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Dresden. dm 30 April ^ II. kk. MDt. der König und die Königin, sowie II. tk. HH. der Prinz und die Prinzessin Georg nebst Prinzessin Mathilde, imgleichen I. k,k. H. die Erzherzogin Antoinette, Prinzessin von Toscana, haben sich gestern Mittag nach Jahnis hausen, gleichzeitig I. Maj. die Königin Marie auf derm Wein bergs-Villa bei Wachwitz begeben. Auch haben II. KK. HH. der Kronprinz und die Frau Kronprinzessin ihre Villa bei Strehlen bezogen. — Der Rath macht dankmd bekannt, das; der am 19. Februar d. I. zu Schloß Altsranken verstorbene Herr Heinrich Wilhelm Graf von Luckner in seinen letztivilligen Verfügungen dem Stadtkrankenhause allhier ein Legat im Betrage von 7000 Thlr. ausgesetzt hat. — Von nächsten Dienstag an wird in Dresden und zu nächst im Linckeschen Bade eine Norddeutsche Quartett-Couplet- Sänger-Gesellschaft auftreten, derm Mitglieder Stahlheuer, Music und Strack als besonders lustige Leute von früher be kannt sind, während 2 Tmöre, die Herren Brückner u. Kraß, ersterer als früheres Bühnenmitglied, letzterer als lyrischer Tenor recht Braves leisten sollen. — Im nächsten Montags- Concerte des Herrn Laade wird eine junge Dame, Fräulein Winkler von hier, jetzt an der Bühne zu Sondershausen en- gagirt, als Concertsängerin ihre frische und wohlgeschulte Stimme entfalten. — ck In dem jetzt von herrlichem, schattigen Lindengrün umkränzten Körnergarten werden nun die Kapellen der Herren Musikdirektoren Witting und Pohle abwechselnd Freitags und Mittwochs concertiren. — Es ist vom Festausschüsse die Bierbetvirthung in der Fcsthalle Herrn Restaurateur Oscar Renner, die Conditorri und Kafseebetvirthung Herrn Hofconditor Braune und der Sodawassecschank Herrn Bogrnhardt übertragen worden. Wegm eines WeinwirthS ist man noch zu keinem Beschlüsse gelangt. — Da gestern Morgen eine auf der Wettinstraße woh nende Cigarrenarbeiterin, Namens Neubert, nicht zur gewohn ten Zeit aufstand und ungewöhnlich lange außenblieb, so ließen die Mitbewohner des Hauses die Kammerthüre durch einen herzugeholten Schlosser öffnen. Ein schauderhafter An blick bot sich den Eintretenden dar; die Frauensperson lag entseelt in einer großm Blutlache. Eine nähere Besichtigung ergab, daß sie eine bedeutende Schnittwunde an der rechten Seite des Halses halt-, die sie sich nach den sofort angestellten Erörterungen ohne Zweifel selbst mittelst ihres beim Cigarren arbeiten verwendeten Messers beigebracht hatte. Die Frauens person stand in den mittleren dreißiger Jahren und war gut beleumundet. Ein ihren Ruf gefährdendes, wider die Wahr heit über sie auSgesprengtes Gerücht, welches die Auflösung eines Liebesverhältnisses zur Folge hatte, soll das Motiv zu diesem traurigen Schritt gewesen sein. Der Leichnam wurde polizeilich aufgehoben. — Nachdem der Um- und Ausbau des Altstädter Nath- hauses ziemlich beendet ist, wird ihm selbst auch ein äußeres schönes Gewand angelegt. Ein eleganter Oelanstrich wird dazu beitragen, das große, imposante Gebäude noch mehr als eine Zierde der Stadt und eines der gediegensten Bauwerke erscheinen zu lassen. Die gekrönten Giebelaufsätze, die kunst voll in Stein gearbeiteten Wappen, die prachtvollen Parterre- localitäten verleihen dem Gebäude einen besonders palaisar- tigrn Charakter. Seit einigen Tagen ist zur Freude aller Mitbewohner auch die Thurmuhr wieder im Gange Im All gemeinen herrscht in unserer Stadt bezüglich des Häuserab- putze« eine große, seltene Rührigkeit. Fast in allen Haupt straßen sieht man die hierzu erforderlichen Gerüste aufgebaut und schwebende Apparate an den Häusern auf und abgehen. Das nahende Sängerfest mag wohl mit dazu veranlassen, manchem verrußten Gebäude ein neues Kleid anzuziehen, was mitunter auch recht nöthig ist. — Bekanntlich erließ unsere Staatsregierung in Folge eines bei Gelegenheit der Verathun g des Jagdgesetze- von der letzten Ständeversammlung beschlossenen Antrages am 1. De- cembrr vorigen Jahres eine Verordnung, die Besteuerung der Nachtigallen betreffend; da diese Verordnung am 1. Mai d. I. in Wirksamkeit tritt, so dürfte es wohl von Interesse sein, deren Hauptinhalt in Folgendem wiederzugeben ; derselbe lautet: „Wer eine Nachtigall gefangen hält, hat dafür vom 1. Mai 1665 ab eine jährliche, der Armenkasse seines Wohnortes zu- fließende Abgabe von vier Thalern und zwar in der Regel am 1. Mai jeden JahrrS zu entrichten Die Sprosser, d. h. die sogenannten ungarischen »der polnischen Nachtigallen (Nacht- schläger) sind jedoch dieser Abgabe nicht unterworfen." — Dresdner, welche zur Zeit der Baumblüthe gern Ausflüge auf's Land unternehmen, werden auf folgende nicht uninteressante Partie aufmerksam gemacht: Dampfschiff bis GohliS. (AbonnementbilletS zu 2 Dtzd. ü Stück 15 Pf.) — Fußpartie nach Cossebauda, 15 Min. — Schöner Anblick des blühenden EichbergS. — Von Cossebauda links über den Eichberg auf die Höhe von Neuleutcritz, 20 Min. — Nach Merbitz, 20 Min. — Ueberall führt die Wanderung durch blühende Kirschplantagrn. Ebenso lohnend ist eS, wenn man von Cossebauda rechts die ?'nhöhe besteigt, von dort den Osterberg besucht, 10 Min Aussicht: Sparberge, Moritzburg, Keulrnberg, Theile von Dresden und der sächsischen Schweiz, das ganze schöne Elbthal. — Bekanntlich waren in der letzten Zeit an der Bür gerwiese mehrere Fensterscheiben mittelst kleinen Bleikugeln eingeschossen worden. Es ist nun gelungen, Diejenigen, die diesen Unfug verübt, in den Personen einiger Knaben zu er mitteln, deren Eltern hier fremd sind und an der Bürger wiese wohnen. Die Knaben haben mittelst eines Teschings geschossen.— — Als man gestern Morgen in der Werkstatt eines auf der Wilsdruffer Straße Nr. 2 wohnhaften Goldarberters die Thürc öffnete, schlug dem Eintretenden die Helle Flamme ent gegen. Es brannte ein mit Geröll und anderem Abfall von Spähnen gefüllter Kasten. Tags zuvor war in der Werkstatt beim offenen Feuer gearbeitet worden und dabei jedenfalls rin Funken in den Kasten gefallen. Derselbe hatte sich dem Inhalt des Kastens mitgetheilt und dieser die ganze Nacht fortgeglimmt bis gestern Morgen durch den verursachtrn Luft zug die Flamme ausbrach. Mit Hilfe der Nathschaisenspritze gelang es bald, das Feuer zu löschen. Dasselbe hat weiteren Schaden nicht angerichtet. — — Wir berichteten neulich, daß bei dem letzten öster reichischen Truppentransporte in der Nähe der Station Holz dorf in Preußen infolge eines Achsenbruches ein österreichischer Jäger, welcher sich übermäßig aus dem Fenster mag gelehnt haben, hinausstürzte oder auch hinaussprang, mit dem Kopfe auf einen Stoß neuer Bahnschwellen fiel und in Folge dessen gestorben sei. Jetzt hören wir, daß nach dem Bericht des Arztes die Verletzung nicht lebensgefährlich ist, der Mann ist aber wegen zu großer Schmerzen nicht transportabel und be findet sich vor der Hand in guter Pflege in der Bahnstation Holzdorf in Preußen und wird später in das Spital nach Berlin transportirt. — -s Die Bewohner der Pirnaischen Vorstadt und des ebensogenannten Platzes sind einigermaßen in Verlegenheit gesetzt, denn der Röhrtrog, der in der Nähe d:r Pirnaischen Straße an der Ecke des Platzes stand, ist seit sechs Wochen verschwunden. Er stand seit dem Jahre 1e62 dort und war eine Stiftung der Hoffourirswittwe Holzmann. Die Bewoh ner jener Gegend sind m n ohne Nöhrwaffer und müssen jetzt ihren Bedarf von der Johannisgasse holen. — In diesen Tagen hat man damit angefangen, die in den Promenaden an der Weißeritz stehenden Silberpappeln auszuholzen, insbesondere die schadhafteil Aeste abzuschneidcn. Möglicher Werse ist diese Maßregel durch den neu'ichen Un glücksfall veranlaßt worden, zufolge dessen ein Kind von einem dort zufällig herabgebrochene» Aste getroffen und so betäubt wurde, daß es bewußtlos von der Stelle getragen werden mußte. Das Kind soll bis heute noch nicht wieder ordentlich hsrgestellt sein. — — Bei Herrn C. G. Schütze, Meißnrrstraße I, werden in den nächsten Tagen elegante Briefbogen mit der photo- graphirten Sängerhalle erscheinen, die in genannter Handlung en gros und on ckelnil zu haben sein werden. — Der greise Nehhahn, die bekannte Dresdner Stadt- Persönlichkeit, sank vorgestern Abend ermattet und unfähig, zu Fuß weiter zu kommen, auf dem Psslplatze zusammen und wurde unter großer Theilnahme des Publikums in eine Droschke getragen, um nach seiner Wohnung zu fahren — In einem hiesigen Hotel kam eins Scheuerfrau in den Verdacht, daß sie nach beendeter Arbeit bei ihrem Weg gang von dort Kleinigkeiten mit fortschleppc. Da sie nie ohne Handkorb in das Hotel kam, und denselben natürlich auch stets mitnahm, wenn sie sich wieder entfernte, so ver- muthele man, daß dieser Korb ihr zum Nüttel diene, die ent wendeten Gegenstände unbemerkt auS denr Hause wegzupracti- ciren. Es wurde deshalb beschlossen, sie vorgestern Abend beim Verlassen des Hotel einmal festzuhalten, und den Korb zu revidiren. Der Plan wurde auSgesührt, und die Ueber- führung der Frau gelang vollkommen. Diesmal waren es aber nicht blos Kleinigkeiten, die die Diebin sortschleppte, son dern ein ganzes Deckbett, das sie in den allerdings ziemlich umfangreichen Korb hineingestampft hatte. Die früher ver mißten Kleinigkeiten wnrden später mehr »der weniger in ihrem LogiS noch vorgefunben. — — Am 25. in den Vormittagsstunden verunglückte in der Wassermühle zu Westewitz der Besitzer derselben, Eugen Gustav Benedix. Mit einem Zcugarbeiter damit beschäftigt, über dem Wasserrade neue Balken einzuziehen, stürzte B., als der morsche Balken, auf welchem er stand, brach, in eine Tiefe von 15 -N"» 'H— :o».... Ellen hinab. Der Tod erfolgte sofort. Er hinterläßt eine Wittwe mit zwei Kindern. Der Verstorbene, der genau vor vier Jahren, am 24. April 1661, von Leipzig nach Westewitz übersiedelte, war ein Bruder des Lustspieldichters Noderich Benedix und hatte sich selbst mehrfach schriftstellerisch versucht. (C.Z.- — Wie die Weis.-Ztg. berichtet ist bei dem Brande in Dippoldiswalde eine Frau nicht verbrannt und hat sich das Feuer an die drei auseinander gelegenen Stellen durch Flug feuer verbreitet, was die Vermuthung von Brandstiftung aus schließt. Die obdachlos gewordenen 86 Menschen gehören größtenthcils den ärmeren Stünden an, den Professionisten ist sämmtliches Handwerkzeug verbrannt, auch war das Mobiliar wegen Feuergefährlichkeit der Häuser von keiner Gesellschaft an« genommen worden. — Vom 1. Mai an befindet sich die Station der Thamm-j scheu Omnibusse nach dem zoologischen Garten und Strehlen nicht mehr wie bisher auf dem Neumarkt, sondern am Geor genthor. — ck Oesfentliche Gerichtsverhandlungen vom 29. April. Der heutige Sonnabend bietet zwei kleinere Haupt- wrhandlungen, dis sich alle beide uuf Dubstahl beziehen. In der ersten ftmgnt ein Getrailehändler als Angeklagter, Na mens Carl Gottlieb Kirchner aus Fördergersdorf. Nach seiner Consirmation diente Kirchner bei Bauern, jetzt, sagte er, be treibe er Handarbeit. Kirchner hat Heu gestohlen und zwar zweimal hintereinander. Das erste gestohlene Heu ist 9 Thaler 6 Neugroschen das zweite 1 Thaler 18 Neu- groschsn Werth. Es sind im Ganzen drei Zentner Heu. Uhlmann, ein Wirlhschaftsbesitzer in Tharandt besitzt eine Scheune nebenbei und darin liegen mehr als 50 Ctr Heu. In diese Scheune mußte Kirchner hinein. Er hatte, wie er heut selbst sagt, um Geld gespielt, dabei verspielt und wollte somit das Deficit seiner Tasche decken. Kirchner holte aus der nebenan stehenden Mühle eine Leiter, stieg hinauf und stieß den Fensterflügel auf, der allerdings keine Angeln hatte, aber nur mit Nägeln befestigt war. Als er darin war, öffnete er das Scheunenthor, das blos verriegelt war und so brachte er das Heu in der schon genannten Quantität heraus, zuerst 2 Centuer, das zweite Mal 1 Centner. Es soll allerdings mehr gewesen sein, aber er gibt's nicht zu. Das Heu verkaufte er und zwar nach seiner Angabe den Centner für 1 Thlr. 12 Ngr Kirchner erzählt folgende interessante Episode. Eines Mittags kam er in die Nahe des Lehngerichts zu Tharandt. Dort stand Kirchner mit Heu und bot cs einem Lohnkutschcr zum Verkauf Uhlmann sah das Heu und sagte: „Na, das Heu sieht den mcinig.'n ganz ähnlich, solches können Sie bei mir auch haben/ In diesem Augenblicke ahnte Uhlmann nicht, daß das seit eignes Heu war. Herr Staatsanwalt Held beantragt an Grund der offnen Geständnisse die Bestrafung des Angeklagten Der Gerichtshof verkündete, das; der Handarbeiter Carl Gott lieb Kirchner wegen Diebstahl zu 6 Monaten Arbeitshausstraf verurtheill sei. — Anders steht eS mit seiner Nachfolgerin all der Anklagebank. Sie heißt Auguste Marie Weinert, ist 3L Jahr alt, aus Dresden gebürtig, die Tochter eines bereits ver storbenen Schänkwirths und neum sich Weißnäherin! Si> wird aus der Haft vorgeführt. In ziemlich eleganter Toiletb tritt sie vor den Gerichtshof hin. Ein violettes wollnes Mor genhäubchm deckt das dunkle, volle Haar. Das Gesicht ist nich zu erkennen, denn einerseits ist ihr Profil stets dem Ofen Hinte den Richtern zugekehrt, andrerseits arbeitet ein weißes Taschen tuch in dein Gesicht umher. Ihre Vergangenheit ist schrecklich Von ihren 32 Lebensjahren gehen mindestens 15 auf Kerker Haft ab; denn die Acten erzählen uns, daß sie meist wegci Diebstahls und gewerbsmäßiger Unzucht dreimal ün Gefängnis sechsmal im Arbeitshaus uno ein Jahr im Zuchthaus gesesser Im Juni 1864 schied sie zum letzten Male aus Waldheiw Heute erwartet sie eine neue schwere Strafe. Die Gestandniss sind so offen, wie die ihres Vorgängers. Eines Tages ging si über die Augustusbrücke. Ta trat eine Dame an sie Hera: und fragte sic, wie spät es sei. Bei dieser unschuldigen Frag stahl sie der Dame ein Portemonnaie aus der Tasche des Kleides in der sich ein Zivanzigthalerschein befand und mehrere Schlüssel Die Bestohlene merkte es nicht gleich und die Weinert gin> ab. Sie hatte nun 20 Thaler, die sie theils verlebte, thcil dazu gebrauchte um Gelder zu ersetze», die sie kurz vorher w anders unterschlagen hatte. Das Portemonnaie und die Schlüffe warf sie dann weg. Bei ihrer Arrctur wurde nichts vorgefunder Herr Staatsanwalt Held hebt ihre Dreistigkeit, ihren öftere: Rückfall, ihre Unverbessertichkeit hervor und wünscht in Bezu darauf keine gelinde Strafe. Diese Strafe erhob sich um 1: Uhr bis auf 2o Monate Zuchthaus. Beim Abführen war di Weinert still; in ihre Jnterimszclle zurückgeführt, begann si l laut zu schreien, auch flössen einige unerwartete Thränen. ,f — Angel -ndigre Gerrcyröveryandlungcn. Moi i gen d. 1. Mai Vorminags 9 Uhr. Unter Ausschluß de S Ocfftntlichkeit widcr den Steingutdreher Georg Albert Pim!