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MbdmfferAgeblatt Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 WochenblQss fÜk Wilsdruff UNd ^MgegLNd Postscheckkonto Dresden 2640 Srscheinl bt« auf weitere« nur Moniaa«, Mittwoch« u. Freitag« nachmittag« Z Uhr für den folgenden Tag. Sezugepret« bei Gelbffabhotung monatlich MI., durch unsere Austräger zugetragen in der Stadt monatlich Ml., auf dem Lande MI., durch di- Post bezogen «ierieljährlich MI. mit Austeklungsg-bühr. ANe postanstalten und Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder - sonstiger L-trleb«störvngen bat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung »der Kürzung de« Bezugspreise«. Erscheint Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Derleqer und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide i« Wilsdruff- Znsrriionspreis Ml. für die s gespaltene Korpuszeile oder deren Naum, NeNamen, die 2 spaliige Korpuszeile Ml. Bei Wiederholung und Zahresaustrag entsprechender Preisnachlaß. Bekanntmachungen im amtlichen Teil snur von Behörden) die 2 gespaltene Korpuszelle Ml. Nachwelfungs-Sebühr Pfg. Anzeigenannahme bi« vormittag« to Uhr. Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Nabatt- anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. 82. Jahrgang. Nr. 17. Sonnabend / Sonntag 10. /11. Februar 1923 Kleine Zeitung für eilige Leser. " Tie veutsche Regierung hat in einer in Paris überreichte« Neue feierlich gegen den Vormarsch der Franzosen nach Offen burg und Appenweier protestiert. Die Reichsregicrung hat in einer Darstellung der Rechts lage nachgewiesen, daß der Beschluß derReparationskomnüssion, in welchem eine allgemeine Verfehlung Deutschlands festgestellt wurde, gegen die Vorschriften des Versailler Vertrages verstößt. * Di« Bergarbeiterverbände haben in einem Aufrufe festge stellt, daß die Franzosen jetzt versuchen, deutsche Betriebsrats- Mitglieder durch Geldsummen bis zu 20 OVO Mark zu be stechen. Diese Versuche wurden mit Entrüstung zurückgewiesen. * Der Streik der Lothringer Bergarbeiter ist zur Tatsache geworden. In ganz Lochringen liegen die Bergwerke still. * In nächster Zeit tritt eine neue Erhöhung der Personcn- und Gütertarife bei der Eisendahn in Kraft. * Die Alliierten haben das tüttische Ultimatum abgelehnt, welches die alliierten Kriegsschiffe zum Verlaffen des Hafens von Smyrna auffordcrt. Englische Stimmungen. Bon einer Seite, die infolge ihrer Beziehungen beson ders über die augenblickliche innere Situation im Briten lande informiert ist, wird uns geschrieben:- Der Engländer fängt allmählich an, den deutsch-fran zösischen Kampf in und um das Ruh r r ev ie r mit Sportsaugen zu betrachten. So ü In Boxkampf. Und die Lichtreklame der großen Zeitungen im Londoner Picca dilly bringen die Telegramme über die einzelnen „Gänge", wie sie einst vom Boxkampf Charpentier—Dempsey berich teten. Die englischen Politiker denken natürlich etwas anders; ganz charakteristisch ist dabei, daß die erste, schon fast stereotyp gewordene Frage an maßgebende oder unter richtete Deutsche immer zuerst die ist: „Seid ihr einig:" Man hat eben „drüben" einen solchen „Match" gar nicht recht für möglich gehalten angesichts der deut schen innerpolitischen Zerrissenheit und Krakeelsucht, glaubte daher nicht, daß Deutschland „durchstehen", son dern daß cs sehr bald den Kampf aufgeben würde. Eine Mahnung für uns! In der englischen V o l k s st i m m u n g ist ein langsamer Umschwung zu unseren Gunsten deutlich zu ver spüren. Bekanntlich haben die Konservativen die stark überwiegende parlamentarische Mehrheit, und diese Par tei hat die Masse ihrer Anhänger in den mehr ländlichen Bezirken des Südostens und Nordens zu sitzen. Tort aber ist bisher von einer geistigen Umstellung auf die Nach kriegszeit noch wenig zu spüren gewesen; vier Jahre hat man den englischen Bauern und Kleinbürgern den Abscheu vor den „Hunnen" eingehämmert, hat das Parlament 1918 unter dem Schlachtruf „Nieder mit Deutschland!" wählen lassen; vier Jahre hindurch haben di« Söhne dieser Bauern und Bürger Schulter an Schulter mit den Franzosen ge kämpft gegen die Deutschen; — da kann man nun noch nicht so schnell umlernen. Das konservative Parlamentsmitglied, das in London mitten im politischen Getriebe steht und die schweren wirtschaftlichen Röte der Nachkriegszeit in Eng land sieht, denkt natürlich anders, muß aber Rücksicht auf die Ansichten seiner Wähler nehmen. Hier sitzen auch die starrsten und energischsten Vertei diger des Friedens von Versailles, der ja Eng land die allergrößten Gewinste verschaffte. Es wäre da her von uns eins falsche Politik, wenn wir diesen Ver trag in seiner ganzen Ausdehnung als null und nichtig erklären und behandeln würden. Dagegen, daß wir den Fra nzosenun-Belgier «gegenüber zu dieser Erklärung geschritten sind, hat kein Engländer etwas ein zuwenden und ebensowenig gegen die deutsche Forderung, daß in neuen Verhandlungen das Reparattonsproblem aufande.rer Grundlage geregelt werden soll. Ob wohl auch hierfür eine aktive Politik der englischen Konser vativen nicht zu erwarten ist. Lloyd Georges Politik war aufgebaut auf der Zu- samme.' irbeit mit Frankreich, aufgebaut ans der englischen antideutschen Kriegspsychose, aufgebaut auf dem Parla ment der „Khakiwahlen" von 1918. Sie wurde aber nach zwei Seiten hm zum Fehlschlag: einmal infolge des Einbruches der Franzosen in das englische Imperium, nämlich in Vorderasien, der empfindlichsten Stell«.» des englischen Weltreiches; und zum andern Teil die wirtschaftliche Katastrophe, die auf dem finan ziell-wirtschaftlichen Zusammenbruch Mittel- und Ost europas beruhte und verursacht war letzten Endes durch Frankreich. Lloyd George und seine Gefolgschaft, die Libe ralen und die Unionisten (der linke Flügel der Konser vativen) erhielten demgemäß bei den Wahlen ein Miß trauensvotum des englischen Volkes und sind — selbstver ständlich in Übereinstimmung mit den Arbeitern, die seit Jahren unter der wirtschaftlichen Depres sion ganz außerordentlich zn leiden habe« — natürlich auf Frankreich sehr wenig gut zu sprechen. Aber Lloyd George hat als politisch»« Persönlichkeit in England ka«m noch Bedeckung; «ndere find sein« Wells getreten. B » narL « » tz»t k»»fe«?»e»t »ts st» «-lisch« P»L- Kl »«r „scheid dO ASlÄrs-W«", wreser ausgenommen, nur daß diese Isolierung in keiner Weise als glänzend zu bezeichnen ist. Es ist das Mi nisterium der Ruhe, des Sich-zurückziehens auf die Insel, das olck msrr^ IWMnck, der alten behäbig fröhlichen Zeit, des Sich-zurückziehens auf das Imperium. Auch in dieser Politik Hai man sich zum Grundsatz gemacht, alle Schwierigkeiten möglichst in Ruhe und Frieden zu besei tigen. Nun ist aber genau wie unter Lloyd George ein zweiter, womöglich noch folgenschwerer Einbruch der fran zösischen Machipolitiker in dieses Imperium und wieder an der empfindlichsten Stelle erfolgt: die Ereignisse auf der Lausanner Konferenz. Zunächst versucht man auch hierbei, „das Gesicht zu wahren", und das Echo klingt noch gedämpft in der wohldisziplinierten englischen Presse. Aber in der nächsten Woche tritt das Unterhaus zu sammen, und dabei wird sich Wohl der allmählich sich er weiternde Niß offenbaren, der zwischen sehr erheb lichen — nicht bloß liberalen-arbeiterparteilichen, also oppositionellen — Volkskreisen und der Regierung dieses „Friedens um. jeden Preis" klafft. Die aktiv vor stoßende Opposition, die diese beiden Parteien umfaßt und daher sehr stark ist, will auch auf die in zwischen immer bedrohlicher werdende französische Um klammerung Hollands Hinweisen, die auf deut schem Gebiet erfolgt und Holland auf seinen drei Land- setten restlos umspannt. Ganz besonders aber sind die in Deutschland sich auf haltenden Engländer entrüstet über die nun vollständige Isolierung der englischen Besatzungszone in Köln und — über das leise Gefühl der Mißachtung, die angesichts der eng! "den Untätigkeit auch demgegenüber doch in jedem Deu.jchen beim Gespräch mit ihnen durch klingt, weil dem der Engländer nichts Durchschlagendes ent gegenzusetzen vermag. Dabei nimmt er es den Deutschen gar nicht persönlich übel, sondern gesteht es uns als unser gutes Recht zu, ein bißchen über ihn die Achsel zu zucken. Aber gerade das wurmt ihn, weil es ihn, den Beherrscher der Welt, im Kern trifft. Und ivenn man dann noch viel leicht sein Nationallied: „öriwnnm ruls tds varvss" (England beherrscht die Meere) leise und spöttisch vor sich hinbrummt, dann wird er vor Wut grün und gelb. Aber nicht vor Wut über uns; denn wir haben ja als Volk, als Deutsche das Recht dazu, ihn ein wenig zu bespötteln. Be sonders da wir in den ersten „Gängen" des Boxkampfes verschiedentlich gut „gelandet" haben und uns beim „Nehmen" der gegnerischen Boxstöße recht „hart gezeigt haben. Zweifellos wird demnächst bei den Unterhausverhand- lungcn das alles gründlich zur Sprache kommen, -i- Nicht durch englisch besetztes Gebiet! Die Frage des Transportes von Ruhrkohle nach Frankreich auf dem Wege über das von den Eng ländern besetzte Gebiet, wo allein die Eisenbahn in guter Ordnung ist, wird in London als sehr heikel be trachtet. Bis jetzt haben derartige Transporte noch nicht stattgefunden, aber das englische Kabinett wird dieser Frage Aufmerksamkeit widmen. Man hofft, daß die französischen Behörden d i e s e n W e g nichteinschla - gen werden, um die Ruhrkohle nach Frankreich zu leiten, denn sie haben zahlreiche Eisenbahn- und Fluß linien zu ihrer Verfügung, die sie nur in Gang zu bringen brauchen und dann benutzen können, ohne die von den englischen Truppen besetzten Gebiete zu passieren. Wie die Londoner „Times" berichten, hätten die Fran zosen sich bereit erklärt, Züge mit Reparativnskohls und -Koks aus dem Ruhrgebiet nicht durch die britische Zone gehen zu lassen. Die Schweizerische Berliner Gesandtschaft teilt mit, daß die Schweizer Negierung die französische Negierung bereits auf die Behinderung des Kohlentransports nach der Schweiz durch die Ruhrbesetzung aufmerksam machte und die Franzosen Abhilfe zugesagt hätten. Ebenso liegen holländische Beschwerden gegen Frankreich in gleicher Richtung vor. Schüsse und Peitschenhiebe. Neue französische Roheitsakte. Tic Franzosen haben ihren EisenbahupatrouMen den Beseht erteilt, nach den üblichen Warnungen auf jede Pcrfou zn schießen, die sich den Eisenbahnkunstbauten nähert. Infolge dicfes unerhörten Befehls ist in Mainz bei der Ausübung seines Berufes ein Maschinist von einem französischen Poften erschossen worden. In Recklinghausen sang die Bevölkerung auf dem Marktplatz vaterländische Lieder. Sie wurde von frarv- wfischen Panzerwagen auseinandergetrieben. 25 fran- tGtsche Offiziere drangen in ei« Gasthaus, schlugen mit Reitpeitschen auf die Gäste ein und jagten sie auf dis Straße, wo sie mit Reitpeitschen auseinaudergetrieben wurde«. Darauf drangen jene Offiziere in das Stadt- Theater, schlugen in dem vollbesetzten Hause auf das Pu- bUkum ein und jagten es aus dem Hause. In Essen Huben die Franzosen in der Rächt Propa- ^ft^aplokste «mkleGen koffon, di« vo« der deutschen Bs- »öLrmm« früh «»»»rrßkm «v K»m«<mds. das von zwei Offizieren geführt wurde, nahm u. a. sechs junge Leute fest, die auf der Wache auss schwerste mißhandelt worden "nd. * Der Eisenbahnraub. Die Franzosen fahren mit der Ausdehnung ihrer „Eisenbahnkontrolle" fort und verjagen überall die deut schen Beamten von den Stellwerken und Bahnhöfen Dennoch haben sie dabei Mißerfolg über Mißerfolg. Der Eisenbahnerstreik dehnt sich in gleichem Maße aus. Aus der Strecke Düsseldorf—Kettwig, die die Franzosen in Be trieb zu nehmen versuchten, stießen zwei französische Militärzüge zusammen. Einige Wagen wurden zertrüm mert, und unter den Trümmern wurden, wie verlautet, 28 tote Soldaten hervorgezogen. Auf dem Bahnhof Karthaus bei Trier haben die Franzosen eine.schwere Schnellzugs lokomotive in die Drehscheibe geworfen. Dadurch ist die Drehscheibe vollständig außer Betrieb gesetzt. Neue Ausweisungen. Eine ganze Anzahl höherer deutscher Beamten ist neuerdings ausgewiesen worden. Auch lasten die Fran zosen verkünden, daß sie eine neue Reise des Kanzlers in das besetzte Gebiet verhindern, oder danach neue „Sank tionen" ergreifen würden. Ein Vorstoß gegen pomcare. Unzufriedenheit in der französischen Kammer. Die Nervosität, die durch das verfehlte Ruhrabenteue in Paris hervorgerufen ist, macht sich zum großen Kumme Poincarös auch in der Pariser Kammer bemerkbar. Ji der Kommission für auswärtige Angelegenheiten befragt der frühere Ministerpräsident Leygues den abwesende; Ministerpräsidenten Poincars über die allgemeine Lage insbesondere über die Verhandlungen von Lausann und die Ereignisse im Ruhrgebiet sowie über di Zwischenfälle von Memel. Nach einer lebhaften Debatt wurde beschlossen, den Ministerpräsidenten aufzufor d ?r n , möglichst bald vor der Kommission zu er sch ei n e n. Es wird mit gutem Grund bezweifelt, daß Pot n eare gesonnen sei, augenblicklich der Kommission die ver langten Erklärungen abzugeben. Der Beschluß de, Kammerausschusses ist als ein Vorstoß gegen Poincar aufzufassen. Hilfe für Mem- und Mhrgebiei. Amtliche und private Tätigkeit. Im Hcmshaltsausschuß des Reichstages berichtete de Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft D Luther über die Ernährungslage im Ruhrgebiet. Bis jetz hat sich die L e b e n s m i tte l z u f uh r nach dem be setzten Gebiet im großen ungehindert vollziehe könne«. An Brotgetreide oder Mehl ist erfreulicherweis genügend Vorrat bis zum 15. März vorhanden. Die Kai toffelzuführen wurden erheblich verstärkt. Zur Milchvei sorgung stehen bereits Abkommen in Aussicht, die es ei möglichte«, bestimmte Mengen holländischer Milch nn Trockenmilch verbilligt in das besetzte Gebiet einzuführer Der „Verein Landaufenthalt für Stadtkinder" ha ein Hilfsunternehmen in die Wege geleitet, um in de kommenden Monaten eine Unterbringung von Ruhrkinder in größerem Maßstabe zu ermöglichen. AM'sanöshilfe in DenischlnnSs Foi Skandinavier u n d De u t s chb ö h m e n a m Wer! s. Berlin, im Februar. Der Präsident der Norwegischen Hilfs aktiv ii für Deutschland und Österreich, Herr Elle R iug « es jun. aus Kristiania, hat in den letzten Tage sein Hilfswerk für Berliner Kinder in ganz bedeutender Umfange erweitert. Die Zahl der von den Norwegern be trcnien Kinder, die anfangs 500 betrug, ist auf 3500 gc stiege«. Die Kinder erhalten täglich Milchkakao mrd Weiß brot, skrofulöse Kinder außerdem noch Lebertran. In eine Schule des Berliner Ostens wurden etwa 70 Kinder m neuen Anzügen und neuem Schuhwerk versehen. Der Bei liner Frauenhilfe, Abt. Landaufenthalt für Kinder, sink wie bekannt, von norwegischen Freunden zur kostenlose Verschickung von 2000 Berliner unterernährten, von de Tuberkulose bedrohten Kindern in das Heim Lindenhos U Ostsesbad Müritz und in die Kinderheime in Schreiberhai Pyrmont und Norderney insgesamt 150 Millio n cnMark zur Verfügung gestellt worden. Die überaus dankenswerte Hilfe des norwegische Komitees, das zur Ausbringung der Spende« alle nor wegischen Schulen herangezogen hat, zeigt, daß d Symvathie des norwegischen Volkes für das deutsche Vo in ständigem Wachstum begriffen ist. Und wie in Norwegen, so denkt und Hilst man auch i Schweden und in Dänemark. Die dSni s ch e Arbeitersrganisa-tisnen haben für die Arbeit, des Ruhrgebiets 100 000 Krsne n zur Verfügung gestell und s ch w e d i s ch e R » t e K r e u z übcrckicS für der seNe« Zweck 12 AH Kr»nen. i