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Nr. 388. Neunter Jahrg. Montag, SI.Rvvbr. 1884. Erscheint: Täglich früh 7 Uhr. Inserate werde» migensmmcn: bis Abends v,Sonn tags bis Mittag» 12 Uhr: Marienstraße 18. Anzeig, in dies. Blatte, da« jetzt in 1VMV Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. Monncment: Vierteljährlich 30 bei unentgcldlicher L«»- fernng in's Haus. Durch die Königl. Pssi vierteljährlich 32 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum eiu«t gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Tingdt sankt" die Zeile L Ngr. Druck und Eigenthum- der Herausgeber: L'ikpsch 8k Reichgr-t. — Verantwortlicher Rrdacteur: IlltiuS Neichgrdt. Dresden, den 21. November — Der „K. Z." zufolge find aus der Central-Casse zu Rendsburg die als Vorschüsse bezahlten Kosten der Bundes verwaltung aus den Holsteinischen Ueberschüssen zurückerstattet. Für die Bundesverwaltung find gezahlt an Sachsen 23,056 Thlr. bis Ende Juli d. I-, für die Militär-Aufstellung 200,000 Thlr., an Hannover bis Ende Juni d. I. 120,000 Thlr., in Allem 343,056 Thlr. Die Kosten bis Ende d. I. werden nicht geringer sein und sich für das ganze Jahr ge wiß 686,000 Thlr. belaufen. — An vergangener Mittwoch in den Mittagsstunden suchte ein Dienstmädchen von Pirna in den Fluchen der Elbe ihren Tod, wurde aber, nachdem solche schon ein großes Stück fort geschwommen, durch die couragirte Hand des rothen Dienst manns Nr. 15 wieder gerettet und in ihren Dienst, aller dings etwas «»gefeuchtet und Zähne klappernd, zurückgeführt. —- Sicherem Vernehmen nach ist dießmal der Zutritt bei den Durchmärschen der k. k. Oestreichischen aus Schles wig-Holstein zurückkehrenden Truppen dem Publikum in den Bahnhöfen gestattet. — Hoffen und Harren, macht Manchen zum Narren! hieß es gestern Vormittag auf dem Altmarkt, wo sich Hunderte in der Meinung eingefunden hatten, daß das neben dem Nath- hause befindliche Künzel'sche Haus durch die Mannschaft der Turner-Feuerwehr demolirt werden würde, was aber erst nächsten Sonntag geschehen soll, da die Behörde aus den gestrigen „Todtensonntag" Rücksicht genommen hatte. — Daß der Haase gewöhnlich da zuerst aufspringt, wo man es am allerwenigsten vermuthet, beweist u. a. auch das bescheidene Uhrmachergeschäft von Werner an der Friedrichs- Brücke. Dasselbe enthält einen allerliebsten Schatz — ein großes herrliches Spieluhrwerk. Herr Werner hat dasselbe nach seiner eignen Zeichnung im Schwarzwald bauen lassen, und gewährt jedem Besucher das unentgeldliche Vergnügen, sich an dem Ohrenschmaus, den es wirklich in hohen: Maaße bietet, zu erfreuen. — Vor einigen Tagen ging eine Bürgersfrau hinter zwei Schulknaben her, von denen der Eine eine Düte mit 6—7 Schnecken (Backwaare) in der Hand hatte und seinem Kameraden ein paar davon verehrte. Während sie speisten, entspann sich folgendes Gespräch zwischen ihnen: „Dein Vater giebt DK wohl viel Taschengeld?" — „Nee, gar keins, ich habe Geld, weil ich pfiffig bin. Von Vater und Mutter krieg ich keinen Pfennig." — Sehr verblüfft fragte sein Kamerad : „Wie fängst Du's denn an zu Gelds zu kommen?" Der Andere sagte lachend: „Siehst Du, mein Bett steht neben Vaters Bett. Wenn er Abends spät aus der Gesellschaft kommt, legt er seine Hosen auf den Stuhl, ich thue, als schliefe ich. Wenn er nun eingeschlafen ist und Mutter auch schläft, stehe ich auf, als müßte ich einmal —, bei der Gelegenheit sixle ich aus Vaters Hosentasche Geld . .. merkst's nun?" — „Ja" — „Früh giebt es immer Spektakel, Vater denkt, Mutter hat ihm die Tasche vifitirt und da wird er böse und sie zanken sich . .. ich hab's aber, auf mich denken sie nicht." — Leider mußte die Bürgersfrau ihren Geschäften nachgehen und konnte nicht diesem Pfiffigen Burschen folgen, um zu wissen, in welche Schule er sich begab. Sollte der betreffende Vater des gut geschulten Buben diese Zeilen lesen, bitten wir ihn, den liebenswürdigen Sprößling zu einer anderen Art Schnecken zu verhelfen, denn solcher Sohn ist gewiß ein sauberes Früchtchen. — Resultat auf Heirathsgesuche. Schon vielfach mündlich und schriftlich ist die Redaction dieses Blattes an gegangen worden, darüber Auskunft zu ertheilen, ob die viel fachen Heirathsgesuche zu erwünschtem Ziel führten und ob es nicht allzugewagt sei, wenn das Gesuch allein von einer Dame ausgehe. Wir wollen mit unfern Erfahrungen nicht hinterm Berge halten und berichten, was wir in dieser Sache so manchmal unter der Hand gehört haben. — Das Ganze ist eine Art Glücksspiel, mitunter ein Treffer; in vielen Fällen aber, statt Erzielung günstigen Resultates, nichts als Aerger, vorzüglich wenn das Gesuch von einem weiblichen Individuum ausgeht und photographische Portraits verlangt werden. Wie uns bekannt geworden, sind im Lauf der letzten fünf Jahre in Folge von Gesuchen ersterer Art drei Ehen hervorgegangen die man glücklich nennen kann; die Leutchen leben zufrieden, zumal die Braut außer den gewünschten Eigenschaften, als: verträglicher Character, Sinn für Häuslichkeit u. s. w. auch noch das gewünschte Vermögen mitbrachte. Ebenso aber sind Schattenseiten bemerkt worden. So soll ein alter Junggesell sich manchmal das Vergnügen gewähren, ein Heirathsgesuch einzurücken, wo nicht auf Vermögen gesehen wird Hierauf sollen unzählige Offerten von Mädchen und jungen Wittwm nebst Portrait einlaufen, Briefe von Familienvätern und Vor mündern, die nicht selten in eingehender Weise auf das Gesuch emgehrn. Der in dm Jahren vorgerückte Tagedieb hat nun schon früh beim Caffee ein Amüsement und erquickt sein schwarzes Herz durch Einblicken in innere Familien-Angelegenheiten, wo rüber ihn Niemand Vorwürfe machen kann, denn er bleibt der Anonymus, der Stillversteckte. Ja! es soll einmal in Dresden eine Gesellschaft von Nichtsthuern bestanden haben, welche lange Zeit hindurch mehrere Abendstunden durch Vorlesung der eingegangenen Briefe ausfüllten, wo so Mancher aus der Mitte der modernen Bummler durch Witzeleien und allerhand Bemerkungen den „Ulk", wie sie es nannten, zu Würzen suchte. Nach einer uns vor Jahresfrist anonym zugckommenen Zu schrift, existire in Dresden so ein Quidam, der sich für 20 Ngr. ein reiches Album von Mädchcn-Portraits angeschafft habe. Für genanntes Geld ließ er nämlich ein Heirathsgesuch einrückcn, mit der Angabe: daß er vermögend sei, die Zu künftige müsse Anmuth besitzen, Geld sei nicht nöthig. Offerten unter der Chiffre so und so, Portraitbeisügung er beten. — Auf diesen Zopf sollen an einem Tage an Dreißig in und außer Dresden angcbisscn und ihr photographisches Bildniß zum Opfer gebracht haben. — Noch schlimmere Er fahrungen sollen Denjenigen weiblichen Geschlechts zu Theil werden, die sich selbst durch ein Heirathsgesuch der Männer welt anbieten. Da sollen Witzbolde auftauchen mit Gedichten » In Grecourt; Einsendungen von Feder- und Bleistiftzeich nungen Vorkommen, die man gleich in den Ofen steckt und dergleichen Dinge mehr. Wie gesagt, cs bleibt immer eine Angelegenheit, die mehr oder minder Schattenseiten mit sich führt, dennoch aber im Geist der neuen Zeit fortbestehen wird, wovon die immer erneuten öffentlichen Heirathsgesuche hinlänglich Kunde geben. — Infolge der im Auslande öfters beobachteten Trichinen- krankhcit wurden auch in Ungarn amtliche Erhebungen gemacht. Daraus erhellt, daß im Jahre 1863 in Ungarn 2,282,466 Stück Schweine geschlachtet WÄden sind, ohne daß man auch nur ein einziges Mal Trichinen entdeckt hätte. (Wer hat untersucht? Wie ist untersucht worden?) — Literarisches. Für Freunde der Literatur und Pädagogik sowie für die reifere Jugend ist von Hrn. Dr. E Niemeyer ein neues Werk unter dem Titel: Jugendleben Klopstocks, Lessings, Wielands und Herders, erschienen, welches vermöge der darin niedergelcgtcn Forschungen und der ge wissenhaftesten Benutzung der besten, reichhaltigsten Quellen, literaturgeschichtlichen wie streng pädagogischen Werth besitzt. Eine Vergleichung des Jugendlebens der erwähnten Dichter helden und Vorläufer unseres Göthe und Schiller zu bieten, ist eine ebenso neue wie schätzbare Idee, zumal in den Bio graphien der größten Männer in Wissenschaft, Kunst u. s. w. oft gerade die Schilderungen ihrer Jugend am nothdürftigsten behandelt worden sind. Die ganze Abfassung des Werkes bekundet außer seinem reichen Inhalts die passende Vertheilung des Stoffs, Anschaulichkeit der Darstellung und gediegene, schönempfundene Sprachform. — Stenographie. Viele hört man noch immer fragen: Die Stenographie ist wohl sehr schwer zu erlernen? Dieses Bedenken scheint das in diesen Blättern unlängst angezeigte Merkchen: „Die Gabels berge r'sche Stenographie für Volksschule und Selbst unterricht, von Franz Emil Drechsler" (vorräthig bei Schneider u. Co., Frauenstraße 12) gründlich zu beseitigen. Es sind den: Merkchen sehr günstige Urtheile vorgedruckt, aus gesprochen von Männern der Wissenschaft; wir theilen hier dasjenige mit, welches Herr vr. Anders, Stenograph des Herrenhauses in Berlin abgegeben hat: „Bisher fehlte es an einem Lehrbüchlein, das die Regeln kurz und dabei so allge mein faßlich aufstellte, daß bereits Kinder in den Volksschulen und Personen, denen es nicht vergönnt war, sich eine höhere wissenschaftliche Bildung anzueigncn, und die doch gerne die Stenographie erlernen und an wenden wollten, ihr Ziel zu er reichen vermochten. Durch die in dem vorliegenden Merkchen befolgte Lehrweise ist diesen Personen, deren Zahl nicht ge ring ist, so wie Kindern, die Stenographie in verhältnißmäßig kurzer Zeit und in angenehmer Weise beizubringen, weil der Schüler sogleich von der ersten Stunde an zum Lesen und Schreiben von Sätzen gelangt, was ihn die Sache lieb ge winnen läßt." Wir fügen noch bei, daß Herr Drechsler jetzt in Dresden (Große Plauensche Straße 10) Unterricht ertheilt. — In Folge des von der Redaction der „deutschen Jugendblätter" im Mai d. I. geschehenen Preisaus schreibens waren 31 Manuskripte eingesandt worden, von denen allerdings 4 wegen Mangel der vorgeschriebcnen Er fordernisse zurückgelegt werden mußten. Von den 27 Manu skripten kamen 5 in die engere Wahl und unter diesen wurde der Erzählung: „Durch Nacht zum Licht", als deren Verfas serin Elisabeth Ebeling in Berlin, genannt war, der Preis von 10 Ducaten zucrkannt. Zugleich beschloß man, auch die übrigen in die engere Wahl gekommenen Erzählungen: 1) „Bachant und Schütze", 2) „Die Versöhnung", 3) „Ende gut — Alles gut" und 4) „Drei Tage des Glückes" in den Für Jedermann der Verdicrst sucht im Geschäft und Ersparnisse in der Wirt schaft erstrebt, können wir den ,.Praktischen Akathgeber für Gewerktreibende, Land und HauSwirth« schäften" von dem Techniker Halbaur aufrichtig em pfehlen, da der geringe Preis dafür hundert- und tausendfach wieder eingebracht wird. Das Buch, welches 25 Bogen stark ist und nur 25 Sgr. kostet, bringt in seinen 1560 Recepten re. nicht nur wichtige Mittheilungen für die spccicllcn Gewerbe, als: Aetzmittrl und Beizen, Anstriche auf Eisen, Holz re.. Bengalische Flammen, Bleicherei, Bronziren, Conditorwaaren, Essenzen, Spirituose» und Syrupe, Färbekunst und Farbenbcreitung, Firnisse, Lacke und Polituren, Guttapercha-Präparate, Hefensabrikation, Kitte und Bindemittel, Lcgirungen, Leim- und Kleisterbereitungen, Liqueurfabrikation, Malerei, Metalle, Oele und Schmiermittel, Papierpräparate und Pappe, Parfümerien, Siegellacksabrika- tion, Tafclessige, Tintenfabrikation, Vergoldungen und Ver silberungen, Wachspräparate, Wasserglas, Wichsen und Zahn mittel — sondern auch eine große Anzahl für jedes Haus nutzbringender Heil-, Gesundheits- und Reinig ungsmittel, Vorschriften für Küche, Keller und Vorrathskammer, für Garten-, Obst- undBlumen- zucht. Mittel gegen Natten, Mäuse und Insekten re. re., so daß sich der „praktische Nathgeber" nicht nur als ein unentbehrliches Handbuch für Jedei maun, insbesondere für Gewerbtreibcnde aller Art, sowie für Land- und Hauswirth« chaften bewähren wird: er wird auch manchem unternehmenden köpfe durch Ausbeutung dieser oder jener Vorschrift, selbst außerhalb seines Berufes, reiche und sichere Existenz mittel gewähren. Zu haben ist der „Praktische Ratküeber" in allen Buchhandlungen, in Dresden in G. Schönefelb'S Buchhandlung (C. A. Werner) Schloßstraße Nr. 27. deutschen Jugendblättern zum Abdruck zu bringen, sofern die betreffenden Autoren sich über das Honorar mit der Redaction einigen werden. — Die Deutschen Jugendblätter mit Jllir» strationen, welche binnen Kurzem ihren vierten Jahrgang be schließen, finden im deutschen Vaterlande immer größeren An klang. Das Bestreben der Redaction, fern von allen flun kernden Anpreisungen zunächst auf die innere Herstellung die größte Sorgfalt zu verwenden, um den Kindern eine eben so belehrende als unterhaltende, vor Allem aber eine gesunde Lectüre zu bieten, beweist sich somit als der richtige Weg, um einer periodischen Schrift auf die Dauer die Gunst, nicht IbloS der jugendlichen Leser, sondern, was noch mehr wiegt, der sorgsamen Väter und Mütter und der vorurtheilsfreien Pä dagogen zu verschaffen. * Ouollo liruit pour unv omeletiel So rufen wir ün- willkürlich aus beim Durchlesen eines mit ceremonieller Weit schweifigkeit reichlich versehenen Notificationsschreibens, ä. ck Dresden, 18. Oktober 1615, eine Köchin für den Haushalt des Königs von Dänemark betreffend. Dieser Brief des Kur fürsten Johann Georg I. von Sachsen lautet: „Durchlauch tigster König re. re.! Was wir in Ehren viel Liebes und Gutes vermögen, daß sei Ew. königl. Majestät jederzeit in Fleiß zuvor, besonders lieber Herr Oheim, Schwager und Bruder. Euer königl. Majestät zu Wolfenbüttel den 3. d. an uns abgegangenes, freundliches Schreiben ist uns allhier wohl zugekommen. Und wie uns nun ganz hocherfreulich aus dem selben zu vernehmen gewesen, daß von Gott dem Allmächtigen Ew. königl. Majestät bis anhero noch bei gesunden LeibeS Wohlthätigkeit gefristet worden, also thun Derselben wir von ' Herzm gern gönnen; wie es denn auch Ew. königl. Majestät so oft glücklich und wohl nicht ergehen kann, wünschen e- derselben von getreuem Herzen viel mehr und besser. So viel unser Zustand belanget, danken wir auch dem barm herzigen, treuen, lieben Gott vor das bis anhero verliehene und noch jetzo ersprießliche gesunde Aufkommen, und bitten von ganzen: Herzen, derselbe wolle Ew. königl. Majestät auch dabei lange Zeit fristen und erhalten, sowie uns sämmtlich fürder lange Zeit seinem göttlichen Gnadenschutz treulichst be fohlen sein lassen. Ob wir nun wohl gerne Ew. königl. Majestät Suchen nach einer guten meißnischen Köchin so bald ausrichten lassen und derselben jetzo zuschicken wollten, so ha ben wir doch so eilend nicht dazu gelangen können. Wir ha ben aber nichtsdestoweniger auf eine gute Köchin fleißig Be stellung gemacht, und verhoffen deren eine zu erlangen. So bald wir derselben habhaft geworden, wollen wir solche Evk königl. Majestät zuschicken. Und wir mochten's Derselben in freundlicher Antwort nicht bergen. Befehlen Ew. königl Majestät in Gottes, des Allerhöchsten, gnadenreiche und Väter» liche Beschirmung ganz treulich. Datum, Dresden, 15- Ok tober ^o. 1615. Johann George."