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PreiO für da« Biertel- fahr I'/, Thlr.; jede rin. jkln« Nummer 2 Ngr. Freitag. EeiPßlg Die Zeitung erscheint mit NuSnahme deZ «ontaa« täglich und wird Nachmittag« « Uhr au«» gegeben. Str. 228. —— 29. September L854 Dcutschk AllgtMtiuk Zkitung. «Wahrheit i»h Rtcht, Freiheit u»d Gesetz I» Zu beziehen durch alle Postämter de« In- und Auslände«, sowie durch di« Brpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). 4fnfrrtion«g«dü-r für deuRaum einer Zeile 2 Ngr. Oesterreich und Deutschland. ---Leipzig, 28. Sept. Die augSburger Allgemeine Zeitung enthielt kürzlich unter der Ueberschrift: „Die Aufgabe Deutschlands in der orientalischen Krage", einen Artikel, der uns erwünschten Anlaß bietet, unsere Ansichten über di« gegenseitige Stellung Oesterreichs und Deutschlands mit Rücksicht auf die schwebende europäische Frage offen auszusprechen. Die Allgemeine Zeitung ist der Ansicht, daß durch die russicherseitS erfolgte Ablehnung der vier Frieden-Vorschläge und durch die diese Ablehnung begleitende thatsäch- tiche Manifestation der fortdauernd kriegerischen Absichten des russischen Ca- binetS — die Ausschreibung einer neuen Rekrutenau-Hebung — die „Ein leitung zu einem großen festländischen Kriege" gegeben sei. Oesterreich, der malen auf dem Standpunkt einer bewaffneten Neutralität stehend, werde bald diese Neutralität ebenso kostspielig finden wie den Krieg selbst, und, um die beträchtlichen Kosten seiner bewaffneten Aufstellung («ine halbe Mill. Fl. für den Tag!) nicht auf eine unbestimmt lange Zeit hinaus tragen zu müssen, sich genöthigt sehen, „peremtorische Termine (an Rußland natür lich) zu stellen". Damit sei aber auch für Oesterreich die Zeit gekommen, sich ernstlich nach Alliirten für gemeinsames actives Handeln umzuthun. Eine Allianz mit England hätte nun zwar, nach der Ansicht der Allge meinen Zeitung, nichts Bedenkliches, da etwaige einseitig egoistische Inter essen dieses StaatS durch die mit ihm rivalisirende zweite Seemacht im Schach gehalten würden. Indessen bestehe bei Vielen ein Mistrauen gegen Alles „jenseit deS Rheins und des Kanals". Das sicherste Mittel nun, um Oesterreich von den westlichen Allianzen fernzuhalten, sei „ein fester Anschluß Deutschlands an die österreichische Politik". Finde dieser nicht statt, so müsse sich Oesterreich nach auswärtigen Allianzen umsehen; dann aber sei es vorbei mit der Vertretung rein deutscher Interessen, weil dann die fremden Mächte ihre Interessen einmischen möchten. Um dies zu ver hüten, solle man Oesterreich mit voller Hingebung unterstützen und „nicht über kleine Vortheile mit ihm mäkeln". Dies der Inhalt des erwähnten Artikels, von dem man wol annch- men darf, daß er den leitenden Gedanken und Wünschen deS österreichischen CabinetS nicht ganz fernsteht. Wir freuen uns zunächst über die hier eröffnete Aussicht auf eine be vorstehende activcre Theilnahme Oesterreichs am Kriege. Denn anders kön nen wir es nickt verstehen, wenn von der Stellung „peremtorischer Fristen" — doch wol wegen Annahme der vier Friedcnsbedingungen seitens Ruß land» —. gesprochen wird. Die Befürchtungen in Betreff der westlichen Allianzen, welche man hier und da in Deutschland vielleicht mehr zu hegen vorgibt als wirklich hegt, theilen wir gar nicht, weil die Interessen der Westmächte, und namentlich Englands, in dieser Frage (wie seiner Zeit der Lloyd sehr schlagend nachgewicsen) mit den Interessen Oesterreichs und Deutschlands vollkommen übereinstimmen. Nichtsdestoweniger halten auch wir einen festen Anschluß Deutschlands an Oesterreich aus mehr als einer Rücksicht für nothwendig und wünschenswerth und haben einem solchen vom Anfang her da- Wort geredet. Auch der Meinung pflichten wir vollkom men bei, daß In einer so großen Sache ein Mäkeln um kleine Vorthcile nicht am Platze sein würde. Allein der Fürsprecher Oesterreichs, mit dem wir es hier zu thun haben, wird seinerseits auch nicht verkennen wollen, daß in einem so entscheidenden Moment wie der gegenwärtige Deutschland Ich ebenfalls ernste Rechenschaft zu geben hat über Das, was ihm frommt, über die nothwendigen Endziele seiner Politik und die sichersten Wege, um zu diesen Zielen zu gelangen. Deutschland ist kein bloßer geographischer Begriff, und die „deutschen Interessen" sind nicht oder sollen doch nicht sein «ine wächserne Nase, die sich Jeder nach seinem Belieben zurechtdrehen dürfte. Die Endziele der deutschen Politik — gleichviel, ob an officieller Stelle augenblicklich als solche anerkannt oder nicht — sind unverrückbar gegeben durch reelle, in den Verhältnissen wurzelnde Bedürfnisse und durch «inen tiefrn, unaustilgbaren Instinkt der Nation, der, wie oft auch durch äußer« Hemmnisse davon abgelenkt, doch immer von neuem sich ihnen zu- wendet. Das erste und höchste jener Ziele ist und bleibt aber die Consti- tuirung Deutschlands als selbständige staatliche Einheit mit seinen natio- nalen Institutionen. Leider scheint gerade über diesen Punkt bei den öster reichischen Politikern noch immer eine Auffassung vorzuwalten, welche eine Verständigung zwischen ihnen und der nationalen Partei in Deutschland in weite Ferne rückt. Der Verfasser deS Artikel» in der Allgemeinen Zeitung erhebt den Vorwurf: „Deutschland habe 1848 und 4849 Oesterreich im Stiche gelassen und eS dadurch hülfesuchend in die Arme Rußlands getrie- ben", und: „Die Kaiserlichen hätten die ^kaiserlichköniglichen aus der Pauls- > kirche hinauSvotirt." Man will also jenseits noch immer nicht einschen oder ^nicht zugeben, daß zwischen Deutschland und Oesterreich, den gegebenen Umständen nach, nur ein einziges Verhältniß möglich sei, bei welchem beide Theile sich Wohlbefinden und gedeihen können, und daß Oesterreich e» ge wesen, welches 1848 und 1849 die Herstellung dieses Verhältnisse» ver schmäht und von sich gewiesen? Von dem Augenblick an, wo O«sterr«ich erklärte, sich einer nationalen deutschen Gesetzgebung, einem deutschen Par lament wegen der eigenthümlichcn Verhältnisse seine» StaateneomplexeS nicht unterwerfen zu können, vollends nachdem «S diese Erklärung bekräftigt durch die Annahme eines noch strenger» EentralisationssystemS für sich selbst, war zwischen dem so centralisirten Oesterreich und dem nach Einheit rin genden Deutschland nur noch Eine Art von Einigung denkbar, und diese ward von deutscher Seite dem stammverwandten Nachbar in aufrichtigstem Entgegenkommen geboten: ein Schuh- und Trutzbündniß zur gegenseitigen Verbürgung des Besitzstandes und zur gegenseitigen Förderung aller, einer Gemeinsamkeit fähigen Interessen, also ein Bündniß, welches nicht blos Das, was Oesterreich dermalen von Deutschland verlangt, sondern weit mehr als die« ihm gewährt haben würde. Das Eingehen eine» solchen Bündnisses im Jahre 1849 hätte Oesterreich vor der traurigen Nothwendig keit bewahrt, den gefährlichen Beistand Rußlands anrufcn zu müssen, ja man darf kühn behaupten, daß angesichts eines auf solche Weise verbünd«» neu und in seinen einzelnen Theilen kräftig organisirten Mitteleuropa Ruß land niemals gewagt haben würde, den Frieden und das Gleichgewicht Europas auf so gewaltsame Weise wie jetzt geschehen zu stören. Noch in diesem Augenblick wäre nach unserer festen Ueberzeugung daS sicherste Mit tel, Rußland zum Nachgeben zu bringen und einen „dauerhaften" Frieden (wie ihn Oesterreich wiederholt zu wollen erklärt hat) bald herbeizuführen, eine solche Consolidirung Deutschlands und «ine solche Einigung desselben mit Oesterreich, durch welche der russischen Diplomatie die Hoffnung, hi«r durch ihre Jnlrigucn trennend und lähmend einzuwirken, ein und für alle mal benommen und längs der weiten Grenzen deS gewaltigen nordischen Reich» ein ihm an Kraft mindestens ebenbürtiger politischer Organismus geschaffen würde, stark genug, um nöthigenfallS allein jeden Angriff von dorther von sich und von dem ganzen civilisirten Europa abzuhalten. Wenn Oesterreich ein festes Zusammenstehen Deutschlands gegen Rußland aufrich tig und ernstlich will (und es scheint dies zu wollen), so kann eS ihm schwer lich entgehen, daß für ein solches einmüthiges und kräftiges Auftreten ein staatsrechtlich geeintes Deutschland ungleich festere und zuverlässigere Anhalt«- punkte böte als ein in sich getheilteS und zerstückeltes, daß dir auswärtige Jntrigue allezeit weit leichtere» Spiel haben wird gegenüber einer Vielheit einzelner politischer Mittelpunkte als einer einzigen Gesammtvertretung und -Regierung der Nation. Und was kann eS Oesterreich frommen, Deutsch land neben sich in Ohnmacht und Zerrissenheit zu erhalten? Was e» von Deutschland will und bedarf und zu fodern berechtigt ist: Schuh in Ge fahr, Beistand in Verfolgung seiner Interessen, soweit sie zugleich deutsche sind, Befruchtung seines Staats- und Volkslebens durch deutsche Element«, um seine Aufgabe einer fortschreitenden Cultivirung des Ostens zu voll ziehen — dies Alle» wird ihm ein in sich geeintes, lebenskräftiges und unab hängiges Deutschland weit sicherer und in weit höherm Grade zu ge währen vermögen als das gegenwärtige. Kann Oesterreich an dem lee ren Schimmer einer Herrschaft über daö zerstückelte Deutschland, einer Herrschaft, die sich gerade in den Momenten, wo sie von wohlthätigen Fol gen für beide Theile sein könnte (wie eben jetzt im Kampfe gegen Rußland), als ohnmächtig erweist, kann ihm daran mehr gelegen sein, al» an der dauernden, aufrichtigen und nachdrucksvollen Bundesgenossenschaft einer durch freie und einheitliche Institutionen in sich selbst befriedigten, durch keine Be sorgnisse vor Gefährdung seiner heiligsten Interessen dem befreundeten Nach barstaat entfremdeten, vielmehr durch die natürlichen Bande der StammeS- verwandtschaft und der gleichen geographischen Interessen sich ihm auf- engste verbunden fühlenden Nation? „Erst wenn das verjüngt« Oester reich und das verjüngte Deutschland zu neuen und festen Formen gelangt sind, wird es möglich sein, ihre gegenseitigen Beziehungen zu bestimmen." So sprach im Jahre 1848 die Regierung Oesterreich». Möge sie diese» ' große Wort, welches damals leider unerfüllt blieb, jetzt wiederaufnchmenl Möge sie, die damals dem Zustandekommen eines „verjüngten Deutsch land in neuen und festen Formen" entgegentrat, jetzt selbst den Anstoß zu dieser Verjüngung und Befestigung Deutschlands geben! Der Dank aller deutschen Patriot«« und die nachhaltigste Sicherung ihrer eigenen europäi schen Machtstellung durch ein Schuh und Trutzbündniß mit diesem verjüngten Deutschland würde ihre Bemühungen in dieser Richtung auf- schönste lohnen. D entsch land. Preußen. ttBerlifl, 27. Sept. Trotz der ziemlich ermäßig ten österreichischen Foderungen in dem Circular vom 14. Sept, sind alle Verschiedenheiten zwischen den beiden Cabineten noch nicht beseitigt. Dies geht aus folgender Analyst der preußischen Antwort vom 21. Sept.