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Wcheritz-Mung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 74. Jahrgang. Donnerstag, den 26. November 1808. Nr. 136. Amtsblatt für die Königliche Ymtshaupimmulchaft, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mtt achtfeittgem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tage« wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jelpir. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. WnW Atzung Ser AMvemönckn zn WuIitWalile ävu 27. Aoromdor 1S08, abends s Uhr, im Sitzungszimmer des Rathauses. Die Tagesordnung hängt im Rathause aus. Inserate werden mit » Psg., solche au» unser« Amtshauptmannschaft mit 12Pfg.die Späteste oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. ZV Psg. - Tabellarisch« und koinplizierteJnserate mit entsprechendem Auf schlag. Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Psg Die .Meitzeritz-Zeitang» «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wnd an den vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- galten, Postboten, sowie «nsereAusträger nehmen Bestellungen an. Zn den Balkanwirren.M^P Die verwickelte Krisis im europäischen Orient beginnt, nachdem sie in letzter Zeit einen schwankenden Charakter gezeigt hatte, sich einigermaßen wieder zu verschärfen. Dies gilt namentlich von den Beziehungen zwischen Oesterreich- Ungarn und seinem kleinen Nachbarstaat im östlichsten Winkel der Balkanhalbinsel, dem Fürstentum Montenegro. In Montenegro zeigt man sich plötzlich fast noch kriegs- wütiger gegen die große habsburgische Nachbarmonarchie, als bislang Serbien; Montenegro reflektiert auf einen guten Teil der Herzegowina und scheint stark verschnupft darüber, daß Oesterreich-Ungarn diese erhoffte Beute vor der Nase wegschnappen will. Daher tritt denn das Fürsten tum der Schwarzen Berge seit ein paar Tagen ungemein säbclrasselnd gegenüber Oesterreich auf. Die Montene griner haben die Berge rings um Caltaro mit schweren Geschützen armiert, deren Mündungen gegen Cattaro ge richtet sind. Besonders das Hanptplateau des Lovcen und die steilen Serpentinen der Straße Cetinje-Cattaro sind mit Geschützen armiert, unter denen sich auch die sechs grogen von Italien gespendeten Kanonen befinden, die man von Cattaro aus sehr deutlich durch das Fernrohr erkennen kann. Die gesamte männliche Bevölkerung Montenegros ist unter Waffen. Oberhalb der österreichi schen Grenze haben die Montenegriner Verschanzungen angelegt, auch wurden längs der ganzen Grenze montene grinische Schildwachen überall stufenweise aufgestellt. Auch der Dugapaß, welcher den Eingang aus der Herzegowina nach Montenegro bildet, ist von den Montenegrinern stark befestigt worden und 8000 Mann stehen zu seiner Ver teidigung in Nichsic bereit. Schließlich wird noch ver sichert, daß starke und wohlbewaffnete montenegrinische Banden bereit stünden, auf einen Wink aus Cetinje sofort in die Herzegowina einzufallen. Das ist natürlich ein bedenkliches Spiel mit dem Feuer, welches die montene- grinische Kriegspartei treibt, und man kann nur hoffen, daß die europäische Diplomatie der Regierung des Fürsten Nikita ernstliche Vorstellungen macht, um dies Kriegstreiben wieder einzudämmen. Auch die Beziehungen Oesterreich- Ungarns zu Serbien bleiben fortgesetzt kritische, obwohl sich die serbische Kriegspartei in letzter Zeit unter dem in Belgrad ausgeübten diplomatischen Druck der Mächte zur Mäßigung etwas geduckt hatte. Aber die Spannung zwischen Wien und Belgrad bleibt gleichwohl bestehen, ja, sie dürste infolge eines neuerlichen Zwischenfalles so- gar wieder eine Verschärfung erfahren. Hierüber meldet das Belgrader Blatt „Politik": Als Kronprinz Georg Freitag nachmittag zu Fuß von scinem Palais nach dem Konak ging, begegnete ihm der österreichische Gesandte Graf Forgasch, ohne ihn zu grüßen. Der Kronprinz rief: „Es scheint, daß Sie mich nicht kennen wollen!" Daraus zog Graf Forgasch den Hut und wollte sich beim Kron prinzen entschuldigen. Der Kronprinz kehrte jedoch Graf Forgasch den Rücken und ließ ihn stehen. Es bleibt einst weilen abzuwarten, welche etwaigen Folgen der mindestens peinliche Vorgang zeitigen wird. Was das türkisch-bul garische Verhältnis anbelangt, so hat es bis in die neueste Zeit hinein nicht an widersprechenden Nachrichten hier über gefehlt, bald sollte die Türkei und Bulgarien vor einer freundschaftlichen Verständigung stehen, bald sollten ihre gegenseitigen Beziehungen nahe am Gefrierpunkte an gelangt sein. Jedenfalls dauern aber die zu Konstan tinopel geführten bulgarisch, türkischen Verständigungsver handlungen fort, auf beiden Seiten scheint man Neigung zu bezeugen, wegen der Orientbahn und der anderen strittigen Punkte einen wockus vivencki aufzusinden, sodaß vorerst mit der Möglichkeit oder sogar Wahrscheinlichkeit des Ausbruchs eines Krieges zwischen Bulgarien und der Türkei nicht zu rechnen ist. Ungewiß bleibt nach wie vor das Schicksal der von Rußland angeregten Orient konferenz. Noch immer wird zwischen den Kabinetten über das Konferenzprojekt hin- und herverhandelt, aber auch jetzt weiß noch niemand genau, wie der Konferenz hase eigentlich läuft. Wie es scheint, bestehen die in der Konferenzfrage sich zeigenden Schwierigkeiten hauptsäch lich ist den Meinungsverschiedenheiten zwischen Oesterreich- Ungarn und Rußland hinsichtlich des Konferenzpro grammes, die offenbar noch lange nicht beseitigt seien. Zweifellos aber würde das Scheitern des Konferenz gedankens eine Verschärfung der Balkankrisis bedeuten. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. In vier Wochen ist Weihnachten! Schon jetzt erfolgen in Familienkreisen Besprechungen über die Art der Geschenke, und man ist sich meist nur noch nicht klar, wo die Geschenke gekauft werden sollen. Des halb sei allen Geschäftsinhabern ein frühzeitiges Aufgeben der Weihnachtsinserate empfohlen. Das Inserieren hat sich bisher stets gelohnt, wie zahlreiche Urteile aus allen Branchen beweisen! — Alle diejenigen, die mit dem l. Oktober das Recht zur Anleitung von Lehrlingen verloren haben (und es ist das der größere Teil der Angehörigen des Hand werkerstandes), Selbständige und Unselbständige, und die sich bis jetzt dieses Recht durch eine entsprechende Aus fertigung der Aufsichtsbehörde für die Zukunft noch nicht gesichert haben, seien darauf aufmerksam gemacht, daß die Frist zur Einreichung diesbezüglicher Gesuche am I. De zember d. I. schon abläust. -- Nächsten Sonntag veranstaltet der Turnverein „Jahn" wieder ein öffentliches Konzert, zu welchem die Uebungen schon lange im Gange sind, besonders die zu einem eifektooilen Reigen. Die Besucher der vorjährigen und vorvorjährigen Veranstaltung gleicher Art werden sich noch gern des damals Gebotenen erinnern und in erster Linie der gebotenen vorzüglichen turnerischen Leistungen. Alles in allem: Es steht ein genußreicher Abend in Aussicht. — Mittlere Niederschlagsmengen (mm oder l auf den qm) und deren Abweichungen von den Normalwerten in den uns benachbarten Flußgebieten, 2. Dekade, November: Vereinigte Weißeritz: beob. 6, norm. 15, Abwchg. -9; wilde Weißeritz: beob. l l, norm. 20, Abwchg. —9; rote Weißeritz: beob. y, norm. 20, Abwchg. — ll; Müglitz: beob. 8, norm, 19, Abwchg. — ll. Börnersdorf. Gleichwie im vergangenen Winter wird Herr Pfarrer Krause auch in diesem Jahre in Kühns Gasthof einen Fortbildungskursus für Erwachsene abhalten. Behandelt soll in diesem Winter werden: Versicherungs- wesen, Verträge des täglichen Lebens, Wechselrecht und Erbschaftsrecht. Zu dem vollständig unentgeltlichen Kursus haben sich bisher 14 Teilnehmer gemeldet, die sich aus allen Berufen zusammcnsetzen. — Kommende Woche be ginnen auch wieder die allwöchentlich Donnerstag abends 8 Uhr stattfindenden Bibelstunden. Sie werden wechsel weise in Börnersdorf und Hennersbach abgehalten. Der Ortspfarrer wird in ihnen sprechen über die Themata: Was erzählt uns die kirchliche Chronik von Börnersdorf? und Leute und Werke der Inneren Mission mit besonderer Berücksichtigung Sachsens. — Die am Totensonntag ein gesammelte Kollekte für die evangelischen Deutschen im Auslande ergab den ansehnlichen Betrag von 11,55 M., das sind 3,05 M. mehr als 1007. — Es ist verschiedent lich die irrige Meinung aufgetreten, in diesem Jahre fände hierorts kein Christspiel statt. Dem ist nicht so. Nachdem kürzlich die König!. Bezirksschulinspektion liebenswürdiger weise die Genehmigung zur Mitwirkung einiger Kinder aus der Oberklasse erteilt hat, sind die Vorbereitungen im vollsten Gange. Als Spieltage sind der 1. und 3. Weih- nachtsfeiertag in Aussicht genommen worden. Um des guten Zweckes willen — ein etwaiger Reingewinn fließt kirchlichen baulichen Zwecken zu — ist wieder ein reger Besuch gleich wie in den Vorjahren sehr zu wünschen, zumal den Ausführungen stets ein hoher künstlerischer Wert nachzurühmen war. Dresden. Die in der letzten Stadtverordnetensitzung beschlossene Einführung einer Umsatz- und Zweig geschäftssteuer würde der Stadt Dresden eine Mehr einnahme von jährlich rund 300000 Mark sichern, voraus gesetzt, daß die Einführung dieser Steuer von der Kreis hauptmannschaft Dresden und dem Kreisausschuß ge nehmigt wird. — In der sächsischen Zweiten Kammer kam es am Dienstag zu erregten Auseinandersetzungen zwischen den Nationalliberalen und dem Präsidenten. Die national- liberale Fraktion sprach dem Präsidenten ein Mißtrauens votum aus. Dieser erklärte, trotzdem sein Amt bi» zum Schlüsse der Session weitersühren zu wollen. — Die Fleischerinnung in Schneeberg beschloß, den 8 Uhr-Ladenschluß einzuführen. - ^öorna, 24. November. Gestern abend um l/26 Uhr wurde durch einen Schnellzug bei Kieritzsch ein Geschirr vom Rittergut Deutzen überfahren. Der Knecht und zwei Pferde waren sofort tot. Die Veranlassung zu dem Un glück bildete der Umstand, daß die Schranken nicht ge schlossen waren. Leipzig. Die Direktion der Großen Leipziger Straßen- bahn hat in dankenswerter Fürsorge für das Fahrpersonal an sämtlichen Endstationen ihrer Linien Zimmer gemietet, in denen die Leute sich während der Fahrtpausen aus wärmen, essen und sich reinigen können. Leipzig, 24. November. König Friedrich August traf heute vormittag 9,16 Uhr aus dem Dresdner Bahn- hofe hier ein. Der König begab sich sofort nach Gohlis, um dem Soldatenheim einen Besuch abzustatten. Nach einem Rundgange durch das Haus ritt der König mit seiner Begleitung nach der Kaserne des 107. Regiments. Hier hatten die zur Vereidigung befohlenen Mannschaften vor einem Altar Aufstellung genommen. Der König hielt dabei folgende Ansprache: „Es gereicht mir zur besonderen Freude, diesen wichtigen Tag mit den jungen Soldaten meines Leipziger Regiments zusammen feiern zu können. Auf die große Wichtigkeit und Heiligkeit des von Ihnen geschworenen Eides sind Sie schon von berufener Seite hingewiesen worden. Es erübrigt mir nur als Ihr König und Chef der Armee Sie darauf hinzuweisen, daß ich von Ihnen erwarte, daß Sie der heiligen ernsten Pflicht, die Sie heute übernommen haben, sle's eingedenk leien, in Krieg und Frieden, in guten wie in bö en Tagen, denn es ist wahrlich keine leichte Aufgabe, die dem Soldaten jetzt gestellt wird. Meine Armee hat bis jetzt in allen Zeiten eine geachtete Stellung innerhalb des großen deutschen Heeres eingenommen. Gebe Gott, daß es stets so bleibe zu ihrem Heile und zur Freude mir und unserem geliebten Sachsenlande, zum Ruhme unseres großen deutschen Vaterlandes, an dessen erhabenes Oberhaupt, meinen treuen Freund und Bundesgenossen zu erinnern, unsere Pflicht in dieser feierlichen Stunde ist. Zur Bekräftigung dieser Ge sinnung fordere ich Sie auf, mit mir in den Ruf einzu- jtimmen: Se. Majestät der Kaiser Hurra! Hurra! Hurra!' Der kommandierende General brachte ein dreifaches Hoch auf den König aus. Darauf wurde die Vereidigung vor genommen. Ein Parademarsch schloß die Feier Un mittelbar darauf kehrte der König nach der Stadt zurück, und trat um 11,05 Uhr die Rückreise nach Dresden an. ; Grünhain, 23. November. Ihren 70jährigen Hoch zeitstag feierten gestern der 92jährige Privatmann Karl Eduard Melzer und dessen Gattin Christiane Friederike geb. Grabner hier. Aus diesem Anlaß wurde das Jubel paar vormittags l/212 Uhr vom Kirchenvorstand besucht und durch Pfarrer Walther und Bürgermeister Nestler, der mit der Mehrzahl der Kirchenvorstandsmitglieder zugleich den Stadlgemeinderat vertrat, herzlich beglückwünscht. Pfarrer Walther, welcher der eindrucksvollen Beglück wünschung und Einsegnung die Bibelstelle zugrunde legte: „die Liebe höret nimmer auf", überreichte das von dem König für das Jubelpaar erhaltene, kostbar gerahmte Königsbild und 100 M. Bargeschenk, worüber die Emp fänger natürlich hoch erfreut sind. Aue. Der Gutsbesitzer und Stadlrat Christian Günther hat dem Bürgerverein und damit der gesamten Bürger schaft ein Grundstück von etwa 7000 qm Größe geschenkt. Das Grundstück soll zur Errichtung eines Bürgerheim» dienen. Aue. Zu der bekannten Krankenhaus-Angelegen heit, die seinerzeit großes Aussehen erregte (man hatte den Bestimmungen gemäß einem an Diphtheritis erkrankten Kinde die Aufnahme verweigert, weil nicht die nötigen polizeilichen Aufnahmescheine vorlagen, und der kleine Patient war auf dem Wege zum nächsten Arzt verschieden), wird jetzt dem „L. T." aus Dresden berichtet, „da» Mini sterium habe Veranlassung genommen, die Kreishaupt- mannschast Zwickau zum Einschreiten zu bringen, und zwar