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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Prönun>«rt>Uone- Prei« 22j Sgr. (j Ldtr.) vieneliöbrti», 3 Tdlr. für das ganze Iadr, ohne Fe, höbung, in atten Tdeilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man prinumerirt aus dieses Literatur-Bbu« in Berlin in der Sxpedkion der Alla. Pr. kiaaer-Zeieung (FrieLeichSstr. Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSIande bei den WolEdl. Pok-Aemieru. Literatur des Auslandes. 13 Berlin, Freitag den 29. Januar 1841 Arabien. Der weise Suleiman und der Nicscnvogcl Simorgh. Eine Sage VeS Morgenlandes- Der Suleiman der Muhammedaner ist der Salomo des Men Testaments, jedoch mit allerlei Attribute», die als mythischer Heiligen, schein um seinen Namen flimmern. Die Muhammedaner behaupten von diesem Fürste», er habe alle Geheimnisse der Natur durchschaut, in die Zukunft geblickt und die Herrschaft über Thiere, Menschen und Genien besessen. Das Alte Testament hebt nur die beiden inter essantesten Züge seines Charakters hervor: seine Weisheit in den Tagen seines Ruhms und seine Schwache, als er den Kultus des wahren Gottes vergaß. Einen höheren Zweck verfolgend, als den, frivole Neugier zu befriedigen, gedenkt die Bibel der glänzenden Talente des weisesten Sterblichen nur beiläufig und verweilt lieber bei der Reue, die seine Verirrungen nach sich ziehen, zum klaren Beweise, daß Alles nur eitel — der gewaltigste Mensch mit ein begriffen. Solche leise Andeutungen find jedoch für die Talmudisten nicht verloren gegangen; sie haben ihnen den Stoff zu einem endlosen Ge webe artiger Mäbrchen geliefert. Die Araber haben den Mährchen- Schatz aus den Tiefen ihrer eigenen Phantasie noch erweitert, und so ist die Geschichte Suleiman Ben Dawud'S einer der schönsten Cyklcn ihrer poetischen Schöpfungen geworden. Der Name Sulei man steht noch auf alten Talismanen. Die kostbare smaragdene und mit Edelsteinen besetzte Tascl, welche Musa oder sein Freige lassener Tarik in Toledo erbeutete, war nichts Anderes, als der Tisch Salomo's; auch waren es seine Vasen und sein Siegel, jene Gefäße von Erz, die den rebellischen Genien als Kerker dienten, und jenes Siegel, das man auf ihre Oeffnung drückte, ehe man sie ins Meer warf. Alles dies ist dem Leser von Tausend und Einer Nacht hinlänglich bekannt, vorzüglich denen, welche die Geschichte von der ehernen Stadt kennen, die Herr v. Hammer diesen Erzäh lungen hinzugxfügt. Ungeachtet seiner Herrschaft über die ganze vernünftige und ver nunftlose Wcscnwelt mußte Salomo manche empfindliche Demülhi- gnng erleben. Als er eines Tages einem seiner dienstbaren Geister eine uner laubte Frage stellte, weigerte sich dieser anfangs, zu antworten, und versprach cS dann nur unter der Bedingung, daß der König ihm sein Siegel ld. h. seinen Talisman) zustellte. Sobald aber der böse Geist im Besitze dieses Steines war, verjagte er Salomo aus seinem Palaste, und der Königliche Seher mußte einige Monate lang bet telnd hernmziehen, wobei er beständig die Worte sprach, die den Anfang des Koheleth bilden: „Ich, der Prediger, bin König über Israel gewesen!" Endlich wurde der Diw (Dämon), welcher Sa lomo's Thron, Tisch und Bett usurpirt hatte, ungefähr aus dieselbe Art,-wie der Magier SmerdiS, durch die Frauen des Monarchen entdeckt, nnd Salomo stieg wieder ans seinen Thron. Seit dieser Begebenheit lebte er in beständiger Furcht und umgab sich alle Nacht mit einer Leibwache, aus „sechzig tapferen Männern, den Tapfersten Isracl's" gebildet, „von denen Jeder sein Schwert an den Hüsten trug, wegen der Schrecknisse der Nacht" (HoheSlied, Kap. 3, B. 7 —8). Die prächtigste Fiction, die mau wohl jemals der Geschichte dieses Königs eingewcbt hat, ist diejenige, worin er durch Geister, die seiner Zauberinacht unterthänig, den Tempel zu Jerusalem bauen < / Ks'Nflllche Propst starb während des Baues, blieb aber gleichwohl, auf Zeinen Stock gestützt, stehen, und die Dschinn's (Gemen), nicht wissend, daß Salomo'S Seele ihren Körper verlassen hatte, fuhren fort mit Arbeiten, erschreckt von dem strengen Blicke des erstarrten Auges, das sie fln Leben beaussichtigl hatte. Aber nach Vollendung des Tempels kroch ein Wurm aus dem Stabe, der Leichnam fiel zu Boden, und sogleich eilten die Legionen arbeitender Geister davon, voll Unwillen über den Jrrthum, der sie so lange unter dem Joch eines «sterblichen gehalten hatte. Derjenige Zeitgenosse Valomo's, welcher die zweite Nolle nach dem Könige der Menschen spielt, ist Simorgh, der König der Lütte, ein Bogel von llngehenrer Große, Bewohner des Gebirges Kaf, das wie eine Malier die Welt umzieht. Der Simorgh stirbt, um wieder aufzuleben, nachdem er ILllO Jahre gelebt har. Im Leben wie im Tode ist er dem Phönir der Griechischen Mythe so ähnlich, daß man beide als einander blutsverwandt betrachten muß. Vielleicht stammen sie von dem Garuda der Hindu's, gleich dem Anka der Araber, der seinerseits mit dem in Sindbad'S und Aladin's Erzählungen eine so große Rolle spielenden wunderbaren Vogel Roch unverkennbare Aehnlichkeit hat. Der Garuda, Träger des Wischnu, und der Sonnenlenker, der schöne Aruna, wurde» Jeder in einem Ei auSge- brütet. Der gigantische Vogel in Sindbad'S Reisen und das Ei, das man ihm weznahm, um die Kuppel eines Palastes daraus zu zimmern, harmomren mit der Großartigkeit der Indischen Mytho logie; sonst aber findet man in dem üppig reichen Sagenkreise Indiens keine Spur von dem Volksglauben der alten Perser. Da der Simorgh jedoch in dem Schahnameh, einem aus Alt-Persische Ueberlieferungen gebauten Epos, eine sehr bedeutsame Figur ist, so leidet es keinen Zweifel, daß er lange vor den Zeiten des Islam in die Persische Mythologie ausgenommen worden. Der Simorgh er zieht im Schahnameh den berühmten Sal, den Vater des noch be rühmteren Rustem. Er verbrennt eine seiner Fevern, die er dem Sal als Talisman gegeben hatte, und bewirkt so, daß die Mutter des Helden leichter entbunden wird. Die folgende, einem Arabischen Manuskripte der Bibliothek der Indischen Compagnie entlehnte Erzählung soll von der Wahrheit der Vorherbestimmung Zeugniß ablegen. Diese Lehre lähmt oft die Energie des Menschen, wenn es nur eines raschen Entschlusses be dürfte, um ein Unglück abzuwenden oder eine Gefahr zu entfernen; allein sie hat auch großen Antheil an dem tollkühnen Muthe gehabt, der die muselmännischen Krieger in verschiedenen Epochen ausge zeichnet. Die von dem Verfasser gewählte Form eignet sich sehr gut für Menschen, die den wunderbaren Mährchen ihrer Schuara'S (poetischen Erzähler) lieber, als dem Raisonnement der Philosophen das Ohr leihen. Wir lassen sie hier ziemlich wörtlich folgen. Preis und Anbetung sey Allah, dem höchsten Herrn beider Welten! Ehre und Ruhm seinem Propheten Muhammed und dessen ganzem Geschlechte! Solches haben wir erfahren. Eines Tages saß der weise Su leiman — Friede über ihn — auf seinem Throne, und alle ge schaffene Wesen, die Diw's und Pari's, die wilden Thiere, die Vögel und das Gewürm hatten sich, jedes nach seinem Range, ehrsurchts- voll vor ihm geschaart. Aus Furcht vor seiner gewaltigen Majestät wagte kein Geschöpf das Haupt zu erheben und kaum zu athinen. Nur der Vogel Staar erlaubte sich eine Bewegung, und als Su leiman ihn dafür bestraft wissen wollte, sagte er: „O, Herrscher, diese Bewegung ist durch den Ratbschluß Gottes crsolgt; warum willst Du mich züchtigen lassen?" Der Simorgh hörte diese Rede, kehrte sich zu Suleiman und sprach: „O, Prophet des Herrn! Ich glaube weder an Vorherbestimmung, noch an eine Vorsehung." Suleiman nahm die Worte des Sunorgh sehr übel auf und ent gegnete: „Hüte Dich, diese Gotteslästerung jemals zu wiederholen; denn wer an keine Vorherbestimmung glaubt, der besitzt nicht den wahren Glauben." — „O, Prophet Gottes!" versetzte der Simorgh, „sey überzeugt, daß die Lehre von der Vorherbestimmung nur allein menschlichen Ursprungs ist, weil sie den Menschen bei ihren Sünden gut zu Statten kommt; es giebt aber gewißlich keine Vorherbestim mung." DaS verdroß den König noch mehr, und er sprach zornig: „ES ist uns heilige Pflicht, zu glauben, daß unsere Handlungen eine Forderung des Schicksals oder der Vorsehung sind!" Während sie so redeten, schickte Gott den Engel Gabriel, der zu Suleiman sagte: „Dein Herz betrübe sich nicht über die Reden des Simorgh; Venn es wird eine Zeit kommen, wo er mit Schande fliehen wird von Deinem Hofe und sich verstecken vor Allem, was da lebet auf Erden. Willst Du ihn aber wegen seines Unglaubens beschämen, so wisse, daß eben in dieser Nacht dem Könige des Mor genlandes ein Sohn geboren ist/ und dem Könige des Abendlandes eine Tochter, und daß wir in unserer Vorsehung beschlossen haben, daß Beide einst einander begegnen sollen und ein Sohn ihnen ge boren werde, ehedenn sie Mann unv Weib find. Dies ist eine göttliche Vorherbestimmung, deren Erfüllung allen Bewohnern dieser Welt unmöglich erscheinen wird." Suleiman ließ den Simorgh rufen und erzählte ihm, was Gabriel verkündet hatte; der Simorgh aber entgegnete: „Bei der göttlichen Allmacht, ich glaube zuversicht lich/ daß Gott der höchste Gnadenspendcr ist; und doch ist eS mir unmöglich/ zu glauben, daß der Sohn des Morgens und die Tochter des Abends einander jemals begegnen können. Ertheilc mir nur die Erlaubniß, und ich werde die Pläne durchkreuzen, die Gabriel Dir offenbart hat, damit Du ersahrest, daß die Wahrheit auf meiner