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Dresdner Journal : 09.04.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187104097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18710409
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18710409
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1871
-
Monat
1871-04
- Tag 1871-04-09
-
Monat
1871-04
-
Jahr
1871
- Titel
- Dresdner Journal : 09.04.1871
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81 Sonntag, den 9. April. 1871. >dv»nsws»t^prel»s» Im UorLä. ^Ldrlict.- . . . . S 2^Ir. VjLtirlird: 1 1'blr. Ib XPr. moontNed: . . . tuorsIvvXvmwern: In ki»»«»» tritt jadrlled S 2'Ur. Stempkl^dütir, 6 s» Xor6ä. Lun6e» Ko«t LtomiielruoedwU tüuru. losvrateopreloor I^lr 6sn kt»um einer ^srn^Ksosn 2eilv: 11t Ngr. Onter ,, Lia^s»v6t " Ui« /eile: 8 X»r. ürseNelnvvr 1'Lj?Iisti, mit XnM»Nm« 6er Lonn- vv6 Isisrts^a, >kevä» sür Ueu Ioi^sn6en 1»^. Dres-nerÄonmal. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. Iu-er»»su«nn»Nms iu«>,«iir<Hr Lelxrlx. H. Lr«,«/»tetter, Lommn-ülvnür ä«, I>rs»äosr ^ourunl»; ebsniiai : /I. L>-Isr, Lx//sn ». L Hs^er, «»«- darx-LirUo-wioll-sistprix-Lkorl-LrsiIoo-kriuUchtrt ». N : F I'oAlsr, L«rIi»-Vi,o-L«mburI-Ur»iw- turt ». H.-Hüockvo- Ruck. IV,E>- LerUn' F. ^/sr»«^sr, I/. ^ILrsc/«t, Lr«m«o: Xcl>/otte,' Lr«»l»o: / ütunos,!'» kkirs»» u. L krLnkturt ». Ll : L'. ^aeAsr'»soe u. I'. ^Isrr»ia»>«'»eds LusNK., DauLeF Oo., kr»^ F>. Iwelil,.; Ok«m»itr: I'oiqt, k»ri«: ^uva», FaMe, Lttllie, F 6'o., Visu: St»tt»»rt! A)a«d« F <'o. Nsrauoxsbsrr Köoi^l. XxpsUitioa 6ss Dresllnsr ^omnol», Dresden, Nar^oreUreox»»»« Xo. 1. Amtlicher Theil. Dresden, 6. April. Se. Königliche Majestät haben dem Geheimen Finanzrathr Johan« Wichelm Otto Freiesleben das Prädicat „Geheimer Nath" aller- gnädigst zu verleihen geruht. Dresden, 8. April. Se. Königliche Majestät haben dem Geheimen Finanzrathr Julius Hanns von Thüm mel die erledigte Stelle eines Direktors der III. Ab- theilung des Finanzministeriums unter Ernennung zum Geheimen Rathe zu übertragen allergnädigst geruht. Dresden, 8. April. Se. Königliche Majestät haben den Oberzollrath Julius Zenker unter Ernennung zum „Finanzrath" als Hilfsarbeiter in das Finanzmi nisterium zu versetzen allergnädigst geruht. Bekanntmachung, die Berufung der evangelisch-lutherischen Landes- synode betreffend. Dit in Lvknßelieis beauftragten Staatsminister haben beschlossen, die erste Landessynode der evangelisch- lutherischen Kirche im Königreiche Sachsen zum 9. Mai 1871 einzuberufen. Indem Solches zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird, erhalten die für die Synodolwahlen bestellten Kommissare hiermit die Verordnung, die Wahlver sammlung am 2K. April dieses Jahres nach vorgängiger rechtzeitiger Bekanntmachung inner halb eines jeden Wahlbezirks zu veranstalten und das Ergebniß der Wahl dem Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts bei Überreichung des Wahlpro tokolls spätestens am 28. April dieses Jahres anzuzeigen. Dresden, am 4. April 187 l. Dit in kvrmSeliois beauftragten Staatsminister Fhr. v. Falkenstein. Khr. v. Friesen. Roßberg. Bekanntmachung. Von den in Folge der Demobilmachung mehrerer Abtheilungen des Königlich Sächsischen Armee - Corps überzählig gewordenen Artillerie- und Train-Pferden sollen circa 250 Stück in Dresden den 13., 14. und 15. April dieses Jahres, in den Stunden von Vormittags 10 bis Nachmittags S Uhr, gegen sofortige Baarzahlung öffentlich versteigert werden. Erstehungslustige wollen sich zu gedachten Zeiten hier, Neustadt am Hospitalplatz, einfinden und der Bekanntgabe der näheren Verkaufs - Bedingungen vor Beginn der Versteigerung gewärtig sein. Dresden, am 6. April 1871. Kriegs-Ministerium. In Vertretung: von Brandenstein. Zumpe. Nichtamtlicher Theil. Uid-rsicht. Telegraphische Nachrichten. Zeitungsschau. (Schlesische Zeitung. — National- zeitung. — Presse. — Neue freie Presse.) Tagesgeschichte. (Dresden. Berlin. Köln. St. Johann. Hannover. Kiel. Straßburg. München. Paris. Ver sailles. Havre. Madrid. St. Petersburg. Konstan tinopel. Bukarest. Washington.) Ernennungen, Lersrtzungeu re. i« öffeutl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Statistik und »olkswirthfchaft. Feuilleton. Inserate. Tageskalrnder. Börsennach- richten. Beilage. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Wien, Freitag, 7. April. (W. T. B.) Der Btcradmiral v. Trgetthoff ist hevte Morgen nach kurzer Krankheit (Lungenentzündung) gestorben. Paris, Freitag, 7. April, Morgens 7 Uhr. tW. T.B.) Die Nacht war ruhig, man hat keine Kanonade gehört. Das heutige amtliche Jourual enthält keine Nachrichten über die militärische Lage. Der „Cri du Peuple" schreibt: Die Truppen der Tommune bewachen die feindlichen Stellungen. Bei dem Angriff der Versailler Truppen auf die Brücke von Nenilly wurde der Oberst der Tom- mune, Bourgoing, getödtet; derselbe ist durch den Commaudanltn Crynet ersetzt. Demselben Blatte zufolge wurdkn die Versailler Batterie» bei dem Fort Landes demontirt und zwei Mitrailleusen genommen. Die Commune sendet Verstärkungen an Mannschaften und Artillerie nach l'Hay. Ein angekündigtes LersöhvnvgSmeeting ist von -er Commune verboten worden. Nationalgarden überwachen die abgehenden Züge auf dem Nordbahnhofe und verlangen von den Flüchtlingen darüber eine Legitimation, daß sie verheirathet nnd über 3S Jahre alt find. Paris, Freitag, 7. April, Mittags. (W. T. B.) Seit heute Morgen lebhafter Kampf in Cour bevoie. Die Versailler Truppen werden von den Nationalaarden bei Puteaux und bei Neuilly be schossen. Drei Granaten find innerhalb der Enceinte beim Thore von Neuilly niedergefallen. Die Forts Jffy, BanveS und Montrouge, sowie der Mont- Valerien schweigen. Ein Decket der Commune ordnet die Entwaffnung widerspenstiger National garden an; wegen Dienstverweigerung entwaffnete Nationalgarden gehen ihres Soldes verlustig; Na tionalgarden, welche sich weigern, zu kämpfen, ver- lieren ihre Bürgerrechte. Versailles, Freitag, 7. April, Morgens. (W. T. B.) Gestern erneute Wegnahme von Cour- bevoie und der Brücke von Nenilly; Schiffbrücke daselbst durch Feuer des Mant-BalSrien zerstört. Mit den hier eivgetroffenen Gefangenen vom 5. d. find auch 10 Mitrailleusen eiugrbracht. Nichts deutet auf Ergreifen entschiedener Offensive für Henle oder die allernächste Zeit. In Paris zu- uehmende Anarchie und terroristische Herrschaft. Der Erzbischof und andere Geistliche in Haft. FortS Jffy, VanveS, Montrouge und BicStre von Lufständtschev besetzt und mit 4-, 7- und 12 Pfüv- dern und Marinegeschützen armirt; desgleichen Süd- und Westfront der Enceinte. Nur geringe Mu- nitionsvorräthe. Zur Communepartei übergetre- tene Soldaten wollen nicht marschiren, da sie bei Gefangenschaft kriegsgerichtliches Verfahren fürch ten. Der Centralcomit^ soll Unterhandlungen ver suche», jedoch auf unannehmbarer Basis. Versailles, Freitag, 7.April, AbendS. (W.T. B.) In der Nationalversammlung verlas Picard ein Telegramm, welches anzeigt, daß die Operationen bei der Brücke von Nenilly gelungen, die Barri kade« genommen worden find und an der Herftel lung des Brückenkopfes gearbeitet wird. General Biffon ist gefallen. Picard forderte dir National- versammlnng auf, den Truppen ihren Dank aus- z «drücken. (Beifall.) Brüssel, Sonnabend, 8. April, Mittags. (W. T. B.) Die Frirdensconferenz hat heute Lor- mittag eine Sitzung abaehaltev. Der nächste Sitznngstag ist noch unbestimmt. London, Freitag, 7. April. (W. T. B.) Die Prinzessin von Walts ist von einem Sohne ent bunden worden. Die hentigea Blätter veröffentlichen Telegramme au» Pari-, denen infolge die Situation in Paris eine höchst bedenkliche ist; die Zahl der Berhaftnn- ara wächst stündlich; eine Schreckensherrschaft er scheint bevorstehend. London, Sonnabend, 8. März. (W. T. B.) Die Niederkunft der Prinzessin von Wales war eine Frühgeburt; das Kiud ist gestorben. Die Prinzessin brsivdrt sich wohl. Laut Telegrammen ans Paris lassen alle An- zeichen auf de« Verfall der Commune schließen. Pari- ist in ungeheurer Aufregung. Dresden, 8. April. lieber die Zustände in Paris spricht sich die „Schlesische Zeitung" folgendermaßen ans: „Nach Allem, was aus dem Innern von Paris verlautet, herrscht dort ein bereits hochentwickeltes Schreckensregi- ment; schon werden die Kirchen geschändet und geplün dert, und in wenigen Tagen werden wir vielleicht davon hören, daß aus den Dames-de-la-Halle oder den He tären der Boulevards eine neue Göttin der Vernunft auserlesen worden ist, der im Menschenblut geopfert wird. DaS offenbar falsche Gerücht, die Regierung in Versailles lasse die gefangenen Insurgenten erschießen, genügt den Leitern der Emeute, den ihrerseits Gefan genen mit Erschießung zu drohen, eine Maßregel, die jedenfalls nur darauf abgesehen ist, Furcht und Wider spenstigkeit in die Reihen der loyale» Truppen zu tra gen. Inzwischen aber versucht die Commune, den Wi derstand kräftiger zu orgauisircn. Obgleich sie, der Pro klamationen Gambetta's eingedenk, die Lächerlichkeit nicht cheut, den feigen Nationalgarden zu schmeicheln und eierlich zu erklären, die Ausreißer vom 2. und 3. April Men sich um das Vaterland hochverdient gemacht, ar- >eitet ihr Generalstab nach dem Beispiele Trochu's daran, ich aus der Ueberzahl von Bewaffneten durch Ver einigung der jüngern unverheiratheten Männer in Marsch compagnien ein Truppencorps zu bilden, das allenfalls im Ernstkampfe verwandt werden kann. Um die Be reitwilligkeit zum Eintritte in diese Elitecorps zu för dern, wird — dem communistischen Princip, welches das Einkommen nicht nach den Leistungen, sondern nach de» Bedürfnissen geregelt wissen will, wenig entspre chend — den Offizieren und Mannschaften ein noch höherer Sold in Aussicht gestellt, als ihn die National garde bereits bezieht. Die Frage: woher das Geld neh men? erregt natürlich keine Bedenken. Diese Maß regeln lassen darauf schließen, daß neue Offensivunter nehmungen gegen Versailles geplant werden. Eine neue und möglichst ernste Entscheidung im offenen Felde müßte der legalen Regierung unbedingt am wünschcnswerthc- sten sem, da kaum anzunehmen ist, daß sich die Häup ter der Emeute nach einer vollständigen und blutigen Niederlage zu behaupten vermögen werden. Anders aber könnten sich die Dinge gestalten, wenn die Jnsurrection sich ausschließlich auf die Defensive beschränken sollte. Eine Bezwingung von Paris im Wege förmlicher Be lagerung würde auch der mittelmäßigsten Vertheidigung gegenüber viel Zeit und außerordentliche Anstrengungen kosten. Sehr vrel wird, wenn nicht eine plötzliche Wen dung der Dinge eintritt, von dem Vertrauen abhängen, welches die deutsche Regierung in den Bestand des Ver sailler Regiments setzt, und von dem Credite, welchen diese Regierung auf dem Geldmärkte findet. Nimmt Deutschland keinen Anstand, sofort den definitiven Frie den zu schließen, und gelingt es Herrn Thiers und seinem Finanzminister, die erste halbe Milliarde als bald flüssig zu machen, so würden den Regierungstrup pen die bisher noch von deutschen Armeen besetzten Forts eingeräumt werden, und man würde in Ver- Feuilleton. Auf der unter« Doaau. Reiseerinnerungen von C. Clauß. (Fortsetzung aus Nr. so.) Doch zurück zu der Galerie von Originalen, welche die zweite Kajüte des Dampfer- bot. Zwei Männer traf ich unter ihnen wieder, mit denen ich bereits in einem CoupS von Pesth nach Bazias gefahren war und deren Erscheinungen mich während dieser Fahrt beschäf tigt und unterhalten hatten. Der eine war Franzose und lebte als Sprachlehrer in Jassy oder Galacz, wo hin er von einem Besucht seines Vaterlandes zurück kehrte. Er führte eine Schachtel bei sich, die er wäh rend jener Dampfwagenfahrt immer vor sich hatte und ängstlich überwachte. Bei jedem Stoß des WagenS griff er krampfhaft nach ihr. In der Stille der Nacht, bei dem schwankenden Dämmerlichte der Wagenlaterne knüpfte wohl meine müßige Phantasie allerhand dunkle Geschichten an diese geheimnißvolle Schachtel. Auf dem Schiffe, wo der Mann mit der Schachtel ebenfalls bald auffiel, löste sich das Räthsel. Der Franzmann ver traute uns, daß die Schachtel ein caäsau für seine junge Frau, einen Pariser Hut enthalte. Auch der andere Mann konnte als ein Muster ehelicher Aufmerksamkeit gelten. War er daneben seines Zeichen- Schulmeister oder Soldat? Ich konnte während jener Nachtfahrt nicht dahinter kommen. Die Falten seine- wrtter- gebräunten Gesicht-, der Schnurrbart, dir derben Lände deuteten eher auf eine unmittelbar praktische Thättgkeit, al- auf die Erudition des Sprachkundigen. Und dennoch gebrauchte er, da er sich weder in deutscher noch fran- zösischrr Sprache verständlich machen konnte, bald grie chische, bald lateinische Brocken, und dennoch versuchte er während jener Nacht mit Hilfe einer gewaltigen Brille ein griechisch-französisches Wörterbuch z« studirrn. Line Beschäftigung, die er nur unterbrach, um seine Ehe hälfte mittelst einer großen Decke gegen die Nachtluft zu schützen. Die Frau lag die ganze Nacht lang ausgestreckt, ohne sich zu reyen, vor uns drei Männern auf der ge genüber befindlichen Bank. Sie war fett und citronen- gelb und lag unter ihren Tüchern da, wie ein auf- und abgehender kochender Serviettenklos. Auf dem Schiffe hatte sie sofort wieder ein Lager aufgesucht, auf dem sie auch aß und trank. Wahrscheinlich um sich doch eine Bewegung zu gönnen, probirte sie zum Aergrr der Frauen, welche mit ihr in einem Raume schliefen, sämmtliche Hängematten durch. Jedesmal fanden die Frauen, wie selbige erzählten, sie auf einem andern Lager. Eine so faule türkische Natur die Frau zu sein schien, von so quecksilbernem Temperament war der Mann, der sich auf dem Schiffe als ein Grieche und zwar al- ein Pro fessor auS Athen entpuppte. Für das Schweigen wäh rend der Dampfwagenfahrt schien er sich hier auf dem Schiffe entschädigen zu wollen, wo er das Druckwerk seiner glänzenden Suada fortwährend mit voller Kraft spielen ließ. Die Rumänen, Serben und Bulgaren, mit denen er sich überaus lebendig, aber in jovialster Weise herumstritt, titulirten ihn: Philologe-. Gegen stand deS Streite- war natürlich die östliche Frage. Die Politik ist auf diesem unterhöhlten Terrain die Le benslust der Unterhaltung. Man spürt bei jedem Worte, daß man auf einem Vulcan steht. Statt des innern Ausbaues ihrer Verhältnisse, der sorgsamen Pflege ihrer socialen und materiellen Interessen, überlassen sich die neugebackenen Staaten bei ihrem Ueberfluß an Ur wählern und Mangel an Volksschullrhrern einem wüsten Partrihader. Alle haben sie ihre Ideale. Die Ru mänen träumen »on einem großen dacischen Reiche, da- sich auf den Trümmern der europäischen Türkei er heben soll. Die Serben streben nach Wiedervereinigung -er zerstreuten Glieder ihrer Nattonalität z« einem Kör ¬ per und hoffen, der Krystallisationspunkt für ein großes Slawenreich zu werden. Die Griechen endlich, hoch- müthig auf die Hondro-Kephaloi, Dickköpfe, wie sie die Slawen nennen, herabsetzend, sprechen am lautesten von der Wiederherstellung des byzantinischen Reiches unter modernen Formen, eine Hoffnung, die in ihnen schon im 17. Jahrhundert mit der damals beginnenden Be- deutMg der Phanarioten erwachte. Ohne einen großen Aufwand an parlamentarischem Tact platzten die Gei ster aufeinander. Ein Türke saß dabei, er schien zu verstehen, um was es sich handelte; aber kein Zug in seinem Antlitz zeigte Unmutb über die Männer, welche sich bereits um das Erbe seines Volkes stritten. Nur i er ruhig seine Pfeife auspochte, hörte ich ihn leise sein „masst»!!»!" (wie Gott will) sagen; das Wort, welches dem Muselmann Resignation gegen jeden Sturm, gegen Kampf, Leiden und Tod giebt. Wir kamen im Laufe des Tages an Lom-Palanka und Rahowa vorüber, kleine verschanzte Ortschaften am rechten Ufer. Der letztgenannte Ort liegt am Einfluß deS Szyl oder Schiul in die Donau; weiterhin mün det bei dem Dorfe Giscm der Jsker, der Vid bei Dail. Bei dem walachischen Flecken Turnul mündet die Aluta oder Olt, welche, nachdem sie den Rothenthurmpaß durch brochen hat, die Grenze zwischen der großen und klei nen Walachei bildet. Hier bei Turnul, wo einst die Castelle Romulu und Castra-nova standen und von wo aus man, längs der Aluta, über Bankovan bis gegen Hermannstadt hin, die große Römrrstraßr, noch heute vom Volke „Laisa Tr^avului" genannt, ver folgen kann, sollen an der Donau die Ruinen bestig- ter Brückenköpfe und bei niedrigem Wasserstande die Pfeilerrrstr einer steinernen Brücke zu sehen sein. Einige Gelehrte suchen an diese Sage anknüpsrnd hier, wie ich schon berichtete, die berühmte Trajansbrücke. Tur nul und der Alutarttündung schräg gegenüber erhebt ailles die Wahl haben, Paris entweder so lange „in einem Safte schmoren zu lassen", bis der Hunger die Kapitulation erzwingt, oder auch die Uebergabe durch ein Bombardement zu beschleunigen, das den Muth der Bourgeois vielleicht etwas beleben würde. Daß sich die halbe Milliarde in kurzer Zeit werde aufbringen lassen, scheint bei dem unerschütterlichen Credit Frankreichs kaum zu bezweifeln." — Die „National-Zeitung" schreibt: „Die Aufständischen in Paris sind bereits dahin gelangt, ganz dieselbe Sprache der legalen Autorität des eigenen Landes gegenüber zu führen, wie sie seiner Zeit der deutschen Heerführung gegenüber her gebracht war. Das alte Geschrei des Verraths blüht wieder — und die Erwiederung des Krieges, den man selbst angefangen, wird als Verbrechen an Unschuldigen bezeichnet. So drohte denn auch die Commune, deren Freunde mit der Ermordung der Generäle Thomas und Lecomte begonnen haben, mit „Repressalien", wenn die legale Regierung fortfahren werde, sie zu bekämpfen. Diese Sprache ist allerdings für sich selbst schon ein Beweis, daß die Jnsurrection den Boden unter ihren Füßen zu verlieren fühlt. Nichtsdestoweniger kann die endliche Niederlage sich noch eine längere Zeit Hin sehen und der Gräuel wird sie zweifellos noch eine Menge im Gefolge haben. Einen Angriff auf die Stadt Paris selbst zu machen, werden die Versailler Truppen schwerlich so bald wagen; sie warten wohl auf eine cr- muthigende Erhebung der Ordnungspartei in der Stadt, womit sich freilich am wirksamsten ihre Action verbin den würde, aber in Paris scheint eben alle Spannkraft unter den Gegnern der Jnsurrection abhanden gekom men zu sein, und das wird zweifellos das Gefühl der endlichen Niederlage bei den Insurgenten zu eiker Lei denschaft steigern, welche vor keinerlei Ercesfen mehr zurückschrecken wird. In Bewährung seines Muthcs gegen Unbewaffnete hat sich der Pariser Pöbel von jeher ausgezeichnet. Diese Umstände lassen denn auch die Nachrichten über die weitern Kämpfe in und um Paris sehr spärlich fließen." Die Wiener (alte) „Presse" vertritt beharrlich, die Ansicht, die socialistische Erhebung in Paris werde in ihrem binnen wenig Tagen zu erwartenden Sturze die Republik mitreißen. Dieselbe schreibt: „Im Gefolge des Obergenerals, der als Wiederhersteller der Ord nung und als Retter der Gesellschaft die letzten Trüm mer der Rebellen vor sich hertreibend, seinen Einzug in der Metropole hält, rückt nun auch die Nationalver sammlung von Versailles nach Paris, die „Bauern kammer" mit ihrer ausgesprochen monarchisch gesinnten Majorität. Sie wird keinen Augenblick zaudern, um mit dem Rechte des Siegers der ihr verhaßten Staats form, deren Auswüchse soeben das Land an den Rand des Abgrundes gedrängt, sobald wie möglich ein Ende zu bereiten... Zur Stunde bilden außer dem kleinen Häuflein der radikalen Republikaner, welche auch durch die jüngsten Erfahrungen in dem Glauben ihrer Jugend nicht erschüttert worden, und den Bonapartisten, die gierig lauernd beiseite stehen, alle gemäßigten und kon servativen Elemente eine Coalition, die, wenn sie auch nicht sofort wieder die Monarchie proclamiren will, doch eine Uebergangsform zu derselben zu schaffen entschlos sen ist. Die Republik in Frankreich mag vielleicht noch als inhaltsloses Schemen einige Zeit fortvegitiren; ihr Schicksal ist aber besigelt. Soll Frankreich nicht mexi kanischen Zuständen entgegeneilen und der Spielball periodisch wiederkehrender Pronunciamentos werden, so muß man auf die Wiederherstellung einer festen Auto rität bedacht sein, ohne ängstliche Rücksichten aus die Sympathien und Antipathien, welche dadurch verletzt werden können." — Auch die „Neue freie Presse" ist der Meinung, daß die Schreckensherrschaft in Paris nächster Tage zu Ende gehen werde. „Die Herrschaft der Communepartei" schreibt sie, „wird entweder unter den wuchtigen Schlägen einer gesetzlich und gesellschaft lich gerechtfertigten Reaktion in Trümmer fallen, oder sie wird mit einem feigen Kompromiß von dem Schau platz ihrer kurzen, aber rühmlosen Thätigkrit abtreten, sich auf zwei Hügeln da- befestigte Nikopolis (türkisch Nighebolü, auch Nebul), das vom Kaiser Trajan zum Andenken an seinen Sieg über die Dacier an der Mün dung des Escamus (der heutigen Osma) in den Jster gegründete Ricopoli» in Blossin inlvrior. Unter den verschiedenenSchlachten, welche bciNikopolis geliefertwor den, ist die am blutigsten gewesen, in welcher am 23. Sep tember 1396 Sultan Bajcsid mit dem Zunamen Jil- derim (der Blitz) das französisch - ungarische Kreuzheer unter König Sigismund geschlagen hat. Der Ueber- muth der französischen Rüter verschuldete die Nieder lage, der Verrat!) und die Treulosigkeit der walachischen Bundestruppcn vervollständigte sie, so daß Sigismund kaum sein Leben retten konnte. Der blutig erkaufte Sieg, 60,000 Türken sollen gefallen sein, entflammte Bajesid zur Raserei, und am Morgen nach der Schlacht ließ er auf dem Felde bei Nikopolis gegen 10,000 ge fangenen Christen die Köpfe absäbeln. Es war derselbe Bajesid, der gedroht hatte, aus dem Hochaltar von Sankt Peter seine Rosse füttern zu wollen; er nahm, nachdem er das Signal zur Sittenverderbniß der osmanischen Herrscher gegeben, ein schmähliches Ende. Von Timur Khan gefangen genommen, soll dieser auf seinen Zügen ihn in einem Käsig mit sich herumgeführt haben. Timur lachte, als er Bajesid gefangen vor sich sah. „Warum?" fragte Letzterer. „Weil Gott die Herrschaft der Welt einem Lahmen, wie ich, und einem Gichtbrüchigen, wie Du, anvertraut hat; es scheint, daß er nicht viel Werth auf diese seine Welt legt." — Nikopolis ist befestigt, schlecht zwar, aber genügend, indem, wie man gesagt hat, die Ver theidigung einer Festung bei den Türken gewissermaßen erst da anfängt, wo sie bei einer wissenschaftlichern Krieg führung zu ende» pflegt, nämlich nachdem am Hauptpunkt des Platze- eine Bresche gelegt worden ist. (Fortsetzung folgt.)
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