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Dresdner Journal : 21.10.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188610210
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18861021
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18861021
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-10
- Tag 1886-10-21
-
Monat
1886-10
-
Jahr
1886
- Titel
- Dresdner Journal : 21.10.1886
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«247 V«iux»prvt»r l» W»»«« L-ick,: 4U»rU«l» Kirk ^jLLrUok: L K»rk bO?k. HQ««I»« üuwwsrn: 10 ?k. LL»,«rk»Id 6«« ä-vticksv k«iot>«> tritt ko»t- uo<l 8t«wx«Iru»oll»b tumu. ^utüoäixmixsxvdükrv» r ?^lr äov L«uiiL eiu«r »v-pkeltsosi» 2sils lclsivsr 8ctiritt 20 kk. Hüter „Llo^s»»uät" äia Teils LO kk. Lai ^»daU«'- u. Titk«n»»»t» a»t«xr. Donnerstag, de« 21. Oktober, abends. 188«. DresdnerÄMMl Llluadwv rsu ^uküllätxull^en ausvLtt»« L.ixrts: Fr. Lranckrtetter, 0owwi«iov8r äs« vrs-änsr lourusle; L»mdur^ Lerlis-Visu - I-.ixriz L»»sl-8r.il.u-?r»uktart ». H.: ÄaaLene/ei»» F ^vAier, L.rUu -Vtsu-Suiudur^- ?r»x-I,.>^»ix-7r^Ilturt ». H. ULuodsu: Fuct. Mo«e,' 7»ri» 1,ouäou-8«rU»-kr^Ilkurt » « -StuN^^I: T)aud« F <^'o / SorUa: /nratittenlianL, vrsw,»: L§c^iott«,' 8r.»I»u: F Lureai« <Fmit Fabat?»^,- übrUl»: (?. LkUtter'e F«c^/o/A«r, 8»uuov«r: 6. L«U«l«r,' n»u» ». 8 : F. LarcL F Oo. Lr»«»»t»«»: IN-UvN aut Xonu^tuQ« <iar 8mw- w»ä katar^ss« »deuä^ Lür die Gesamtleitung verantwortlich: Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. lleruosxedsr: Nüniel. Lrpeäitiou äes Vrvsäver ^ourual», Drseäsr», Tviozerstrs-es Ho 20. Privattelegramm von dort meldet über dieselbe: Gab« russische Armee im Einverständnis mit Deutschland ban verlangte, daß der Zusammentritt der Sobranje und Österreich bevorstehe. Rußland werde, selbst wenn außerordentliche Ereignisse eintreten würden, Bulgarien nicht militärisch besetzen, weil es weiß, daß Österreich dies nicht zulassen würde.* Diesen beruhigenden Betrachtungen stellt sich eine neue Post gegenüber. Während dem „B. T.* aus Sophia gemeldet wird: „StranSky geht Donnerstag auf seinen Posten nach Belgrad ab Das Regierungs blatt vom heutigen Datum erscheint morgen und wird den Ukas zur Einberusung der großen Sobranje auf den 27. Oktober nach Tirnowa publizieren*, schreibt man der „N. fr. Pr.* ebendaher: „Gadban Pascha überreichte der bulgarischen Regierung eine Note, wo rin namens der türkischen Regierung verlangt wird, den Zusammentritt der Sobranje bis auf weiteres zu vertagen, da die russische Regierung mit den Wahlen und der Einberufung der Sobranje nicht einverstanden fei und die Mächte über den Thronkandidaten noch keinen Entschluß gefaßt hätten; da ferner mehrere Bulgarien betreffende Fragen noch schwebten und Bul garien an den Berliner Vertrag gebunden sei, so würde der Zusammentritt der Sobranje zwecklos und erfolglos bleiben.* Hoffen wir, daß auch dieses unglaubliche Frage zeichen eine verständnisvoll aufklärende Beantwortung finden wird. bis zur Ankunft des Generals v. Kaulbars mit den zwischen der Pforte und Rußland vereinbarten neuen Instruktionen aufgeschoben werde, und erklärte, er wäre angewiesen, im Einverständnis mit v. Kaulbars zu handeln. Die Pforte bemüht sich nämlich, einen mockus vivsuäi für Rußland und Bulgarien auszufin den. Nach GadbanS Angaben besteht das Einver nehmen zwischen der Türkei und Rußland aus folgen den Grundlagen: Der Zar garantiert die Integrität der Türkei, ermäßigt die KriegSeutfchädigung und er hält dar Recht, die Dardanellen zu besetzen und zu- befestigen. Eine russische Armee soll Bulgarien und gleichzeitig eine türkische Ostrumelien besetzen. Die bulgarische Regierung beschloß darauf, die Eröffnung der Sobranje nicht zu verschieben. Daß zwischen Rußland und der Türkei Verhand lungen im Gange sind, tue sich auf Bulgarien be ziehen, ist nichts Neues; die in unferm Telegramme aufgezählten Abmachungen sind aber sicher nur das Resultat englischer Schwarzseherei. Es ist ganz un möglich, daß der Sultan dem Zaren die Dardanellen ausliefern sollte; es ist unmöglich, daß der Sultan auf die russische Gewährleistung seiner Besitzungen so viel Wert legen sollte, daß er ohne die Zustimmung der übrigen Mächte in Ostrumelien einrücken würde. Wir stehen mit unseren Zweifeln nicht allein; der „Pest. Lloyd* teilt ganz unsern Standpunkt in dieser Frage und schrieb am 18. Oktober: Die Thatsache, daß der Sultan sich dazu hergeben könnte, als der Helfer Rußlands in Bulgarien aufzu treten und rein nur für russische Zwecke die nicht gegen die suzeräne Macht, sondern gegen Rußland gerichteten Selbständigkeitsbestrebungen der Bulgaren zu unterdrücken, erscheint an sich so horrend, daß man an der politischen Einsicht, ja an dem gesunden Ver- stände der Ratgeber des Sultans gänzlich verzweifeln müßte, wenn man die erwähnte Eventualität auch nur einen Moment lang für denkbar erachten wollte. Allerdings ist in den letzten Wochen und Monaten mancherlei geschehen, worüber die ausrichligen Freunde der Pforte den Kopf schütteln mußten. Indessen zeigt sich doch wohl in der jüngsten Zeit eine gewisse Besse rung in diesen Verhältnissen. Die Thatsache, daß der Sultan trotz aller von Hrn v. Nelidoff angewendeten Anstrengungen sich endlich doch bereit gefunden, Sir William White als Botschafter Englands in Kon stantinopel zu acceptieren, spricht dasür, daß der rus sische Einfluß denn doch noch nicht die volle Herr schaft in Konstantinopel erlangt hat, und so lange dies nicht der Fall ist, wird von einer türkischen In tervention in Bulgarien nicht die Rede sein können. Die Pforte hat im vorigen Jahre, als ihre eigenen Interessen und die Empfehlungen mehrerer Mächte sie dazu bestimmten, in Ostrumelien zu inter venieren, sich aus Besorgnis vor den damit ver bundenen Gefahren zu einer solchen Aktion nicht auf zuraffen vermocht; wie füllte sie heute unter weitaus ungünstigeren Verhältnissen einen solchen Entschluß fassen, der einen wahrhaft selbstmörderischen Charakter hätte und ihre Stellung den Balkanstaaten und Eu ropa gegenüber für immer in einer nicht wieder her stellbaren Weise kompromittieren würde. Dazu kommt noch, daß in einem Privattelegramm aus Wien gesagt wird: „Die bulgarischen Regierungskreise schließen aus dem Auftreten Gadban Efendis, daß sich die Türkei nicht in allen Dingen dem Willen Rußlands fügen werde.* Wenn aber das im Londoner Telegramm pezialisierte Übereinkommen thatsächlich bestehen würde, o hätte sich die Pforte ganz und gar Rußland über- iesert. Unser Wiener Telegramm fährt fort: „Die offiziöse „Budap. Korresp.* tritt der Meldung ent gegen, daß die Okkupation Bulgariens durch eine Lagesgeschichte. * Berlin, 20. Oktober. Ihre Kaiser!, und König!. Hoheiten der Kronprinz und die Frau Kron prinzessin werden mit den üngsten Prinzessinnen- Töchtern in den ersten Tagen des nächsten Monats, wie man hört, etwa am 8. November, aus Portofino, wo Höchstdieselben gegenwärtig noch verweilen, in Berlin zurückerwartet, um sodann ihren Winterauf- enthatt im hiesigen Kronprinzlichen Palais zu nehmen. — Der Erbprinz von Sachsen-Meiningen wird am 24. d. Mts. aus Meimngen nach Charlottenburg zurückkehren, während Ihre König!. Hoheit die Frau Erbprinzessin von Meiningen biS Ende dieses Monats dort zu verbleiben beabsichtigt. — Der diesseitige Ge sandte in der Schweiz, wirkt, geh. LegationSrat v. Bülow, welcher sich bisher als Vertreter des Aus wärtigen Amtes im Gefolge Sr. Majestät des Kaisers in Baden-Baden befand, wird nach der Abreife Aüer- höchstdeSselben von Baden gleichfalls vo l dort auf seinen Gesandtschaftsposten nach Bern zurückkehren. — Der neuernannte französische Botschafter am hiesigen Hofe, Herbette, ist aus Paris hier eingetroffen. — Der seit einer Reihe von Jahren Mit Führung der Geschäfte vom Präsidenten des Reichseisenbahnamts betraut gewesene ge!. OberregierungSrat Körte hat seinen Abschied nachgesucht. In seinem Wirkungskreise ist bereits seit einiger Zeit der geh. Oberregierungsrat Kraefft thätig. S. M. Kreuzer „Möve*, Kommandant Korvetten kapitän BöterS, ist am 20. d. MtS. von Bombay in See gegangen. — S. M. Kreuzer „Nautilus*, Kommandant Kapitänlieutenant v. Hoven, ist am 20. d. MtS. in Nagasaki eingetroffen. Die kaiserliche Ermächtigung zur Einbringung des Gesetzentwurfs betreffend die Unfallversicherung der Seeleute in den Bundesrat ist dem Vernehmen der „Berl. Pol. Nachr.* zufolge dieser Tage eingeholt und erteilt worden Nachdem die Bestätigung der von den einzelnen Berufsgenossenschaften beschloßenen Gefahren tarife durch das Reichsversicherungsamt teils bereits erfolgt ist, tei's in kürzester Frist erfolgen wird, dürfte es nunmehr die Aufgabe der Verwaltungen fein, mit Rücksicht aus die vorgeschrittene Zeit so schnell als irgend möglich das Einschätzungswerk zu beginnen und durchzusühren. Nach den Bestim mungen der meisten Statuten hat der Vorstand der hierbei immer den Namen des Zaren im Munde, allein mit der Berufung auf den Kaiser Alexander III. wurde in Bulgarien solcher Mißbrauch getrieben, daß deren Wirksamkeit eine bedeutende Einbuße erfahren hat. Die bulgarischen Minister, die sonstigen höhern Funk tionäre und die Volksmengen schenkten den Äußerungen und Ansprachen des Generals v. KaulbarS die in anbetracht seines Ranges und feiner Persönlichkeit ge botene Aufmerksamkeit; einen Einfluß auf die Über zeugungen der Bulgaren vermochte jedoch der General durchaus nicht zu gewinnen. Die Ursachen diese» Mißerfolges sind lediglich in den Mitteln zu suchen, welche General v KaulbarS für die Durchführung der ihm anvertrauten Mission gewählt hat. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der General durch eine andere Taktik günstigere Erfolge erzielt, ja viel leicht den Endzweck seiner Mission vollständig erreicht hätte. Er erklärte jeden Tag, daß Rußland Bul garien insolange nicht zu okkupieren beabsichtige, als Ordnung in dem Lande herrsche, gleichzeitig suchte er aber die Autorität der bulgarischen Regierung durch die heftigsten Angriffe auf dieselbe zu erschüttern und die höheren Offiziere für Rußland zu gewinnen Wäre dies gelungen, so wäre im Fürstentume Anarchie ein getreten und damit der Vorwand für eine russische Okkupation gegeben, wenigstens, wie eS den Anschein hat, nach der Meinung des Generals v. KaulbarS, doch wahrscheinlich nicht nach den der russischen Re gierung und des Zaren. DaS begriffen die Bulgaren sehr wohl und sie beobachteten die Thätigkeit des Ge nerals v. KaulbarS mit großem Mißtrauen. WaS Wunder, wenn man sich die Forderung de» Generals, daß die Wahlen für die große Sobranje um zwei Monate verschoben werden, dahin auSlegte, daß diese Zwischenzeit benützt werden sollte, um die bulgarische Regierung bei der Bevölkerung zu diskreditieren, die Garnisonen für die Stellungnahme gegen dieselbe zu gewinnen, d. h. wie bereits gesagt, anarchische Ver hältnisse herbei zu führen, welche eine Okkupation durch Rußland als berechtigt erscheinen ließen. Welche Zwecke verfolgt eigentlich General v. Kaulbars in Bul garien? Will er die gegenwärtige Regierung stürzen? Durch wen möchte er sie ersetzen? Hat er doch selbst gegenüber einigen auswärtigen Vertretern in Sophia er klärt, die Partei ZankoffS sei eine so schwache, daß sie nicht 24 Stunden im Besitze der Macht verbleiben könnte. WaS die Frage der Wiederwahl des Fürsten Alexander betrifft, haben alle Bulgaren, mit denen General v. KaulbarS in Berührung kam, erklärt, daß Fürst Alexander überhaupt nicht gegangen wäre, wenn seine Rückkehr möglich wäre. „Wir wollen daher, sagte man dem General, die Schwierigkeiten des Lan des nicht durch die Wieoerwahl des Fürsten ver mehren. Die Fürstenwahl ist bei uns eigentlich nur eine leere Formalität. Nicht wir wählen uns unsern Herrscher, sondern Europa zwingt uns eine von ihm ausersehene Persönlichkeit auf Mögen welche Depu- tierte immer in die Sobranje entsendet werden, mag die letzere in einem oder in zwei Monaten stattfinden, aus den Wahlurnen der Nationalversammlung wird jedenfalls der Kandidat der Großmächte hervorgehen. Welchen Zweck hätte somit der Aufschub der Wahlen und des Zusammentrittes der Sobranje?* Gegenwärtig «ritt nun die Sendung Gadban Efendis auf und wird zuförderst durch wahrscheinlich übertriebene mit Vorsicht aufzunehmende Nachrichten in ein sensationelles Licht gestellt. Die „V. Ztg.* sagt schon in ihrer neuesten Nummer einleitend über diesen klärenden oder die Dämmerung noch verdunkeln den Zwischenfall: Der Mission Gadban Efendis in Sophia wird auch in London große Bedeutung beigelegt. Ein Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Nachrichte». Berlin, Dovnerttag, 21. Oktober. (Tel. d. Dresdn Journ.) Se. Majestät der Kaiser ist heute morgen» 8 Uhr 35 Miu. wohlbehalten hier ringetrof- fen. Allerhöchstderselbe wurde am Bahnbofe vom Staetkommanbaateu, dem Gouverneur, dem Poli zeipräsidenten, dem Krieg»miuiÜer u. s. w. em pfangen und von dem zahlreich anwesenden Publi kum enthusiastisch begrüßt. St. Petersburg, Donnerstag, 21. Oktober. (Tel. d. Dresdn Journ.) DaS „Journal de St. PsterSbourg" sagt bezüglich des Sinken» der russischen Fond», nicht» rechtfertige die Nervosität der Börse. Dir bulgarischen Angelegenheiten seien nicht derartig, um den europäischen Frieden zu stören. Alle Kabinette anerkennten die unbestreit baren Rechte Rußland» in Bulgarien, ebenso die Presse, selbst die englische mit inbegriffen. Somit scheine die bulgarische Krisi» lokalisiert, nickt» lasse brfürckten, daß die vielfachen damit zusammen hängenden Fragen nicht friedlich gelöst werden könnten. WaS die bulgarischen Machthaber an gehe, so kennten sie den Willen Rußland». Man müsse hoffen, daß sie auch die Notwendigkeiten der Lage anerkennen würben. „Wir können nicht wissen, schließt daS Blatt, welche Mittel die kaiserliche Regierung anzuwenden gedenkt, um ihre Ansichten zur Geltung zu bringen, aber wir wissen, daß ihre Mäßigung ein weiterer Beweis dafür ist, daß sie zu diesem Ziele gelangen will und daß sie ge nügende Garantien deS schließlichen Erfolges be sitzt, um nicht auS ihrer ruhigen Haltung hrrau»- treten oder den Lauf der Ereignisse überstürzen zu müssen." Philippoprl, Donnerstag, 21. Oktober. (Tel. d. Dre»dn. Journ.) Einer Meldung vom gestrigen Tage zufolge fanden feiten» der Polizei Verhaftungen russischer Parteigänger statt. Dresden, 21. Oktober. Bon den politischen Wirren Bulgariens. Der „Pol. Korr.' wird aus Sophia geschrieben: Jene politischen Kreise Bulgariens, welche angesichts de» Vorgehens des Generals v. Kaulbars sich genügende Objektivität gewahrt haben, um die Bedeutung und Endziele der Mission der genannten Persönlichkeit mus ira »t studio zu prüfen, stehen vor derselben wie vor einem Rätsel. Man vermag nicht zu be greifen, wie General v. Kaulbars, wenn er in der That die feiner Mission vorgeschriebenen Zwecke verfolgte, die von ihm gewählten Mittel als für die Erreichung feiner Absichten geeignet erachten konnte. Der Gene ral, der formell als außerordentlicher diplomatischer Agent Rußlands bei der bulgarischen Regierung be glaubigt wurde, begann sofort, nachdem er den Boden des Fürstentums betreten, sich als Herr des Landes zu geberden. Die ersten Worte, die er an die zu seiner Begrüßung in Lom-Palanka erschienenen Per sonen richtete, bildeten schon einen Angriff gegen die bulgarische Regierung. „Diese Regierung*, sagte er, „ist keine nationale, sondern aus den Führern der verschiedenen Parteien zusammengesetzt. Der Kaiser wünscht an der Spitze Bulgariens eine Regierung zu sehen, die keiner Partei angehört.* Der Ton, den General v. KaulbarS in Bulgarien anschlug, nahm von Tag zu Tag emen gebieterischeren Charakter an, er erteilte den leitenden Persönlichkeiten in Bulgarien, Ministern und hohen Offizieren, fowie der VolkS- menge nicht Ratschläge, sondern Befehle. Er führte Feuilleton Ein Opferlamm. kleine Erzählung von A. W. Gellrich. (Fortietzuag.) Wer die junge Frau nicht kannte, hätte sie müssen für über die Maßen vergnügungSfüchtig halten, und doch war sie e», die fast stets den immer wiederkehren den Zerstreuungen widerstrebte. Doch half es ihr nicht», drang doch ihr Gatte nur um fo eifriger darauf, so daß sie meinte, r» ihm zu Gefallen thun zu müssen. Dennoch würde sie bedeutend lebhafter widerstrebt haben — hätte ihre anspruchslose Natur doch alle die rauschenden Vergnügungen mit Freuden für ein inniges, häuslicher Zusammenleben auSgetauscht — hätte fie sich nicht doppelt verpflichtet gefühlt, ihrem Gatten darin zu Willen zu fein, da eS ihm Freude zu machen fchien und sich eine trübe Stimmung, eine unbegreifliche Unruhe feine» Wesens bemächtigte. Waren sie abend» bei einem Feste, so war er einer der Lustigsten und Aufgeräumtesten; saßen sie dagegen am nächsten Morgen beim Kaffee zusammen, fo war er launisch, benahm sich heftig gegen die Unter zebenen, ohne rechten Grund zu haben; ja selbst gegen ie konnte sein Betrugen mitunter ein unerklärliches ein. E» schien ihr, al» habe er ein Geheimni»; irgend etwa», da» ihn bedrückte und da» sie nicht kannte. Oder war seine Lieb« zu ihr schon im Erlöschen? Diese Zweifel peinigten sie entsetzlich. Vergeben» bemühte sie sich, doppelt liebenswürdig zu sein; sie suchte ihren Gatten alles an den Augen abzulesen; ja das ganze Verhältnis der beiden ver kehrte sich so vollständig, al» ob sie der liebende, in sich gefestigte Mann fei, er dagegen die launische, in ihren Erwartungen getäuschte, durch nichts zu be friedigende Frau. Franziska litt unter diesem Zu stand ungeheuer; sie magerte förmlich ab in der Sorge um ihren Abgott für dessen Wesen sie keine Erklärung fand. Diese Bitterkeit in seinen Reden, wenn er da rauf zu sprechen kam, daß dieser oder jener Be kannte diesen und jenen Genuß sich verschaffen könne, den er sich versagen müffel — es war ihr un erklärlich. „Siehst Du,* sagte er da zuweilen, „da hat Herr v. F., den Du ja kennst, jetzt mit seiner Frau eine Reise nach Paris gemacht; acht Wochen bleibt er dort; dann gehen sie nach Spanien. Wir sollten mitreisen; aber wie können wir daran denkenI* Solche und ähnliche Betrachtungen stellte er häufig an; aber die junge Frau begriff nicht». Immer noch hatte sie nicht die leiseste Ahnung von dem Opferlammgefühl, da» ihr Gatte heimlich mit sich herumtrug. Ein keiner Zwischenfall sollte ihrem Verständnis plötzlich zu Hilfe kommen. Einer Vormittag», Fedor war bereit» auSgegangen, wie er e» seit einiger Zeit öfter that, so daß Leute, die ihn sprechen wollten, wieder umkehren mußten, ließen sich bei der jungen Frau zwei Herren melden: Herr Levy und Herr Reißmann, so lauteten die Namen auf ihren Satten. Die junge Frau la» die- selben etwa» verwundert, ließ die Herren aber zu sich bitten. Nach einer weitschweifigen Einleitung und nach vielen Entschuldigungen, daß sie sich erlaubt hätten, die gnädige Frau zu stören, kamen die beiden Be sucher endlich zur Ruhe; „Sehen Sie, gnädige Frau*, hob Levy auf die Fragen Franziskas an, „wir haben doch dem gnädigen Herrn, ich und hier mein Kom pagnon, der Hr. Reißmann, voriges Jahr ein Kapital geliehen, das der gnädige Herr die Güte gehabt hat, von uns anzunehmen. Ein bares, schönes Kapital! Nun und wenn er — * Herr Levy machte eine Pause und sein Kompagnon setzte für ihn ein: „Wenn er würde sich verheiratet haben, hat da- mal» der gnädige Herr versprochen, würden wir e» zurückbekommen —* „Und nun ist der gnädige Herr verheiratet*, fiel wiederum Herr Levy ein, „und noch dazu mit einer so schönen und liebenswürdigen und reichen Dame, und wir brauchen doch unser Geld; wir sind doch Geschäftsleute, gnädige Frau — * „Ja, aber der gnädige Herr hat eS uns noch nicht gegeben* spann Reißmann den Faden weiter, „und er ist nie zu sprechen, wir kommen doch von weit her.* „Und deshalb* schob wieder Levy ein, „möchten wir die gnädige Frau gebeten haben, daß sie ein gute» Wort für un» einlegt; denn der gnädige Herr hat e» gewiß bloß vergessen oder ist zu beschäftigt.* „Weil andernfalls* — sprach Reißmann wieder, diesmal mit Betonung — „Ja andernfalls ...* wiederholte Levy. „Wir ernster auftreten müßten!* setzte Reißmann, der mehr im Hiutergruud« sta»d, den Satz rasch fort. „Wirklich und wahrhaftig ernster, und das thäte unS doch gewiß leid!* sekundierte wiederum Levy Die junge Frau war über diese Sprache tief er schrocken, beherrschte sich aber und versprach, ihrem Gatten alle- zu berichten, sie selbst wisse von der Sache nichts. Was war das? Was wollten diese Leute mit ihren versteckten Drohungen sagen? So hätte ihr Gatte Schulden und könnte sie nicht bezahlen? ES schien ihr so unwahrscheinlich. Wie hätte er sonst so viele Ausgaben gemacht zu Vergnügungszwecken? Wo er so gut wußte, wie wenig Wert sie darauf legte. Oder that er es feiner selbst wegen? — Gleichviel — war er nicht reich? — Da trat ihr Mann ins Zimmer. Sie eilte ihm entgegen und sagte: „Lieber Fedor, eben waren zwei Herren hier, die so garstige Reden führten, und die von einem Kapital, da» sie hergeliehen, und von .Ernstmachen' und dergleichen sprachen; sage mir doch, was ist's mit ihnen? Es hat mich ganz unruhig gemacht!* „Wie heißen sie,* fragte Fedor und zog das Ge sicht in Falten. „Hier ihre Karten, ,Levy und Reißmann' aus Königsberg.* „So. Und wie kommst Du dazu, Dich mit diesen Leuten in Gespräche einzulassen, wie konntest Du Dich in solche Angelegenheiten mischen?* Ihr Gatte sprach da» so barsch und hart, daß Franziska zusammen- (Sorthum, lolat.)
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