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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911207027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891120702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891120702
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-12
- Tag 1891-12-07
-
Monat
1891-12
-
Jahr
1891
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Nachrichten (6 gespalten) 40 V, Abend-AuSgab«: die 6qespaltene Petitzeile 40 Reklame« unter dkm Redoktioutstrich l4 gespalten) l >t. Familieanachrichten und Anikigen verlorener Gegenstände ttigejpaitrns SU >Z. Olrößere Echriilen laut unteren, Preis- Verzeichnis:. Tabellarischer und Zisfrrnsatz nach höherem Tarij. <?rtra-Vrtlagrn (gesalzt), nur mit der Llorgen - Au-gabe, ohne Postbeiörderung 60.—, mit Postdesördernag ^4 70.—. Änuahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 llbr. Marge «.Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn« und Festtags früh 9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen re eine halb« Stunde früher. Inserate sind siel- au di« tLrpevttioo zu richte«. 422. Montag den 7. December 1891. 85. Jahrgang polnische Politik. * An verschiedenen Stellen ist in der Presse bereits den Empfindungen Ausdruck gegeben, welche sich der deutschen Bevölkerung in den ehemals polnischen Landeötheilen be mächtigt haben, seitdem die preußische Regierung in der Polensrage den alten EurS verlassen hat, in der Hoffnung, durch Nachgiebigkeit die Pole» zu treuen preußischen Unter- lbaacn und deutschen RcichSbürgern zu machen. Zu ost und zu deutlich ist schon hervorgetretcn, wie jede Maßregel, durch welche die Negierung auf polnische Wünsche einging, statt Dank zu finden, nur eine Erhöhung polnischen Setbstbewnßt- seinS, eine Verminderung der Achtung vor der Kraft dcS preußischen Staats zur Holze gcbabt hat. Der Zweifel an der Standhaftigkeit der preußischen Verwaltung ließ und läßt jetzt die weitestgehenden Wünsche polnischer Fanatiker zur Sprache kommen. Bon welchen unheilvollen Folgen die Verordnung dcS EultuSministerS in Betreff des polnischen Privatunterrichts gewesen ist, wie sich der Widerwille polnischer Hetzer gegen die Erlernung dcS Deutschen mit erneuter Stärke kundgegeben bat, und wie hierdurch die Erfolge, welche die sprachliche Annäherung der Polen an ihre preußischen LantSlcute auch in Bezug auf das staatliche Empfinden der ersteren hervor bringen sollte, in Frage gestellt sind, wird wohl allent halben auch außerhalb der ehemals polnischen LanveStheilc empfunden. Schlimmer aber und besorgnißerrezender als die Aussicht auf diese Trübung der Verhältnisse in den Provinzen Posen und Westpreuße» ist die Wahrnehmung, daß die Maßnahmen der preußischen Negierung in unmittelbarem Zusammenhang zur auswärtigen Politik Lcö Reiches zu sieben scheinen. AU nothwendig und dringlich ist, zur Zeit zurückstcllcn wollte. Man siebt wieder einmal deutlich, wie wenig ernst gemeint solche Redensarten sind. Die Kosten für l5 -4t Tagcs- diäten würden im Reichstag nahezu täglich 6000 also allein für daS letzte Jahr die Gesammtsummc von etwa 2 160 000 -4t erfordern. Das ist natürlich für diese Herren nur eine belanglose Kleinigkeit; 40 000 -41 für die Förderung einer wichtigen wissenschaftlichen und vater ländischen Arbeit aber ist ihnen eine ungeheuere Summe, dafür sind sie nicht zu haben. Für solche Arbeiten ist die Finanzlage zu knapp. Aber auch abgesehen vom jetzigen Zeitpunkt müssen wir den freisinnigen Antrag um so mehr für bedauerlich ballen, weil er zu einer unnützen Zcitverschwen- du»g in dieser Zeit einer schon übermäßigen parlamentarischen Belastung führt. Darüber herrscht nicht der geringste Zweifel, daß dieser so oft vergeblich gestellte Antrag vom BundcS- ralh unbedingt verworfen werden wird. Der BundeSrath hat in dieser Frage so oft Gelegenheit gehabt, seine bestimmte Meinungsäußerung kund zu thun, dag eine Aenberung der selben, zumal nicht die geringste Acntcrung der Sachlage vorlicgt, ausgeschlossen ist. Der Vorwand, daß die Nicht bewilligung von Diäten der Grund der häufigen Nicht- beschlugfäbigkeit des Reichstags sei, ist einerseits geradezu be leidigend für den Pflichteifer der Abgeordneten selbst, anderer seits auch sachlich unstichhaltig. In der letzten Tagung dcS Abgeordnetenhauses, dessen Mitglieder Diäten beziehen, war die Bcschlußunfäbigkeit des Hauses tage- und wochenlang hergebracht ; der Hauptführer der freisinnigen Partei zeichnete sich mit mehreren seiner Fractionsgenossen durch nahezu regel mäßige Abwesenheit aus, sodaß selbst in nicht scherzhaften Fragen meistens vr. Alexander Meyer daS HauS über die Ansichten der dcutschsreisinnigen Partei zu belehren genöthigt gemein wurde vermuthct — und Herr von Eaprivi bat eö i war. Umgekehrt pflegen im Reichstag meist die ständig in m seiner ReichSlagsrcde offen ausgesprochen—, daß die Wahl I Bcrlin'wohnenden Abgeordneten, denen die Diätcnsrage doch des Herrn von StablcwSki zum Erzbischof von Posen mit be sondern Rücksicht auf sein Verhallen aus dem Katboliken- congreß in Thorn erfolgt sei. Herr von Stablewski trat damals für einen Anschluß der Polen an die deutsche ReichSregierung mit der Hindeutung auf etwaige Verwickelungen mit Rußland ein — natürlich doch nur, damit der Zweck und Preis eines solchen Krieges die Wieder Herstellung Polens sei. Diesen Gedanken Hort man in der Provinz Posen, wie den „Hamb. Nachr." von dort geschrieben wird, zur Zeit nur allzu häufig offen aussprechen, und Herr I. v. Myciclski-Kobylepole spricht nicht nur seine persönliche Ansicht aus, wenn er in seinem „offenen Brief an die deutschen Einwohner der ehemals polnischen LandeStheile" erklärt, daß die Polen den Traum nach einem freien polnischen Balerlaude niemals anfgeben würden, er glaube aber und hoffe zuversichtlich, daß die Verwirklichung dieser Idee nicht gegen Deutschland, sondern im Gegentheil im Einverständniß und unter Mitwirkung Deutschlands staltfinden werde. Solche Aeußerungen polnischen Selbstgefühls und polnischer HoffnungSsreuVigkeit gehen in die Presse über, ohne daß dir Regierung cS für nöthig hält, zu erklären, daß das Schlag- oort von der Nothwendigkcit eines Polcureiches als Vor rauer gegen asiatische Barbarei für jeden mit der preußischen Geschichte vertrauten Politiker eine haltlose Phrase kiei. Was wiegt dieses Schlagwort gegenüber der Thatsache, daß rS seit der letzten polnischen Theilung zwischen Rußland und seinen Ivostlicheu Nachbarn niemals, mit Ausnahme einer kurzen Episode ouS den Napoleonischcn Kriegen, zu kriegerischen Berwicke lungeu gekommen ist ? Oft genug sind Preußen und Ruß '.and zu der Ueberzeugnng gelangt, wie sehr sie gerade durch die gemeinsame polnische Gefahr auf gute Beziehungen und gegenseitige Hilfe angewiesen sind- Auch jetzt noch ist nicht adzuscheu, was uns mit unserem östlichen Nachbar entzweien sollte, so lange beide Länder das gemeinsame Ziel der Niedcr- hallung Polens im Auge behalten und jeder überzeugt ist, daß des andern Politik sich in gleicher Linie bewegt. Besonders Rußland, dem die Berwaltung seiner ehemaligen polnischen LandeStheile wegen ihrer Größe viel schwerer fallen muß, als uns die der »nsrigen, hat alle Ursache, darüber zu, wachen, daß großpolnischc Bestrebungen niedergchalten werden Auswärtigen Amt beurlaubt oder zur Disposition gestellt. DaS und andererseits mißtrauisch zu werden, wenn solche Be-1 Bankbaus Bleichröder hätte schon damals lieber eine von sirebungen aus dcutsch-polnisckien Kreisen unter den Augen I Hm abbängigcre Persönlichkeit m jene Stelle gebracht. Fürst glcichgiltig sein könnte, viel häufiger den Sitzungen fern- zublciben, als die außerhalb Berlins wohnenden. Die wiederholt besprochene Angelegenheit der Ver tretung d er deutschen Inhaber türkischer Werthe im VerwaltungSrath Ver türkischen Schuld, bezw. die De Mission dcS wirklichen LegationSralhS Gerlich als Mitglied des letzteren, bat auch eine politische Seite, welche an Unerquicklichkeil hinter der finanziellen nicht zurücksteht. Knr» gesagt, ist nach der „Allg. Ztg." der Sachverhalt folgender: Herr Gerlich ist schließlich anSgeschieden, nachdem seiner Ansicht nack der VerwaltungSrath unter Führung des englischen Mitgliedes Eaillard über seine Befugnisse hinaus sich zu Finanzoperationen hergab, welche mehr daS Interesse der bctheiligtcn Finanzinstitule, Ottoman-Bank, S. Blcichröker rc., als dasjenige der Türkei oder der Gläubiger wabrte», und specicll die Rechte der deutschen Gläubiger bcuachlbciligtc» oder bedrohten; nachdem er weiter seben mußte, daß seine Proteste durch die Zustimmung des Bankhauses Bleichröder zu den Schritten tcö EonscilS, specicll zu der vorjährigen Eonvcrsion, hinfällig gemacht wurden. DaS Bankbaus S. Blcichrödcr in Berlin bildet thatsächlich für sich allein das „Syndicat" der deutschen In Haber türkischer Wcrtbe, deren Vertretung ihm bei der großen SanirungSoperation der türkischen Finanzen im Jahre 1881 übertragen war; ob sie ihm rechtlich heute noch zu steht, ist jedenfalls zweifelhaft und wird von dem in Bayern gebildeten Sckutzcomitv bestritten. Trotzdem hat daS Bank bauS Blcichrödcr jetzt — wie es behauptet, aber von anderer Seite gleichfalls bestritten wird, „unter Zustimmung der hervorragendsten Bankanstalten und sonstiger Interessenten — den Eonsnl Feriü zum Nachfolger Gcrlich'S ernannt. LcgationSrath Gerlich, auf den Fürst Biömarck große Stücke hielt, war seinerzeit auf des Letzteren Initiative zum Mitglied dcS Konstantinopclcr Ooiweil ü'^ctministraiion <lo In <lvtto publique »ttnmnno, in welchem ein deutsches, ein englisches, ein französisches, ein österreichisches, ein italienisches und ein türkisches Mitglied sitzen, bestellt worden und wurde zur Uebcrnabme dieser Stelle als Vortragender Rath im deutschen und, wie man vcrmutbcn kann, unter Begünstigung seitens der deutschen ReichSregierung ihre Nahrung erhalten. Gewiß liegt cs nickt im Geringsten in der Absicht der RcickSrcgierung, das berbcizusührcn, was sick als Folge ihres Vorgehens, ihres Schweigens zu den jetzt allzu lauten groß- polnischen Phantasien darstellcn muß. Um so mehr würde cs aber ihre Pflicht sein, in den friedliebenden, gemäßigten n'sisckcn Kreisen nicht daö geringste Mißtrauen auskommcu i lassen. Es wäre datier sehr wünsckenswcrlh, wenn der Regierung die Gclczcnkcit gegeben würde, die Möglichkeit Ier wollte, c er Wiedergeburt Polens cm jür allemal IN das Reich der I Hl -fielchSdienst Fadel zu verweisen. Leipzig, 7. December. * Ter Abgeordnete Baumback, der zweite Viccpräsidcnt der Reichstags, hat mit Unterstützung seiner GesinnungS genossen aus der dcutschsreisinnigen und der VclkSpariei für tic zweite Bcrathung des RcichSyauSbattscntwnrss beim Etat dcs Reichstags den Antrag eingebracht, den Bundesralb zu ersuche», eine Aenderunz des Artikels .82 der Reichs Verfassung in dem Sinne bcrbcizusühren, daß die Mit allerer des Reichstags aus Rcichsmilleln Diäten und Reisekosten erhalten. Wir bedauern lebhaft, daß diese Herren so wenig Vcrsländniß für die jetzige innere Lage haben, daß sie sich nicht scheuen, eine Doctorfragc wieder ausS Tapet zu bringen, von der sie im Voraus wissen müssen, daß sic kein praktische» Erzcbniß haben wird. WaS den Wunsch nach Ersatz der Reisekosten betrifft, so ist dem entgegen zu halten, daß die ReichstagSabgeoronelcn ja in ausgedehntem Maße freie Fahrt aus den Eisenbahnen haben. Daß aber gerade die Freisinnigen cs sind, welche riesen Antrag einbringcn, entbehrt nicht eine» komischen Bei geschmacks. Mit welcher Entrüstung wissen sic immer In- ieresienpolitik im weitesten Sinne de« Worte» zu bekämpfen, ' sind sie eS, die auf neue Ausgaben drängen, und Bismarck maß aber mit vollem Recht diesem Konstanlinopcler Posten auck eine gewisse politische Bedeutung bei, da an und für sich eine internationale Körperschaft, welche den größten Theil der türkischen Staatsschuld verwaltet, eine gewicktige Stellung einnimml, und jede Stärkung des deutschen Ein flusses in Konstantinopel im Interesse der RcichSpolilik liegen muß. Jetzt scheint das Auswärtige Amt in Berlin anderer Meinung zu sein. Herr Gcrlick fand an ihm neuerdings keine Stütze mehr, aber man ließ ibn auck frei schalten DaS Auswärtige Amt ließ zu, daß der, , zur Disposition gestellte kaiserliche Beamte Gerlich, der statt in unbekümmerter Rübe seine 50 000 Frauken Gehalt zu verzehren, es für seine Pflicht hielt, um die Interessen seiner Schutzbefohlenen wirklich zu wahren, Mühe und Anfeindungen aus sich zu nehmen, daß dieser deutsche Vertreter vom Hause Blcichrödcr gemaßrcgelt und auS dem Eonseil in einer für das deutsche Ansehen in Konstantinopcl nichts weniger als förderlichen Weise hinaus gedrückt, der ganze Confucl in höchst unerquicklicher Weise zugcspitzt und gelöst wurde. Hätte daS Auswärtige Amt sich nun auch gar minder Ernennung des Nachfolgers, des EonsulS Fcri«, durch die Firma Blcichrödcr cinverstaizdcn erklärt unk wäre Herr Fcriv nicht vollständig aus dem RcichSdienste auSgc- sckiedcn — was nicht der Fall zu (ein scheint — so wäre da- ein nock schlimmeres Zeichen der Schwäche gegenüber der vom Hause Blcichröder usurpirten Machtvollkommenheit, und eine auffällige TcSavouirung eine» verdienten Beamten dcS eigenen ReffortS Unserer Meinung nach mußte einerseits da» Auswärtige Amt, auS welchem Herr Gerlich nach Konstantinopcl delcgirt worden, für ihn einlreten, aus politischen Gründen, wie auS Gründen des eigenen Ansehens. Andrerseits hätte dem AuS wärtigcn Amt aber auch eine gewisse Ingeren; auf daS Vorbalten d-S deutschen Vertreters im AdministrationSratb zu Konstantinopcl zustehcn müssen, cS batte ihm, fall» cS sein Vergehen nicht für richtig oder nicht für opportun hielt, die betreffenden Winke zukomnicn, die Sacke nickt zu dem pcin und letzt ,— , - - — , — —-- da- zu einer Zeit, wo ihr Wortführer Rickrrt Sparsamkeit I ticken Eclat kommen lassen müssen. Jetzt crgiebt sich die über Sparsamkeit zur dringendsten Pflicht macht, nützliche I weitere Anomalie, daß LrgalionSratb Gerlich, der, wir gesagt. Ausgaben nicht bewilligen, jede Ausgabe, die nicht unbedingt I keineswegs vollständig au« dem ReickSdienste auSgrschiedrn I, in Deutschland und im Ausland auftritt gegen den Kon- tantinopeler Eonseil dÄdministralion, gegen das Hans Blcich- röder, dessen Vorgehen anscheinend die ReichSregierung billigt, und gegen bis heute als legitim geltende Vertretungen. Hat daö Auswärtige Amt zu alle dem gar nichts zu sagen? *Dic »Kölnische Zeitung" bemerkt zu der unmittelbar be- vorstebcndcu Veröffentlichung und Beralhung der Hand els erträge Folgendes: Die Natur der Handelsvertrag-Vortagen bringt es mit sich, daß BundeSrath und Reichstag an de» Einzelheiten der Vortagen nicht die geringsten Aenderungc» vorzunehmcn «n der Lage sind. Beide leben vor einem einfachen Ja oder Nein. Der BundeSrath Hai die Verträge bereits angenommen. Bor einer schweren und verant wortungsvollen Entscheidung steht der Reichstag; ob wir von unscrm wirthichastspolitischcn Etaiiöpuncte den Reichsbotcn die Annahme der Verträge mit größerer oder geringerer Wärme ans Herz legen können, darüber können wir u»S erst nach Durchsicht derselbe» chlnisig mache». Thatsächlich gilt schon jetzt in parlaineiiiarischen Kreisen die Zustimmung des Reichstags, und zwar mit ziemlich großer Mehrheit, .für gewiß. Bei der letzten Gctreidczvllvvrlage, welche die Zölle auf Weizen und Roggen aus 5 ,/4 erhöhte, war die Mehrheit der liberalen Stimmen ,67 gegen 20) gegen diese Erhöhung. ES verlautet, daß auch jetzt die große Mehrheit der nalioiialliberalkii Partei die nunmehr vorgeschlagene Herab« seyung aus 3,50 >4 schwerlich bekämpfen wird. Auch ein großer Tkeil der ullrauivutancn Abgeordneten dürste dieselbe Hallung e>n- »ehine» und selbst ein Theil der Eonjervativen scheint nicht grund- ätzlich abgeneigt zu sein, die Herabsetzung bei entsprechender Gegen- iclstung zu bewillige». Wir würde» cS für einen schwere» und verhängnlßvolleii Fehler batte», wem» die Cchutzzöllner bet dieser Gelegenheit sich untereinander in die Haare gcricthcn und den Frei- Händlern Raum snr die Politik dcs «llviils et iniporn gäben. Jeder cinsichlige Industrielle wird nur widerstrebend und mit Be. dauern darein willigen, daß unscreln wichtigsten nationalen Pro ductivstande, daß unserer schwer kämpfenden Landwirthschasi er. hebliche Opfer auserlcgt weroen. Denn jeder Patriot muß über zeugt sein, daß ein uuaushalliamcr Niedergang des Bauernstandes das größte nationale Unglück sei» würde, welches uns widerfahren künnle. Dieser Äesichtspunct wird bei der Enlschecdung sehr gewisjen- hast erwogen werden müssen. Wir hoffen, daß demgemäß diese Ver träge und ihre Erörterung in da» gute Verhältnis, zwilchen Landwirt!,> ichait und Industrie keinen Mißton bringen werden. Wir muhen ander. eitS gestehen, daß wir eS im Interesse einer Beruhigung thunlichsl weiter Kreise nur dringend wünschen, daß im Fall der Annahme die Mehrheit des Reichstags möglichst groß werde; »nr in einer überwiegenden Uebcreuistimmung der großen Mehrzahl der be- ruleuen Vertreter des deuijchen Volke» können wir eine Bürgschaft dafür erblicken, daß die Handelsverträge in der Thal so, wir sie vorgelegt werden, den Bedürfnissen der deutschen Volkswirtbschast entsprechen und geeignet sind, dem deutschen Volke zum Heil zu gereichen. Soweit wir wissen, sollen die Verträge für die Dauer von zwöl Jahren abgeschlossen sein; der große Vorihcü, der darin liegt, daß während dieser lange» Frist zahlreiche deutsche Industriezweige davor geschützt werde», durch Aenderung der Zollsätze beunruhigt und in einer regctmäßigen gesunden Entwickelung gegärt zu werden, dar nicht zum Geringsten alS Vorlhcil der Vertrage angercchnct werden der es viele» Zweigen möglich machen wird, in kürzerer oder längerer Frist etwaige jetzige Opfer auSzugteichen. Die Verträge werde» übrigens, wie neuerdings verlautet, dem Reichstag keinesfalls vor Dienstag zugchen. * Der Verein deutscher Studenten in Berlin batte bekanntlich auS Anlaß dcö Birchow-Helmboltz-Evinincrscö an Birchow daS Ansinnen gestellt, daß er sich ans dein EoinincrS politischer Anspielungen enthalten solle. Es sind jetzt zwei Mitglieder dieses Vereins wegen der Dr. Virchow zugcfügtcn Beleidigung relcgirt worden. * Wie nach der „Krcuzzlz." verlautet, soll seitens des evangelischen Lber-KirchenratbcS an den Pfarrer der Drei faltigkeitSkirchc, Eonsistorialrath IX Dryander, die Anfragc gerichtet worden sei», ob er geneigt sei, die durch Kraulhclt deS ObcrhofprcdigcrS IX Kögel zur Erledigung kommende General-Superintendcntur der Kurmark zu über nehmen. — Tie Genesung de» erkrankten General-Super intendentcn IX Brückner macht erfreuliche Fortschritte. Es ist mit Sicherheit zu erwarten, daß er im Lause des nächsten IahrcS seine Amtsgeschäfte im ganzen Umfange wieder auf nehmen wird. * Vor einigen Tagen ist der Stadt Berlin ein Legat von 270 000 für die Errichtung eines FiiidclhanseS zugegangcn, und wie gemeldet wird, beläuft sich der a»S früheren Vcrmäcktiiissc» sür denselben Zweck angcwachsenc Betrag ans eine über die Million hinausgebendc Summe So viel bekannt, bat der Magistrat sich bisher darauf de schränkt, die sür Findelleäuscr bestimmten Legate «»wachsen zu lassen, ohne in der Frage der Errichtung einen Beschluß zu fassen. Dennoch muß auö dem Umstande, daß die sür einen bestimmten Zweck auSgcsctzten Legate — »ach Ei» holung der lantcSbcrrlichc» Genebmiguiig — angenommen worden sind, geschlossen werden, daß die Absicht, im Sinne der Testatoren vorzngehc», besteht. Tic Scheu, eine vielum striltenc Frage zu berühren, mag es erkläre», das; die städtische Berwaltung die Beratbung über diesen Gegenstand hinaus gezögert ha». Eie wird cS, angesichts des nunmebr zur Ver fügung stehenden größere» Eapitats, nun nicht länger hin schieben können, sich mit ihm zu befassen. * Die zweite Lesung der Krankencassennovell ist endlich zum Abschluß gebracht. Da indessen die Ent scheitiiiiz über eine Reibe von Fragen bis zur dritten Lesung verschoben ist, die darum nicht minder weitsckicktig zu werten verspricht, wie die zweite, wenn nicht »i der Zwischenzeit Verständigungen erfolgen, so läßt sich nock gar nicht absehcn, in welcher Gestalt die Vorlage der Regierung Gesetz werden wird. Um so mehr ist cS anzuerkcnncli, daß unter Zustimmung der Regierung der Zeilpunct, an dem das neue Gesetz in Kraft treten wird, bis zum l. Januar l8!>3 binauS geschoben ist. Die freien Eassen werden damit die nötbige Frist gewinnen, sich aus die neue« Verhältnisse cinzurichtcii * Aus Alten bürg wird u»S vom 6. December ge schrieben: Dem kürzlich zusammengetretenen dieffeiiiqen Landtage ist eine sehr große Zahl Vorlagen zur Beralhung zugegangen, so daß cS nicht möglich sein wird , olle Gegenstände noch in diesem Jahre ;« erledigen. Vielmehr wird der Landtag, wenn kurz nach Neu>ahr die neuen Wahlen staltgesunde» haben, abermals einberusen werden, um die vorliegenden Arbeiten zu beenden. Von den wichtigsten Vorlagen nenne» wir folgende höchste Erlasse: l) Die Vorarbeiten zur Saalerrgulirung, 2> die AuSsnhruna de» Gesetzes über die Jn- vatlditäts- und Altersversicherung, 3) die Vermehrung der Arbeits kräfte bei den Laadrathsämtern, 4) Gesetzentwurf über die Pension> und disciplinarrechtlichen Verhältnisse der städtische» Gemeinde- bramtcn, 5) die Gewährung von Pension an die verpflichteten Feld messer und deren Ausnahme in die Staatsdiener-Witlwensocieiät, 6) die siaallick-e Hilfeleistung an die durch die Saalehvchwoffer geschä digten Gemeinden, 7) die Gewährung einer außerordenilichen Bei hilfe an Beamte und Bedienstete des Staates, 8) mehrfache Gewäh rung von staatlichen Beiträgen zu Brückenneubaulen u. s. w. Von den Gesaminlministerialerlaffen erwähnen wir die Erhöhung der Tagegelder sür die LandtagSabgeordnelen. die Taxation des Forst reviers Deutsch und Neu- resp. Ersatzwahlen von Landtagsabgcord- neten. Schließlich sind noch niedrere Bittgesuche eingegange». aus denen wir »ur hervorhcbeu die Petitionen umErbauung einerEisc»- bahn von Altenburg nach Penig oder nach Waldenburg, Petition des dculschen FraucnvercinS »Reform" in Weimar um Errichtung eines Mädchen-Gymnasiums oder Zulassung dcö weiblichen Geschlechts zur Ablegung der an den bestehenden Gymnasien eingesührtcn Mal»« ritätsprüsung, Petition um Errichtung einer Prima am Realpro- chniliasium i» Altenburg u. A. m. Endlich wird auch ei» Protokoll über dir Verhandlungen der landschaftlichen Epeciaicominission zur Beraihung deS Bauplanes für das neue Mlnisterial« und Land- chastSgebaude zur Miltheitung kommen. * * * * Am gestrigen Sonntag bat in der Schweiz die Volks abstimmung über den Ankauf der Ecntralbabn 'tattgefuiideii, die von anSscklaggcl'cndcr Bedeutung für die VcrstaatlichungSbcwcgliiig in der Eidgenossenschaft sein wird. Obwohl der Bnndesprasidettl Welti gerade in den letzten Tagen mehrmals aus den Plan getreten ist und den Ankauf als unbedingt notbwendig hingestcllt bat, sind die Ans^ schien sür denselben durchaus nicht glänzend; in Bern dc- ürcktet man sogar die Verwerfung der Vorlage. Der Eantoir Waadt will schon wegen des historischen Gegensatzes zu Bern und wegen der Simplcubahn geschlossen gegen den Ankanf timmcn, ebenso Wallis nnd Frcidurg, zum Tbcile auch Genf und Rcuciibnrg, also die sranzösischcn Eanlonc. Tic-kaibo lisckcn deutschen Eaiitonc und Tessin sind gleichfalls unsicher und selbst für Zürich sagt die ,,N. Z. Ztg." eine bedeutende Minderheit voraus. Ein gescktosscne« bejahendes Votum sei nur von Bern, Solothurn und Basel Stadt zu erwarten, möglicherweise auch von Basel.Land. Vom Eanton Aargan wird behauptet, daß sein katholischer Tbcil einstimmig gegen, der protestantische zur Hälfte für die Vorlage cinlretc» werde. — Daß die bevorstehenden Befürchtungen nur zu begrüntet waren, das zeigt sich bereits ans folgenden Meldungen über das Ergebnis; der Abstimmung: Basel, 6. December. Für den Eentraldcibnkaus siud ln Basel 5545, dagegen 3232 Stimmen abgegeben worden. Bern, »>. December. Nach den bis >etzl cingelauscne» Nach richten scheint die Vorlage betreffend Len Ankauf der Eenlralbahn mit großer Mehrheit verworfen zu werden. Basel, 6. December. Zur Stunde sind die Abstimmungs ergebnisse sämiiitlichcr Cantviie noch nicht cingelangt, allein schon die bekannten lassen aus eine Verwerfung der Vorlage >»it großer Majorität schließe». Die West- und die Eenlralschweiz haben durch- gehend» verworfen, sogar Zürich mit 4!» >83 gegen 13831 Stimme». Auch Schasshause» uno Glurus habe» Nein geingi. * Tie vlämische Bewegung m Belgien, die sich seit etlichen Jahren ans den ersten Anfänge» zu einer erheblichen BcLeutnug entwickelt bat, bat einen neue» großen Ersolg zu verzeichnen: Die Königin Marie Henriette der Belgier ist in Begleitung ihres ganze» Hofstaates, der Minister und des Oberbürgermeisters BnlS im Vlänliscbci» Rationaltbeater zu Brüssel erschiene». Rack dortigem Ge brauch empfing der Ansscklis; der Tbcatcrlciluug. »ul dem Dircclor Hcndrix an der Spitze, die Königin beim Eintritt ins Theater. Der Dircctvr begrüßte die Monarchin in französischer Sprache, die bicr als die Hofsprachc gilt. Tie Königin aber erwiderte in vlämischcr Sprache und sagte, die Belgier sollten ihrer vlämischen Muttersprache die größte Aufmerksamkeit widmen, denn die vlämische sei die altehrwürdige Nationalspracke Belgiens. Eü ist klar, daß diese Kundgebliiig deS Brüsseler HvscS ab sichtlich veranstaltet wurde und man erblickt darin die Absickt der maßgebenden Kreise, dem bicr täglich anmaßender anj- trctenden Franzosentbum entschieden ciitgcgenzutrclcii. In den vlämischen BevölkerungSkreisen rujcn die Worte der Königin cuic wahre Begeisterung hervor, während die Fran- zöStinge vorläufig die Sache »och Ivdt zu schweigen suchen. Vermntlick werken sic, nachdem sic den König Leopold als Basallen Dcutschlaiits bingcftcllt haben, jetzt einen Feldzug gegen die Königin eröffnen. * Am Mittwoch wird eine allgemeine Zusammenkunft der republikanischen Depulirten der französischen Kammer stattsindc». Es sind 381 Einladungen ergangen. Mebrere Dcputirtc werden beantragen, Telcgirte an die Regierung zu entsenden, um sich über die vorzuscblagendc Tagesordnung »ameiiö der rcpnblikanisckci» Majorität zu bcrathcn, die als Billigung der Interpellation betreffs der Stellungnahme gegen d>e Geistlichkeit zu betrachten wäre. * Die DiScussion dcö Budget» der Eolonicu in der französischen Abgeordnete iitammcr ist ein glänzendes Zeichen dafür, wie sehr das Parlament seit 1885 gewisse Erfahrungen beherzigt bat, nnd da zwischen den Wablcn jenen IabrcS, die sür und gegen Tonkill nnd die Ferry'scke Politik überhaupt erfolgt waren, diejenigen von >88!» liegen, so ist logischer Weise anzuncbmcn, baß dieser Trinmpb des gesunden Menschenverstandes vom Lande selbst crnSgcgangcn ist. Außer den Bon an sie» spricht heute Niemand mehr von der Räumung enlinS, MadagascarS, qualificirt Niemand mehr die coloniale» Unternehmungen der Re gierung Fcrry'S als eine Politik der Erniedrigung vor dem Anstande, der nationalen Schwächung und WaS der birnwüthigen Reden früherer Jahre mehr gewesen sind. Der Umschwung der öffentlichen Meinung ist so vollständig durch schlagend, daß man kaum mehr sich in die doch so wenig seine Zeit der Verketzerung der sranzösisckcii Eolonialcxpansio» zurückzuversctzcn vermag. Wohl verharren die Pcltctan unk Elcmcnccau »ock bei stirer Opposition, wohl rufen sic noch warnend, daß Frankreich dringendere Aufgaben zu erwachsen drohen, baß der Blick aus die sranrösische Ostgrcnze mebr noth thut, als der Ausblick aus de» fernen asiatischen Osten und die afrikanischen Sudaiilänkcr, aber mit dem Abbantcn- kommen der applaudircudcn Galerie geht auck die Zuversicht und daS Selbstbewußtst» der anticolonialc» Opposition verloren, unk man süblt,daßsic mebr aus Rccktbabcrri, den» aus Ucbcrrengniig iibriqenS immer schwächere Anstrengungen macht sür ibre schlechte und gewiß nnpatrwtische Sache. Der gcsnuds
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