen. Wochenblatt ptk'NSst lecker - l)S. 18. -r- rr Ericbeinr Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Beiblätter: ILustr. Sonntags. blatt u. ksumor. Wochenblatt Abonnement. INonatl. LOH., rierteljährlicb bei freier Zustellung ins Saus, durch die poft bezogen unter Nr. 8«02 I.2S. für Pulsnitz und Umgegend Anrts-Blatt ^elegrömm-liesse: ^ockrendlatt priüniiZ »L -es ^önLgl. Nmksgeplckts und -es 8ta-lratkes 2» Pulsnitz. Arnrsvtatt für Len Bezirk Les Aönigl. Amtsgerichts Pulsnits, umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Böhmisch-Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Savswalde, Dborn, Gbersteina, Niedersteina, Weißbach, Oberlichtenau, Niederlichtenau, Lriedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf Druck und Verlag von E. L. Förster'» Erben (Inh.: ). w. Nohr.) Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. rss. Verantwortlicher Redakteur Otto Vorn in Pulsnitz. Sonnaöend, den 6. Mai 1905 57. Jahrgang. TMefftNMjg Ml das Grab Vrikbrilh v. Schillers ;a seinem IG. Todestage. Einhundert Jahre sind ins Land gegangen, Seit einst Les großen Dichters bleiche Wangen Der bitt're Tod mit kaltem Hauch geküßt. Wie schmerzlich klang damals die Trauerkunde Im deutschen Vaterland vom Mund zu Munde, Daß Schiller tot. — Zu kurz war seine Frist! — Nicht tot! — O schaut nur heut' nach hundert Jahren, Wie ihm sein Volk die Treue wußt' zu wahren Und dankerfüllt ihm neuen Lorbeer bringt; Mocht auck dem Leib die Seele still entschweben. Auf ewig wird sein Geist dort weiter leben, Wo immer deutsch nur eine Zunge klingt! Denn deutsch war all' sein Sinnen und sein Handeln, Und deutsch auf lichter Lebenshöh' sein Wandeln, Deutsch seiner Lieder herrlicher Akkord. Durch ferne Dichtung ziehen deutsche Klänge, Und gottbegnadet ward durch die Gesänge Ein wahrer Meister er vom deutschen Wort! „Wohl mußtest Du in Deutschlands trübsten Tagen — Du edler Dichter — Deine Leyer schlagen, Da schwer geknechtet es am Boden lag. Doch ließ sein Geist sich nicht die Flügel binden, Mit Seherblick konnt'st Deinem Volk Du künden Durch Tell, daß die Befreiung folgt aus Schmach." — (Nachdruck verboten.) „Sie ist erfolgt! — Nach heißem, blut'gen Ringen Kreist jetzt der deutsche Aar mit mächt'gen Schwingen Um des geeinten Vaterlandes Gaun — Und konntest Du den Tag auch nicht erleben, Dein Sang, o Schiller hat die Kra't gegeben, Durch ihn hallst Du das Einheitswerk erbau'n! — „Der besten einer von Germanens Söhnen, Soll deshalb laut Dir Preis uno Lob ertönen Am Tage, wo Du schlummerst hundert Jahr — Ist düster auch der ew'gen Trennung Wolke, Unsterblich lebst Du fort in Deinem Volke Durch Deines Geistes Größe immerdar!" Karl Emmrich. Mit der Stellvertretung des Friedensrichters für den Bezirk Ohorn, des Herrn Ortsrichters Otto Rammer daselbst, ist bis zum 5. Juni 1905 Herr Bürgermeister Vr Michael in Pulsnitz beauftragt worden. Pulsnitz, am 4 Mai 19o5. ' Königliches Amtsgericht. WeKanntrnatKung. Es wird hierdurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der Stadtrat beschlossen hat, zu Ehren des großen Deutschen Dichterfürsten Friedrich Von Schiller be der hundert jährigen Wiederkehr feines Todestages die Straße L mit dem Namen Schilterstraße zu belegen. Pulsnitz, den 6 Mai 1305. Der Ztadtrat. vr Michael, Bürgermeister. Neueste Ereignisse. Zum Präsidenten des Reichsgerichts ist der Unter- staatssekretär im preußischen Staatsministerium vr. Rudolf Freiherr von Seckendorfs ernannt worden. Gras von Tattenbach überbringt nach einer Lon doner Meldung dem Sultan von Marokko den Stern des Roten Adlerordens mit Brillanten. Prinz Karl Anton von Hohenzollern empfing vom Kaiser Wilhelm den Befehl, ein Geschenk von 15000 M. der Familie des Leutnants Shibata zu überweisen, der die fremden Militär-Attachees. mach Port Arthur führte und kurz darauf in einem Gefechte getötet wurde. In Stockholm sind gestern 2000 Arbeiter ausge sperrt worden. Nach einer Depesche aus Petersburg tritt Kuro- patkin ganz zurück und überläßt Kaulbars das Kommando der ersten Armee. In Warschau wurde gegen eine Patrouille eine Bombe geschleudert, die nicht explodierte. In Odessa, Melitopol, Simferopol und Nischni- Nowgorod haben neue Krawalle begonnen. In Lodz feuerte das russische Militär vor der H^ligekreuzkirche während des Maigottesdienstes ^ne Salve in die Menge ab. 7 Personen wurden verwundet; eine Kugel traf den -poch- altar. Es entstand eine große Panik, viele Personen kamen zu Schaden. Das dritte russische Geschwader hat gestern morgen halb o Uhr Singapore passiert. In Chicago wurden wegen der Unruhen infolge des Kutfcherstreiks 3000 neue Polizisten einge stellt; trotzdem wurden fünfzig Personen verletzt. Kronprinz Wilhelm vollendet heute Sonnabend sein 23. Lebensjahr. Zum L00. Todestage Friedrich v. Schillers. (Nachdruck verboten.) Der Tag, welcher in allen Teilen der Welt, soweit die deutsche Zunge klingt, festlich begangen- wird, der 100. To destag des deutschesten der deutschen Dichter, Friedrich v. Schiller«, ist in die Nähe gerückt. Es soll keine ernste Toten feier sein, welche daS deutsche Volk für seinen unsterblichen Held«« veranstaltet, sondern nur eine solche der Erinnerung. Sie soll davon Zeugnis ablegen» daß der Geist d«S edlen Streiter« für Gott, Tugend, Freiheit und Vaterland durch seine herrlichen Dichtungen und Dramen in seinem Volke fortlebt und daß der Name Schiller als der Herrlichsten einer für alle Zeiten unlöslich mit dem deutschen Volke ver knüpft ist. Wodurch sich dieses aber besonders zu dem geist reichen Dichter hingezogen fühlt, ist der Umstand, daß Schiller den größten Teil seine« Lebens auf Dornenpfaden gewandelt ist. Schwere Sorgen, durch wslche sogar oftmals in seinen Jugendjahren das Brot auf dem Tische fehlte, und ein kör perliche« Leiden, durch das er langsam aber sicher dem frühen Tode entgegen ging, ließen ihn sich durchkämpfen zu einem ganzen Menschen, der durch sich selbst ven Beweis der Wahrheit für die philosophischen Gedanken in seinen Dichtungen erbrachte, daß unsere Größe de« Leidens bedürfe, um lebendig zu werden, daß sich der Geist nur dann groß zeig«, wenn er über di« leidende Natur triumphiert. Und Schiller hat darüber triumphiert, denn sein ganzer Lebenslauf zeigt, daß nur sein geflügelter Geniu« und sein unverwüst licher Idealismus ihn in dem Kampf des Leben« aufrecht erhielt. Einhundert Jahre sind nun seit jener Zeit in da« Land gegangen und Schiller hat unsterblich wie seine Werke unter seinem Volke fortgelebt. Wohl hatte er auch seine Neider und Widersacher, die da behaupten wollten, seinen Dichtungen und Dramen gehe der deutsch-nationale Geist ab. Dem ist durchaus nicht so! Wohl mangelte eS Schiller, welcher in der Zeit der tiefsten Erniedrigung unsere« Vaterlandes lebte, an genügendem nationalem Stoff, aber an den Helden anderer Völler, welche er in seinen Dramen verherrlichte, führte er dem deutschen Volke vor Augen, wie es und durch was e« sich auS seiner Schmach befreien könnte. Oder ist «S nicht die ideale deutsche Freundschaft-treue, welche er un« so herr lich in seinem Don Carlos vor Augen führt, und find e» nicht edle deutsch« Worte, die er in seiner Jungfrau von Orlean« un« zuruft: „Nichtswürdig ist dir Nation, di« nicht ihr alles freudig setzt an ihre Ehre." Auch in keinem Tell entflammt er sich voll Begeisterung für das Vaterland durch die Worte „An» Vaterland, ans teure, schließ dich an, daS halte fest mit deinem ganzen Herzen, hier find die star ke« Wurzeln deiner Kraft!" Und gibt eS wohl eine schönere und edlere Auffassung von den Pflichten einer deutsch«« Hausfrau, al« wie sie Schiller in seiner „Glocke" besingt? — Rein, er war eia deutscher Dichter in dem vornehmste« Sinne des Wortes und kein Geringerer als Goethe ist «S, welcher über den Tod de« vortrefflichen Meisters wie folgt klagt: Auch ohne die tiefe, herzliche Liebe, die ich ,u Schiller hegte, kann ich nie ohne große Erschütterung an die Zeit meines Leben» mit ihm denken. Ja, ich gestehe e« offen herzig, mein ganze« Leben kommt mir seitdem leerer, unbe- deutender und weniger befriedigend vor." Auch va« deutsche Volk hat Schiller mit instinktivem Sehe,blick schon von Anfang an al« einen deutschen Dichter von höchster Begabung und gottbegnadeter Kraft erkannt, geliebt und verehrt und es ist zu bedauern, daß ein solcher großer Geist mitten in seinem Wirken und in dem schönsten ManneSalter so frühe sterben mußte. Was hätte er wohl noch an edlen Geistetgaben un« hinterlassen, wenn ihm vielleicht noch zwanzig Jahre LebenS- srist vom Himmel geschenkt worden wäre! — Deshalb zieht nun zu seinem 100jährigen Todestage eine Helle Begeisterung durch alle deutschen Herzen für ihren großen, unsterbliche« Friedrich v. Schiller. Sein Geist mag immer das deutsche Volk bi» in vie fernsten Zeiten begleiten, dann wird «S allzeit gut bestellt sein um da« teure Vaterland. Einer de, größten Söhne Deutschlands, Schiller, wird aber dann auch weiter unsterblich unter seinem Volke für ewig fortleben, durch seine herrliche Poesie, die er in seinem Festspiel „Die Huldigung der Künste" mit folgenden sinnreichen Strophen sprechen läßt: Mich hält kein Band, mich fesselt keine Schranke, Frei schwing ich mich durch alle Räume fort. Mein unermeßlich Reich ist der Gedanke, Und mein geflügelt Werkzeug ist das Wort. Was sich bewegt nn Himmel und auf Erden, WaS die Natur tief im Verborgnen schafft. Muß mir entschleiert und entsiegelt werden, Denn nichts beschränkt die sreie Dichlerkraft. Doch ichön'res find ich nicht, wie lang ich wähle. Als in der schönen Form die schöne Seele! — — lvail Xmmriob.