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ssahrgang. Re. Ahen-Ausvabe SlÜttvech, 28. Mai ISZ« idra-ta«Ichrifi: Nach«<chin, Dre»dn> Yerniprecher-Sammeiimmmer: 2ü2«t Nur sü« Nachigeiprächr: M, »Ovl t EchrisUrttuug U. HauvloelchLsMrlle: Dresden-n. t, Marlenstrabc S8/SL Gegründet ItzsS «etznySgedühr Vv« 1«. »n n. Mal l»«0 Sr< tätlich »weimaNgee ZusteNung frei Hau» l.70 VN. PoslbezugSpret» ür Monat Mat ».SO Mi. etntchl. »6 Psg. Postgebühr lohne Poft»usteUungSgebühr>. Mnjelnummer so Ptg. iln»eigenpret>e: Die An»e>gen werden nach Boldmark berechnet: dte ein- tvaltige »o mm breite Zelle »d Psg., für auswärts so Ptg. gamllienansetgen und Stellengeiuche ohne Nabatt Id Psg., auherhalb 2» Ptg., dte »0 mm breite ReNameseilc 200 Psg., austerhalb 2b0 Psg. Ossertengebühr »o Ptg. Auswärtige Aufträge gegen Borausbesahtung Druck ». »erlag; Ltepsch » «etchardt, Dresden. Posttcheck-Kio. I0S8 Dresden Nachdruck nur mit deutt.Quellenangabe (DreSdn. Nachr.» zulässig. Unverlangte Echriltttück« werden nicht aufbewahrt Frankreichs Antwort an Mnffolinl SmerMMnift nach MM - Reue SeMtmimn vradtborledt nnsvros Lartsor Ikorrosponckonkon Paris, 28. Mat. Wester« nachmittag ist der französische llriegsminister Maginot an Bord eines Urcnzero und in Begleitung zahlreicher Mitarbeiter aus dem Großen General- stad und dem Kriegsminiftcrium in Algier gelandet. Ab sichtlich wird dies in der französischen Presse ohne viel Ge räusch und nur nebenbei gemeldet. In Wirklichkeit aber solgt -er Besuch des französischen ttriegsministerü in Algier un mittelbar dem Besuche des französischen Mari ne un niste rö, der dort an größeren Manövern der KricgS- slotlc teilnahm, und auch die Reise des Kricgoministcro ist durchaus nicht eine Heft- oder Bergniignngs-, sondern eine Inspektionsreise zur Besichtigung der in Algier stationierten Truppe,, und deren Ausgaben. Auch diese Reise ist nichts anderes als die Erwiderung aus die scharsen Reden Mussolinis und seiner Minister u»d in dieser Hinsicht die Auswirkung der mit dem unversöhnlichen Gegensatz zwischen Frankreich und Italien geendeten Londoner tlonsercnz. Schon im großen Kricgshasen Toulon hat übrigens Nagiiiot seine Reise unterbrochen und dort de« Marschall Petain und den Chef des Großen Generalstabes, General Weygand, empfangen, di» beide, wie gemeldet wurde, von Nizza kamen. In Wirklichkeit kamen die beiden Generale livii einer Inspektionsreise, die sie zusammen mit dem »ommandicrenden General Ca re nee des 1',. in Nizza siationiertcn Armeekorps zur Besichtigung der Grcnz- besestigungen gegen Italic» unternommen hatten, bilciä,zeitig sind ans der Marinewerft in Brest zwei neue große Unterseeboote „Ajax" und „Achilles" vom Stapel gelaufen. Der Intimus Briands, der frühere Minister Vouchcur, hat dem äußeren Anschein nach ebenfalls ganz privatim, in Wirklichkeit aber im offiziösen Anstrag des Ouai dOrsay über Berlin eine Reise nach Belgrad und Bukarest unternommen, wo er mit großen Ehre» nnd Auszeichnungen empfange« worden ist, nnd sich über die Etimmung und besonders auch über die wirtschaftliche nnd siinanzlagc der Batkanverbündcten Frankreichs nnterrichten soll, »lein französischer Staatsmann hat ans die Steden Mussolinis durch Gegenreden geantwortet. Man will hier nicht mit Worte», sondern mit Taten die Antwort gebe». Das be weisen diese offiziellen und offiziösen Reisen und Inspektionen. Risiko des Krieges »fw. Der Vorschlag Briands biete eine letzte Möglichkeit, che die von Mussolini seinerzeit für 1935, ailgeküiidigten Jahre des Kreuzes komme» werden. Aber wahrscheinlich seien diese Jahre durch die frühere Räumung des Rheinlairdes noch beschleunigt worden. Cs ist bemerkenswert, daß ein französischer Sozialdemokrat, also ein Mann der in Deutschland so angesehenen Inter nationale, diese spitze Bemerkung gegen die Rheinland räumung sich leisten kann. Der N-Ikrbiiti- befurchtet ümirikschimg London, 28. Mai. Wie der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" berichtet, ist man in Bölkerbnnds- kreisen wegen der eventuellen Wirkung der Denkschrift Briands aus den Völkerbund besorgt, da bei einer übertriebenen Euro- päisierung die siidamerikanischcn und asiatischen Mitglieder ihr Interesse an dem Bund verlieren könnten. Infolgedessen ist nach Behauptung des Korrespondenten ein schon früher einmal von Sir Eric Drummonü ausgestellter Plan wieder in den Gesichtskreis der Betrachtungen gerückt. Er sah im wesentlichen vor, daß entsprechend der Anzahl der Kontinente eine Anzahl ständiger Ausschüsse der Bölkerbnnds- versammlung geschaffen wird, d. h. besondere Ausschüsse für europäische, asiatische und amerikanische Fragen. Die Aus schüsse würden die Aufgabe haben, solche Fragen zu regeln, die nur die Staaten eines bestimmten Kontinents interessieren. Die Mg-mlschen fordern BerlragSreviston Paris, 2H» Mai. Der Prcssewart des Jungdcutschcn Ordens, August Abel, hielt gestern in einem Pariser politi schen Klub einen Vortrag über die deutsch-französische Politik. Die Grundlage, ans der man die FricdenSvcrträge von 19)9 errichtet habe, sei unmöglich. Die Festsetzung der deutschen Ostgrcnzc enthalte die grüßten Gefahren für den Frieden in Europa. Abel sprach sich sür eine deutsch-französische An näherung a»S, die die Revision des Friedensvertrages von Versailles zur Grundlage haben müßte. Wenn sich Frank reich dieser Auffassung nicht anschlicßen könnte, dann müsse Deutschland eben bei anderen Völkern Freundschaft suchen. Preußen unter rotem goch Drohtioolcknug naoorar Sorltnor Sokriktloitung Berlin, 28. Mai. An zuständiger Stelle wird die bisher für kaum glaubhaft gehaltene Nachricht bestätigt, daß der sozialdemokratische preußische Kultusminister Grimme seine Zustimmung dazu gegeben hat, daß das Kaiser-Fried rich - Realgymnasium in Berlin-Neukölln künftig den Namen Karl-Marx- Schule tragen soll. Ein Kommentar zu dieser Verfügung erübrigt sich wohl. BmMnino -er Reichswehr in KöniMerg Vrodtrnvlckung nnooror Vvrlloor Sokrtttleitung Berlin, 28. Mai. Nach einer Meldung der „Ostprcußischcn Zeitung" hat der Königsberger Negiernngspräsident von Bahrscld der Reichswehr anläßlich einer Pionicrgcdenk- feier die Genehmigung zum Einmarsch in den Kvnigsberger Schloßhof untersagt. Der Reichswehr gegenüber war als Grund sür die Ablehnung aus eine Verfügung der preußischen Negierung Bezug genommen, wonach politischen Ver bänden das Betreten des Schloßhoses untersagt sei. Von amtlicher preußischer Stelle in Berlin wird mitgctcilt, das Verbot des Regierungspräsidenten beruhe auf einer etwa ein Jahr alten Verfügung des preußischen Finanzministeriums als Eigentümerin des staatlichen Schlosses, wonach das Be treten solcher Schlösser verboten sei. Diese Verfügung habe allgemeine Gültigkeit und beziehe sich auch aus die Reichswehr. Der Königsberger Zwischenfall hat in NeichSwehrkreisen außerordentliches Befremden hervorgeruscn. Der Seppelinftart durch Regen verzögert Neunork. 28. Mat. Wie „Associated Preß" aus Pcrnam- bukck meldet, ist das Luftschiff „Gras Zeppelin" durch den während der ganzen Nacht fallenden Regen derart schwer ge worden, daß der Start mit Rücksicht ans die Veränderung der Austriebsverhältnisse zunächst anfgegeben werden mußte und das Luftschiff zu der ursprünglich sür die Abfahrt vor gesehenen Zeit noch am Ankermast lag. Um 8 Uhr morgens, zwei Stunden nach der geplanten Startstunde, hielt der Regen noch immer an, obwohl die Sicht ganz gut war. Dr. Eckencr nimmt an, daß es notwendig sein wird, »och mehrere Stun den zu warten, damit die durch Regen belastete Hülle ab- trvcknen kann. Inkrafttreten des ZttndwarenmonopolS. Die RcichS- rcgierung hat soeben die vorläufigen Durchführungsbestim mungen zum Zündwarcnmonopolgesctz und die Zündwarcn- sonderstenerverordnung erlassen. Das Zündwareumvnvpvl- gesetz wird mit dem 1. Juni 1930 in Kraft gesetzt. Wirtfchafls-ebatte im Reichstag Scharfe Kritik wegen ungerechter Vergebung von Reichsauftragen Dank an Parker Gilbert ^ Vradtbvrlodt nnsvros pariser Korrosponckenton Paris, 28. Mai. Der Finanzminister Reynaud hat gestern zu Ehren des auf der Heimreise nach Amerika befind lichen Reparationsagcnten Parker Gilbert, der zum Groß ossizier der Ehrenlegion ernannt worden ist, ein Ablchieds- cssen gegeben, an dem auch der Präsident und Vizepräsident ebenso ivie der Generaldirektor der neuen Tributbank Mac Garrah, Fraser und Qnesney nebst dem Gouver neur der Bank von Frankreich und anderen Persönlichkeiten teilnahmcn In einem Trinksprnch bei diesem Abschicdseiscn, das die Franzosen Parker Gilbert in Anerkennung seiner Verdienste um Frankreich bereitet haben, erklärte der Finanz- minister Reynaud, durch dte glänzende Art, in der Parker ösilbert seine delikate Ausgabe löste, habe er sich die ewige Dankbarkeit Frankreichs erworben. Der Finanzminister fügte hinzu: „Wie wir nie vergessen werden, daß die Amerikaner nnlcr dem General Pershing das Schicksal des Krieges entschieden haben, so werden wir nie ver gessen, daß Amerikaner, wie Dawcs, Gilbert, Aoung, Mac Garrah nsw., über das Schicksal bcö Friedens entschieden haben." Wen» man über den Sinn und Bedeutung des Briand- schc» Vorschlags der europäische» Föderation noch irgendwo im Zweifel sein konnte, so gibt heute Briands früherer Mitarbeiter im Völkerbund, der Sozialist Paul B v n c o u r, eine Erklärung des Briandscheu Vorschlags, die seden Zweifel behebt. Im „Journal" setzt Boneour auscin- auder, er begrüße i» diesem Vorschlag die Bestätigung dafür, daß erst die nationale Sicherheit konimen müsse. Der Vorschlag Briands sei nur die Fortsetzung seiner bisher schon betriebenen Politik i n a n d e r e r F o r m. Er sei ans einem Umweg die Rückkehr zu dem einzigen Pakt, der imstande sei, den Völkcrbnndspakt wirklich wirksam zu machen, nämlich zum Genfer Protokoll von 1VS4. Nur Locarno habe den in diesem leider nicht angenom menen Protokoll enthaltenen Ideen gesprochen. ES sei eine auf dem Raum der Locarnogrcnze zur Anwendung gebrachte Ausführung der Grundsätzc des Genfer Protokolls. Ta der Völlcrbuudsrat nichts getan habe, um die Ideen des Protokolls weiter z» verfolge», so habe Frankreich nicht länger warten können und habe darum de» Briandsche» Vor schlag gemacht. Die Stunde sei nahe, wo Frankielch wisse» müsse, ob man wirklich die internationale Sicherheit organi siere» wolle, oder ob es allein aus sich selbst angewiesen, nur ans seine eigene Sicherheit noch zähle» könne. DaS bedeute dann die Rückkehr zum System der alten Allianzen mit all ihren Unbequemlichkeiten, mit den, damit »»erbundcnen Berlin» 28. Mai. Der Präsident des Reichstages eröfsnete die heutige Sitzung um 19 Uhr. Die zweite Beratung des Haushalts des Retchswirtschaftsministerinms wurde fort gesetzt. Abg. Haense lEhristl. Bauernpartei) forderte eine grund sätzliche Umstellung der deutschen Handelspolitik, die in den letzten Jahren auf dem Rücken der Landwirt schaft gemacht worden sei. Durch das ständige Anwachsen der Preisspanne zwischen landwirtschaftlichen und industriellen Produkten werde die Landwirtschaft zum Arbeitssklaven der übrigen Schichten. Dte allgemeine Wirtschaftsnot sei nur eine Auswirkung der Not der Landwirtschaft. Abg. Sachsenberg sWtrtschaftsp.f nennt die Grenzziehung des Versailler Vertrages einen der Hauptgründe für die Krise der europäischen Wirtschaft. Es sei zuzugcben, daß die über triebene Rationalisierung und Vertrustung der Industrie eine der Hanptursachen der Krise ist. Leider sei diese wirtschaftliche Bewegung aber gerade von den Sozialdemo kraten gefördert worden. Besonders dringlich sei die Hilfe sür die Landwirtschaft. Die Lösung deö Arbeitslosenproblems ist das Schicksal unseres Landes. Gelingt die Lösung dieses Problems nicht in kurzer Zeit, dann stehe» wir vor einer Katastrophe. Das Reichswirtschafts- mtnisterinm muß mit den übrigen Etats besser znsammen- arbeiten, »m dte Aufgabe der ArbeitSbeschassnng zu erfüllen. Wir müssen noch mehr als bisher die Erzeugung von Qualitätsware fördern nnd darum den gewerbliche» Mittelstand und die Handwerksbetriebe von dem Steuer druck entlasten. Ein Abbau der öffentlichen Betriebe ist unbedingt notwendig. Wenn nicht zwischen der zweite» und dritten Lesung ganz wesentliche Streichungen an den Aus gaben erfolgen, dann werden wir »ns nicht entschließen können, dem Etat znznstimmen. sHört, hört!) Abg. Ranch sBayr. Vp.) bemängelt die non der öffentliche» Hand bet der Auftragsvergebung angewandte» Methoden, lieber Zurücksetzung werde besonders geklagt vom gewerb liche» Mittelstand, vom Handwerk nnd vv» de» a» der Peripherie dev Reiches gelegenen Wirtschaftsgebiete». Dte vom Reichstag wiederholt geforderte und von der Regierung zugesagt« Statistik der Reichsaufträge ist uns »och im»,er nicht vorgelegt worden, »der sie »st fertig und ein günstiger Wind hat sie mir ans den Tisch geweht. Nach dieser Statistik sind unsere schlimmsten Erwartnngen dnrch die Tatsachen übcrtroffen worden. Bei der Vergebung der Aufträge des Reiches und der Reichsbahn zeigt völlige Planlosigkeit und absoluter Mangel an Verständnis dafür, daß die Vergebung der ösfcntlichcn Wirtschaft auch der Wirtschaftssörderung dienen soll. Es zeigt sich eine einseitige Bevorzugung von Berlin-Brandenburg» während mit Ausnahme von Hamburg und Mecklenburg- Schwerin alle deutschen Länder stark benachteiligt werden. Wir müssen eine gerechtere Verteilung der Auf träge auf alle Gebiete des Reiches verlangen. Der Red ner begründet eine» auch vom Zentrum untcrstützteu Antrag, in dem die periodische Vorlegung einer Aufstellung verlangt wird, aus der ersichtlich ist, in welcher Weise sich die Rcichs- austräge verteilen aus die einzelnen Wirtschaftsgruppen und ans die einzelnen Länder und Provinzen. Abg. Mener Berlin lDem.) sprach dem Rcichswirtschasts- minister das Vertrauen seiner Partei aus. Eine Aenderung der deutschen Außenhandelspolitik lehnten die Demokraten ab. Es dürfe nicht der Eindruck hervorgerufen werden, als wolle sich die deutsche Handelspolitik nun dauernd dem Protek tionismus verschreiben. Das Genfer Abkommen über den Zvllfrtcden müsse unverzüglich ratifiziert werden. Vorher dürfe auch keine Erhöhung industrieller Schutzzölle erfolgen. Dem deutsch-polnischen Handelsvertrag stimmt der Redner zu. Uebcrhaupt müsse die Zusammenarbeit mit dem näheren Osten und Südvsten Europas ausgebaut werden. Im Hinblick auf die ernste Wirtschaftslage erklärt der Redner, daß kein Land jährlich 2 Milliarden aus seiner Wirtschaft lierauSziehcn könne, ohne daß dadurch die Wirtschaft aufs schwerste geschädigt »»d zugleich damit die Weltwirtschaft in Unordnung gebracht werde. Dem Wort BriandS: Erft Sicherheit, dann wirtschaftliche Verständigung, müsse man das Wort entgegenstellen: Erft WcltverftändniS. dann wirtschaftliche Verständigung, daun wirtschaftlicher Aufschwung »nd polit iche Sicherheit. (Die Verhandlung dauert bet Schluß der Redaktion an)