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Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmamschaft, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrattj zu Mppoldiswalde. «Weißeritz.Zeit«»-" erscheint Wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage tx> Blattes eine sehr wirk- säme Verbreitung finden^ werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder oeren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.— Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzrilt 20 Pfg. Verantwortlicher Redactmr: Paul Ichnc in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illuftrirteu UnterhaltuugSblatt". Mit land- und hauswirthschaftlicher MonatSbeilagr. Nr. 105. Sonnabmd, dm 12. September 1896. 62. Jahrgang. —. ", ' ,M--SWSSMÄSt . , Der Eesehtlltmrf über die Ibäuderoug der Arbkitervcrslcherllogsgcsetze. Der kürzlich im „Reichöanzeiger" veröffentlichte Entwurf einer Novelle zu den bestehenden sozialpoli tischen VerstcherungSgesetzen hat in der Presse fast aller Parteien eine weit überwiegend ungünstige Auf nahme gesunden, und dies zwar mit Recht, wie wohl auch der aufrichtigste Freund unserer Sozialcesorm zu geben mutz. Denn von einer zeitgemäßen gründlichen Umgestaltung unsere« gelammten Arbeiter-Versicherungs wesens, wie sie nun schon wiederholt verheißen worden ist, kann bei diesem Stück- und Flickwerk keine Rede sein, dessen Inhalt selbst hinter den bescheidensten Er wartungen noch zurückbleibt. Die Novelle geht auf die vielerörterte Frage einer einheitlicheren Gestaltung unseres sozialpolitischen Versicherungswesens ebensowenig ein, wie auf die oft erhobene Forderung einer durch greifenden Reform der Leistungen der Versicherung, selbst auf die so wünschenswerlhe Reform des Prinzips der Mittelbeschaffung läßt sie sich nicht weirer ein. Ueberhaupt ist das, waS sie an Veränderungen resp. 'Verbesserungen »erschlägt, eigentlich nur aus das jüngste unserer großen sozialpolitischen Gesetze, auf die Jn- validitäts- und Altersversicherung, gemünzt. Aber auch die zahlreichen Abänderungen letzteren Gesetzes, welche der fragliche Entwurf sormulirt, stellen im Grunde genommen nur in manchen Punkten wirkliche anzuerkennende Verbesserungen dar. Dies gilt nament lich von den Bestimmungen, wonach künftig oie Alters rente nach denselben Grundsätzen geregelt werden soll, wie die Invalidenrente, und wonach ferner die Rente in der untersten wie in der obersten Lohnklasse erhöht werden soll. Weiter ist es zustimmend zu begrüßen, daß die Novelle übera l eine Herabsetzung der Warte zeit vorschlägt, und daß sie weiter durch die neue Fassung des tz 151 die vielfach beklagten Härten der Strafvorschrisl bezüglich der unzulässigen Eintragungen und Vermerke in den Quittungskarten beseitigen will. «Eine Reihe anderer Veränderungen von Bestimmungen desJnvaliditätS-und Altersverstcherungsgesetzes, welche -der neue Entwurf vorschlägt, sind jedoch ziemlich be langlos und bedeuten höchstens kleine Verbesserungen. Allerdings enthält die Novelle dann noch eine recht Wichtige Veränderung, welche sich in der Bestimmung »ausdrückt, wonach künftig jeder Versicherungsanstalt für ihren Bezirk ein Viertel der Kosten und Renten lasten vorweg zur Last geschrieben werden soll, während Die drei anderen Viertel als gemeinsame Last der Versicherungsanstalten zu betrachten sein würden. Es wird demnach ein Ausgleich in den Vermögensoerhält- miffen der verschiedenen Versicherungsanstalten bezweckt, welche Neuerung im Prinzip gewiß beifällig zu be grüßen wäre; ob sie aber bei der Umsetzung in die Praxis den gehegten Erwartungen entsprechen würde, das erscheint ziemlich zweifelhaft. Im Sonstigen jedoch läßt die Novelle gerade die hauptsächlichsten Klagen über die bisherige praktische Handhabung des Jnvali ditäts- und Altersversicherungsgesetzes völlig unberück sichtigt, diejenigen über die hervorgelretenen Uebelstände des Markensystems, der Quittungskarten, über den «mständlichen bureaukratischen Apparat, den die Durch- »ng des ganzen Gesetzes erfordert u. s. w. Ebenso mit sie sich gegenüber dem vielfach geäußerten und gerechtfertigten Wunsch, die Krankensürsorge ge- i ".sich sich auf 26, anstatt wie bisher aus 13 Wochen, erstrecken, und dann Vie Jnvalidenfürsorge mit der 27. Woche anstatt nach einem Jahr beginnen zu lassen Es ist daher kaum zweifelhaft, daß auch der Reichstag, falls ihm die neue sozialpolitische Vor lage wirklich im kommenden Herbste unterbreitet werden sollte, zu derselben ebensowenig wie jetzt die von der öffentlichen Meinung ausgeübte Kritik, eine freundliche Stellung einnehmen wird. Vermuthlich dürste die Novelle zu den Arbeiterversicherungsgesetzen ein „stilles Begräbniß" in der Kommission, welche sich mit ihr zu beschäftigen haben wird, finden, falls regierungsseitig nicht vorher noch eine gründliche und wirkliche nam hafte Verbesserungen ausweisende Umarbeitung des Entwurfes beliebt werden sollte. Lokals und Sächsisches. Dippoldiswalde. Wenn der Wind wieder über die Stoppeln weht, dannwird mitVorliebe von unserenJungen das „Soldatenspielen" betrieben, und kein Mensch wird gegen solch freie Bewegung in frischer Lust etwas einwenden, so lange, als das Spiel in gewissen Grenzen bleibt. Heuer dagegen artet eS unbedingt aus und die Ellern sollten ein etwas wachsameres Auge auf das Treiben haben. So ist es des Guten doch zu viel, wenn fast jede freie Stunde dazu benutzt wird und die Gedanken sich nur auf das Spiel richten, wenn besonders bis in die Nacht hinein, wo die Kinder ins Haus gehören, noch umhergetollt wird. Es ist übertrieben, wenn beim AuSrücken der Holzwagen nicht fehlen darf, um in freiem Felde ein Biwakfeuer unter halten zu können, und wenn sich der „Herr Chargierte" aus der in der Nähe liegenden Gastwirthschast „ein Böhmisch" holen läßt. Daß mit dem überhaupt un gezogenen Puffen mit Zündblättchen auch mancher Fünspsenniger mit verpufft und mit dem Nachäffen der Uniform mancher Zehnpfenniger vergeudet wird, der recht nothwendig zu nützlichen Bedürfnissen ge braucht werden möchte, ist ebenfalls ernstlich zu be- venken. — Flechtstroh-Ausstellungen. Wie uns aus den Kreisen der landwirthschastlichen Vereine mit- getheilt wird, ist in Folge des fortwährenden Regen wetters das zur Aufbereitung als Flechlstroh bestimmt gewesene Material derart beschädigt worden, daß an Herstellung von Flechtstroh in größeren Mengen aus der 1896er Ernte nicht mehr gedacht werden kann. Der landwirthschaftliche Kreisverein Dresden, welcher sich durch Umfragen über die betr. Verhältnisse ein gehende Kenntniß verschafft hatte, sah sich in Folge der erwähnten betrübenden Thatsache veranlaßt, die für diesen Herbst geplant gewesenen Flechstroh-Aus stellungen abzusagen. — Donnerstag Nachmittag zog über den west lichen Theil unserer Amtshauptmannschast ein Ge witter, das mehrfach Schaden anrichtete. So schlug Nachmittags */»2 Uhr der Blitz in das Wohnhaus des Zimmermann F. G. Bellmann in Röthenbach und brannte dasselbe nieder, zu gleicher Zeit schlug auch der Blitz in Niederpretzschendorf ein und brannte die Scheune und das Wohnhaus des Mauerpoliers A. Bauwarts nieder; ein weiterer Blitz schlug in Ober- pretzschendorf ohne zu zünden in die Wirthschafl Gustav Walthers, erschlug aber 3 Kühe. Glashütte. Vom Wetter begünstigt, unternahmen am 7. und 8. September Lehrer und Schüler der deutschen Uhrmacherschule einen Ausflug in die Säch sische Schweiz. Am ersten Tage wurde die Edmunds- klamm, Prebischthor, großer Winterberg, Kuhstall, Lichtenhainer Wasserfall und Schandau besichtigt und in Königstein übernachtet. Den zweiten Tag bestieg man den Lilienstein und fuhr dann per Schiff nach Rathen, von wo aus man die Bastei, den Uttewalder Grund, Wxhlen und zuletzt Pirna aussuchte. Von Mügeln aus trat man mit dem Nachts »/«2 Uhr hier eintreffenden Theaterzug hochbesriedigt den Rückweg an. — Der in der Nacht vom 8. zum 9. September aus der Müglitzbahn eingelegte Theateczug zählte 259 Theilnehmer, darunter 160 aus Glashütte; der in dec Nacht vom II. zum 12. August verkehrende Theaterzug zählte 256 Theilnehmer, darunter 129 aus Glashütte. Demnach scheint der Theaterzug für die Zukunft gesichert zu sein. Kreischa. Am Mittwoch, den 9. d. M., wurde der diesjährige Jahrmarkt abgehalten, welcher recht gut besucht war. Die besten Geschäfte erzielten natür lich die Inhaber der Speise- und Trinkzelte, während die stark vertretenen Handelsleute nur theilweise be friedigenden Absatz ihrer Waare sanden. Kleba. Der Gutsbesitzer Petermann von hier, welcher vergangene Woche mit seinem Geschirr auf dem Wege von Gaustritz nach Goppeln verunglückte, ist am Dienstag an den erhaltenen inneren Verletzungen gestorben. Lockwitz. Vorige Woche wurde hier an einem schwachsinnigen Mädchen ein schweres Sittlichkeits verbrechen verübt. Der Unmensch, welchem man übrigens auf der Spur ist, hatte das Mädchen an einen entlegenen Ort gelockt und sich dort an ihm ver gangen. Aerztliche Hilfe mußte in Anspruch genommen werden. Dresden. Der vor kurzer Zeit in Dresden ge gründete Deutsch Oesterreichisch-Ungarische Verband für Binnenschifffahrt wird seine konstituirende Generalversammlung am 22. September in Dresden abhalten. Nach dem nunmehr feststehenden ArbeitS« grogramm handelt es sich, abgesehen von technischen und wirthschastlichen Angelegenheiten, ganz besonder» um die Herstellung dreier großer Kanäle: Donau- Oder, Donau-Elbe und Donau-Main. WaS den Donau-Elbe-Kanal anbelangt, so sind die Vorarbeiten hierzu bereits im Gange. Durch denselben würde eine Wasserstraße geschaffen, die bei Wien von der Donau abbiegen und bis BudweiS in die Moldau geführt würde. Bereits greifbarere Gestalt hat das Projekt- Donau-Oder genommen. Nach der Vollendung dieseS Kanals würde derselbe eine Wasserstraße großen Stils darstellen und eine direkte große Schifffahrt von der Donau nach der Oder, Spree und der Nord- und Ostsee gestattet. Dresden. Ein angekündigter Streik der Wirthe der Alten Stadt wird nicht zur Ausführung ge langen, da in letzter Stunde noch eine Einigung zwischen den Wirthen einerseits und dem geschäfts führenden Ausschuß andererseits erzielt wurde. Es wird jetzt ein Eintrittsgeld von 30 Ps. schon von 6 Uhr Abends erhoben; vom Io. d. M. ab ermäßigt sich dasselbe sogar auf 20 Ps. Dec Entschluß deS Ausschusses wird von allen Seiten mit Freuden begrüßt. Löbtau-DreSden. In der Nach' vom Freitag zum Sonnabend wurde die große Fabrikanlage von , Brümme u. Dittrich größtentheils durch Feuer zerstört. Der Urheber des Brandes konnte alsbald ermittelt werden. Es ist ein 23jähriger Arbeiter, der aus einem auf dem abgebrannten Hause befindlichen Taubenschlage hat Tauben stehlen wollen und sich hierbei eines Lichtes bedient hat, durch dessen unvorsichtigen Umgang der Schlag in Brand gerieth, woraus sich das Feuer dem Gebäude mittheilte. Niederlössnitz. Ein krähender Hahn als nächt licher Ruhestörer, das war eine Strasthat, womit sich das Dresdner Schöffengericht zu beschäftigen hatte. Hier wohnt der Schornsteinsegermeister Gehrisch in un mittelbarer Nähe deS Restaurateurs Köhler, dessen Hahn und Hühner dadurch nächtliche Ruhestörung verübt haben sollten, daß sie von früh 5 Uhr ab krähten. Auf die Klage des Schornsteinfegermeisters erkannte der Gemeindevorstand gegen Köhler aus eine Geldstrafe von 3 Mk., gegen welche derselbe aber Ein spruch erhob und damit auch Erfolg hatte, denn das Schöffengericht sprach Köhler kostenlos frei. Auf dem Lande, so heißt es in der Unheils-Begründung, kann man früh 6 Uhr keine Ruhe mehr erwarten und oben- drein gehören die Hühner und Hähne zu den Eigen- thümlichkeiten der Dörfer. Freiberg. Als Hauptgeschworene für die diesjährige 3. Sitzungsperiode des Königlichen Schwur gerichts zu Freiberg wurde» in öffentlicher Sitzung des Königlichen Landgerichts folgende Herren ausge- loost: I. Jährig-Güttler, Ernst Hermann, Kaufmann in Döbeln, 2. Göbel, Oswald Hermann, Gutsbesitzer in Cunnersdorf, 3. Händel, Julius Oskar, Ritterguts-