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112. Jahrgang Sonntags-Ausgabe 1818 Nr. 810 Deutsches Waffenstillstandsangebot Der Reichskanzler an Wilson «„zelgrnprrls: NN Anj«la«« ». Im «mN. L«II t„ N-Ioneljill« «0 Vs. » a-i» SS Psi: kleine Anzeigen dl« -selonelzell« ZO Vf.. au-rwckrl» lü pf^ VelchLfieanzelgen mit platzvorlchrlfien im Prelle «rdöhi. ^«liegen: Selamlaiislag« M. 7.— da« Laaleno aoelchi. poilgebüde. 0>nj« > »mmer lO Pl. - Senn- »»d gestla 4 v> PI. 8«k,l»rech-An>chI,ll -Nr. >411», i4«M und I4»»4. — P-sllche-kk-nl» IX» vchrlffleUung »nd DelchSIItNell«: Z»ha»nl«goII, Nr.K> Verlag: Dr. Reinhold L Lo.. Leipzig. wn M-GO eG ex eemenl ai - t«i tleipziß nnd ^Vororie zweimel kAalia VeKNgAvret»« M4 -aus -rdrachl mnnnNi» M. »teeieilLdritch M. S.SV fdr Abholer monatlich ?!<. 2L0 dnrch unter« «»«wtrtiarn Filialen In« Kan« ,«brach» mon-Mch M. 2.5S, ntertel- - »« » /lnrtsblatt des Kates und des pomeuuntes 4iden0-Än«gade M. I,0a Sonntaat-Ansgabe M. VZX> monalllch e t * «a»4lchU«b>ich Postke«eII,ekührl. Hauptschriftletter: Dr. Erich Lvcrth, Leipzig. Sonntag, den 6. Oktober Unser letzter Friedensschritt L. L. Die Mitteilung des Reichskanzlers, daß er den Präsiden ten der Vereinigten Staaten in einer durch die Schweiz über- mitiellen Note gebeten habe, den allgemeinen Frieden herdei- zufuhren auf der Grundlage der Ailsonschen Bedingungen, kann von keinem Deutschen anders als mit Bewegung ausgenommen werden. In diesem t.efen Eindruck verbinden sich Regungen, die man wol)l mit dem Wort Ersa-ütlerung bezeichnen kann und die manche Hoffnungen niederschlagen, mit e.nem seelischen Austrieb, der etwas Befreiendes hat und andere Hoffnungen belebt. Der Anteil dieser beiden Arten von Gefühlen wird in den Millionen der ein zelnen, die diesen Augenblick durchleben, sehr verschieden sein. Zn jedem Fall aber, so darf man wohl sagen, ergibt sich eine Mischung von widerstreitenden Gedanken und Empfindungen, ähnlich dem Erlebnis, das man gewohnt ist als tragisch zu bezeichnen. Auch das Tragische zeigt diese B-.reinigung von Verzicht und Aus söhnung mit ihm, von Fehlschlag und Würde, von Vergeblichkeit und Gröhe, von Leid und Lösung Welche von beiden Stimmungen überwiegt, das hat ein jeder mit sich selbst abzumachen. Niemand aber wird im deutschen Volke sein, so glauben wir fest, der wünschen könnte, daß dieser Versuch nicht unternommen worden wäre. W.r müßen jetzt — und dürfen wohl auch — vor allem hoffen, daß der Schritt zu dem Ziele führen möge, dem er uns näher bringen soll, das heißt zum Frieden, zu dem Frieden, der sämt lichen zu der Entscheidung berufenen obersten Stellen des Reiches vorgeschwebt hat, als sie gemeinsam diesen Entschluß faßten. Wie dieser Friede einzig ausschen kann, das war ihnen selbstverständ lich ebenso klar, wie es jedem Leser unmittelbar vor Augen tritt Nicht der Inhalt dieses Friedens ist es, was heute dem ganzen Volk eine so starke Zumutung an seine Fassung und Haltung stellt, sondern die Tatsache, daß wir diesen Frieden erbitten müssen. Von den Erundzügcn des Wilsonschcn Programms sagte -er Reichskanzler selber, daß die aus das künftige Glück der Völker gerichteten Gedanuen, die der Präsident verkündete, sich völlig im Einklang mit den allgemeinen Vorstellungen befänden, in denen sich auu) die neue deutsühe Regierung und mit ihr die überwiegende Mehrheit unseres Volkes bewege, In der Lat ist nicht daran zu zweifeln, daß in der letzten Zeit die innere Annäherung immer größerer Scyicyten unseres Volkes an die Wilsonschen For derungen, die für Deutschland ein Minimalprogramm bedeuien, stetige und schnelle Fortschritte gemacht hat. Der Reichskanzler aber und die Mitglieder seiner Regierung, die er nacy seinem eigenen Ausspruch wesentlich unlcr diesem Gesichtspunkt aus gewählt hat, können von sicy sagen, daß die Vorstellungen, die sie von dem künftigen Frieden hegen, sich nicht erst in der tehlen Zeit gebildet haben. Dos macht sie nicht allein zum Unterhandeln mit den Feinden besonders geeignet, sondern hebt sie auch aus der Masse derer, die sich heute zu den von ihnen gezeichneten Umrissen des Friedens bekehrt haben, heraus als berusene Führer in der jetzigen Lage. Ernes jedenfalls wird viele mit neuem Mute beleben: das ist die Erkenntnis, daß hier endlich einmal Politik großen Stils, in einfachen, klaren runren, gemacht wird, daß mit dem ewigen Hia- und Herzerren, dem Zögern, dem Sichdrängenlasjen, das die Lei tung der Relchsgcschicke seit Hriegsbegtnn kennzeichnete und so lief unbefriedigend für alle war, grunosätzlich gebrochen worden ist. LwS der Rede des Prinzen spricht ein starker Wille und eine ziel bewußte Entschlossenheit. Wir haben immer heroorgehoben, vag diese Eigenschaften nicht an dem Bekenntnis zu möglichst hoch gesteckten Z.elen haften, sondern daß der, dem man Bescheiden heit oder auch, wie es früher oft geschah, Schwäche in der Ab steckung des Rahmens für den künjtigen Frieden vorwarf, unter Umständen entschiedener, unbeirrier seinen Weg gehen kann als mancher, der sich zuzeiten an großen Worten berauscht und dann, wenn die Zeit ihm nicht mehr günstig ist, zusammenklappt. Unsere Lage ist derart geworden, daß nur ein Zerhauen des knotens mit einem geistigen Schwerte uns aus der Verstrickung lösen kann. Und wer das eingefehen hat, der atmet auf bei dem Anblick eines deutschen Staatsmannes, der alle Bedenken hinter sich wirst und ohne Feilschen und vielfältige Rücksichten endlich wieder mal etwas wagt. Wie lange haben wir dieses Erlebnis entbehrt, wie oft kam das, was kommen muhte, zu spät, wie häufig wurden immer wieder von neuem kleine Zugeständnisse erst dann gemacht, als sie keine Wirkung mehr tun konnten. Jetzt hat der leitende Staatsmann kurz entschlossen, mit einem Male den letzten Schritt getan, bis an die Grenze, die nicht nur für uns, sondern überhauvt möglich war. Denn er hat sich ja rückhaltlos auf den Standpunkt Les geistigen Führers der Feind« gestellt, und wenn dieser nicht in einem gigantischen Wortbruch seinen eigenen, jahrelang be kannten Zielen plötzlich absagcn will, so kann er nicht anders, als eine zustimmende Antwort geben. Dahin hat ihn der neue Reichs kanzler gleich bei seinem ersten politischen Austreten gedrängt. Jetzt muß der Präsident der Vereinigten Staaten Farbe bekennen, jetzt wird es sich zeigen, ob er wirklich nur der Schönredner war, ais den ihn ein großer Teil des deutschen Volkes jahrelang an- gcschen hat, oder ob in ihm eine Verwandtschaft lebt mit den wahrhaft menschheitlichen, den echt humanen Gesinnungen deS Staatsmannes, den Deutschland zu seinem Führer berufen hat. Wir beschränken uns heut auf den Hauptpunkt der Kanzler red« und auf den Haupteindruck, den sie vermittelt, und werden auf die Einzelheiten zurückkomnten. Deutscher Reichstag Am Tische des Bundesrats: Reichskanzler Prinz Mar von Baden, von Payer, Dr. Sols, von Roeder, von Stein, Dr. Friedberg, von E sen- tardt-Roth«, von WrlSberg Frittltn,»0M Waldow, Scheidemann, Groener, ' zderger. Bauer, Drews, Fre'herr von Stein, Schiffer, Hergt, Haven- in «ad zahlreich« Kommissar« aller Bundesstaaten. Die Tribünen sind Die Mitteilung im Reichstag cvtb. Berlin, 3. Oktober. (Drahlbericht.) Im Laufe seiner viel fach von Beifall der Linken und des Zentrums unterbrochenen Relchslagsrede machte Reichskanzler Prinz Max von Baden unter lebhafter Spannung deS Hauscs folgende Mitteilung: Gestützt auf das Einverständnis aller dazu berufenen Stellen im Reich und auf die Zustimmung der gemeinsam mit uns handeln den Bundesgenossen, habe ich in der Nacht zum 5. Oktober durch dl« Vermittlung der Schweiz an den Präsidenten der Vereinigten Staat en von Amerika eine Rote gerichtet, in der ich ihn bitt«, dieHerbeiführungdes Friedens in die Hand zu nehmen und hierzu mit allen krieg führenden Staaten in Verbindung zu trelen. Die Note trifft schon heute oder morgen in Washington ein. Sie richtet sich an drn Präsidenten der Vereinigten Staaten, weil dieser in seiner Kon- gretzbotschaft vom 8. Januar 1918 und in seinen späteren Kund gebungen, besonders auch in seiner New Vorder Rede vom 27. September ein Programm für den allgemeine« Frieden ausgestellt hat, -aSwiralsGrondtag«fürdi« Verhandlungen annehmea können. über füllt, das Haus ist gut besetzt. In der Hofloge wohnt Prinz August Wilhelm den Verhandlungen bei. Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um -L. Uhr, gedenkt des Ablebens deS Abg. Hlr sch-Esten (Nstl.) und teilt mit. daß die Abgeordneten von Boni» uno von Bollmer (Soz.) lhr« Mandat« ntedergelegi habcn. Er teilt weiter m 1, daß er dem Generalfeldmarschall von Hinden burg anläßlich des Todes des Fcldmärsckalls von Eichhorn, der einem Meuchelmord« zum Opfer gefallen sei/ die Teilnahme des Reichstage, ausgesprochen habe. Anläßlich des Todes des türkischen Botschafters Hakki-Pascha hat der Präsident der türkischen Regierung ebenfalls das Mitgefühl des Reichstages zum Ausdruck gebracht. Es gelangen dann die Schreiben zur Verlesung, durch die das Ausscheiden des Grafen Hertiing aus dem Reichskanzleramte und die Ernennung deS Prinzen Alar von Baden zum Reichskanzler ausgesprochen wird. Präsident Fehrenbach hält darauf folgende Ansprache: Meine Herren! Seit wir am 13. Juli voneinander geschieden sind, haben sich Ereignisse zugettagen, die uns Sorge bereiten. Unsere West- armee ist nach einer stürmischen Offensive In die Defensive und eine langsame Rückwärtsbcwsguv.g übergegangen. Seit Wochen stürmen immer neue Scharen unserer Feinde und ihrer zahlreichen Hilfskorps gegen den von unseren tapferen Truppen gebildeten Will. Wir sind der festen Zuversicht, dzh, wie es dem feindlichen Angriff bisher nicht gelungen ist, d esc Schuhwehr zu durchbrechen, dies auch In der Zukunft nicht der Fall sein wird, dank dem Heldenmut der Söhne aus allen Gauen unseres Vaterlandes, die das Bewußtsein stählt, dort auf fremdem Boden Herd und Heimat zu verteidigen. Den tapferen Kriegern gilt unser Ruf und der heiße Dank unseres Vaterlandes. ^Lcbh. Beifall.) 3m Osten haben d e Hcsre unserer Verbündeten, Bulgaren und Türken, schwere Niederlagen erlitten. Bulgarien ist aus dem Vierdund auSgeschiedcn und hat mir seinen Gegnern einen Warfenstillstand geicklost-n. Im Innern hat Giax Hertling d e erbetene Entlassung aus dem Amte dcs Reichskanzlers erhalten, nauidem er dasselbe n cht ganz ein Jahr ver walket hat. In hohen Jahren ist er dem wiederholten dringenden Rufe deS Kaisers gefolgt und hat, von dem Vertrauen der Mehrheit des deut- schen Volkes getragen, eine politische Neuorientierung in die Wege zu le ten versucht. Uedergangszeitcn tragen in ihrem Schoße immer Schwie rigkeiten. Sic sind auch Graf Herttlng nicht erspart geblieben. Da er sic nicyr mehr meistern konnte, schieb er, aber hoch soll es seiner politischen Weisheit und seinem vak-rländlschen Sinn abgerechnet werden, daß er die neuen Wege, die er selbst nicht mehr beginnen konnie, anriet und ebnete. Der Reichstag wird dem vor nehmen, liebenswürdigen Wesen, der abgeklärten Weisheit und dem hohen Pflichtgefühl Graf HertlingS immer warme An erkennung und ihm selbst ein treues, dankbares Andenken bewahren. Vor uns steht in niannigfacher Veränderung eine neu« Regierung, an ihrer Sp'tz« als Kanzler Seine Hoheit PrtnzMax von Baden. Sic werden es mir nicht verdenken, wenn ich, als Mann aus dem badischen Volke aus dem Präsidentenstuhl. ein Sproß des badischen Fürstenhauses am Reichskanzlerplatz die wärmsten betmailichen Gefühle der Genugtuung ausspreche. In Baden hat der Onkel unseres sehigen Kanzlers dos Wort gesprochen, daß eS keinen Gegensatz gebe zwischen Fürst und Voikscecht. In einem andern deut- schen Londe ist der gleiche Gedanke in das Wort gefaßt worden, daß der Oberste im Staate sein erster Diener sei. Von der neuen Reichs- leitung erhoffen wir zuversichtlich, daß sie, in steter inniger Ftihlung- nohme mii dem Volke und nur auf das Wohl des Vo Kes bedacht, ihres hohen und schwierigen Amtes wallen möge. (Lebhafter Beifall. Eine neu« Zeit Ist im politischen Leben des deutschen Volkes angebrochen. Es ist selbst verständlich, daß man der Krise im Hinblick auf b'e Großtaten der Ver gangenheit krilisch zweifelnd, sa sogar ablehnend gegenübersteht. Wir erhoffen von den Leistungen der ncuen Zeit eine versöhnend« und klärende Wirkung. Idrc GeburkSstäite st geheilgier Boden. DaS Schlachtfeld und der Schützengraben, die heimische Arbeitsstätte, wo jeder deutsche Mann ohne Unterschied alles, Gut und Blut darangibt für des Vaterlandes Rettung. (Beifall.) Der Nam« deS neuen Reichs kanzlers hat einen guten Klang in der ganzen Welt. Sein« freih« k- llche Denkungsart, se'n humaner Sinn, sein Bertraucn zur Menschheit, das er auch in diesem Krieg« nicht »eklor, sind di? soliden Grundlagen tttr seine künftig« Wirksamkeit. (Beifall) Vie len im Krieg ichwer He.mgeia d> n, Verwundeten und Gefangenen ist er in warmer Anteilnahme näbergekommen und bot sich dadurch Dank barkeit nicht bloß des eigenen Landes, sondern aow bet dem Feinde erworben. (Bestall.) Das wird seinen aus den Frieden, auf di« Ver söhnung der Dö.ker gerichteten Bestrebungen fördernd sein. (Beifall.) Der Wortlaut der deutschen Note nid. Berlin, 3. Oktober. (Drahtbericht.) Die durch Ver mittelung der Schweizer Regierung an den Präsidenten Wilson übermittelte Note hat folgenden Wortlaut: Die deotsche Regierung ersucht den Präsidenten der Ver einigten Staalen von Amerika, die Herstellung des Friedens in die Hand za nehmen, alle kriegführenden Staaten ven diesem Ersuchen in Kenntnis zu setzen und sie zur Entsendung von Bevollmächtigten zwecks Aufnahme der Verhandlungen ein- zaladen- Sie nimmt das von dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in -er Kongreßrede vom 8. Januar 1918 und in feine« späteren Kundgebungen, namentlich in der Rede vom 27. September ausgestellte Programm als Grundlage für , die FriedenSoerhandlongen an. Am weiteres Blutvergießen zn vermeiden, ersucht die deutsche Regierung, den sofortigen Abschluß eines allgemeinen Waffenstillstandes zu Lande, zu Master und in der Luft herbei« zuführen. Max, Prinz von Baden, Reichskanzler. Möge Gottes Segen auf der Arbeit des neuen Reichskanzlers sein. iLeoyafter Beifall.) Dos Haus tritt darauf in die Tagesordnung ein. Einziger Pu.rkt der Tagesordnung ist: Entgegennahme von M.tteiiungen oss Herrn Reichsk.nz.erS. Präsident Fehrenbach erteilt hierauf dem Reichs kanzler das Wort. Reichskanzler Prinz Max von Baden Gemäß dem Kaiserlichen Erlaß vom 30. September hat das Deutsche Reich «ine grundlegende Umgestaltung seiner polirischen Leitung erjahrcn. AlS Nachfolger des um sein Vaterland aufs höchste verdienten Grafen von Hertling bin ich von Se ner Majestät dem Kalter an die Ep.tze der neuen Negierung berufen worden. ES entspricht dem Wesen der nunmehr bei uns eingcsiihr.cn Regierungsweise, daß ich im Reichstage ohne Verzug vor der Oefsentlichkeit die Grundsätze darlege, nach denen ich mein veraniwortungsschwereS Amt zu führen gedenke. Diese Grundsätze sind, bevor Ich mich zu der Annahme der Kanzlergcschäfle entschloß, im L'nvernehmen mit den verbündeten Regierungen und mit den Führern der MehrhcÜSparlcien dieses Hohen Hauses festgelezt worben. Sie enihalten mithin nicht nur mein eigenes politisches Glaubensbekenntnis, sondern auch bas des weiküberwicgenden Teiles der d utschen Volksvertretung, also der deutschen Nai on, die den Reichstag aus Grund des allge- meinen, gleichen und geheimen Wahlrechts nach ihrem Wunsch zu sammengesetzt hat. Nur die Tatsache, daß ich die «äleberzeugung und den Willen der Mehrheit des Volkes hinter mir weih, hat mir die Kraft gegeben, in dieser schweren und ernsten Zeit, die wir miteinander erleb:», die Leitung der Reichsgcschäftc aus mich zu nehmen. Die Schultern eines einzelnen wären zu schwach, um allein die ungeheure Verantwortung tragen zu können, die der Regierung in her Gegenwart zusäil'. Nur wenn das Volk an der Bestimmung seiner Geschicke in weitestem Umfange tätigen Anteil nimmt, die Verantwortung sich aber mit auf die Mehrheit seiner frei erwählten politischen Führer erstreckt, kann der leitende Slaaksmann seinen Anteil an ihr im Dienste des Volkes und Vaterlandes mit Zuversicht übernehmen. Der Entschluß, dies zu k::n, ist mir besonders dadurch erleichtert worden, daß in die neu« Regierung auch maßgebende Vertrauensmänner der Arbeiterschaft z« bcn höchsten Aemtcra im Reiche gelangt sind. Ich sehe darin die sichere Bürgschaft dafür, daß die neue Regie- rung auf dem festen Vertrauen der breiten Massen des Volkes ge- tragen ist, ohne dessen üderzeugungslreue Gefolgschaft das Ganze von vornherein zum Mißlingen verurteilt wäre. Was ich heute hier auS- spreche, sage ich also nicht nur in meinem Nomen und in dem me'ner amtlichen Mitarbeiter, sondern auch im Namen deS deutschen Volkes. DaS Programm der Mehrheit, auf das ich mich stütze, enthält zunächst ein Bek:nnini< zu der Antwort der früheren Reichsregierung auf die Note des Papstes vom l. August 1V17 und die bedingungslose Zustimmung zu der Entschließung des Reichstages vom IS. Juli desselben Jahres. Die Lösung der vicl- umflriltene» belgischen Frage sieht es in der völligen Wiederherstellung Belgiens, insbesondere sciner Unabhängigkeit und seines GebielS- umfanges. Auch eine Verständigung über die Entschädigungs frag« fall angeftred» werden. Die bisher geflhlosfenrn Friedens verträge solle» kein Hindernis für den allgemeinen Friedensschluß werden. Es z«igt sich im besonderen, daß sich in den baltischen Lande«, in Litauen und Polen, als wir aus breiter Grundlage Volksvertretungen bildeten, di« nötigen Doraussetzungca f.hiten. Das Zustandekommen der >azu nötigen Voraussetzungen wollen wir ohne Verzug durch Eiasührvng der Zivttverwaltong fördern. Ihr« Verfassung und ihre Beziehungen zu den Nachbarvölkern sollen jene G. biete selb ständig regel«. In der inneren Politik habe ich durch die Methode, in der sich die R.gicrungsbiidong vollzog, klare und feste Stellring genommen. Aus meinen Vorschlag sind die Führer brr Mehr- hrilsparieien zu meinen mittelbaren Ratgebern bansen wordrn. Meine Herr««! Ich war der Ueberzeugung, daß die Einheitlichkeit der ReichS- l«Uo«a nicht a»r gewährleistet werden soll durch bloß« schematisch« Part«Iz»gehörigk«is der «inzelnen Regierungsmitglieder, sondern ich Hali« sa- «och siir wichtiger die Einheitlichkeit b«r Gesin nung. Vv« diesem Gesichtspunkte di« ich ausgegangen auch b i der Wahl meiner Mitarbeiter, di« nicht dem Parlamente angehören. Ich hab« bas größt« Geivicht daraus gelegt, daß die Mitglieder de« neue» Reichsleilung aus dem Standpunkt des Rechtssriedens stehen und — ««abhängig von der jetzigen Log« — daß sie sich zu diesem Stanb- pm»k1 deretts oss«n bekamit hab«« in «inem Zritpunkt, da wir aus b«r. Höh« «nserer militärische« Ersolg« -and««. Meine Herren! Ich bi«