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MOmfferTageblatt uns mit allen Deutschen zu einem freien, wehrhaften Reich von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt." Unter dem Geläute der Domglocken. Zu einer von sämtlichen bürgerlichen Parteien veran stalteten großen Kundgebung aus dem Domplatz in Köln hatte sich eine nach Zehntausenden zählende Menge ein gefunden, um gegen die Schuldlüge und gegen die Fortdauer der Besetzung zu protestieren. Mit dem unter dem Geläute der Domglocken gemeinsam gesungenen Deutschlandlied erreichte die Kundgebung ein würdiges Ende. — Und so fanden. in allen Städten des Reiches öffentliche Kundgebungen statt, in denen besonders der Vorwurf der deutschen Kriegsschuld mit Nachdruck zurück- gewiesen wurde. Nebenher gingen zahllose Aufrufe vonVerbändenundBünden, die alle das gleiche Bekenntnis ablegten. Zurück zum Reich! Eine große gemeinsame Saarkundgebung veranstalteten die politischen Parteien des Saargebiets in Saarbrücken. Sie hatte den Zweck, den unerschütterlichen Willen der Saarbevölkerung zur baldigen Rückgliederung zum Reich machtvoll zum Ausdruck zu bringen. In dem „Zurück zum Reich" überschriebenen Aufruf heißt es: „Die Welt soll wiederum die Stimme der gegen ihren Willen vom Vaterland getrennten Saarbevölkerung hören, die ernst und dringlich verlangt, zugleich mit der Rhein landräumung zum Vaterland zurückzukehren." Ein Mitzton. Deutschvölkische Studenten veranstalteten in Berlin Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der G^ch^stsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 NM., bei Postbrstellung 2 NW. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern tSNpfg.AllePoslanstalten ÄVOthenöltlll sük IBilsdZ'rE U. "NMbttbNv Postboten und unsereAus- trägerund Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. 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Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 149 — 88. Jahrgang Te egr-Adr „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Sonnabend, den 29 Juni 1929 AUW»»« »»»MM«»»»!! «»»WM»!!! ÜW1MIÜNNMM USNNIM— > IM k" , Nr. SWt Ml del! Wiz-W Lteberraschungen. Kampf um das Republikschutzgesetz. — Zwei Minister präsidenten. — Gratis und franko. Wer ein Freund nicht nur mit der Zunge zu schmek- kender, sondern auch parlamentarisch-politischer Lecker bissen ist, der kann in diesen kühlen Sommertagen sehr gut auf seine Kosten kommen. Der Reichstag taumelte förmlich durch ein unübersehbares Gewirr von Notgesetzen und Hilfsmaßnahmen, von Entschließungen und nament lichen Abstimmungen dem vorläufigen Abschluß seiner Beratungen entgegen, und Regierung und Opposition mußten sich in die unausbleiblichen Überraschungen teilen, die bei einer notwendigerweise so überstürzten Massen abschlachtung eines gewaltig aufgelaufenen Arbeits programms immer herauszukommen pflegen. Die Rechts parteien haben eine ziemlich empfindliche Einschränkung des der Landwirtschaft ursprünglich zugedachten Zoll schutzes hinzunehmen, während das Reichskabinett zu sehen muß, wie ihm das Republikschutzgesetz einstweilen einmal aus der Hand gewunden wird, besten Ver längerung auf drei Jahre es beantragt hatte, während der Reichstag es schon in zweiter Lesung nur noch ein Jahr in Kraft lassen wollte. Jetzt ist es völlig unter den Tisch gefallen, da die Wirtschaftspartei, verärgert durch die Haltung der Regierungsparteien in einer wichtigen Frage des Privateigentums, aus der Reihe tanzte. Frei lich ist das letzte Wort auch in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen: wenn erst der Herbst ins Land kommt, wird Herr Severing den Reichstag abermals mit der gleichen Vorlage befassen. So arg wie im Freistaat Sachsen wird es in der Reichshauptstadt allerdings schon nicht gut werden können. Dort leistet man sich im Augenblick den Luxus von zwei Ministerpräsidenten. Den einen hat das neugewählte Parlament im dritten Wahlgang an die Spitze der Re gierung berufen, während der andere, das bisherige Oberhaupt der Negierung, feierlich erklärt, seinen Posten nicht ausgeben zu können, weil diese Wahl noch seiner Meinung nicht ordnungsmäßig zustande gekommen sei. Vielleicht wird auch hier wieder erst irgendein Staats- gerichtshof in Anspruch genommen werden müssen, den Streit zu schlichten; bis dahin einigen sich die beiden Herren möglicherweise dahin, daß der eine an den geraden, der andere an den ungeraden Tagen die Sachsen „regiert". Unfraglich aber laufen wir, wenn das so weiter geht mit dem Parlament- und mit dem Regierung spielen in deutschen Landen, Gefahr, uns einigermaßen lächerlich zu machen in der großen Welt draußen jenseits der Reichsgrenzen, wo man Verfassungsfragen dieser Art doch ungleich ernster zu behandeln gewohnt ist. Auch in Mecklenburg weiß noch kein Mensch zu sagen, wie die neue Regierung aussehen soll, die der eben gewählte Landtag demnächst einsetzen muß. Aber andererseits: auch im Lager der Nutznießer des Versailler Vertrages ist nicht alles Gold, was glänzt. Herr Poincarö bekommt früher, als er es wohl gedacht hatte, den Wechsel der Dinge zu spüren, der mit dem Siege der britischen Arbeiterpartei sich entschieden hat. Die Regierung des Herrn Macdonald steht ihm nicht mehr so selbstverständlich zur Verfügung, wie Herr Chamber lain zu tun für richtig gehalten hatte. Sie hat als Kon ferenzort zur Regelung der Folgerungen, die aus dem Young-Plan zunächst gezogen werden sollen, London in Vorschlag gebracht, während der französische Minister präsident sich schon förmlich in den Gedanken verliebt hatte, diese Zusammenkunft von Regierungshäuptern unter seinem Vorsitz in Paris sich vollziehen zu sehen. Es sind nicht gerade wohlgesetzte Liebenswürdigkeiten, die wegen dieser Meinungsverschiedenheiten nun über den Ärmelkanal herüber- und hinübergehen, und fast steht es so aus, als hätte man in Paris bereits eine deutliche Empfindung davon, daß auf diese erste Überraschung noch viel unbequemere Eigenwilligkeiten des neuen Be herrschers des Britischen Reiches folgen könnten. Einst weilen redet Herr Poincarö immer noch stunden- und tagelang vor den zuständigen Kammerausschüssen über Aufwertungs- und Schuldenfragen und über Gott und die Welt. Kein Mensch weiß vorläufig zu sagen, worauf er mit diesen erstaunlichen Zungenleistungen eigentlich hinauswill, und warum er, nachdem er es mit der grund sätzlichen Annahme des Young-Planes zuerst so furchtbar eilig hatte, nun plötzlich einer Vertagung der politischen Konferenz bis in den August hinein das Wort redet. Meint er, daß er die Deutschen noch möglichst lange nach der Räumung des Rheinlandes zappeln lassen solle, damit sie auf diese Weise für die Bewilligung weiterer Zuge ständnisse, sei es am Rhein, sei es an der Saar, oder sei es am Rhein und an der Saar, gefügig werden? Die Rheinländer zucken die Achseln, wenn sie von solchen Zu mutungen hören; verlangen jetzt die Räumung ihres Gebietes „gratis und franko" und nicht „per Nachnahme", und sie werden nicht zugeben, daß um ihretwillen etwa neue Schachergeschäfte eingeleitel werden, nur damit Herr PoincarS bei guter Laune erhalten wird. Er wird sich schon, so oder so, in das Unvermeidliche fügen müssen. Die Aussicht besteht, daß ihm der englische Minister präsident dabei zu Hilfe kommt. Überraschungen, die Macdonald der Welt nach dieser Richtung hin zu bereiten gedenkt, sollen uns jedenfalls durchaus willkommen sein. Dr. SY. Die pariser Vereinbarungen. Eine Rede in München. Der Hauptausschutz des Deutschen Industrie- und Handels tagcs hielt in München eine große Versammlung ab, vor der Reichsbankpräsident Dr. Schacht über die Pariser Sach» vcrständigenkonferenz und deren Abmachungen sprach. Der Versammlung wohnten auch zahlreiche Vertreter der Staats- und Rcichsbchörden bei, unter anderen der bayerische Minister präsident Dr. Held, Innenminister Dr. Stützel, Finanz minister Schmelzer, als Vertreter der Reichsregierung Herr v. Haniel. Anwesend waren weiter der frühere Reichswirtschasts- minister Hamm und der Präsident des Reichsfinanzhoses Jahn. Nach der Rede dankte Präsident v. Mendelssohn Herrn Dr. Schacht für die aufopfernde Leitung der Pariser Ver handlungen. Kein erfreuliches Ergebnis. Dr. Schacht nannte in der Einleitung das Ergebnis der Pariser Sachverständigenlonserenz für Deutschland nicht erfreulich. Wenn die deutschen Vertreter dennoch unter schrieben hätten, ganz gleich, ob aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen — einzig und allein komme in Betracht, ob für das zukünftige Wohl des deutschen Volkes etwas er reicht werden konnte. Die Sachverständigen hätten lediglich nach ihrem Wissen und Gewissen gehandelt. Mit der deut schen Regierung und der deutschen Wirtschaft, sowohl Arbeit gebern wie Arbeitnehmern, mutzten sie selbstverständlich Füh lung unterhalten. Das Ergebnis kann nur dann richtig ge würdigt werden, wenn man es in den Gang des großen politischen Geschehens einreiht, übertriebene Erwartungen hatten von vornherein keine Aussicht aus Erfüllung. Zweifel los ist es bedauerlich, daß die französische Politik unser moralisches Recht auf die sofortige Räumung des Rheinlandes mit der Frage finanzieller Entschädigungen zu verquicken ver suchte Es war unmöglich, Fragen der großen Politik auszurollcn, wie etwa die Kriegsschnldlüge oder Besprechungen über die Rheinlandrkumung, die Rückgabe des Saargebicts, die Herbei führung einer unparteiischen Abstimmung über Eupen- Malmedy, die Wiedergutmachung des oberschlesischen Unrechts, die sinnlose Abtrennung Ostpreußens vom Reich, den Raub des deutschen Privateigentums oder die Wegnahme der deut schen Kolonien. In allen Erörterungen haben die deutschen Delegierten sich auf rein wirtschaftliche und finanzielle Gcdankengänge be schränkt. Eine Abschätzung der jährlichen Reparationsleistungen mußte nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgenommen werden. Die Gegner wollten aber bestimmte, schon fest liegende Mindestzahlungen von Deutschland erhalten. Das Memorandum der deutschen Sachverständigen vom 17 April machte den Gedanken klar, daß die Ansprüche der Gläubiger- nationen nicht weiter gehen konnten als bis zu einer der deutschen Leistungsfähigkeit entsprechenden ver nünftigen Grenze. Sollte die deutsche Leistungsfähigkeit gehoben werden, so erschien insbesondere eine Steigerung der deutschen landwirt schaftlichen Produktion, eine größere Ausnahmebereitschaft dv deutschen Märkte für deutsche Waren und eine stärkere selbständige Rohstoffversorgung der deutschen Industrie not wendig- Der NetchSbankpräsidem erörterte darauf die bekannten Vorgänge und das Handeln um die Höhe der jährlichen Zahlungen, und kritisierte die uneinheitliche Haltung der deut schen Presse. Schließlich sei für die deutschen Sachverständigen der Augenblick gekommen zur Entscheidung, ob es besser sei, die Konferenz ergebnislos auseiandergehen zu lassen oder auf den vom Vorsitzenden gemachten Vermittlungsvorschlag einer Durchschnittsjahreszahlung von 1988,8 Millionen Mark einzngehen. Sie suchten die für Deutschland notwendigen Sicherungen in den Plan einzubauen. Dr. Schacht ging im einzelnen noch auf diese Sicherungen ein und aus die geplante Bank für den internationalen Zahlungsausgleich Diese Bank werde ihre Aufgabe erfüllen, wenn sie zur Verfügung stehende Mittel dazu verwende, um den Welthandel und Deutschlands Anteil daran zu beleben Wenn die deutschen Sachverständigen den Young-Plan endlich empfohlen haben, so ist darauf hin zuweisen, daß grundsätzlich eine Verständigungspolitik mit den Gegnern die einzige Möglichkeit bietet, in geduldiger, friedlicher Arbeit aus der verhängnisvollen Lag« herauszu kommen. in die uns der verlorene Krieg gebracht hat. Gewaltsame Befreiungspolitik ist nicht möglich. Solange jedoch die innere Zerrissenheit und Zerklüftung im deutschen Volke andaueri. wird es noch ungeheurer Erzie hungsarbeit bedürfen, um aus dem jetzigen Zustand heraus zukommen. Diejenigen, die an die Zukunft des deutschen Volkes noch glauben, müssen sich mutig und ehrlich auf den demokratischen Boden stellen, aus dem allein eine Gemein schaftsarbeit für eine bessere Zeit erwachsen kann. Die materielle Grundlage für das Leben der breiten Masten in Deutschland muß nach Möglichkeit erhalten und ausgebaut werden. Ohne ausländisches finanzielles Vertrauen zu Deutschland erscheint eine wirtschaftliche Erholung als ausge schlossen. Der Redner empfahl zum Schluß Besserung und strenge Ordnung in der deutschen Finanzwirtschaft, Sparsamkeit vom Reich herab bis zu den Gemeinden. Er hoffte, daß sich keine parlamentarische Mehrheit in Deutschland finden werde für die politische Ratifizierung des Young-Planes, wenn nicht die sofortige bedingungslose Räumung dcS Rheinlandes und eine befriedigende Regelung der Saarfragc erfolge. Der Young. Plan muß ein Frirdcnsinstrumcnl sein oder er wird über- haupl nicht sein. * WWW der KoMzer Mr m 1. SepttMer? Paris, 28. Juni. Wie von unterrichteter Seite verlautet, soll das Oberkommando der Besatzungstruppen im Rheinlaich Weisung erhalten, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, da mit die Räumung der Koblenzer Zone am 1. September vorge nommen werden kann. Außerdem versichert man, daß die Besprechungen, die Pvin- care am Freitag mit dem Gouverneur der Bank von Frankreich, Moreau, hatte, der bekanntlch Führer der französischen Gruppe auf der Pariser Sachverständigenkonferenz war, sich u. a. auch auf die Frage bezogen, wie die Sachverständigen sich die Rege lung der Besatzungskostenfrage nach dem 1. September denken. Ter Tag von Versailles. Protest! Protest! Protest! Machtvolle Kundgebungen gegen die Kriegsschuldlüge. Die Erinnerung an den Tag von Versailles, der Deutschland vor zehn Jahren die politischen und wirt schaftlichen Fesseln brachte, unter denen es seufzt und noch lange leiden soll, ries in allen Teilen des Reiches und in den abgetrennten Gebieten machtvolle Kundgebungen hervor. Protest und immer wieder Protest! Das war der Grundton, aus den alle Verlautbarungen abgestimmt waren. Ob in den Parlamenten sich die Ver treter der Länder versammelten oder unter freiem Himmel zum Geläut der Kirchenglocken die Menge zusammentrat, um des Trauertages zu gedenken, überall wurde das Be kenntnis laut, nicht müde zu werd«r im Kampf gegen die Kriegsschuldlüge und die sich auf ihr aufbauende schwere seelische und wirtschaftliche Belastung. Von der Maas bis an die Memel. So fand auf einer Massenversammlung im Ber liner Stadion eine Entschließung Annahme, die mit folgenden begeistert aufgenommenen Worten schloß: „Wir fordern die Rechte eines souveränen und wehrhaften Volkes zurück. Wir fordern die sofortige Zurückziehung der Besatzung. Solange Deutschland in den Ketten des Versailler Diktats und der anderen Tributverträge liegt, wird niemals wahrer Friede für Deutschland und in Eurova und der aamen Welt Kerrschen. Wir bekennen