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51. Jahrgang Donnerstag, den 9. Juli 1885 Nr. 80 spanische Politik unter Canovas del Castillo anbetrifft, sv bekundet sich in ihr ein energischer, fester Zug; namentlich muß die Annäherung Spaniens an Deutsch land als das ureigenste Werk des spanischen Minister präsidenten betrachtet und ihm zum hohen Verdienste angerechnet werden. Freilich, gerade jenseits der Pyrenäen haben nur zu oft derartige nüchterne Er wägungen den politischen Leidenschaften weichen müssen und letzteren wird wohl auch das Kabinet Canovas del Castillo zum Opfer fallen. Die Lage in Spanien. Das „Land der Kastanien" zieht gegenwärtig wieder einmal die Aufmerksamkeit durch zweierlei Um stände auf sich: durch die in seinem Süden ausge brochene Cholera-Epidemie, welche sogar schon ihren Weg bis in die Hauptstadt gefunden hat, und durch die im Kabinet Canovas del Castillo trotz aller gegen teiligen Versicherungen der Madrider Offiziösen augen scheinlich fortbestehende Krisis. Beide Äffairen stehen in einem inneren Zusammenhangs zu einander, welcher aus den Unruhen erhellt, die in Madrid anläßlich der von dem Ministerium gegen die Choleragefahr ange ordneten Maßregeln stattfanden und welche Unruhen das Kabinet Canovas del Castillo zu seinem allerdings bald wieder zurückgezogenen Demissionsgesuch veran laßten. Dem äußeren Anschein nach steht nun zwar das Kabinet Canovas wieder fest da; aber es scheint eben auch nur so, denn es ist ein offenes Geheimniß, daß der Boden unter dem gegenwärtigen konservativen Regierungssystem in Spanien bedenklich schwankt und daß alle antiministeriellen Parteien Spaniens trotz der sonstigen Verschiedenheit ihrer Ziele einander in dem Bestreben, das Ministerium zu stürzen, einmüthig in die Hände arbeiten. Die Ursachen dieses gemeinsamen Haffes zu er örtern, würde hier zu weit führen, Thatsache ist aber, daß das Kabinet Canovas del Castillo sich von allen Seiten bedroht sieht, was sich in so eclatanter Weise bei den Gemeinderathswahlen zeigte, bei denen die Ministeriellen in Folge des Zusammensteyens aller übrigen Parteien eine empfindliche Niederlage erlitten. Seitdem sind die Gegner des spanischen Ministeriums unablässig bemüht gewesen, den Sturz desselben herbei- zusühren und fast hätten sie durch die Madrider Tu multe ihren Zweck erreicht. Letztere haben aber den antiministeriellen Parteien gezeigt, daß sich die Cholera epidemie bei geschickter Benützung der Umstände in der That als Handhabe zum Sturze des Ministeriums eignet. Die Stimmung der Madrider Bevölkerung selbst — namentlich aber der industriellen und gewerb lichen Kreise, welche durch die ministeriellen Maßnahmen gegenüber der Seuche ihre Interessen bedroht fühlen — gegen die Regierung ist nach wie vor eine erbitterte und auch die Stimmung in der Provinz, speziell in den von der Cholera ergriffenen Landestheilen, scheint für die Negierung keine allzugünstige zu sein. Zwar sind der Ministerpräsident selbst und sein Kollege im Ministerium des Innern, Nomero de Lobledo, nach Murcia, dem Hauptherd der Epidemie, geeilt, nachdem sie den König Alfonso veranlaßt, aus politischen Rücksichten in der Hauptstadt zu bleiben. In Murcia haben die Minister Hilfskomitees ins Leben gerufen und ihnen eine nicht unbedeutende Summe angewiesen, von weiteren Maßregeln des Ministeriums gegen die furchtbare Krankheit hört man jedoch so gut wie gar nichts. Ueherhaupt hat es den Anschein, als ob die spanischen Behörden darauf angewiesen seien, alle Nachrichten über den Stand der Seuche zu unter drücken, denn seit beinahe einer Woche sind hierüber keinerlei offizielle Meldungen aus Spanien mehr ein gegangen und dies ist ein Umstand, der geradezu für ein bestehendes Vertuschungssystem spricht. Ein derartiges Verfahren wäre aber das Verkehr teste, welches die spanische Regierung einschlagen könnte und nur geeignet, die öffentliche Meinung des Landes noch mehr gegen sich herausznfordern nnd man wird vielleicht schon bald von Versuchen der antimini steriellen spanischen Parteien hören, diese tadelnswerthe Haltung des Madrider Kabinets zu ihren Zwecken auszubeuten. Ob freilich der Rücktritt desselben dem Lande zum Segen gereichen würde, wäre noch frag lich, während der nun zweijährigen Amtsthätigkeit des jetzigen konservativen Kabinets Spaniens haben sich die Finanzen, Handel, Industrie und Verkehr des Landes entschieden gehoben und was die auswärtige des Festes bezeichnete. Wie lange der Kehraus ge dauert, wie lange sich zärtliche Pärchen noch im raschen Tanze geschwenkt oder durstige Kehlen am Bierstoff gelabt, das entzieht sich der Kenntniß des Bericht erstatters, der mit dein Doppelwunsche schließt, daß das heurige Fest Allen wohl bekommen und das nächst jährige ebenso fröhlich und ohne Mißklang gelingen möge. — In verschiedenen Blättern der Umgegend war jetzt eine Korrespondenz aus Schm iedeberg zu lesen, die über eine unheimlich auftretende Krankheit zu be richten wußte, der in kurzer Aufeinanderfolge zwei Männer zum Opfer gefallen sein sollten; das ein geholte Gutachten des Bezirksarztes sei noch nicht be kannt. Wie wir nunmehr von eben dieser Stelle er fahren, ist an eine „unheimlich auftretende Krankheit" nicht im Geringsten zu denken und stehen die beiden bedauerlichen raschen Todesfälle in keinem auch noch so losen Zusammenhang miteinander. — Sr. Majestät der König haben geruht, die durch Pensionirung des Herrn Oberforstmeisters von Berlepsch zur Erledigung kommende Oberforstmeister stelle im Forstbezirke Grillenburg vom 1. November an den Herrn Oberförster Karl Oswald Titt mann auf Colbitzer Forstrevier (früher in Rehefeld) zu über tragen. Bärenfels. Ein recht hübsches Fest fand am vorigen Sonntage in unserem kleinen Dörfchen statt. Es galt die Weihe und Uebergabe des neugebauten Traktes vom sogenannten Zimmerwege, der Verbin dungsstraße zwischen Pöbelthal nach Hennersdorf und Ammelsdorf. Herr Oberförster Klette, der Veran stalter des Festes, hatte hierzu auch die Gemeinderäthe der beiden genannten Dörfer freundlichst geladen, die sich auch zahlreich eingestellt hatten. Nachdem ge nannter Herr durch eine kurze Ansprache am Anfangs punkte des neuen Weges, in der die Veranlassung zur heutigen Festlichkeit geschildert, einige Zahlen über Kosten (4800 M.), Länge (840 Meter), Steigungs verhältnisse (6 Prozent) gegeben und ein Hoch auf Se. Majestät, „dem Schirmherrn des Waldes" aus gebracht hatte, dankte Herr Erbrichter Richter-Ammels- dorf im Namen der umliegenden Gemeinden dem Herrn Oberförster für die Herstellung des Weges. Sodann bildete sich ein stattlicher Festzug unter Vor antritt der Musik, der sich in den hiesigen Gasthof begab, um mit einem solennen Balle („Wurzelball") und gemeinschaftlicher Mahlzeit abzuschließen. Wahr haft wohlthuend war der liebenswürdige Verkehr zwischen Vorgesetzten und Untergebenen. Altenberg. Der hiesige Ziyeigverein der Gustav- Adolf-Stiftung wird sein diesjähriges Jahresfest am 12. Juli in Liebenau abhalten. Herr Pastor Gott - löber-Börnersdorf hat dabei die Predigt und der Ortspfarrer, Herr Pastor Fiedler, die Erstattung des Jahresberichts übernommen. Glashütte. Die Sommerferien der „deutschen Uhrmacherschule" beginnen wegen des deutschen Turn festes in Dresden bereits mit dem 15. Juli Nachm. und enden den 29. Juli. — Der Besuch der Schule hat dieselbe Höhe wie voriges Jahr: 51 Schüler, darunter befinden sich 6 von Glashütte, außerdem noch 12 Sachsen, 21 aus dem übrigen Deutschland, je 3 aus Oesterreich-Ungarn und Nordamerika, je 1 aus Holland, Rumänien, Rußland, Spanien, Luxem burg und Australien. Den theoretischen Unterricht besuchen außer obigen Schülern noch 13 Zuhörer von hier. Kreischa. Am Sonntag Nachmittag ist das dem Hausbesitzer Julius König gehörige Wohngebäude infolge kalten Blitzschlages erheblich beschädigt worden, indem der Blitz das äußere Mauerwerk ruinirt, ver schiedene Fenster rc. zertrümmert und das Dachwerk sammt Essenköpfen demolirt hat. Lokales rmd Sächsisches. Dippoldiswalde, 8. Juli. Die Hoffnung, daß sich am zweiten Festtag des Schießens das Wetter noch günstig gestalten werde, erfüllte sich nur theilweise. Das Vormittag 11 Uhr im Schützenzelte beginnende Königsfrühstück verfloß in ungetrübter Heiterkeit ohne — wässerige Niederschläge. Auch Heuer hatten die Könige statt des früher beschränkteren Kreises die ge- sammte Schützengesellschaft nebst einigen anderen Gästen zu dem betr. Frühstück eingeladen und sich dadurch den Dank des sehr heiter angeregten Kreises erworben, der sich in zahlreichen, launigen Trinksprüchen denn auch kund gab. Zum Auszuge, am Nachmittage, hatte sich — ob eingeladen oder nicht, haben wir nicht in Erfahrung bringen können — auch „Dippold mit ritterlichem Gefolge" eingestellt, der indeß bei dem festgebenden Kreise sich einer gastfreien Aufnahme kaum erfreut haben kann, was wir aus dem Umstande schließen, daß sich derselbe am Dienstage, jedenfalls von Hunger und Durst gepeinigt, begleitet von einer einen Tragkorb tragenden Bauerfrau, zu einem Bitt gänge veranlaßt sah, der ihm denn auch Viktualien für längere Zeit eingebracht haben mag, falls nicht etwa gar seine Wirthe, die Schützenbrüder eine Theilung nach sozialdemokratischen Grundsätzen erzwungen haben. Ein Nachmittag von 5 bis 6 Uhr einfallender Platz regen störte zwar einigermaßen die Anwesenden und verhinderte reichlichen Zuzug von auswärts, beein trächtigte jedoch keineswegs die Festlaune, welche sich bei der recht hübschen Illumination bis in die Nacht stunde erhielt. Das Volkstheater hatte bei wiederholter Darstellung seines Nepertoirstücks stets volles Haus. Die Würde des Vogelkönigs erschoß sich selbst Herr Stadtgutsbesitzer O. Müller, während Herr Rentier Fischer beim Vogel die Marschallswürds erlangte. — Mittwoch früh wurde das Schießen nach der Scheibe fortgesetzt und bald waren soviel Nägel geschossen, daß sehr genau abgezirkelt werden mußte, wer schließlich in das allercemralste Centrum getroffen hatte. Nach gewissenhaftester geometrischer Vermessung zeigte es sich denn endlich, daß Herr Mühlenbesitzer Röllig für dieses Jahr mit der Würde des Scheibenkönigs zu betrauen sei, während Herr Strohhutpresser Fallgatter den nächst besten Schuß gethan hatte und als Marschall prokla- mirt wurde. — Der Nachmittag des Dienstag war übrigens, wie üblich, besonders der Belustigung der lieben Schuljugend gewidmet. Das stets eine große Zuschauermenge herbeiziehende Stangenklettern, Wurst schnappen und andere Spiele, angegeben und geleitet von darin wohlerfahrenen Schützenbrüdern, und Um züge mit und ohne Musik belustigten die Kinder in hohem Grade, zumal es hübsche Prämien gab und auch der frische Trunk nicht fehlte. — Sehr hübsch gestaltete sich am Dienstag Abend der Einzug. Von bunten Laternen begleitet, ging diesmal der Weg durch die niedere Vorstadt, die Altenberger Straße herauf auf den Markt. Viele Häuser waren ganz oder doch zum Theil illuminirt, und bengalische Flammen be grüßten den vorübergehenden Zug. Auf dem Markte wurden verschiedene Hochs ausgebracht, und dann löste sich der von Schützen, Turnern und Feuerwehrleuten, sowie einer stattlichen Anzahl junger Damen gebildete Zug. Natürlich begab sich Alles nochmals auf die Aue, wo das von Herrn Pyrotechniker Heller-Dresden hergestellte sehr nette Feuerwerk den offiziellen Schluß Amtsblatt Verantwortlicher Redakteur: Carl Irhne in Dippoldiswalde. Inserate, «eiche bet der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung'finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile MPfg. „Wel-ttttz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. SS Pfg-, zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Stummer» 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein