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Dresdner Journal : 20.02.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189902202
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990220
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-02
- Tag 1899-02-20
-
Monat
1899-02
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 20.02.1899
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vesusSpret«. Für Dresden vierteljährlich: s Mork 50 Pf, beiden Kai sich »entschra Pvftanii.illrn »ierwlishrlich 8 Marl; außer halb des Deutfchen Reiche« Poft, und Stempelzuschlaa Einzelne Nummern: 10 Pf Grfche»e«r Täglich mit Ausnahme der Soun» und Feiertage abend« Arrnfpr -Anschluß: Nr ILIE Dresdner Autündtsungsgebühren: Filr den Raum einer gespal- trnen Zeil« kleiner Schrift »0 Pf Unter „Eingesandt" die Zeile 50 Pf. Bei Tabellen- und Ziffrrniatz entsprechender Aufschlag. Heransseber: KSnigltch« E»«dition de« Dresdner Journal« Dresden, Zwingerfir SO Sernspr .Anschluß: Nr Iß,» ^42. Montag, den 20. Februar abends. 1899. Amtlicher Teil. ' St. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, die Revierverwalterstelle auf Grillenburger Revier dem zeitherigen Forstassessor auf Weißiger Revier Bührdel unter Ernennung desselben zum Oberförster zu übertragen Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Postdirektor Krauße im Kamenz da» Ritterkreuz 2. Klasse de» Verdienstordens, sowie dem Ober-Postsekretär Fuhrmann in Dresden und dem Postmeister Schneiderheinze in DreSden-Löbtau da» Ritterkreuz 2. Klasse des AlbrechtSorden» zu ver leihen , Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der vr. weck. et pdil. Julius Cäsar Häntzsche zu Dresden den ihm von Sr. Ma jestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Kronenorden 3. Klasse annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der in Sachsen staatS- angehörige vr. Hermann Meyer in Buenos-AyrrS den ihm von Sr Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Kronenorden 4 Klasse annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Vorsitzende de» Lande- Vereins zur Pflege verwundeter und erkrankter Krieger im Königreiche Sachsen, Otto Graf Vitzthum zu Dresden die ihm von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Ehren zeichen „Für Verdienste um da» Rothe Kreuz" in Küpser sowie in Silber annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Königlich Wüittem- dergische Konsul, Banquier Max Arnhold zu Dresden das ihm von Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt verliehene Fürstlich Schwarzburgische Ehrenkreuz 3. Klasse annehme und trage. Srueuuuuge«, versetzuA-e« rc. im öffentliche« Dienste. I» Geschäftsbereiche »es Mtutfterium« »er Justiz. Ter Rechtsanwalt August Ludwig Wild in Groitzsch ist zum Notar für Troitzsch aus so lange Zeit, als er dort seins ordentliche Geschäftsstelle haben wird, ernannt worden, tz stst 'ImGeschäftsbereiche be« Gkintstertum» »er Finanzen. Verwaltung der Zolle und indirekten Steuern. Verliehen: Dem juristischen Hilssarbeiier beim Hauptsteuer- amtc Dresden Reserendar Trautmann da« Dienstprüdikat Assessor. - BesSrdert: Der Zollassistent Lange zum Zoll- sckrelLr in Dresden; der Zollassiftent Leuner zum Zollsekretär in Chemnitz; der RevisionSausseher Großmann zum Zoll- aisißeiten in Dresden; der RevisionSausseher Zenker zum Zollassistenten in Bodenbach — Versetzt: Der Zollassistent Francke von Bodenbach nach Schandau — Angestellt: Der Feldwebel Schubert, der Bizefeldwebkl Schlenker, der Sergeant Hähnchen, der Militäranwärter Horner und der rormaliac Student Felber al» Grenzausseher. — Pensioniert: Ter Zollsekretär RostoSky in Dresden. — Verstorben: Der Zollsekretär Richter in Dresden; der Nebenzolleinnehmer Günther in Müglitz; der Steuerausseher Petzsch mann in Zschopau. — Entlassen: Der Steueraufseher Vorstadt in Tharandt; der Grcnzausseher Zimmermann in Saupsdors, beide aus Ansuchen Bei der Postverwaltung ist ernannt worden: Uhlich, zeilher Poftsekretär, als Postmeister in Stollberg (Erzgebirge) I» Geschäftsbereiche »e« Mtutsterinm« »e« Kult»« on» öffentlichen Unterricht«. Erledigt: die 2 ständige Lehrerstelle zu Berggießhübel kollator. da« König! Ministerium de« Kultus und öffentlichen Unterrichts zu Dresden. D e Stelle gewährt außer sreier Wohnung im Schul- Hause nebst Garten ein jährliches Einkommen von 120V M., S« M sür FortbildungSschulunterrickt, 72 M. sür Turnunter- ritt und bi- auf weiteres 72 M sür Uebcrstunden. Besuche fint -n den Kollator zu richten und mit den erso-der:ichen Beilagen bi« zum t März an den König!. Bezirksschulinspektor Schulrat Lehmann in Pirna einzureichni: — zur Erledigung gelangt: die 8 ständige Lehrerstelle in Zschorlau. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1000 M Gehalt, SOO M im voraus zu gewährende Alterszulage, 150 M. Wohnungsgeld, eventuell »0 M. sür Fortbildungsschulunter- richt Bewerbungsgesuche nebst den ersorderlichen Beilagen sind bis 1l. März an den König!. Bezirktschulinspeklor vr. Förster in Schwarzenberg einzusenden. — Zu besehen: die Nebenschulstelle in Rüssen bei Zwenkau. Kollator: das König!. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Einkommen: neben freier Amt-wohnung und Gartenaenuß 1000 M Jahresgehalt, 12 M für Leichensingen, 75 M für den Unterricht in der Fortbildungsschule, »6 M. 'ür den Turnunterricht, und ,v. werden 75 M der Frau de« Lehrers ür v,n Unterricht in weiblicher Handarbeit gezahlt. Besuche !nd bis zum 28. Februar bei dem König!. Bezirksschulinspektor ür Leipzig II Schulrat Zimmler einzureichen; — die Kirch- chulstelle zu Ren kersdorf. Kollator: da» Königs. Ministerin« des Kultus und öffentlichen Unterrichts Einkommen außer freier Wohnung im Schulhause mit Barten 1000 M. vom Schuldienste, SOO M. vom Küchendienste, 72 M. für Fort bildungsschulunterricht und 18 M sür Turnunterricht. Be« «erbungsgesuche mit sämtlichen Zeugnissen sind dis zum 5. März bei dem Köaigl. Bezirksschulinspektor vr. Putzger in Borna einzureichen; — die neugegründete 4. ständige Lehrerstelle in Lichtentanne. Kollator: das König!. Ministerium de-Kultus und öffentlichen Unterrichts. Einkommen: 1200 M Behalt und 180 M Wohnungsgrld sür einen verheirateten, 120 M. für einen unverhärateten Lehrer Besuche sind unter Beifügung sämtlicher Prüsungs- und AmtSsüh'u igszeugnifle bis zum 5. März bei dem König! Bezirksschul'.ispektor Schulrat Lohse in Zwickau einzureichen. nichtamtlicher Teil. Ter neue Präsident rer französischen Re-ndlik. Die Besorgnisse, mit denen man der nächsten Ent wickelung der Dinge in Frankreich nach dem plötzlichen Tode Hrn.Faures entgegensetzen zu müssen glaubte, haben sich nicht erfüllt. Die Wahl der neuen Präsidenten ist schnell und ohne wesentliche Zwischenfälle vor sich gegangen. Schon am Freitag hatte sich das Bild so weit geklärt, daß nur mehr Loubet und Meline als ernsthafte Kandidaten erschienen, und noch bevor der Kongreß in Versailles zur Abstimmung schritt, walteten wenig Zweifel bezüglich des Ergebnisses, der Wahl Loubets ob. So eilig Kammer und Senat zu ihrer Handlung zusammengetreten waren, so rasch entledigten sie sich ihrer Aufgabe, um etwaigen An schlägen der Kronprätendenten oder der Miliärpartei zuvorzukommen. Der Herzog von Orleans hat eS denn auch über die Absendung eines Aufrufs, dessen Exemplare gleich auf dem Pariser Bahnhofe in die unrechten Hände, in die der Polizei kamen, nicht hinaus gebracht, der Prinz Viktor Napoleon ist vollkommen ruhig geblieben und ebenso wenig ist ein nennenswerter Versuch zur Er richtung eine- „Säbelregiments" unternommen worden. Diesen Bestrebungen war eben nicht viel Zeit ge lassen — von heute auf morgen läßt sich ein Staats streich, wenn nicht von langer Hand her gründlich vor bereitet, doch nicht durchführen — und überhaupt scheint die Saat der bezeichneten Bewerber um die höchste Gewalt in Frankreich nur sehr schlecht zu reifen. Alle schlimmen Erfahrungen, wie sie der Panama-Skandal und jüngst die Dreyfus-Angelegen heit gebracht hat, sind offenbar nicht ganz von dem befürchteten Einflüsse auf die allgemeine Wertschätzung der republikanischen StaatSform gewesen. Die glatte Wahl eines neuen Präsidenten beweist die-. W>r teilen im folgenden einiges über den Lebens lauf Loubets mit: Emile Loubet, am 31. Dezember 1838 in Marsanne (Dep. Drüme) als Sohn eine- Bauern geboren, studierte die Rechte und ließ sich in Montülimar nieder, wo er Maire wurde Er stellte sich 1876 im Arrondissement Monte'limar zur Wahl und wurde ohne Gegenkandidaten in die Kammer gewählt, wo er sich der Gruppe d r republikanischen Linken anschloß. Er wurde 1877 gegen den vonapartistischen Deputierten M Lacroix- Saint-Pierre und am 21. August 1881 ohne Gegenkandidaten im Arrondissement Mont«-limar wiedergewählt Bei der alle drei Jahre stattfindenden Erneuerung des Senats im Jahre 1885 war Loubet Kandidat in seinem Departement und wurde mit 407 von 758 Stimmen gewählt. Er trat als Minister der öffentlichen Arbeiten in das Kabinett Tirard ein, da« nur drei Monate Bestand hatte, vom Dezember 1887 di- zum April 1888. In dieser Stellung er- wie- er durch Anlage der Rieselfelder bei Acheres der Stadt Pari- insbesondere einen großen Dienst. Nach dem Sturze Tirards weigerte er sich, in das Kabinett Floquet einzutreten; später war er nacheinander Re ferent der Budgetkommission und Vorsitzender der Finanzkommission der Senates. Al» das Kabinett Frrycinet umgewandelt wurde und dieser sich weigerte, das Präsidium wieder zu übernehmen, wurde Loubet von dem Präsidenten Carnot, für dessen nahen Freund er galt, mit der Neubildung de» Kabinett» beauftragt, in dem er selbst dar Ministerium des Innern, das Constan» inne gehabt hatte, über nahm (29. Februar 1892). Es war eine erregte Zeit, in der er die Regierung zu leiten hatte. Das Kabinett Loubet verfolgte eine Politik der Schonung gegenüber der äußersten Linken, welche, ohne diese voll zu befriedigen, von Anfang an bei der gemäßigt repu blikanischen Mehrheit Beunruhigung hrrvorrief. Da» Gefährliche dieser Haltung zeigte sich besonders bei dem Ausbruch und im Verlaufe des großen Streiks der Glasarbeiter von Carmaux. Die Unterstützung, welche die Forderungen der Streikenden bei einigen radikalen Deputierten fanden, und die unentschiedene Haltung der Regierung ihren Kundgebungen gegenüber führten gleich am Tage der Zusammentrittes der Kammer (18. Oktober 1892) eine Interpellation her bei. Tadel-Voten der Rechten und der Linken von entgegengesetztem Sinne wurden noch im letzten Augen blicke beseitigt durch die Annahme einer schiedsgericht lichen Entscheidung seitens de» Deputierten Reille, des Präsidenten der Gesellschaft von Carmaux. Loubet, der selbst mit dem Amt des Schiedsrichter- betraut wurde, gab seinen Spruch dahin ab, daß alle Arbeiter in die Werkstätten zurückkehren sollten, mit Ausnahme derjenigen, welche wegen Gewaltthätigkeiten vom Gericht bestraft worben seien. Aber auf Anreizung der Führer und der radikalen Abgeordneten, welche sie unterstützten, widersetzten sich die Arbeiter der Bestimmung einer solchen Ausnahme, und die Regierung machte noch ein letzte» Zugeständnis und schlug dcr Kammer vor, die Verurteilten begnadigen zu lassen, um ihnen die Werkstätten wieder zu öffnen. Die Wiederaufnahme der Arbeit vollzog sich sodann unter revolutionären Kundgebungen, und im Verlause dieser ungehemmten anarchistischen Agitationen vollzog sich der Anschlag vom 8.November, die Explosion auf dem Polizeikommissariat. EineJnter pellationwurdenochan demselben Tageinmitten der allgemeinen Aufregung in der Kammer eingebracht; den Tagesordnungen der Rechten, welche der Schwäche der Regierung die Schuld an dem Anschläge beimaß, wurde eine Tagesordnung entgegengestellt, die das Vertrauen der Mehrheit in ihre Wachsamkeit und ihre Entschlossenheit, die Wiederholung solcher Vor fälle zu verhindern, auSdrückte, und letztere wurde nach den Erklärungen Loubets angenommen. Am anderen Tage legte Loubet der Kammer einen Gesetzentwurf vor, betreffend die Verhinderung von Provokationen zu anarchistischen Attentaten in der Presst, und e» wurde ihm nach dreitägiger Generaldebatte durch ein neues Vertrauensvotum der Uebergang zur Spezialdebatte bewilligt. Zehn Tage später nahm die Kammer die Enquete über die Panama- Anarlegenbeit zum Anlaß, um das Kabinett zu stürzen (28. November 1892). Der bekannte Baron Reinach, einer der Vermittler zwischen der Panama-Gesellschaft und den korrumpierten Parlamentariern, war eines jähen TodeS gestorben. Nun verlangte die Linke, daß Reinachs Leiche obduziert und da- Gericht an gewiesen werde, Reinachs Papiere zu beschlagnahmen. Aber Loubet stellte sich grundsätzlich auf den Standpunkt, daß die Regierung den Gerichtsbehörden überhaupt keine Weisungen zu erteilen habe, und er lehnte deshalb jenen Antrag entschieden ab, obgleich er sich dadurch dem Verdachte aus setzte, die Bestochenen schützen zu wollen. Loubets Verlangen, über den Antrag zur einfachen Tages ordnung überzugehen, wurde mit 304 gegen 209 Stimmen abgelehnt, und dar Gesamtkabinett gab darauf seine Demission. Man hat übrigens Loubet auS seiner Haltung keinen moralischen Vorwurf ge macht. Der beste Beweis dafür ist, daß er nur die Ministerpräsidentschaft aufgab, aber von seinem Nach folger Ribot das Portefeuille deS Innern von neuem übertragen erhielt. Er blieb allerdings nicht mehr lange, nur bis zum 10. Januar 1893, Minister. Als dann durch die Abdankung Freycinets eine teil weise Ministerkrisis veranlaßt wurde, schied auch Loubet, der ewigen Skandale müde, auS dem Amte. Seitdem ist er nicht mehr Minister gewesen und ist in der Oeffentlichkeit mehrere Jahre wenig hervor- getreten, bis er am 16. Januar 1896 an Stelle Challemel-LacourS zum Präsidenten deS Senat» ge wählt wurde. Trotz seiner langjährigen Thätigkeit im öffentlichen Leben gehört Loubet nicht zu den allbekannnten Per sönlichkeiten in Frankreich. Er gilt auch nicht für eine ausgeprägte Persönlichkeit, rr ist kein Adler, wie der Franzose sagt. Aber anderseits fehlt e» ihm nicht an Erfahrung, an Kenntnis der Verhältnisse und an sittlichem Mute, denn ein solcher ist heutzutage er forderlich für die Uebernahme der französischen Präsi dentschaft. Politisch natürlich überzeugter Republikaner, steht Loubet bemerkenswerterweise seinem Gegenkandidaten bei der Wahl, M«-line, ziemlich nahe, nur zählt dieser zu den entschiedenen Feindender„Revision",währendLoubetnoch keine entschiedene Stellung zu der Drey'uS Sache ein genommen hat, dem Vernehmen nach aber wohl eher für die Revision sich erklären dürfte. Diese- verschie dene Verhältnis, in da» Loubet und Mvline zu der „Affaire" gebracht werden, hat zweifellos den Au- gang der Wahl beeinflußt, denn politisch sind die beiden Männer eben nicht derart von einander entfernt, daß sich die große Stimmenmehrheit filr Loubet daraus erklären ließe. Der neue Präsident wird schon in der nächsten Zeit seiner AmtSthätigkeit kein leichtes Spiel haben Tritt er nachdrücklich für die Revision ein, so wird er deren Gegner zu einem Feldzuge gegen sich ver einigen, der, wie schon der erste Angriff Hrn. Beaurepaires vermuten läßt, nicht gerade mit den reinlichsten Waffen geführt werden dürfte Fördert er nicht ausdrücklich die Revision, sondern hält sich neutral inner halb der verfassungsmäßigen Grenzen seiner Stellung, so wird er die Gegner der DreyfuSsache nicht ganz be friedigen und die Anhänger noch viel weniger. Diese üble Angelegenheit wird durch den demnächstigen Be schluß deS Senat» über den bekannten Gesetzentwurf Dupuys neuerdings in Fluß kommen und vielleicht auch dem neuen Präsidenten nicht geringere Sorge bereiten als dem verstorbenen. Lassen wir diese Angelegenheit als eine häusliche nach wie vor den Franzosen, so haben wir, von nach barlichem Standpunkte aus, nur zu wünschen, daß während der Präsidentschaft dcS Hrn. Loubet die Be- - ziehungen zwischen Frankreich und Deutschland so äußerlich freundliche und friedliche bleiben mübten, wie sie sich wäbrend der Amtszeit seine» Kunst und Wissenschaft. Konigl. Schauspielhaus. — Am 19. d Mts: Goethe Cyklu«. III. Abend „Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand." Schauspiel in fünf Akten »on Goethe. Für die Bühne bearbeitet. Der Theaterzettel, der zu den Personen de« „Götz" den Bischof von Bimberg und Liebetraut wieder einfügte, ließ eine neue Bearbeitung de« Goetheschen Jugenddrama«, deren Notwendigkeit in den letzten Jahren oft genug be tont worden ist, erhoffen; die gewissenhafte Aufzählung der Herren v Wanzenau, v Blinzkopf und v Wrrdrnhagen, von denen der echte und alleinige „Götz" de« Jahre« !773 nicht« weiß, belehrte al«bald darüber, daß e« im wesent lichen bei der Verstümmelung — der unerfreulichsten, die je ein großer Dichter mit seinem unsterblichen Werke zu Gunsten einer kleinen Bühne vorgenommen! — in usuw volpkmi geblieben sei Der Dauphin ist hier die Sonn- tazSgalerie, die denn freilich nie verfehlt, den verspielten und verlumpten Selbitz, die Scene, wo der Knab« Franz zum Starmatz »berichtet wird, und die Komik der ReichS- hauvtleute und ihrer Völker zu bejauchzen Man hatte in die Verballhornung nur ein paar der früher fehlenden prächtigen Scenen am Bamberger Bischofshof eingeschoben, um die Gestalt der Adelheid wieder einigermaßen zu runden und zu beleben Di« Wirkung davon «rinn«rt« unwillkürlich an da« h«fsische Bäu«rl«in von 1848: ,,D« Republik müsse mr hawwe, un den Großherzog müsse mr erst recht hawwe" — Im Ernst gesprochen, e« ziemt einer proßen Bühne nicht, sich jahrau«, jahrein, und vollend« m einem Goethe-Cyklus, mit litterarischen Ansprüchen, mit einer Bearbeitung zu behelfen, der Goethe selbst, unmittel« bar nachdem er sie vollbr:tn, mit mehr al« geteilter Em- ifindung gegenüberstand Wir müssen eine andere Theater- beardeitung de« großen Jugendwerle« unsere» größren Dichter« erhalten, wenn ander« diese Schöpfung nicht zum bloßen Spektakelstück herabgedrückt werden soll Um dl« Vorfükrung de« „Götz von Berlichingen" im diesmaligen Goethe-Cyklu« überhaupt zu ermöglichen, gastiert« Frl. G«rtrud Richard au« Weimar al« Adel heid v Walldorf und Wei«lingen. Die gute Schulung und da« wirkliche Talent der Künstlerin sind früher voll anerkannt worden; in der Halbweg« wieder hergtstellten Gestalt war auch Gelegenheit, sich vorteilhaft zu zeigen Gleichwohl hatte Frl Richard nur einige Scenen, in denen sie voll befriedigte. Die zauberische, sinnberückende Anmut der Adelheid, die nicht bloß in da« Spiel, sondern auch in den Ton hineinwirken muß, kam nicht recht zur Erscheinung, die Darstellerin kämpfte mit irgend einer Indisposition ihre« Organ«. Immerhin gelang e« der Gästin, sich starken Beifall zu erringen. Neu waren Hr Gebühr al« Reiterbube Georg, Hr Eckelmann, der die beiden Rolle« de« Bruder Marlin und de« Kaiser« Maximilian übernommen hatte, Hr Bauer al« Bischof von Bamberg und Hr. Gunz al« Liebetraut Die Leist ungen der Damen Frl Salbach (Marie) und Frau Hildebrandt (Elisabeth von Berlichingen), der Herren Wind« (Götz von Berlichingen), Blankenstein (Adal bert von Weitlingen), Dettmer (Sicking««), Müller (Han« von Selbitz) find von früheren Aufführungen be kannt, an Stelle de« Hrn Wieck« spirlt« di«Smal Hr Franz d«n Edelknecht Weitling«»« Franz. Boll« Frrud« läßt sich auch an d«n besten Verkörperungen dieser und anderer kleinerer Rollen so lana« nicht gewinnen, so lange un« die dichterische Schöpfung selbst in so unzulänglicher und teilwei« geradezu verletzender Gestalt vor Augen ge stellt wird Adolf Stern Nefid«nztheat«r. — Am !8 d MtS: Der Fall Elsmenceau Schauspiel in 5 Akten von Alexander Duma« dem jüngeren und Armand d'ArtoiS. Deutsch von R Schelcher (Zum ersten Male) Al« im Jahre 1859 Villemin dem Kaiser der Franzosen ein neue« Mitglied der Akademie vorstellte, fragte Napoleon nach dem Vorgänger de« Manne«; wer er gewesen sei, und ob er Talent gehabt habe Villemin antwortete: „Sire, wir in der Akademie haben alle Talent " Zu diesen selbstbewußten, von ihrem Talente überzeugten Männern gehört da« Akademiemitglied Alexander Duma« der jüngere, dessen in Gemeinschaft mit Armand d'Artoi« verfaßtes Drama, 1864 al« Roman entstanden, am ver gangenen Sonnabend zum ersten Male in Drerden auf geführt worden ist Daß da« Werk ein halbe« Menschen alter nach seiner Entstehung und in einer Zeit, wo e« nur noch al« Repertoirstück reisender Jsadarstellerinnen oder vom litterarhistorischkn Standpunkte au« Jnterrfse er weckt, in Dre«den da« Licht der Bühne erblickt, haben wir dem gegenwärtigen Gaste de« Residenztheater«, Fräulein Jenny Groß zuzuschreiben. Wrr hätten nicht« verloren, wenn der „Fall Clemenceau" in Dre«den auch fernerhin ungespielt geblieben wäre. Denn das trotz seiner moralischen Tendenz moralisch un gesunde Stück mit seiner Ehebruch«, und Courtrsanen- schilderung ist längst von einer gesünderen deutschen Realistik überwunden worden Gegen die gute Absicht der Dramendichter, die in den 50er Jahren unsere« Jahr, hundert« in Frankreich auftraten, um von der Bühne h.rah di« gesellschaftliche und «inzelmenschliche Sittlichkeit zu schUdn n, wär« gewiß nicht« einzuwenden, wenn diese Schilderung nicht zumeist, wie z B wie in einem anderen vühnen- werke Duma«', d«r bekannten „Cameliendame", von der au« da« sogenannte modern-realistisch« französisch« Drama datirrt, in «in«r Glorifizierung de« CourtisanentumS gipfelte Wie e« dort «ine äußerst fragwürdig« poetisch« Aufgabe ist, die Rettung einer Verlorenen durch ein« rein«, selbstlose, über alle« Verzangene erhabene Liebe zu schildern, so ist e« im „Fall Clemenceau" ein höchst be denklicher dichterischer Vorwurf, da« Problem von dem Rechte eine« Gatten zur Selbstjustiz on seincr ehe brecherischen, zur niedrigen Dirne herabgesunker.en Gattin auf die Bühne zu stellen Der Inhalt der Jsaqestalt, von deren moralischer Verworfenheit der, der den TumaSschen Roman nicht kennt, durch da« Drama gar nicht die richtige Vorstellung erhält, weil sie hier in den ersten Akten vollkommen falsch charakterisiert wird, ist eine solche Unsumme von seelischer uud sittlicher Niedrigkeit, daß e« mehr al« zweifelhaft erscheint, ob ihre Verdichtung zu einer Bühnenfigur die von Duma« beabsichtigte sittliche Wirkung, den heilsamen Einfluß, den er erwartet, Hervorrufen kann Man muß bei dieser dramatischen Moralpredigt unwillkürlich an da« Gespräch Wagner« mit Faust denken, an die Worte Wagner«: „Ich hab e« öfter« rühmen hören, ein Komödiant könnt' einen Pfarrer lehren", auf die ihm Faust entgegnet: „Jo, wenn der Pfarrer ein Komödiant ist" Im „Fall. Clemenceau" ist Duma« ein um die menschliche Moral be sorgter Bußprediger, der den Komödianten nicht ver leugnen kann Frl. Groß, unsere Jsadarstellerin, weiß, warum sie diese Paraderolle in Dretden herau-brachte Sie besitzt, wa« wir schon bei ihrem Auftreten a « Josepha Vogl- Huber und al« Madame San«-G» ne betonten, die höchste Vollendung in der Charakterisierung» kunst Zeigte fi« in den beiden vorgenannten Rollen mit einer Treue, der man glauben muß, da« echte, reine Werb, so gab sie al« Isa ein überzeugende« Bild der raffinierten Buhlin, der Ebre und Treue Dunst und Rauch find, die in der Sünde schwelgt, im Laster wonnevoll untertaucht, di« nur einen Lebenszweck: schrankenloses Genießen de» Daseins und nur «ine Furcht: den Tod kennt In allen Phasen, di« di« DumaSsche Jsagestalt durrplebt, war dir Brrlin.'r Darstellerin von unleugbar großer Wirkung, und
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