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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.08.1910
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100806022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910080602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910080602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-08
- Tag 1910-08-06
-
Monat
1910-08
-
Jahr
1910
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Amtsblatt -es Rates und -es Rolizeiarntes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Preis sKr Inserat« aus tj«v,i, und Um,«»«, di» S«tpatt«e LV mm dreit» Petitgeil» 2L dt» 74 mm dreit« «rklame^ü, l^U o»n «»wärt» stv Reklamen 1.20 ^UI Inserat« »»» vehtrden '» »mtltch« Lek dt« 74 mm drrlt« Petitzell» 4l) »eichältlan,eigen mit P atznorschriften und t» der Adeiwautaad« im Preis« erdädt. Siadall nach Taris. Brilagegebühr L all ». Taus«d exkl. Pottgedllhr. Hrsterteilte Aufträge Unnen nicht »urück- »e»»gen werden. Für da« T-scheinen an oestlmuuen Tagen und Plätzen wird lrt»» «aranti» übernommen Anzeigen-Annahme: Uugustnlplatz 8^ hei sämtlichen giitai« u. all« Annone»» ltrpeditronei, de« In- und Autzlaode«. Haupt-Siliale GerNni Tarl Duncker. Herwgl. Bryr. Hofdnch» Handlung, Lützowftrabe IL (Telephon VI, Nr. 4Mli). Haupt-Siliale Trelde« Eeestrahe 4,1 (Telephon 4621), Nr. 2lS. Somadenll, »en ö. stugult lSio. 104. Jahrgang. Salier Wilhelm unü üer Zar. Die Nachrichten, daß in diesem Jahre eine Begegnung zwischen unserem Kaiser und dem Zaren stattfinden werde, haben nunmehr durch die amtliche Bekanntgabe des bevorstehenden Besuchs der Zarenfamilie am hessischen Hofe eine gewisse Bestätigung er halten. Man nimmt mit gutem Grunde an, daß diese Anwesenheit des Zaren auf deutschem Boden nicht ohne eine Zusammenkunft der beiden Herrscher vorübergehen werde. Es hatte den Anschein, als ob dem Zaren Nikolaus il. der Darmstädter Hof das wer den sollte, was dem Vater, Alexander m., der Kopenhagener Hof gewesen war: ein Zufluchts ort zur Erholung von den Aufregungen und der Bürde des Herrscherberufs, ein Ort, wo dvi Kaiser auf einige Wochen die Regierungssorgen vergessen konnte, wo er nicht der mächtige Herr scher, sondern lediglich Mensch war. Aber die großen Schwierigkeiten, denen Rußland ausge setzt war, besonders der Krieg mit Japan und sodann die gefahrdrohenden inneren Wirren, trugen wohl die Schuld daran, daß der Zar mit seiner Familie sieben Jahre hindurch der Heimat der Zarin, dem hessischen Hofe, fernblieb. Er weilte dort zuletzt im Herbst 1903. Kurz vor seiner Abreise machte er Kaiser Wilhelm am 4. November in Wiesbaden einen Besuch, der am folgenden Tage vom Kaiser in Schloß Wolfsgarten erwidert wurde. Jener Begegnung, der auch die beiden Leiter der auswärtigen Angelegenheiten, Lamsdorff und Bülow, beiwohnten, maß man in politischen Kreisen große Bedeutung bei, weil allerhand Mißverständnisse, die sich zwischen Berlin und Petersburg geltend gemacht hatten, als erledigt angesehen werden konnten. Seit jener Zeit hat es aber trotzdem an Begegnungen des Zaren mit unserem Kaiser nicht gefehlt. Noch während des Russisch-Japa nischen Krieges fand eine solche im Juli 1905 in den finnischen Schären statt — die erste, die der Zar seit dem Ausbruche des Krieges mit einem ausländischen Herrscher hatte. Im August 1907 erfolgte sodann der Besuch des Zaren vor Swinemünde, wo es zu bedeut samen deutsch - russischen Freundschaftskund gebungen kam. Beinahe zwei Jahre später, im Juni 1909, trafen sich die beiden Monarchen wiederum in den Schären, und als der Zar bald darauf seine Reise nach Frankreich und England erledigt hatte, wurde er auf der Rückkehr vom Kaiser anfangs August be grüßt, nachdem der Zar mit seiner Fa milie auf der Hinfahrt nach Frank reich kurze Zeit auf der Besitzung Hemmelmark des Prinzen Heinrich von Preußen eingekehrt war. Man sieht also, daß die beiden Herrscher in steter persönlicher Verbindung mit einander geblieben sind, was auf die Beziehungen zwischen dem Deutschen Reiche und Rußland sicherlich nicht ohne günstige Folgen war. Auch von der bevorstehenden Begegnung erwartet man eine Festigung der deutsch-russischen Beziehungen. politilcke Nachrichten. Polen bei der Einweihung des Posener Kaiserschlosses. Zur Einweihung des Kaiserschlosses in Posen sollen sechs Polen eingeladen werden, von denen zwei Kammerherren, zwei Mitglieder des Provinzial ausschusses und zwei Landschaftsräte sind. Deutschland und Liberia. Paris, 6. August. In Vertretung des deutschen Botschafters hat der Botschaftsrat Freiherr von Lancken gestern mit dem französischen Mini sterium des Aeußern Fühlung genommen zum Zwecke einer Aussprache über die Stellung Deutschlands in der Angelegenheit der Republik Liberia. In Abwesenheit des Ministers Pichon hat dessen Stellvertreter, Botschaftsrat Louis, das Studium der Frage zugesagt und baldige Erklärung versprochen. Deutsche Auszeichnungen für französische Soldaten. Lorient, 6. August. (Tel.) Der Deutsche Kaiser hat dem Unteroffizier im Marinefüsilierbataillon, Peter Daniel, die Medaille des Roten Adler ordens und einem Füsilier desselben Bataillons die Medaille des Kronenordens verliehen. Die beiden Soldaten waren der deutschen Bot schaft während der lleberschwemmung in Paris zugereilt worden. Der französische Marineminisier hat ihnen die Auszeichnung mit seinem Glückwünsche zugehen laßen. Zum Werftarbeiterftreik. Hamburg, 6. August. (Tel.) Die Zahl der strei kenden Werftarbeiter in Hamburg betrug gestern abend 10 OVO. Die Zahl der Arbeitswilligen ist da gegen minimal und beschränkt sich auf die Werkführer und Lehrlinge. Die Schiffswerften sind dadurch zur vollständigen Einstellung ihrer Tätigkeit ge nötigt. Sie werden jedoch davon wenig betroffen, weil für die Ablieferung der Handelsschiffe eine längere Lieferungsfrist vorgesehen ist. In der Hafen gegend finden naturgemäß Zusammenrottungen von streikenden Werftarbeitern statt, die jeden Arbeitswilligen belästigen. Es ist auch schon mehr fach zu Tätlichkeiten gekommen, doch konnte ein zahl» reiches Polizeiaufgebot ernste Ruhestörungen ver meiden. Stettin, 6. August. (Tel.) In vier stark besuchten, ruhig verlaufenen Versammlungen nahmen gestern abend die Stettiner Werftarbeiter Stellung zu der Arbeitsniederlegung ihrer Hamburger Kollegen. Es wurde eine gleichlautende Resolution angenommen, in der sich die Stettiner Werftarbeiter mit dem Vorgehen ihrer Hamburger Kollegen durch aus einverstanden erklären und zum Ausdruck bringen, daß sie den Beschlüßen der in Frage kommenden Gewerkschaften mit Vertrauen entgegen sehen. Die österreichische Regierung und die Enzyklika. Wien, 6 August. (Tel.) Der Unterrichtsminister beantwortete die Eingaben des evangelischen Oberkirchenrates in der Angelegenheit der Borromäusenzyklika mit einem Erlaß, in dem erklärt wird, die Regierung bedauere lebhaft, daß die Veröffentlichung der Enzyklika zu neuen Mißdeutungen und Irrungen Anlaß gegeben zu haben scheine. Sie sei sich ihrer Pflicht, die evan gelische Kirche und deren Angehörige in ihren ge setzlich gewährleisteten Rechten zu schützen, wohl bewußt, wie sie auch entschlossen sei, innerhalb ihres gesetzlichen Wirkungskreises und ihrer Machtsphäre jede tatsächliche Verletzung der guten Be ziehungen zwischen den einzelnen Konfessionen energisch zurückzuweisen. Vertagung des ungarischen Reichstages. Pest, 6. August. Der ungarische Reichstag wird heute bis zum 27. November vertagt werden. Bor dem kritischen Sonntag in Spanien. Nach in San Sebastian eingetroffenen Mel dungen aus den umliegenden Provinzen sind zahl reiche Gruppen von Katholiken zu Fuß nach hier unterwegs. Angesichts der in immer heftigerem und beleidigenderem Tone eingehenden Depeschen beschloß der Ministerpräsident, die Absender gerichtlich zu be langen. In letzter Stunde scheint der llltramon- tanismus noch einlenken zu wollen; nur ist zu be fürchten, daß die fanatisierte Menge nicht mehr zu halten ist. Uns liegt folgendes Telegramm vor: Madrid, 6. August. (Tel.) Das Komitee für die in San Sebastian geplante Kundgebung der Katholiken beschloß, auf die Kundgebung zu ver zichten. Die katholischen Zeitungen werden heute ein dieseii Beschluß erklärendes Manifest ver öffentlichen. Bulgarien und die Türkei. Paris, 6. August. (Tel.) „Petit Parisien" schreibt anläßlich der gestern gemeldeten Erregung der Bulgaren gegen die Türken wegen der Entwaff nung der Mazedonier, daß die Rückkehr des bulgarischen Ministers des Aeußern, Paprikow, nach Sofia, der gemäßigter sei als sein Stellvertreter Liaptschew, eine Entente erleichtern werde. Seine Rückkehr falle außerdem zusammen mit der Reise des türkischen Ministers des Innern nach Mazedonien, der dort gewiße Mißstände abstellen werde. Kus Leipzig unü Umgegenü. Leipzig, 6. August. Wetterbericht der Könial. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 7. August. Südwestwinde, zeitweise aufheiternd, wärmer, Nachlaßen der Niederschläge, Gewitterneigung. Fichtelberg: Ununterbrochen schwacher Nebel. * Kreisauoschuh. In der heute vormittag unter Vorsitz des Kreishauptmanns Frhrn. v. Welck abge haltenen Sitzung des Kreisausschußes wurde zuerst verhandelt über einen Rekurs des Kaufmanns Paul Schmutzler in L.-Gohlis gegen die ihm wegen der Erwerbung von V« Anteil oes Grundstücks „Specks Hof" auierlegtc Besitzwechselabgabe. Das Grundstück gehörte zunächst einer von dem Rekur renten und dem bauaussührenden Architekten Hensel gebildeten Gesellschaft des bürgerlichen Rechrs Nach Vollendung des Baues trat der Letztgenannte seinen halben Anteil an den Kaufmann Schmutzler ab, der damit alleiniger Besitzer wurde. Eine bloße Berich tigung der Grundstüaseintragung lehnte das Amts gericht ab, sondern verlangte die Auflassung und die Eintragung des Kaufmanns Schmutzler als Erwerber des Henselschen Anteils. Dieser Ansicht traten die oberen Instanzen bei und es erfolgte dem gemäß die Eintragung. Der Rat erhob hieraus die in der städtischen Steuerordnung vorgesehene Besitz wechselabgabe. Hiergegen wendete sich der Rekurs mit der Behauptung, daß die bei Erwerbung des Baulandes gebildete Gesellschaft zur Erbauung von „Svecks Hof" noch fortbestehe. Der Referent, Herr Gey. Negierungsrat Profetzor Dr. Häpe, hielt diefe Anschauung für unrichtig, schon aus dem Grunds weil eine Person allein ohne jeden Gesellen, keine Gesell schaft bilden könne. Auch aus dem Vertrage gehe die Unrichtigkeit der Auffassung des Rekurrenten hervor. Er beantrage deshalb die Verwerfung des Re kurses. Der Kreisausschuß trat einstimmig dem An träge bei. — Der Rekurs des Kaufmanns E. Frege in L.-Plagwitz gegen die Heranziehung der Fran Anna verw. Brabant in Döbeln zur Gememde- Wanderlagersteuer in Leipzig wurde für beachtlich erklärt. — Der Rekurs des Rohproduktenhändlers Bruno Reinhardt in Hainichen wegen Nicht ermäßigung der Hundesteuer wurde abgewiesen.— Das gleiche war der Fall mit dem Rekurse des Konsumvereins für Hartha und Umgegend, betreffend die Einschätzung zurgewerblichen Sonder steuer auf das Jahr 1910 in Waldheim. — Geneh migt wurde das Gesuch des Nervenarztes Dr. med. Rigler in Leipzig um Genehmigung zur Uebernahme der Leitung der von der Sächsischen Baugewerks- berufsaenoßenschaft Sektion il im Grundstücke Hauptstraße 21 in L.-Stötteritz errichteten Beobachtungsstation für Unfallnervenkranke. — Bedingungsweise Genehmigung fand das Gesuch da» Medizinalrats Professor Dr. Kolliker in Leipzig betreffend die Verlegung seiner chirurgischen und gynäkologischen Vrivatheilanltalt im Grundstücke Marienstraße 10 in den auf dem Grundstücke 9, zu errichtenden Dorderhausbau. — Das Gesuch der Stadt Groitzsch um Befreiung von der Vorschrift im 3 25 der Rev. Städteordnung für die Bestimmungen in 38 3 und 4 des städtischen Einquartierungs-Regulativs wurde genehmigt. — Die Beschlußfassung über das Gesuch der Hebamme Louise Kollmann in L.-Lin- denau um Genehmigung zur Errichtung und zum Betriebe einer Privatentbindungsanstalt in ihrer Wohnung Demmeringstr. 42 wurde ausgesetzt, dagegen genehmigt das Gesuch der Hebamme Paulin« verw. Leschke in Leipzig betreffend die Errichtung einer Privatentbindungsanstalt in dem Grundstück Kronprinzstrabe 54 in Leipzig. — Verworfen wurde der Rekurs des Bahnsteigschaffners Möbius in Wurzen wegen Nichtgewährung des Fünftelabzugs bei seiner Einschätzung zur städtischen Einkommen steuer in Wurzen, dagegen wurde ausgesetzt die Beschlußfassung über die Rekurse des Kauf manns Schaudert und des Ratskooisten Petz old in Wurzen, ebenfalls die Nichtgewährung des Fünftelabzugs betreffend, weil erst die Ent scheidung des Stadtrats über die von den Rekurrenten beantragte Nacheinschätzung für 1908 abgewartet y Glück sdk Eine Luftschiffernovelle von Paul Burg. „Bekannte getroffen?" fragte Bergenratb bei der Suppe. „Uebrigens, famoses Mädel! Wie heißt sie denn?" „Weiß ich faktisch nicht." „Nanu, Kamerad, Sie wollen wohl den Goldfisch für sich behalten?" „Wenn ich Ihnen sage, daß ich die Dame eben zu fällig kennen lernte. Sie gefällt Ihnen natürlich mal wieder sehr gut." „Na denn man tau. Wißen Sie, Sie haben doch ein Mordsglück, denn das ist was Extraes. Sieht man, wenn man's kennt. Da sitzt sie, da drüben, beinahe an der Ecke." Hans Joachim sah hin und grad blickte auch seine schöne Unbekannte zu ihm her. Er winkte ihr verstohlen fröhlich zu, sie errötete, erwiderte aber den Gruß mit lebhafter Freude. „Prosit, Kamerad! Die Liebe soll leben!" „Na, na, nu machen Sie gleich wer weiß was draus." Der Wein war gut. Als man die Suppe abtrug, fiel Hans Joachim Mehrstetten mit Schrecken ein, daß er nicht zu seinem Vergnügen mit dem Luftschiffe nach der Schmücke gefahren war, dort zu speisen, son dern daß er seinem Blatte sofort einen ausführlichen Bericht über Aufstieg, Fahrt und Landung telegra phieren müße, und «r erkundigte sich nach den posta lischen Verhältnissen. Er ließ das Festmahl Festmahl sein, suchte ein entlegenes Zimmer und schrieb dort in kurzen Sätzen möglichst viel bineinpreßend, so rasch es ging, einen stimmungsvollen Bericht, m'.t dem er den Hausburschen schleunigst zu Rade nach Schmiedefeld binunterjagte. Als er in den Saal zurückkam, wurde gerade der duftende, dampfende Braten aufgetraaen und zerlegr. Mehrstetten hatte also über seiner Pflicht nur den Fisch versäumt. Auf seinen Platz zuftrebend, mußte er an dem Ende der Tafel vorbei, wo seine schöne, junge Bekannte von zuvor saß. Sie sah ihn heiter an, und auch er lächelte ihr zu, mit raschem Blick ihre Nachbarn musternd; es waren lauter junge und ältere Damen. Bergenrath wollte ihn schon wieder necken, aber Hans Joachim hörte nicht hin und beschäftigte sich ausschließlich mit Braten und Wein. Mitten in dem verhaltenen Plaudern und Klappern sprang irgendwo an der Tafel eine kräftige Stimme auf und beschwichtigte mit ihrem Klang die andern. Einer hielt eine Rede. Irgendeiner, der wie ein Professor aussah und die Worte recht geschickt zu setzen und ohne Schwulst vorzubringen wußte. Er machte einige kluge Bemerkungen über die Luftschiff fahrt und schloß mit einem lauten „Glück ab!" auf die kühnen Männer im Kreise der Tafelnden. Man trank ihnen begeistert zu, und es war eine allgemeine Bewegung in der großen, bunt überallher zusammengelaufenen Gesellschaft, gegen die sich die fünf von ihrem Ehrenplätze aus dankend verneigten. Das Mahl zog sich in die Länge. Schließlich beim Eis meinte der Kapitän zum Geheimrat, man müße doch ein Wort der Erwiderung sagen. Das hörte der redewütige Dichter und hatte schon das Messer ergriffen, ans Glas zu klopfen, bereit, aufzusprrngen. „Halt, mein Lieber, so ist das nicht gemeint!" legte ihm der Geheimrat beschwichtigend die Hand auf den Arm. Er mochte die Rede des Dichters nicht, schon im voraus, zumal hier, denn sie schien ihm nicht würdig genug. „Na, denn nicht." Der Poet nahm sein Glas und trank dem Wirte zu, der, ob solcher Ehre ge schmeichelt, dem Kellner sofort einen Wink gab, diesem Herrn eine frische Flasche Champagner hinzu stellen. Beraenrath kah Hans Joachim Mehrstetten an seiner Zigarre schmauchend verstohlen nach dem be wußten Tafelende blicken, wo seine Schöne saß. Er wandte sich, an dem Dichter vorbei, zum Kapitän: „Herr Kapitän gestatten, aber ich meine, bei den vielen Damen hier am Tische würde es vielleicht dankbar ausgenommen, wenn wir zur Erwiderung so eine kleine Damenrede improvisierten." „Famose Idee, Kamerad. Ganz famose Idee das. Aber wer, wer wirft sich in die Bresche?" Der Geheimrat tat, al» höre er nicht zu. Solche Reden waren schon in jungen Jahren seine schwache Seite gewesen, und er gedachte mit Schrecken noch der bangen Stunden, die er als Fuchs bei Damenfesten an verschwiegenem Orte durchgemaikäfert hatte, um einen Damentoast, elegant und geistvoll, auszu klügeln. Bergenrath erklärte sich von vornherein für un- fähigund bat den Kapitän, er möge selbst .... „Wo denken Sie hin? Ich kann doch so etwa» nicht. Und dann . ." Er fürchtete nur, seine Vor gesetzten würden es ihm verübeln, dabei liegt das doch aber gar nicht im Geiste des deutschen Offiziers, der immer galant gegen Damen ist. Bergenrath gab aber diesem Gedanken nicht Aus druck, sondern schlug Mehrstetten als Damenredner vor. Der wehrte ganz energisch ab. „Ich? — Ja, wie so denn ich?" „Aber, meine Herren", beschwichtigte der Geheim rat, „man merkt ia beinahe, wie Sie allesamt Mai käfern." „Wenn einer Grund und Stoff zu reden hat und auch berufen ist dazu, dann ist es unser lieber Mehr stetten, meine Herren", setzte Bergenrath ernsthaft auseinander. „Er ist der einzige unter uns fünf, den hier Herzensbande feßeln, an eine sehr, sehr schöne, liebreizende, junge Dame feßeln, die mitten unter uns sitzt." „Das ist ausschlaggebend!" erklärte der Ge heimrat. „Natürlich, natürlich!" bestätigte lächelnd der Kapitän. ,,Na also", meinte der Dichter. „Doch wer? Wo?" Er sah sich rundum. „Ich darf also wohl annehmen, Sie reden ein paar Worte?" beschloß der Kapitän den Disput. Hans Joachim Mehrstetten ergab sich gutwillig drein, schenkte sich nochmals das Glas voll, trank langsam den perlenden Sekt und dachte nach, was er sagen solle. Wie von ungefähr sah er wieder zu seiner Schönen hin, und — ein merkwürdiges Zusam- mentrefien — ihre Blicke begegneten sich. Da schlug Hans Joachim Mehrstetten an sein Glas und erhob sich rasch. Der fröhliche Lärm im weiten Saale verhallte. Alle sahen auf den Zivilisten, etwas betroffen, daß nicht der Kapitän selber das Wort ergriff. Mehrstetten machte es kurz. Er sagte: . . Ins Ungewiße, meine verehrten Damen und Herren, fuhren wir beute früh hinaus, alle die Hoffnung im Herzen, glücklich zu landen nach schöner Fahrt. Nun, das hat uns ein gutes Geschick be- Ichieden. Ia, wir haben mit unserem .Luartier" sogar ein solches Glück gehabt, wie wir es uns alle nicht träumen ließen. Hier im schönen, grünen Thüringer Wald, auf der altbewährten „Schmücke" sind wir mitten in einen Kreis von Damen, von Jugend und Schönheit gekommen, der uns arme Luft schiffer, die wie geblendete Motten ums Sonnenlicht flogen und etwas blümerant auf die Erde fielen, ganz berückt hat, so bezaubert, meine hochverehrten Damen, daß Sie mir schon gütigst meine ungeschickten Worte verzeihen müßen. Wir sind so glücklich in Ihrem Kreise, wir danken Ihnen allen, den Damen und Herren, dem liebenswürdigen Wirte zumal, recht herzlich für diese fröhlichen Stunden. Mir fühlen uns hier wie zu Hause, und ehe es wieder auf die Fahrt geht, laßen Sie uns darum, meine Herren, dankbar unsere Gläser leeren auf der Damen viel schönen Kranz. Sie leben!" Mitten in das Eläserklirren und Rufen trat eine bestaubte Ordonnanz und stapfte, eine Depesche in der Hand, ohne Scheu auf den Kapitän zu. Der las und erhob sich sogleich. Die anstoßenden, plaudernden Gruppen im Saale bemerkten es kaum. „Meine geehrten Herrschaften! Seine Exzellenz der Herr Minister befiehlt mir, die Heimfahrt nicht wie ursprünglich um drei Uhr anzutreten. Er stellt uns die Stunde frei. Also fahren wir später und bleiben mit Ihrer gütigen Zustimmung noch ein Stündchen in Ihrer freundlichen Gesellschaft." „Bravo! bravo!" Mit Händeklatschen nahm man seine Worte auf. „Ich soll eine Nachtfahrt machen. Sie können e» getrost weitergeben", meinte der Kapitän zu Han» Joachim, „nur möchte ich nicht, daß es hier jemand vorzeitig erführe." Er gma hinaus, bezüglich« Befehle zu geben. Den Hausburschen, der just von Schmiedefeld zurück geradelt kam jagte Mehrstetten sogleich wieder mit einer neuen Depesche nach dem Postamt hinunter. (Fortsetzung folgt.) Tstzesckronik. Berlin, 6. August. (Tragödie auf der Landstraße.) Als der Gutsbesitzer v. Kap- Hengst auf dem Storkower Wege mit dem Insvektor Baumann fuhr, kam ein Gespann, dessen Pferde scheu geworden waren, führerlo» in rasendem Galopp hinter ihnen her. Beide erkannten die Gefahr für die vielen auf der Dorfstraße spielenden Kinder und sprangen vom Magen. Herr v. Kaphengst wurde überfahren und erlitt Verletzungen an Kopf und Beinen, der Inspektor schlug kopfüber
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