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Sächsischer Landes-Anzeiger : 29.10.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188610290
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18861029
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18861029
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-10
- Tag 1886-10-29
-
Monat
1886-10
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 29.10.1886
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HL LSS — 8. Jahrgang. - » -Der jeden Wochentag Abend (mit Datum d-S folgenden Tages) zur Versendung gelangend- „Sächsische Landes-Anzeiger" mit täglich einem besonderen Unterhal- tungSblatte kostet monatlich 00 Pfg. (mit Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch 70 Pfg.) bei den Ausgabestellen in Chemnitz »nd den Vororten, sowie bei den Postanstalten. Für Abonnenten erscheint inr 3. und -t. OuartalEisenbahii-KahrplanheftfarSachsen, sowie im 4. Quartal dieWeihnachtsbeigabe Jllustrirles Iahresbuch des8andes-«me,gers und zu Neujahr Iliustr. Landboten-Kalender. Sächsischer lligilkS-AlUkillkr mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger" »«Parteiische tägliche Zeitung für Sachsen »nd Thüringen. Freitag, 29. Oktober 1888. Anzeigend«,- de«„Silchs. LandeS-Anzekger"'; Raum einer schmalen Corpuszeile Io Mg. Bevorzugte Stelle (Ispalt. Peiilzeile) 30 Pf. Bei Wiederholung großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man JnsertionSbetrag (in Briefmarken) bcissige» (je 8 Silbe»Corvusschrift bilden ca. I Zeile). Annoncenannahme nur bis Vonnittag. Verlag: Alexander Wiede, Buckdruckerei, Chemnitz. Theaterstraße 5 (Fernsprechstelle Nr. 13«). Telegr.-Adr.: Landes-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen Unterhaltungsblatt: i. Sonntagsblatt — 2. Jllustrirtes Unterhaltungsblatt — Z. Kleine Botschaft 4. Sächsischer Erzähler - 5. Sächsische Gerichts-Zeitung - 6 Sächsisches Allerlei. - Grtra-Beiblatt Luftiges Bilderbuch. Kür -1e Monate November und Deeember nehme« di« Poftanstalten. sowie in Ghewnitz und Umgegend die Ausgabestellen Abonnewentsbeftell- «ngen auf den „Sächsischen Lande-»Anzeiger" mit seinen Beiblättern zum Nreise von 120 Pfg. (mit Extrabeiblatt „Lustiges Bilderbuch" 140 Pfg.) ent gegen. Der Sächsisch« Landes - Anzeiger ist in der deutschen Post-ZettungS-PreiSlist« unter Nr. 4030, in der österreichischen unter Nr. SSOk eingetragen. Abermaligem Beitritt neuer Abonnenten sieht entgegen die NerlagS-Expcdition deS Sächsischen Landes-AnzeigerS. telegraphische Stachrichten. Vom 27. October. Berli«. Dir allgemeine Conferenz der inlernatioualen Grad messung ist heute Nachmittag 2 Uhr im Beisein der Minister von BStlicher, vr. LnciuS, von Scholz und vr. Frkedberg vom Cullus- minister mit einer Begrüßungsrede eröffnet worden. Der bisherige Präsident der permanenten Commission, General Jbauez (Madrid), antwortete dankend. Zum Präsidenten der Conferenz wurde Förster- Berlin, zu Bicepräfidenten wurden Struve-Pulkowa (Rußlands und Faye-PariS, zum Schriftführer Hirsch Neufchatel gewühlt. Vertreten sind deutsche Staaten, Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Oesterreich, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Rußland, Schweden- Norwegen, die Schweiz und Spanien. Prof. Försters gab eine« historischen Bericht, vr. Struve (Rußland) brachte dem Kaiser HuldigungSworte dar. Hierauf fand eine Panse statt Nach derselben berichtete Hbsch - Nenfchatel über die seit der letzten allge meine» Lovserenz eingetretenen Ereignisse und gedachte der seitdem verstorbenen Mitglieder, namentlich des Generals von Bacher. Professor Helmert erstattete Bericht über die Eeutralbureanx. Nächste Sitzung morgen. Heute Abend findet eine Conferenz bei dem Cullus- miuister statt und morgen 1'/, Uhr empfängt der Kaiser das Prä fidlum der Conferenz. Stuttgart. DaS .Tagebl." meldet: Laut Information in hiesigen, der russischen Gesandtschaft nahestehenden Kreisen seien die Gerüchte über einen beunruhigenden Geisteszustand des Zaren, sowie über die Tödtnng des Flügeladjutante» Reutern, durchaus nube- gründet. Letztere Geschichte sei die Aufwärmung eines Vorfalles ans dem Leben Alexanders II. Wien. Cholerabericht. Jo Pest 10 Erkrankungen und 13 Todesfälle, in Triest 5 Erkrankungen und 2 Todesfälle. Wlrthschaftliche Baute«. lH Ehemnitz, de» 28. Oktober. Während in Deutschland neu« Vollbahnen kaum «ehr gebaut werden «nd die schaffende Thätigkeit auf diesem Gebiete sich wesent lich auf die Ergänzung und Verbesserung der vorhandenen Bahnhofs und «eleiseaulagen, sowie auf de« Ausbau deS SecundärbahnnetzeS beschränkt, herrscht ans dem Gebiete der Hydrotechnik daS regste Leben Insbesondere wird ans di« Förderung der Schifffahrt durch Renan lagen de« nmsaffendstm Art Bedacht genommen. DaS gilt sowohl von der See- als der Binnenschifffahrt. Neben dem Nord Ostsee-Kanal und de» großen Hafeuanlagen Hamburgs und Bremen- steht «ine wesentliche Berbefferung und Er weiterung der Häsen von Altona «nd Geestemünde in Aussicht. Der Emdener Hasen erfährt a«S Anlaß de» Einführung d«S EwS-Jahde- KanalS gleichfalls eine erhebliche Berbefferung; ein weiterer, «och umfassenderer «uSban derselbe« ist in Berbindnng mit dem Bau de» Kanäle» von Dortmund «ach der EmS in Aussicht genommen. Die Einrichtung von Vorrichtungen zur direkte» Verladung der Kohlen au» den Eisenbahnwagen in da» Seeschiff, welche der Seeschifffahrt dieselbe« Dienst« leisten sollen wie dir Kippvorrichtungen in den großen llhelnhäfe» der Binnenschifffahrt, ist nach dem Vorgänge Rotterdam» ür Bremerhaven in Anwendung gebracht. Auch in Emden denkt mau eine solche Einrichtung. Ein« verbesserte Belenchtung der Em». riufahrt wird in Verbindung mit den Niederlanden vorbereitet »nd die Beseitigung der in der Beleuchtung der Ofiseeküste an der West- eite der Insel Rügen vorhandenen Lücke durch Errichtung eines L uchtthnrmeS ans HidvenSoi geplant. Bremen trägt sich mit de« kühnen Plane, durch Bertiesung der Uuterweser nach dem am Elyde bewährten Bersahren Seeschiffen von 8 Metern Tiefgang den Zugang zu der Stadt selbst zu ermöglichen. In technischen Kreisen hofft man, mit der Zeit werde auf diesem Wege sich noch eine größere Fahrtiefe er,eichen lassen. Eine« ähnliche« Zweck verfolgt da» von der Kaufmannschaft iu Königsberg vorbe reitete Projekt der Herstellung eiuer künstlichen Rinne dnrch da» Haff von der Pregelwüudung nach de« Pillanertief. DaS Unternehmen t allerdings recht kostspielig und wird kaum durchznführe» sein ohne Staat-Hilfe. Staatssekretär von Bötticher hat in Königsberg be kanntlich gesagt, dar Projekt werde erwägen werden, und e» bleibt nun obzuwarle», was weiter geschieht. Allzuschnell wird «S mit der Ausführung jedenfalls kaum gehe«. Von Anlagen zur Hrbn-g der Binnenschifffahrt find vor Allem die große» Preußischen Kanalbanten z« nennen. Der Dortmnnd-EwS- ! (anal kann zwar erst so lese« wir im »Hamb. Corr.", in Angriff genommen werden, wen« der gesetzlichen Bedingung der unentgeltlichen Hcrgabe des Grundes und Boden», die nach der La-re der Dinge licht leicht zu erfüllen ist, genügt sein wird. Inzwischen beschäjtigt ich die Banverwaltnng mit der Lösung der schwierigen Ausgabe, Wie der Kanal dnrch das vou Bahnen, seine» industriellen und bergbau liche» Anlagen so stark i» Anspruch genommene Gebiet zwischen Dortmund nnd dem Rhein vi» au diesen und an di« groß:« Rhein- Häfen Ruhrori und Duisburg hinweggesührt werden soll Rnhrort st dnrch Einrichtung de» Kaiserhasrns bereits wesentlich erweitert worden; der Hasen besitzt eine Ausdehnung von etwa 8 Kilometer« und ist im Stande, noch eine« erheblichen Zuwachs des schon beinahe kO Millionen Centn« betragende» Verkehrs zu bewältigen; der Hafen von Duisburg dagegen, welcher im Besitz einer Aeticngesellschast ich befinde«, soll erheblich erweitert werden. Der Oder - Spree. Eanal wird alsbald iu Angriff genommen werden. Mit demselben ist indessen die Wasserstraße von dem chlkstscheu Monianrevier bis zur Elbe «och u.cht fertig; e» fehlt die obere Strecke vou Breslau bi» in'S Kohlenrevier, sowie dt« Verbindung der Oberspire mit der jüngst canalifirten Unterspree dnrch Berli» hindurch. Beide Uuteruehmungru bieten erhebliche Schwierigkeit«» und forder« namhafte Kost««. Die obere Oder muß mittel- 8—12 Stauwehren kanalifirt, bei Kosel «in großer Hase» angelegt «nd endlich die Wasstrftrecke dnrch die überaus enge Stadt BreSla« ober um dieselbe herum gelegt werden. Beide Unternehmnugen befinde» sich noch im Stadium der technische» Vorbereitungen. Dasselbe gilt von der Eaualisirnug der Fulda bis Kassel, dnrch w:lch« man die bisher i« Berkehr wenig beachtete Correctio» der oberen Weser nutz bar z« mache« hofft. Dagegen steht di« Inangriffnahme der Lorrection der Ilmenau von Lüneburg bi» zur Elte bevor. Di« Canal,sation de» Mains und die große städiische Hafenanlage in Feanlfurt find beendet nnd eröffnet morde«. DaS B.ld, welche» wir vorstehend zu entrolle« versnchtev, ist noch keineswegs erschöpfend; e» liefert aber auch so de« Beweis von Rührigkeit und von dem energische» VorwärtSstreben auf diesem wichtigen BerkehrSgrbiet«, daS dem deutschen Handel und der Industrie zum Vortheile gereiche« wird. Politische Rundschau. Chemnitz, de» 28 Oktober. Deutsches Reich. Der Reichstag wird sich in diesem Jahre im Wesentliche« nur mit dem Etat, der Uusallverficherung für Se«. leute und der Abänderung de» ServiStanfeS beschäftigen. — Wie an» Genua brieflich gemeldet wird, stattete de» Gemeinderath der Stadt dem deutschen Kronprinzen persönlich feiue Glückwüsche znm Geburtstag ab. Der Platz Viktor Emauuel uud mehrere zum Hase» führend« Straßen waren prächtig erleuchtet. — Die bestimmte Kundgebung der „Noidd. Allg. Ztg", daß dir gegenwärtigen Beziehungen zwischen dem deutsche» Reiche uud England durchaus freundschaftlicher Natur seien und ein baldiger, be friedigender Abschluß der Berhandlnugeu über den Kolonialbesitz i« Ostasrika deshalb zu erwarten stehe, hat allgemein befriedigt. ES ist damit di« gegründetste Aussicht auf baldige Beendigung der de» deutschen Handel schädigende« Zerwürfviffe auch mit dem Sultan vo» Zanzibar gegeben. Wenn Großbritannien uud Deutschland einig find, kann der Sultan nicht» Anderes thun, al» stillschweigru uud sich füge«. — Der neue französisch« Botschafter H»bette Mid auch mit dem Fürste» Bismarck persönlich über die Theilnahme Deutschland» auf der Pariser Weltausstellung verhandeln. — Da» ReichSversicherungSamt hatte dieser Tag« de« Besahreu- tarif der Norddeutschen TextilberufSgenoffenschaft di« vorgeschriebene Genehmigung «rtheilt. Inzwischen ist auch der Gefahrentarif der Süddeutschen TextilberufSgenoffenschaft genehmigt worden. Da für alle TextilberufSgenoffenschaften derselbe Tarif angenommen ist, so ist die Möglichkeit nicht anSgeschloffe«, daß für di« Znknuft unter diese» Stnossenschasteu Vereinbarungen wegr« gemeinschaftlicher Tragung de» Risikos getroffen werde» können. Oesterreich-Ungarn. Im österreichische» Abgrordneteuhause ist mau in di, Speciaiberathnng de» Zoll- nnd Handelrbündniffr» mit Ungar» «ingetreten, da» natürlich angenomme» werde« wirb. Di» Hand-lSmiaifter benutzte die Gelegenheit zu eiuer etwa» sehr verwickelten Erklärung, daß die Regie,nug beim Abschluß von HandelSvertiögen sich bemühen werde, ein Einvernehmen mit den betreffende» Staate» herzustelle«, ohne doch de« Schntz der heimische» Industrie zu vernachläsfigen. Bei solchen Dingen kommt e» weniger aus das Programm, al» vielmehr anf die AuSsührnng deffelbe» iw Specialsall« an. — I« österreichische« Landtag ist bekanntlich ein Antrag aus Einsührung vo» Arbeiterkawwer» »nd Znlaffn«g der Arbeiter als solchen znm Parlament eiagebracht. In Wien wolle« die Arbeiter aber vo« dem Vorschlag wenig wissen, sie verlange» die Bewilligung de- allgemeinen direkten Wahlrechte», worau» uu» allerdings schwerlich etwa» werden wird. England. Der vo» seiner Reise «ach Berlin, Wir» und Pari» nach England znrückgrkehrte Minister Lord Lhurchill hat iu Brad ford vor den konservativen Vereinen wieder «in« größere Rede ge halten. Vo» allgemeinem Interesse ist in derselbe» Folgendes: Der Minister sagte, die Berichte aus Irland lautete« im Allgemeine« beruhigender, nur in einzelne« Bezirken dauerten di« Gewaltthätig« keilen fort. Da» Ministerium werde sich demnächst mit der Frage beschäftige«, ob für diese Bezirke besondere Maßnahmen in Anwendung zu bringe« seien. Bei seiner Reise in» Ausland habe er krinerln vertrauliche Unterredungen mit den Ministem der Staate«, di« er besucht, gehabt. Weiter forderte der Minister die Tonservativen auf» die Regiernng bei der Berathung der von ihr eiuzubrlugeudeu Bor lage über die Abänderung der Geschäftsordnung zu unterstützen, wo durch dem BerschleppungSsystem der Irländer ein Ende gemacht werden solle. Im ferneren Verlaufe der Berathuugeu «ahm Lock Churchill nochmal» da» Wort, um einen Antrag betreffend die patri otische Politik England» im Orient zu befürworten, und äußerte dabei, seit der Premierschast Lord BeaconSsirld» seien große Vev» Zwei Bilder. Novelle«« vo» vr. Theodor Herzl. Nachdruck Verbote». Sie hinge« in einer dunkle« Ecke de» Salon», von der falten- reichen Draperie fast verborgen, und schauten ou» ihre« schlichten Rahme« bescheidentlich in den bunte» Reichthum deS Gemachs hinein Ich kam nun schon jahrelang in diese» Hau», aber immer war wein Blick achtlos an de« beiden Bildern vorübergegangen und er ist frag lich, ob ich sie ohne besondere Beianlaffuug selbst noch an dem Abend, von de« ich erzähle, bemrrlt hätte. Wie e» kam? — Mein Freund Albert, der Hausherr, la» seinen Gästen wisder einmal den „Enoch Arten" vor. Er deklamirte sehr «er»; «an konnte r» beinahe eine Schwäche neune«. Dabei war sein Bortrag kein sehr Inustveller und sein Organ genügte niemals de« Zumnthnngrn, die er daran stellte — r» war freilich nicht zum Verwundern» den« di« Natur hatte ihn mit unbegreiflicher Rücksicht lofigkeit gerade stimmlich sehr karg bedacht. Er überschrie sich auch immer schon am Anfang, so daß er gewöhnlich in der zweiten Häiste seine« Vorlesung eine« hoffnungslosen Kamps mit der veisagrnde« Stimm« zu führen hatte Dennoch besaß er ein« nicht geringe Mein ung von seiner VvrtrogSknnst und las meist unter erschwerenden Umstände«: unaufgefordert nnd vor Leuten Da» Steckenpferd aber, da» er am liebsten ritt, war Trnnyson'S rührende» Gedicht. Ich hatte e» schon einige Mal« vo» ihm gehört, nnd da er e» immer iu der gleichen Weis« voria», so wußte ich bereit» ganz genau, wann «ine jener auf künstlerische Wirkung gerichteten Pansen «intreten werde, ans di« er sich so viel zugute that, wann seine fette Stimme sich im Affekt erheben und Won« sie vo« Rührung «mlippr« werde Sr Mar der Einzige, den sein Vortrag zu rühren vermochte. Jetzt hielt er, selber tief erschüttert, bei der Stelle: »Und wo war Enoch?" — Daraus dt« einschläfernd« Schilderung der Insel, anf die der schiffbrüchige Held verschlagen wird ... Ich fühlte, wie sich der bleierne Druck der Langeweile auf weine Augenlider senkte; einschlumme,« durste ich jedoch nicht — daS wäre mir von meinem wohlbeleibte« ehrgeizigen Frenube nie verziehen worden! Zerstreu, «ng suchend, irrte «rin Blick i« Kreise der Zuhörer nnd Leidens gefährten »«her. Sie saßen wie ermattet da nnd er schien mir, al» ob fi, Alle sich auch in einem lautlosen, aber erbitterten Kampf mit dem gewaltig aus fir sind,lugenden Schlaf befänden. Ich stndirte dir» gesellschaftliche Marlyrium in seinen einzelnen Erscheinungen, bewunderte die gelungene Verstellung der Einen, lächelte über die verlorene Müh« der Anderen, die dar Gähnen verbeißen wollten und nicht kouute«. Und im Verlaufe dieser Beobachtnngrn fiel mein Blick anf die Frau vom Hause, deren Fauteuil wie absichtlich in den Schatten zmückgrschoben war. Sie saß schwer atymrud da, ihre Hände waren in einander gefaltet nnd die blaue«, feuchtschimmernden Avge» starrten seltsamen Ansdruck» unanSgesetzt anf einen Punkt. Die oft gehörte Erzählung, von Albert dem Wohlbeleibte« wieder mit gewohnter Meisterschaft vorgelrage», konnte doch unmöglich der Grund dieser Ergriffenheit sein! Und da war es, wo ich — der Richtung Ihres Blicke» folgend — jene beiden Bilder znm erste» Male sah. Der Vorhang, der sie gewöhnlich halb versteckte, hatte sich verschoben uud eine in drr Nähe stehende Lampe überströmt« die Gemälde mit ihrem bleiche« Licht. E» sind Pendant», ei» Männer- und ei« Frauenkopf. Der sie gemalt hat, ist vielleicht kein Meister seiner Kunst gewesen, aber dennoch packen sie den Beschauer mit sonderbare« Gewalt. Ties« Melancholie liegt in de» Zügen Beider. Ci» dichter Bart umrahmt da» ManneSanllitz, darin schme.zliche Erfahrungen gewühlt haben; auf der Stirne und au de« Schläfen beginnt da» Haar herbstlich zurückznweiche». Da» Gesicht ist in die starke, geballte Faust gestützt unb unter den zusammengezogeue» Bram« hervor blicke« dnnkle Augen schwermüthig in di« Welt. Trotz und Resignation habe» sich ans diese« Gesichte eine Schlacht geliefert. Die Resignation hat da» Feld behauptet. Eine sanftere Trauer ist über dl« Züge der Frau gebreitet. Auch sie stützt das blaffe Antlitz in die Hand, iu eine ausdrucksvolle Hand, dir vo« verschwiegen«« Leiden spricht, gleichwie der znsammeugrpreßte Mund . . . Eintönig plätscherte der Bortrag seinem Ende zu. Enoch war miltlerweile hrimgrlehrt, hatte seine Fra« als die Gattin eine» Andern wiedergtsundeu, war schmerznsüllt zurückgetretr«, nnd in Miriam Laue'» Arme« hauchte er endlich seine Seel« o«S. Albert schwieg erschöpft, die ansathmenden Zuhörer kamen allmälig zu sich und dankten für da» grnvffrne Vergnügen I Nachdem man ob der Schön heit de» GrdichteS in dir übliche Elfiase gerathe» war und sich wie der beruhigt hatte, bat ich meine« Frennd »m Auikunft über die beide» Bilder. »Die Hab« ich a»S dem Nachlaß eine» Maler» erstanden, mit dem ich von Jugend auf bekannt gewesen. Der männliche Kopf ist da» Selbstporträt de» Künstlers, der weibliche dürste sin Phantafie- ftück sein. Ich habe sie nur gekauft, weil sin Bekannter rin« Aehn- lichkeit mit meiner Frau herauSfindeu wollte. — E» wäre mir sonst nie eingefallen, dergleichen an mich z» bringen. Der arme Gehling war nicht der Begabteste." .Gehling?" „So hieß der Maler, Wilhelm Gehling. War übrigen» sin originelle« Mensch, ei» Kauz, wie man zu sagen pflegt. Hat sei» Leben mit wenig Geld uad viel Träumen sorglos-sorgenvoll verbracht. Er war ein Bische» Maler nnd Dichter, i ich glaube sogar auch Musiker — ohae r» jedoch in einer Knnst sonderlich weit zu bringen. Da» wäre jetzt schließlich einerlei, für ihn wenigsten»." „Ganz einerlei! — Ist er schon lang« todt?" „Warten Sie . . . Eugelchen," damit wandte er sich an seine Frau, deren Name» er also zu verzärteln liebte, „Engelchen, wie lange ist der Gehling schon tobt?" Fra« Angelika saß jetzt in der jenseitigen Ecke de» Zimmer», gerade unter den Bilder», mit einige» Freunde» d«S Hanse» plaudernd. Sie zuckte bei dem unerwarteten Anruf ein wenig zusammen nnd über da» seine Gesicht flog ein leichter Schatten. „Fünf Jahre," sagte sie dann mit ihrer sausten Stimme. „Schon süus Jahr«! Wie doch die Zeit vngrhti" „Ja," kam r» noch leiser al» vorhin herüber. Und wie fi« «nn mit melancholisch weicher Geberde den Arm ans da» vor ihr stehende Tischchen legte »nd die blaffe Stirn mit der Hand stützte, da ward plötzlich auch mir die Arhnllchleit de» Bilde» offenbar. I«, da» war dieselbe refiguirte Halmng, wie auf dem Bilde über ihr; derselbe unbestimmte Schmerz in den schöngrsormten Zügen, in de» blauen Augen di« gleiche Trostlosigkeit. Erriech Frau Angelika mein« Bedanke» oder belästigte st« nur mein fast unhöfliches Anstarre» — sie stand plötzlich erröthend auf und ging zu einer andern Grnppe ihrer Gäste. „Wollen Sie di« Malerei in der Nähe betrachten?" fragt« Albert, der der liebenswürdigste Mensch war, wenn er nicht znfällig vorla».^ .Da» sine Bild hat seltjamer Weise eine gereimt« Inschrift.* „Gedenkst Du noch des Tag» im Märzen? — Selbander ichritten wir dahin; (Wie Li-besfchaucr durch die Herzen Zog leiser Wind durch» junge Brün. .
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