Volltext Seite (XML)
Nr. »70 Dienstag ven cLO. November »»»«»?. O. Jahrgang. achslslheNolks;eitunK I UllMWgks TagkdlaN Ar Wavrdtist Recht o.Frklheit z! LWWZMGWDM 6OMbZ5tU5 /^oric^-V/asrer :: laiir,- ^reme :: ^aßm-l'olver frei von 5alol, 5aliev> uncj äergl. Lcßöäließen ^ntireptilcs König lofiannLir. porreüao /^ajvlißa lei-i-aootta ^i->5iZl> u. Metall I Oliviek Iliee dkiocolscje llünigl Oolliekecsnt Bonbons llcsgec 5tr, 5. Fisßuits ^Sprengpulver für das Zentrum!" Ein Freund unseres Blattes aus Sachsen sendet uns folgende Zuschrift: „Sprengpulver für das Zentrum" überschrcibt sich der Leitartikel in Nr. 208 der „Sächsischen Volkszeitg.", welcher zunächst eine Zuschrift aus Köln wiedergibt, worin gewiß beherzigenstverte Winke enthalten sind. Als gänzlich ungerechtfertigt und nicht sehr vornehm müssen wir es aber bezeichnen, wenn man den Oberpräsidenten der Rhein- Provinz, der „nie ein Zentrumsmann rvar" und den „die vom Zentrum . . . ins Leben gerufene Paritätsbetvegung emporgetragen" hat. des politischen Undankes zeiht, weil er gegen das Zentrum auftritt. Zunächst wäre nachzu weisen, daß Freiherr von Schorlemer sich um die Unter stützung des Zentrums beworben hat. Sollte er nicht ein- sach deshalb auf seinen Posten berufen worden sein, weil er besondere administrative Talente und hervorragende Tüch tigkeit und Kenntnisse besitzt? Ferner ist streng zu unter scheiden zwischen Katholik und Anhänger der — nach ihrer eigenen Aussage — politischen Zentrumspartei. Wir wollen gern zugeben, daß uns die „national-katholische" Aktion in Westdeutschland auch nicht gefallen hat, wenn wir auch dem politisckxm Programm ihrer Urheber zugcstimmt lxrben, aus dem einfachen Grunde, weil ein Fiasko voraus zusehen war und ohne jeden greifbaren Erfolg die Herren sich zwischen zlvci Stühle gesetzt haben. Mit anderen Wor ten: wir sind der Meinung, daß Katholiken, denen es nm die Wahrung der Rechte ihrer Kirche zu tun ist. in Gegen den, wo es eine geschlossene Zentrumspartei gibt, politisch unklug handeln, wenn sie diese einzige Partei, von der sie wirksamen Schuh ihrer religiöse» Interessen sicher er warten können, nicht unterstützen. „Anders in konfessionell gemischten und namentlich solchen Gegenden, wo, wie in unserer engeren Heimat, die Katholiken in der entschiedenen Minderzahl sind und auf das Wohlwollen der andersgläubigen Mitbürger mehr oder weniger angewiesen sind. Diesen Unterschied scheint der Zusatz zur Kölner Zuschrift in erwähntem Leitartikel zu übersehen. Bei uns in Sachsen gebot die politische Klug heit in den meisten Fällen für den Kandidaten einzutreten, welcher unsere heiligsten Gefühle, das Recht und die be stehende Staatsordnung am meisten zu schützen versprach und allen Kandidaten der 'Ordnungsparteien, sofern sie nicht durch Gehässigkeit die Hilfe der Katholiken zurückwiesen, gegen die alles negierende Umsturzpartei zum Siege zu ver helfen. Wenn übrigens letzten Winter auch bei sonst wohl wollenden und gemäßigten Persönlichkeiten sich eine scharfe Gegnerschaft gegen das Zentrum herausgebildet batte, so trug dazu nicht unerheblich der Umstand bei, daß gewisse Abgeordnete dieser Partei es als Lebenszweck zu betrachten scheinen, alle noch so kleinen Kolonialskandale anfzudecken und sich all derer anzunehmen. welche irgendwie mit der Kaiserlichen KolonialverN'altuiig in Uneinigkeit gekommen waren. Auch wahre Freunde des Zentrums tvaren über ein derartiges Gebaren empört, und nicht die schlechtesten und unbedeutendsten Katholiken waren aus diesem Grunde mit der lebten Zäblkandidatur des Zentrums in Sachsen äußerst unzufrieden. Um nicht noch mehr Perwirrung in die Ge müter zu bringen, haben wir tvährend der Wahlzeit ge schwiegen, da aber jetzt die Sache abermals in der „Sächs. Volksztg." aufgenxirmt worden ist. glauben wir doch diese Meinung auch einmal deutlich ausspreck>cn zu sollen. „Mit der „Sächs. Polksztg." stimmen wir vollkommen darin überein, „eine erschöpfende politische Aufklärung tut not". Deren erster Satz muß aber lauten: „Wenn sich die sächsischen Zentrumssreunde glauben den LuruS einer Sonderkandidatur leisten zu dürfen und zu müssen, so mögen sie einen Mann aufstellen, der sich durch Vertretung ihrer religiösen Interessen einen Namen gemacht hat, nicht aber durch stete Bekämpfung solcher Forderungen, welche auch von sehr vielen guten Katholiken als im Interesse unserer nationalen Größe liegend anerkannt wurden." Wir liaben diesem Artikel umso lieber Aufnahme ge währt, als darin Gedanken erörtert werden, die zur Klärung in manchen Kreisen führen können. Wir glaube» nicht, daß unser Leitartikler in Nr. 208 den Oberpräsideuten schlecht hin des „Undankes" zeihen, noch auch seine persönlichen Eigenschaften herabsetzen wollte. Das eine steht fest: Indem das Zentrum auf eine paritätijcix' Besetzung hoher Staats ämter hinarbeitete, ja eine solche Betvegung direkt ins Leben rief, „trug" sie durch diese tüchtige Beamte katho lischer Konfession, wie Freiherrn von Schorlemer-Alst, auf solcl>e Posten „empor". Bisher hatte man auch dem tüch tigsten katholischen Beamten den Platz an der Sonne nicht vergönnt. Ter Oberpräsident ist also dem Zentrum nur indirekt zum Dank verpflichtet, er kann daher auch nicht der Politischen Undankbarkeit gezielten werden, er ist ja nie Zentrumsmann getvesen. Das politische Programm der Nationalkatholiken findet in der Zuschrift eine bedingte Billigung. Im wesentlichen ist dieses Programm mit dem Zentrumsprogramm identisch. In jeder Partei gibt es Leute, welche diese oder jene Taktik in einzelnen Fragen anders befolgt sehen möchte. So im Zentrum: es handelt sich fast nur um taktische Fragen. Ist es deshalb angebracht, ein „Sprengpulver für das Zen trum" abzugeben? Ter Einsender sagt mit Recht, daß ein solches Vorgehen politisch unklug sei. und stimmt uns darin zu. Es ist eine markante Erscheinung seit Jahrzehnten, daß solche divergierende Ansichten immer dann Geltung sich ver- sckxisfcn wollen, wenn es sich um die Unterstützung der Re gierung zur Schwächung des Zentrums handelt. Sobald das Zentrum gegen die Negierung nicht in die Opposition zu treten genötigt trxir, gab eS keine Spaltung unter den Katholiken. In obiger Zuschrift wird es mit Recht getadelt, daß dies in Wahlkreisen geiclxih, wo es eine geschlossene Zen- trumst'artei gibt. Die Zuschrift befaßt sich dann speziell mit der Taktik, die bei den letzten Reicktstagsnxihlen in Sachsen eingeschlagen wurde. Wir stimmen ihr voll und ganz darin zu. daß die „politische Klugheit" gebot, in den meisten Fällen für den Kandidaten einzutreten, welcher „liniere heiligsten Gefühle, das Recht und die bestehende Staatsordnung am meiste» zu schützen versprach, und allen Kandidaten der Ordnungsparteien, sofern sie nicht durch Gehässigkeit die Hilfe der Katholiken zurückgewiesen haben, znm Siege zu verhelfen". Dieser Grundsatz wurde auch bei den Stichwahlen befolgt. Die Zählkandidatur Erzbergers findet nicht die Billigung der Zuschrift. Die Vertrauens männer der drei Wahlkreise Dresdenstadt und -Land stellten an, 17. Dezember in einer sehr gut besuchten Der- sammlung die Zählkandidatur Erzbergers aus; diesen, Beschlüsse fügten sich sämtlicl>e Wahlkreise, die überhaupt zur Zählkandidatur schritten. Die Zentrumsivahlvereine und einzelne OrtStvahlvereine dürsten tnohl hauptsächlich deshalb an der Kandidatur dieses Abgeordneten festgehalten haben, weil er in Dresden und in der Lausitz in großen Volksvereiusversammlungen mit großen, Erfolge gesprochen hat talso persönlich bekannt uxn) und weil außerdem sein Name durch die rührige Arbeit in den Kommissionen und im Plenum des Reichstages der bekannteste^gurxirdeii war. Wir wollen die Frage nicht wieder erörtern, ob die Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten notwendig tvar, um manchen ! schweren Uebelstand in den Kolonien beseitigen zu helfen. Aus seine Tätigkeit sind wir in unserer Zeitung des öfteren durch die Tatsackten und daran geknüpfte Kommentare zu- rückgekomnien. Schließlich gibt der mißliebige Name eines Zählkandidateu noch keinen berechtigten Grund ab, die Zen trumsparole nicht zu befolgen, da ja bei Aufstellung eines Zentrumsmannes in Sachsen an keinen Erfolg zu denken tvar. Es nxir die Absicht gewesen, einen Kandidaten aus Sachsen selbst zu gewinnen. Aber einerseits die .Kürze der Zeit, andererseits die oppositionelle Stellung zur Negierung ließen die Ausführung deS Planes diesmal untunlich er- scheinen. Der Wunsch des Einsenders ist also bereits er wogen worden. Im übrigen sind wir fest überzeugt, daß der Zentrumsnxihlverein nie einen Mann als Kandidaten auf stellen würde, der Forderungen bekämpft, die „im Interesse unserer nationalen Größe liegend anerkannt werden", aber auch keinen solckx'n. der nicht an der Zcntrumspolitik fest hält. Es mag diese in .Kreisen der Zentrumswähler nickt überall Billigung gesunden haben. Nachdem aber so hervor- ragende und patriotisch gesinnte Zentrumsmänner, wie Freiherr v. Hertling, Dr. Spahn, Dr. Trimborn, Graf Hompesch, Müller-Fulda, Graf Oppersdorfs, Tr. Pieper. Graf Praschma, von Savigny, Dr. Sclxidler usw. dein Vor- gehen z. B. in der Bekämpfung nicht notwendiger Kolonial- sorderungen zugestimmt haben, so sind wir überzeugt, daß darunter das „Interesse unserer nationalen Größe" nickt im geringsten gelitten bat. Und zu diesen Männern gehört auch Erzberger. Zur Neickstagsauslösuug und zur Stellung nahme des Reichskanzlers gegen das Zentrum führten ganz andere Gründe, wie die gesamte Zentrumspressc wiederholt darlegte. Und in harmonischem Einklang mit dieser ist bei M'nrteilung der allgemeinen Sacklage die „Sächsische Volks- zeitung" stets gestanden und steht sie auch heute noch. Wie die Zentrumspresse mit dem Tadel gegen die so genannten ..Nationalkatholiken" nickt zurückhält, die fick gegenwärtig als „Sprengpulver gegen das Zentrum" ge brauchen lassen, so würde sie auch keinen Augenblick zögern, das Verhalten der Partei oder Einzelner zu monieren, falls darunter das „Interesse unserer nationalen Größe" leiden niirde. Vorderhand aber kann sie nichts eindringlickx'r be tonen, als da§ Testament des großen Windtborst an die Ka tlioliken, das da lautete: „Seid einig, einig, einig!" Deutscher» Nei^smq. lc Berlin». KN TNqune vom 28. November wo? 3 Interpellationen sind einpelaufe». damnier 2 sozialdemo kratische und eine des Grasen Kanitz über die hohe» .Kohlenprei'e. Zum 80 Todestage Eichendorffs. (28 Novewkil-r 18K7.) Kaum ein zweiter von Deutschlands Lhrikern lebt in, Dolksmunde unvergänglicher, denn Eichendorff. Tausend Lieder könnten wir hierher setzen, doch wir nennen nur das eine: O Täler weit, o Höhen, O schöner, grüner Wald, Du meiner Lust und Wehen Andächt'ger Aufenthalt! Da draußen, stets betrogen. Saust die gesckxift'ge Welt, Schlag noch einmal die Bogen Um mich, du grünes Zelt! Klingender als er, dessen 50. Todestag wir heute be gehen, lat wohl keiner vor iknn und auch keiner nach ihm den deutschen Wald und das deutsche Bergland, deutschen Frühling, deutsche Liebe und deutsche Wanderlust besungen. Und was er gesungen, kam von Herzen und ging zu Herzen und prägte sich dem Obre ein, als etlvas Unvergeßliches, Teures und Unvergängliches. Die Literaturgeschichte bezeichnet unseren Dichter schlechtweg als „den letzten hervorragenden Romantiker". Mit N>elchcm Rechte dieses Urteil gefällt wurde, wollen wir hier nicht erörtern: es mag genügen, wenn wir hier ein knappes Lebensbild vom Leben und Wirken unseres Dichters vor den Augen unserer Leser aufrollen. Joseph Freiherr von Eichcndorff wurde am 10. März 1788 auf Schloß Lubowitz in Oberschlesien geboren und genoß eine strenge, katholische Erziehung- Nach Absol vierung des katbolisckien Gvmnasiiinis zu Breslau bezog er 1805 — die Universitäten -Halle und Heidelberg, wo er bei der juristischen Fakultät inskribiert war. Seine her vorragende poetische Begabung wurde schon früh geweckt. Und, besonders in Heidelberg, wurden Leute wie Arnim, Brentano. Görres n. a. auf den begabten junge» Studenten aufmerksam. Seine ganze Veranlagung trieb Eickendorfs von vornherein auf das Gebiet der Romantik. Die sran- zösiickx' Fremdherrschaft Nxrr ibm ebenso verhaßt, wie jeg liche Art von Aufklärung im materialistischen Sinne. Seine strenge religiöse Erziehung hatte seinem Charakter diese Vaterlandsliebe und Glaubenstreue eingeprägt. 1815 wagte sich der jung«' Poet, unter dem Pseudonhin Florenz, erstmalig mit einein Roman „Ahnung und Gegen- uxirt" heraus. Der Erfolg war kein besonderer. Und das nar in einem gewissen Sinne gut. Tenn Eickendorfs, der nunmehr seine Studien beendet hatte, wandte sich jetzt dem Staatsdienst zu und nahm, da ihm die Verhältnisse in Preußen nicht zusagten, einen Posten in der österreichisck>en Verwaltung an. Dock das währte nicht lange. Ter Enthu siasmus der Befreiungskriegsjahre brachte auch ihn wieder nach Preußen zurück. Im Lühowschen Freikorps war er selbst, einer der Mutigsten, für die Befreiung des Vaterlandes tätig. Und nach dem Friedensschlüsse trat er bei der Regierung zu Breslau als Referendar ein. AIS RegierungSrat für katholische Kirchen- und Schulangelegen- heilen wirkte er nacheinander in Danzig. Königsberg und Tlerlin. Ein Konslikt mit dem ihm Vorgesetzten Minister, hervorgerufen durch die sogenannte» Kölner Wirren, ztvang ihn — 1815, seine Entlassung zu nehme». Von da ab verbrachte Eickendorfs die letzten Jahre seines Lebens teils in Leipzig, teils in Wien, teils in Dresden, teils in Berlin oder auch ans seinem Familiengut Sedlnitz in Mähren. Ganz zuletzt lebte er noch bei den' Familie seiner Tochter in Neiße. Ziemlich bis zu seinen, letzten Jahren waren alle Augenblicke seines Lelx'ns mit ernstester Arbeit ansgefüllt, von der sich der Dichter durch nichts abbringen ließ. Der Biograph schildert unseren Dichter als einen kräi- tigen, stattliclx'n. schlankgewachsenen Mann mittlerer Größe. Seine Haltung war eine durchaus vornehme. Seine Ge sicktszüge hatten etwas Scktarsausgeprägtes, seine Stirn n>ar die eines Denkers: seine Lippen spraclxm von Willens kraft. Strenge und Ernst. Treu und gütig sckauten seine blauen Augen in die Welt. Der Klang seiner Stimme batte etwas Mildes und Wohlwollendes. Würdevoll und einfach waren alle seine yst'N'egungen, seine Rede leicht, lebhaft und geistreich. Hervorzubeben ist seine tiefe, eckte »nd innige Frömmigkeit, die frei nar von jeder konseisionellen Be fangenheit. Am 20. November 1857 ries den Dichter der Tod ab. Gottergeben, wie er gelebt, starb er auch. Ein liedersroher Mund tvar geschlossen, wie es nur wenige in Deutschland gegeben. Die Klage und die Trauer um den Entschlafenen war eine allgemeine, große und tiefgefühlte. Um nur einige der bedeutendsten Werke des Tahin-