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WtV6s83l^ cjks vs68ÜN6s LllsI8l8toIIks1 u. öäumkuelien Uon»»e«- F U»nU «01-»! F Neu« » 0u»< «suul» 0srnsn-lsn«/»sn /^ussrlsssns ILIocisIIs «- ^kicklslsltigs Hus>vakl ^sitgsmäLs niscirigs ^i-sissl L«ie,«fs,vn ßrstresrttßee/ /XclOlf l^älSN. i^i-Lgsk- Stn. 26 Brünings „Sieg" über bas Parlament Der Kampf um -ie Seele -es Balkans MM vor der autztiwolWckkii RMstttigims Sttruwuogvdtlü »n»«r«r vorllo« Sodrlktlvitung Berlin, st. Dez. Am Dienstagabend haben sich im Reichs- tag Vorgänge ereignet, die mit zu den beschämendsten ge- hören, was sich in diesem an ähnlichen Vorgängen gewiß nicht arme» Gremium abspielcn konnte. Aus Furcht, die außen politische Debatte könnte Anlaß zu einer Acnderung in der Führung unserer außenpolitischen Geschäfte geben, hat sich eine Neichstagomchrheit zusammcngcfunden, die bereit war. mit anben- und grenzpolttischen Argumenten etwas zu decken, unü zu begründen, was man im Bolle rauh und nüchtern als Schiebung bezeichnet. Dr. Curttus bleibt also zu- nächst Außenminister, da wohl auch d'e Mißtraucnsanträge gegen ihn nunmehr keine Mehrheit finden dürsten. Deutschland wird im Januar in Gens von einem Manne vertreten werden, dessen wankende Position daS gesamt« Ausland kennt und von dem man genau weiß, daß sei« Sturz nur um einige Wochen vertagt worden ist. Welche Rückwirkungen eine solche außenpolitische Personal, sol tik auf unsere Gegner in der Welt haben wird, ist jcder- mnn klar. Dr. Eurtius kann und wird in Genf nichts ermchcn. Die Redner dersenigen Parteien, die sich heute hinter den !>!e!chskanzler stellten, hatten bereits vorher ein Etnver- ständnis darüber erzielt, daß eine anßenvolttische Debatte unter allen Umständen abzuwürgen sei. Man hätte cs ver stehen, wenn auch weht billigen können, wenn diese Parteien dünn wenigstens offen ausgesprochen hätten: „Wir wollen daS Nc'chskabinctt in seiner jetzigen Zusammensetzung erhalten, unö befürchten, daß dies nach einer außenpolitischen Debatte nicht mehr möglich sei. Deshalb lehnen wir eine solche Ans- spräche ab." Was geschah statt dessen? Das nackte Partei- Interesse und die Lcbenöangst des Kabinetts versteckten sich h'nter einem wahren Redewall, der ausschließlich mit außen politischen Argumenten bestritten wurde. Man verstieg sich sogar io weit, eine fiktive Willenskundgebung der deutschen Minderheit ins Feld zu führen, weil man sehr wohl wußte des Nachweises der Richtigkeit dieser Be hauptung enthoben zu sein weil aus nahel'caenden Gründen Namen nicht genannt werden konnten. Daß sich ein Mann wie der Katho'Ikcnsührcr aus Schlesien. Pfarrer Ulitzka, zu einem solchen Sniel vergab, wird wohl der Zcntrnms- sraktign einige Mandate kosten. Der zweite Ku'issenspieler war der ReichStaaöpräsident selbst, der einem kom- mun'lt schen Redner Mitteilungen über die deutsche Av- webrorganisation in Oberschlesien durchgeben ließ, d'e von der Rechten mit dem Zurufe „Landesverrat!" gebrand- markt wurden. Das Ncichstagsplcnum löste sich von diesem Augenblick an in ein Ehaos lärmender, wild gestikulierender und schreiender Menschen aus. Behäbig sah Herr Löbe diesen Vorgängen zu. Je mehr er seine Präsidentcnpslichtcn vernachlässigte — so war wohl seine Rechnung —, um so unerfreulicher wurde bas Bild dieser Geschäftsordiluna-^debatte, und um so geringer wurden die Aussichten, eine Mehrheit für die außenpolitische Debatte herbeizusühren. DaS merkten diejenigen Parteien, denen bei der Verhinderung einer solchen Anssprache schon in Berücksichtigung ißrer Wähler nicht wohl war, sehr bald, und so trat denn ein Redner nach dem andern aus mit dem Hin weis. das Vorspiel dieser außenpolitischen Debatte sei Be weis dafür, wie nuersrcnlich eine im großen Stile auf- gezogene Aussprache enden müsse. So spielten sich Zentrum und Sozialdemokraten, leider aber auch die Deutsche und die Bayrische Bolkspartet gegenseitig in die Hände, und das Endergebnis war die Abdrosselung der außen» politischen Debatte, die Rettung des Neichsanßcnmtnlstcrs Dr. CurtiuS und die Ablehnung iveitcrcr Punkte, die für die Tagesordnungen der nächsten Tage wichtig, ja ausschlaggebend gewesen wären. Bekanntlich hatten die Deutsch nationalen einen Antrag ctngebracht, der die Entfernung der roten Herrschaft in Preußen ans dem Wege über die Sperrung der Polizeikostenzuschllsie zum Ziele hatte. Man hätte nun annchmen dürfen, daß die jenigen Parteien, die im Preußischen Landtag gegen das System des Ministerpräsidenten Braun und die sozialistische Verquickung mit dem Zentrum Sturm laufen, die Gelegenheit als willkommen erachtet hätten, die anders gelagerten MehrheitSverhültnisse im Reich kür ihren .Kampf in Preußen auszunntzen. Was taten die Parteien dagegen, die im Preußischen Landtag zu der opponierenden Deutsche» Fraktion gehören? Die Deutsche Volkspartet, die Chrtstlichnationalen und andere Kräfte, die dieses Vorgehen wahrscheinlich sehr bald vor ihren Wählern zu vertreten haben werden, brachten auch diesen Antrag zu Fall. Den Triumph aber hat das Zentrum und Herr Braun, derselbe Herr Braun, der zusammen mit Severing jetzt tagtäglich Tausende von Schutzpolizisten zum Schutze eines schmählichen Ftlmwcrks aus Kosten -er Steuerzahler in Be wegung setzt. Wenn jemals der richtige Zeitpunkt war. um dem Mißbrauch mit Poltzcikrästcn, ivie er um den Fttm „I m Westen nichts Neues" seit einigen Tagen in Berlin getrieben wird, Einhalt zu gebieten, dann war es dieser An trag, der dem roten Preußen die Polizeigeldcr entziehen sollte. Lebt man in den Fraktionsstnben des Reichstags wie in einem luftleeren Raum, in dem keine Stimme und kein Wort von außen mehr eindringt? Sicht man denn nicht, daß das Land rings umher brennt, daß die Massen in Bewegung geraten sind, daß die Gruppen des Widerstandes marschieren, die im Begriff sind, eines Tages vielleicht mit rauheren -Händen in die politische Entwicklung einzngreisen, als cs bisher geschehen ist? Fühlt man denn gar nicht, aus welcher Ecke der Wind pfeist, der heute aus Sturm steht und morgen ein Orkan sein wird? Der Reichstag wird in den nächsten Tagen, spätestens Ende der Woche, nach -Hanse gehen. Die Träger der politischen Gedankenwelt, die heute niedergesttmmt wurden, werden nicht müßig sein. Daß der Wind in ihrem Segel liegt, wissen offenbar nur die Sachwalter der heutigen Negierungsgcschäfte nicht. Die Fraktionsleitnng des Ehristlichsozialen Volksdienstes begründet Ihre heutige ablehnende Stellungnahme gegenüber den Anträgen ans eine außenpolitische Debatte mit einer Er klärung. in der es heißt, daß in diesem Augenblick eine aus wärtige Debatte bei der heutigen politischen Spannung mehr nationalen Schaden als Nutzen brächte. In Sachen des Miß trauensvotums gegen den NctchSaußcnmintster Dr. Cur- tius. mit dessen Außenpolitik die Fraktion nicht einig gehen könne, sei ein Beschluß noch nicht gefaßt. Die deutsch nationale Fraktion hat im Reichs- tag drei Mißtrauen San träge gegen die Rc>chSminister Dr. Eurtius, Dr. Wirth und Trevlranus ein- gebracht. Seniitor Aorad geeen die llrle«Mu!d «im Washington, ll. Dez. Ganz unerwarteterweise kam cS heute im Senat zu einer Debatte über die deutschen Reparationen und die Kriegsschuldsrage. Der deutschfeindliche Senator Need sPennsylvaniaj erklärte, Deutschland habe sich seiner enormen Kriegs- und Vorkricgs- schulden durch Inflation entledigt. Sympathie für Deutsch, land sei nicht angebracht, wenn man bedenke, daß es einen verhältnismäßig geringen Betrag als Strafe dafür zahlen müsse, daß es der Zivilisation diesen Krieg aufgebürbet und so viel Unglück über die Welt gebracht habe. — Senator Borah erklärte in seiner Erwiderung, er könne der Be hauptung ReedS nicht bestimmen, baß Deutschland nicht erzcssive Zahlungen zu leisten habe. Denn Deutschland sei bei Kriegsende fast aller seiner Mittel beraubt worben, um diese Reparationszahlungen zu erfüllen. Bor allem aber wolle er der Behauptung nicht zustimmen, Dentschlnnd die alleiutg« Schuld «» Kriege trüge. Kraul» reich, England und andere Natsonen müßten in gleicher Weise für den Krieg verantwortlich erachtet werde«. Kabine» der Mrstnlichleilen in Mankreich? Paris, st. Dez. Laval hat Dienstag mittag dem Staats präsidenten mitgeteilt, daß er den Austrag zur Kabinetts bildung endgültig annehme. In parlamentarischen Kreisen meint man, daß das Kabinett theoretisch bereits ge bildet ist und daß die praktische Durchführung der Aufgabe vielleicht noch im Laufe des Dienstags, spätestens aber am Mittwoch beendet sein wird. Alle Voraussetzungen sprechen dafür, daß Laval ein Kabinett der Persönlichkeiten -usammen- stellt, da die r a b i k a l s o z t a l t st t s ch e Kammergruppe ihre ablehnende Haltung gegenüber der Gruppe Martn erneuert. Sie weigert sich auch, an einer Regierung tetlzunehmen, «n der Tarbteu vertreten ist. Laval wird sich nun entscheiden müssen, ob er ein Kabinett der Persönlichkeiten bilden wird. Von Dr. Franz Thierseldcr, Deutsche Akademie, München. Seit einigen Tagen ist die Hülle von dem gewaltige» Standbilde gefallen, das von der Höhe der einstigen türkischen Feste Kalimegdan weit in serbisches Land weist und ei» ewiges Sinnbild des Dankes sein will, den der Staat Süd- slawien dem französischen Volke nach der Meinung der Pariser Regierung schuldet. Die Fraucngcstalt, die sich mit hinreißendem Schwünge einem unsichtbaren Liebhaber ent- gegenwirst, ist eine Meistcrleistung des Serben Mcstrovic und verkörpert glücklich den leidenschaftlichen Lebenswillen des jungen Staates. Aber wie auch das wildeste Tempera ment den Gesetzen seines Ursprungs nicht entrinnen kann, lo hastet des Weibes Fuß an einem Sockel, der links serbische Bajonette und rechts französische Fibeln aus wirk samen Plaketten trägt. DaS Denkmal aus dem Kalimegdan In Belgrad ist da durch zugleich zum lehrreichsten Symbol französischer Kulturarbeit im Auslande geworden. Die grobe Zeit, In der französisches Kulturgut aus goldenem Ueberfluß in die Welt strömte und von Freund und Feind gleich hungrig begehrt wurde, ist vorüber. Längst wird es in gemessenen Dosen verabreicht und eifrig wacht man darüber, daß Mittel und Wirkung im rechten Verhältnisse zueinander bleiben. Denn Mittel, nicht Selbstzweck, ist die Ausbreitung französi scher Bildung und GeistcShaltung geworden: was der Lehrer sät, möchte der Diplomat, womöglich aber der Soldat ernten. Art der Franzosen ist es, zu beeinflussen, Eindruck zu machen: die fremde Seele ist ihnen eine Schallplatte, die man bespricht, um sie dann die Melodie wiederholen zu lassen, die dem Ohre so angenehm klingt. Vielleicht möchte das der Deutsche auch: aber unter den Händen verwandelt sich ihm — gottlob — solches Vergehen wider den Geist zur Arbeit um ihrer selbst willen, zur Freude an der Entsaltunq schlum- mcrnder Kräfte, auch wenn sic sich möglicherweise gegen den Meister wenden sollten. Wer sich diese Unterschiede vergegen wärtigt. wird vieles auf dem Balkan verstehen lernen, was sonst unbegreiflich bleibt. Denn hierin Südosteuropa ist der große Kampfplatz, auf dem eines Tages entschieden werden wird, ob Deutschland oder Frankreich beim Ausbau der ungarischen, süd- slawischen, bulgarischen, rumänischen und griechischen Nationalkultur den entscheiden den Beitrag leistet. Noch schwankt die Waage hin und her, in Bulgarien vielleicht zu unseren, in Serbien zu Frank reichs Gunsten. Die griechische Kultur ist stark westlich ge färbt. um !o entschiedener ist die ungarische nach Mitteleuropa gerichtet. In Rumänien kann man zweifelhaft lein, welche Züge das neue, um kulturstarke deutsche Minderheiten ver mehrte Königreich tragen wird. Deutschland wird sich jedenfalls jn diesen Jahren zu ent scheiden haben, ob die großen Möglichkeiten, die sich ihm tu Südostcuropa für eine geistige Mitarbeit eröffnet haben, un genützt bleiben dürfen. Die Tatsache, daß Oesterreich noch vom Reiche getrennt Ist. darf nicht darüber hinwegtäuschcn, daß Deutschland schon heute das geistige Erbe der Doppel» Monarchie anzutreten und dafür zu sorgen hat. daß die Saat von Jahrhunderten nicht gedankenlos zertreten wird. Der Bildungshunger der Balkanvölker hat fast etwas Beängstigendes: doch kann es nicht unsere Sache sein, zu fragen, wo diese Entwicklung einmal enden wird. Wir haben lediglich dafür zu sorgen, daß das deutsche Bildungsgut dargeboten wird, dessen Südost curopa heute bedarf. Wenn wir in ihm all das cinbcgreifen, was nur unter Aufwendung von Fleiß, Ausdauer, syste matischer Arbeit und wissenschaftlicher Methodik erlangt werden kann, so dürfen wir mit gutem Gewissen behaupten, daß Deutschland und nur Deutschland das geistige Funda. ment zu einer selbständigen Entwicklung der Balkanvölker legen kann. Diese Uebcrzeugung darf heute bei allen un voreingenommen urteilenden und mit den europäischen Ver hältnissen vertrauten Menschen jener Staaten als feststehend gelten — auch dort, wo politische Berechnung, persönliche Neigung und zufällige Erziehung keinen Raum kür deutsch freundliche Regungen gewähren. Die französische Kultur hat in gewissem Sinne ihre endgültige Prägung erfahren, und zwar zu einer Zelt, in der noch kaum die Anfänge unserer technisch-naturwissenschaftlichen Entwicklung sichtbar wurden. Nur den Menschen mit alter, gepflegter Ueberlieserung füllt sie auch heute noch mit einem merkwürdig aufreizenden Leben — der Unentwickelte dagegen wirb sich zumeist mit der äußeren Hülle zufrieden geben, die seine innere» UnzulLnglichketten