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und Tageblatt 's Brrautworütcher Redaktvw: Julius Braun in Freiberg. eußerste bei. Die DiSziplinarkommiision verhängte über den erhalten werden, wie sie bisher bestanden hat. Der Neujahr»« empfang bet Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin fand programmmäßig statt, sodann begaben sich die Hoh« Herrschaft« zur Gratulation zu Ihrer Majestät der Kaiserin Augusta. Bei der großen Defiliecour zeichnete Se. Majestät Bürgermeister Badooinac in Agram weg« Verletzung seiner Amtspflichten Dienstentlassung — Beim NeujahrSrmpsange der liberalen Partei erwiderte gestern der ungarische Mi nisterpräsident Tckza auf die Ansprache de» Abgeordneten Szapary, da» Bündntß der mitteleuropäischen Mächte bild« die hauptsächlichste Gewähr in der äußeren politischen Lage. Den Zweck» Eroberungen geschloffene» Allianzen gegenüber sei diese» Bündniß viel höher zu stellen, welche» nicht erobern, nicht zerstör«, sondern lediglich den Frieden sichern wolle. der Kaiser einzelne Personen durch kurze huldvolle Ansprach« au». Gutem Bernehmen nach sind aber irgend welche, auf dir Politik bezügliche Aeußerungr» dabet nicht vorgekommen. Der Kaiser und die Kaiserin macht« gifte« Nachmittag in rtnrm offen« Zwei- spänner eine Spazierfahrt, dabei wurden die Majestät« von dem namentlich lloter den Linden in großer Meng« prommtrm- deo Publikum mit lebhaft« Hoch- und Hurrahrufm begrüßt. — Der Kaiser hat bestimmt, daß eine Kommandtrung von Offizier« der Jägerbataillone b«ztehung»w«ise de» Garde-Schützmbatatllon» zur Infanterie in Zukunft nicht mehr stattfinden soll. Die gegenwärtig kommandirt« Offizier« stutz aber In diesem Kommando bi» zum Ablaus desselben zu be lassen. — Dir Kaiserin Friedrich hat zum Ba« rin«» großen Krankenhaus«» in San Remo (cnSL är sslutv) de» dortig« Stndaco di« Summ« von 20 000 Ltr« telegraphisch überwies«. Da» Hospital ist sür Kranke aller Nationen be stimmt und soll den Nam« .Federico" zum Andeuk« v« Kaiser Friedrich erhalt«. — Der Hamburger »BörsenHalle" zusolg« machte der Präsident der dortig« Handelskammer der Kaufmannschaft die Mittheilung, daß die neuen dortig« H asrnanlageu weg« der stark« Zunahme de» Berkehr» sofort erweitert werden müßten. Mit der Erbmom, vm» zwei wettrrrn Schuppen für 1« Schiffe sei bereit» begmm« worb« und von der Pack«tsahrt Aktirr.-Grsrllschast wäre der Ba« von 250 Meter bedeckt« Quai» beautragt, wofür der Reichsregierung der Dank de» Handel»staudr» gebühr«. — D«r ,Nat.-Ztg." zufolgr grh« die Bericht« an den Krieg»- Minister Bronsart von Schellendorf feiten» der Truppentheil« vahi», daß da» Bajourttfecht«« abgrfchafft w«rdm dürfte. DaS neue Exrrzter-Reglement für die Feldartillerte soll am 1. April 1889 in Benutzung genommen werd«. Am Abend de» 30. v. M. erkrankte Erzherzog Ludwig Viktor von Oesterreich an einer entzündlich« Affektio« der VerdauungLorgan« und wurde auf seinen au»g«sprocheum Wunsch mit dm Sterbesakramenten versehen. Seitdem sind aber die Krankheit»-Erscheinungen so befriedigend, daß jede Lebensgefahr sür ausgeschlossen gehalten wird. — Da» offi- ztöse Wiener »Fremdenblatt" thetlt mit, daß »ach in maßge benden Kreisen rtngezogrn« Erkundigungen weder von Bor schlägen bezüglich der theoretisch schon öfter erörterten Frage, betreffend dir Errichtung einer DonaukrtrgSflotttlle noch von einer Dankschrtst der Marinrsektton, noch wmiger von irgend welchen diplomatischen Schritt« In Bukarest etwa» bekannt fei. Von der Absicht einer dir»bezüzllch« Kredttforderuug für eine Donauflottlll« fei deshalb keine Rede. Zur Erör terung der Grundsätze, wonach da» Exerzierreglemmt für die Fußtruppen mit Rücksicht auf die Neubewaffaung zu revidirru wäre, finden im Lause de» Monat» Januar in Wim unter de« Vorsitze de» Erzherzog» Albrecht Au»schußbrrathung« statt, zu welchen auch einige KorpSkommaudanten Hinzug«« zogen werden soll«. — Am 3. Januar nimmt der böhmische Landtag seine Berathungrn für kurze Zelt wieder auf. Die Einladungen an die Abgeordneten — auch an die deutsch« Mitglieder de» Landtage» — find bereit» am 1. d. M. er gangen. — Der Parteitag österreichischer Sozialdemokrat« ist in Hainfeld zusammengetret«, 100 Delrgtrte war« an wesend, auch au» München waren Sozialdemokrat« da. Ein weitgehende» sozialdemokratische» Programm wurde geg« drei Stimm« angenommen. Rißmann» anarchistische Ausführungen gegen politische Bethätigung und allgemeine» Wahlrecht fanden Widerspruch. Der Bezirkshauptmann Graf Aurr»perg erschien in der Versammlung und nahm eine Revision der Einladungs karten vor. Der Bezirtthauptmann wollte sich hierauf ent fernen ; der Vorsitzende fagie Ihm aber, er könne al» Gast dem Paitettage anwohnen, an der Debatte thrilnehmen, jedoch nicht mitsttmmen. Daraufhin ließ sich Graf Auersperg eine Gast karte au»stellm und wohnte der Verhandlung bi» zum Schluff« Die Pariser Ersatzwahl. Der Januar-Monat wird anscheinend in Frankreich dem General Boulanger gehören, dessen Kandidatur für eine Pariser Ersatzwahl von entscheidender Bedeutung für seinen künftig« Einfluß sein wird. Gelingt es ihm am 27. Januar bei der Wahl in der französischen Hauptstadt durchzu dringen, dann sind ihm weitere Erfolge gesichert. Der moralische Eindruck eines solchen Sieges könnte ein so überwÄtigender sein, daß die jetzt noch zweifelhalten Massen dann seine Diktatur proklamiren würden. Der ehemalige Gesandte Challemel-Lacour hat ihn erst vor Kurzem „den niedrigsten der Abenteurer" genannt; thatsächlich besteht wenigstens seine Umgebung zumeist aus catilinarischen Existenzen. Wenn sich die Pariser dieser zweifelhaften Ge sellschaft zuwenden, so müßte man das als ein« All der Verzweiflung ansehen, aber die jetzt vielfach in Frankreich herrschende Stimmung ist wirklich eine fast verzweifelte. Die Franzosen fühl« sich in einer mißlichen Lage, die sie in ihrer Verblendung dem Verlust von Elsaß-Lothring« und der Herabminderung des politischen Einflußes ihres Staates zuschreiben, während Frankreich auch heute noch Herr Antoine nicht Franzose, da er für Deutschland optirt ;at, und wir haben wahrhaftig in der Kammer schon Aus- änder genug." Täglich werden von republikanischer Seite neue Persönlichkeiten in Vorschlag gebracht, z. B. Albert, das bekannte Arbeitermitglied der Nationalregierung von 1848, ferner der französische Botschafter in Petersburg, Laboulaye. Andererseits widerlegt der „Radikal" das auf« ;etretene Gerücht, daß der Ministerpräsident Floquet als Kandidat für die Deputirtenwahl am 27. Januar in Paris auftreten wolle. Der am Häufigsten genannte republikanische Kandidat Vaquerie kann höchstens als politische Größe intten Ranges gelten und der ebenfalls vorgeschlagene Pierre Baudin hat kein anderes Verdienst als der Neffe des bekannten auf der Barrikade gefallenen Republikaners zu sein. Dieser auffallende Kandioaten-Mangel in Paris Ährt nicht etwa daher, daß alle großen Geister Frankreichs bereits in den beiden parlamentarisch« Körperschaft« Sitz und Stimme haben. Es giebt auch im Senat und in der kammer sehr wenige bedeutende Männer. Als erste Größen gelten nur Ferry, Freycinet, Floquet und JuleS Simon, aber auch diese sind schon stark verbraucht. Rouvier, DsvsS, Challemel-Lacour, Waldeck, Raynal, Spuller, FlourenS u. s. w. werden nur als Größen zweiten Ranges angesehm und was dann noch folgt, ist in weiter« Kreisen ehr wenig bekannt. dieselbe durch bedenkliche kriegerische Abenteuer gleich wieder auf's Spiel zu setzen. Regelmäßig geschieht in Frankreich das Unerwartete; deshalb ist der Ausgang der wichtig« Ersatzwahl in Paris im Voraus gar nicht zu berechnen. Die Volksthümlichkeit Boulangers steht bekanntlich auf schwachen Füßen und hat nicht viel zu den Erfolg« beigelragen, deren er sich in neuerer Zeit nur deshalb rühmen durfte, weil die Monarchisten und Bonapartisten den Boulangismus als Sturmbock gegen die ihnen aufs Tiefste verhaßte Republik zu benutz« suchten. Wird dies Spiel fortgesetzt, dann könnte Boulanger aller dings am 27. d. M. daS ersehnte Mandat im Seine- Departement erlangen. Das Orleanistenblatt .Soleil" brachte dm ziffermäßigen Nachweis, daß die Entscheidung bei den 108000 monarchistischen Wählern liegt, die 1885 für die konservative Liste stimmten. „Enthalten sich diese Wähler der Abstimmung", schreibt das erwähnte Blatt, „so unterliegt Boulanger; stimmen sie für ihn, so wird er Ver treter von Paris." Die monarchistischen Kandidaturen des Herzogs von Chartres oder Hervö's gelt« nicht als ernstlich; es haben sich aber hervorragmde Mitglieder der Rechten neuerdings ganz entschieden gegen die Unterstützung Bou langers ausgesprochen, weil dieser nicht daran denkt, den von monarchistischer Seite dafür verlangten Preis zu zahlen, vielmehr ganz der Mann dazu ist, Diejenigen gehörig zu foppen, welche ihm aus blinder Wuth gegen die republikanische Staatsform zu Erfolgen verhelfen. Bei dem Mißtrauen vieler Monarchisten gegen Boulanger kann dieser aus kein geschlossenes Vorgehen der monarchistischen Wähler zu seinen Gunsten rechnen und ist er deshalb von einzelnen Freunden ernstlich gewarnt worden, sich einem Mißerfolg auszusetzen, der ihn auch um alles Ansehen in den ihm ergebenen Departements bringen würde. Die Zuversicht, welche die Boulangisten vor der Pariser Ersatzwahl zur Schau tragen, ist sicher nur eine erheuchelte, denn die Pariser Kandidatur ist von Boulanger überhaupt nur unternommen worden, weil er sich früher wiederholt unterfangen hatte, in der Hauptstadt Frankreichs die Probe auf feine Volksthümlichkeit zu machen. Günstig für den kecken Abenteurer ist der Umstand, daß die republikanischen Gegner nicht im Stande sind, ihm einen Mann mit volltönendem Namen nnd unbestrittenem Ansehen entgegenzustellen. Alle Bemühungen in dieser Richtung sind vergeblich gewesen. Die Kandidatur des eine angesehene Rolle in Europa spielen könnte, wenn nicht die grenzenlose Zerfahrenheit, eine widerwärtige Skandal sucht und die Verrohung der polifischen Sittm zur Miß achtung Veranlassung geben würd« Die ungesunden inneren Zustände in Frankreich sind es, welche es einem so zweifel haft« Charafter wie Boulanger möglich machen, sich als Retter der Gesellschaft aufzufpielen. Die Aussicht, in Bou langer ein« vorzüglichen Führer im Rachekriea gegen Deutschland zu finden, ist so wenig begründet, daß sie zu seinem etwaigen Wahl-Erfolge das Geringste beitragen dürfte. In den militärischen Kreis« Deutschlands herrscht übrigens die Meinung, daß Boulanger weder als Diktator noch als Präsident sich auf ein fo gefährliches Wagstück einlassen würde, mit dem stark gerüsteten deutschen Reiche anzubindm. Schon daS ganze jetzige Gebühren seiner jetzigen Genossen bürgt dafür, daß die zur Gewalt gelangten Boulangisten die mühsam errungene Macht auf's A< " " ausbeuten und genießen und nicht daran denken würden, I Metzer Thierarztes Antoine wird von Henri Rochefort im j der großen Hoftour« wird auch für dl« Zukunft aufrecht „Jntransigeant" mit folgenden erbarmungslosen Worten n. abgethan: „Was soll man von jenen Burschen halt«, die einerseits immerfort wimmern: „Boulanger ist der Krieg," und andererseits die Kandidatur Antoine aufstellen, die allenfalls einen oasus bsIU bilden könnte? Diese Narren brauchen daS „leichte Herz" nicht zu beneiden, das sie Emile Olivier so lange vorgeworfen haben. UeberdieS ist Das Unvermögen, große Männer oder doch mindestens üchtige Politiker zu erzeugen, ist ein eigenthümlicher Zug )es sich immer mehr verflachenden Freistaats und recht« fertigt die Weissagung, daß die dritte französische Republik an Blutlosigkeit zu Grunde gehen werde. Seit Thiers und Gambetta hat es noch nicht ein einziger französischer Staatsmann verstand«, ein wirklicher Lenker des Volkes zu werden, selbst JuleS Ferry nicht, der sich lange in leiten der Stellung befand, aber eigentlich niemals mehr war als das Oberhaupt einer Partei. Der Mangel an bedeutenden Menschen ist in der Opportunisten-Partei nicht etwa größer wie in anderen Fraktionen; er ist in Frankreich ganz all gemein und vielleicht am Schlimmsten bei den Boulangisten, unter denen vielleicht Rochefort fähig wäre eine politische Rolle zu spielen, wenn er die Lust an wüsten Schimpfreden bezwingen könnte, die ihn bei halbwea anständigen Menschen in Mißkredit bringen müssen. Das Ansehn, welches Boulanger trotz aller seiner Mängel in einem Theil der französischen Bevölkerung genießt, ist nicht sein Verdienst; in der kleinen Umgebung muß selbst ein mittelmäßiger Mensch bedeutend erschein«. Dieser Umstand könnte ihm immerhin am 27. Januar zu einem Erfolg von großer Tragweite verhelfen. TageSschan. Freiberg, d« 2. Januar Da» deutsche Kaiserpaar bcgab sich Monta, Nachmittag von Berlin nach Potsdam und von da noch Charlottenburg, um In der FriedenSkirche und im Mausoleum an dm Särgm Kaiser Wilhelms I. und Kaiser Friedrich» im stillen Gedenken zu verweilen. Der Großherzog und die Großherzogin von Baden waren rbensall» nach Pot»dam gefahren, um längere Zett in der FriedenSkirche am Sarge Kaiser Friedrich» zu verweilen. — Am gestrigen NrujahrStage wurde früh von der Kuppel der Berliner Schloßkopelle von einem Trompeterchor der Kavallerie ein Choral geblasen. Um 10 Uhr fand In der Garnison- und in der St. Michaettkirche Gottesdienst statt, an welchem sich die Truppen der Berliner Garnison durch Abordnungen betheiligten- Um 12 Uhr war für dir Generale und OssizterkorpS ParoleauSgabe. Zur Feier de» Neujahrs feste» fand in der Kapell« de» Königlichen Schlosse» in Gegen wart Ihrer Majestäten de» Kaiser» und der Kaiserin ein feierlicher Gottesdienst statt. An diesen schloß sich im Weißen Saale eine Difilircour vor Ihren Majestäten an, bei welcher die Domen in Hut und hohem Kleide erschienen; dieses ist jcsock nur ol« ein Ersetz sür die sonst am Hose üblich ge wesene große Cour zu betrachten, von deren Abhaltung unter den obwaltenden Umständen In diesem Jahre abgesehen wird, wat ober nicht In d«m Sinne gedeutet werden möchte, al» ob die großen Couren, bei denen die Damen in Schleppen er scheinen, überhaupt in Wegfall kämen. Die alte Gepflogenheit !! Erscheint jeden Wochentag Nachmitt.r/^UHr für dm 41. Irrgang. t Inserat« verdenkt» Vormittag 11 Uhr angenom. « «. s ZLL WLZSLäLM Donnerstag, den S. Januar. IM»