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Drohender Arbeltskamps im Ruhrgeblet Trilltniks - M>»lmm des Lolmabkommms Men, 1 Juli. Wie die T. U. erfährt, hat der Christ liche Metallarbeiterverband am DienStagvormit- tag seine Absicht bekanntgegcben, das Arbeitszeit- und daS Lohnabkommen für die nordwestliche Kruppe der Eisen- und Stahlindustrie am l. August zum 30. September zu kün digen. Auch der Deutsche Metallarbeiterver band hat die gleiche Absicht hinsichtlich des Arbeitszett abkommens kundgegeben, während der Arbeitgeber verband der nordwestlichen Kruppe daraufhin beabsichtigt, die Lohntariie »u kündigen. Bekanntlich ist aus Krund des letzten Severingspruches vom 21. September 1929 die Kündigung der Tarifabkommen in der Nordwestgrnppe an die Pflicht gebunden, die Kündtgungsabsicht einen Monat vor Beginn der zweimonatlichen Kündigungsfrist bckannt- zugeben. Die Durchführung der ab 1. Juli in Kraft tretenden Akkordlohnsenkung ist im allgemeinen ruhig verlaufen. Nach Mitteilung der Firma Krupp hat sich der Schichtwechsel auf der Kruppschen Gußstahlfabrik am Dienstag früh normal vollzogen. Lediglich in zwei Betrieben verzögerte sich die Arbeitsaufnahme. Es handelt sich hierbei um einige hundert Mann in den Betrieben Kicheret und Walzwerk. Auch von einigen anderen Werken der Nordwestgruppe wurden Teilarbeitseinftellunge«, die sich aus einige hundert Mann der einzelnen Belegschaften beschränken, mitgcteilt. Auf der Fricdrich-Wilhelm-Hütte in Mülheim a. ü. Ruhr hat die Belegschaft, die morgens voll ständig erschienen war, an der vollen Arbeitsaufnahme aber gehindert wurde, die Betriebe im Lause des Vormittags wieder verlassen. Bei den Klöckner-Werken in Haspe ist, nach dem die während der Nacht gepflogenen Verhandlungen zu keinem Ergebnis geführt hatten, die ganze Belegschaft überhaupt nicht znr Arbeit erschienen. Es ist anzunehmen, dass es sich in den meisten Fällen um rein demonstrative Vorgänge handelt, und daß die Arbeit alsbald wieder ausgenommen wird Ob die Kündigungsabstchtcn auch zu einer tatsächlichen Kündigung am 1. August führen werden, hängt von dem wetteren Gang der Verhandlungen ab. die im Laufe des Monats Juli zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmer» über die Arbeitözeitregelung und den Lohntarif stattsinden Die erste gemeinsame Aussprache wird am 8. Juli erfolgen. Ein Thron steht leer Das Symbol des ungarischen Staatsgedankens ist dt« heilige Stephanskrone. Mit ihrem Glanze ist bet jede» Madjaren die unauslöschliche Vorstellung von der Einheit lichkeit aller Länder verbunden, die in einer tausendjährige« Geschichte von ihr beherrscht wurden. Das Trianoner Frte- dcnödiktat hat Ungarn zu einem Rumpfstaat gemacht, der zwei Drittel seines ursprünglichen Gebietes verlöre« hat. Es gibt niemanden in Ungarn, der sich je mit diesem Zu stande abstnden würde. „Nie, nie, niemals", steht auf alle« öffentlichen Gebäuden, und das Gefallenendenkmal in Buda pest enthält Erde aus allen verlorenen Gebieten. Und immer und immer wieder finden in allen Teilen Ungarns gewaltige Kundgebungen einer einmütigen Nation gegen die Schmach von Trianon statt. 20 000 Protestschreiben erhielt jüngst der Völkerbund anläßlich des zehnjährigen Bestehens des Frie- bensdiktats. Ungarn hat es verstanden, die Augen der Welt auf sich und seine nationalen Wünsche und Sehnsüchte pl richten. In Genf läßt eö seine Forderungen durch de» 83jährigen Grasen Apponyt vertreten, der durch seinen Geist, seine Haltung und durch seine virtuose Beherrschung sämt licher europäischer Sprachen allein schon den gewaltigste« Eindruck auf das Völkerparlament macht. In England tritt der Rothermere-Presickonzern für eine Revision des Unrecht» an Ungarn ein. Im europäischen Bölkerkonzert nimmt sich das aufstrebende faschistische Italien Ungarns besonder» an. Denn Ungarn befindet sich in einem natürlichen Gegensatz zu Dtidslawten, dem abriatischen Gegner Italien». Gegenwärtig bewegt die europäische öffentliche Meinung lebhaft die ungarische KöntgSfrage. Ungarn ist bekanntlich ein Königreich, was begreiflich erscheint, wenn man die sym bolische Bedeutung der heiligen Stephanskrone für jede» Madjaren ermißt. Aber Ungarn hat keinen König, sonder« vorläufig nur in dem Admiral Horthy einen ReichSverweser. Jetzt sind allerdings zwei Umstände eingetreten, die dt« Königsfrage aktuell gestaltet haben. Der eine Umstand ist, daß bisher zwei Anwärter Ansprüche auf den Thron erhoben haben, von denen der eine freiwillig zurückgetrete» ist, nämlich Erzherzog Al brecht. So bleibt nur noch Ott», der erstgeborene Sohn des letzten Habsburger Kaiser», Karls IV. und seiner Gemahlin Zita von Bourbon-Parma. Er wird in fünf Monaten 18 Jahre alt» also nach den Habs burger Hansgcsetzen großjährig. Damit wäre er in der Lag«, den Thron in Ungarn zu besteigen. Die Entwicklungs geschichte der beiden Kandidaturen ist nicht uninteressant, da sie die Strömungen innerhalb des politischen Ungarn» gnt wiedergibt. Daß Ungarn einen Träger der heiligen Stephan», kröne haben muß. darüber ist sich die erdrückende Mehrheit der Bevölkerung einig. Nicht einer Meinung war man bis her nur über die Person. Zwei Gruppen standen sich gegen über, die Legittmisten und die freien Söntg»- wähler. Die ersteren bestanden hauptsächlich auS dem katholischen Hochadcl. Ihr Ziel war die Krönung Ottos, alS des legitimen Erbe» des Habsburger Thrones und damit die Wiedereinsetzung des Hauses Habsburg-Lothringen in seine gesamten historischen Rechte. Dagegen war der Kandidat der freien Königswähler Alb recht, der Sohn des Erzherzogs Friedrich. Die Wahl Albrechts hätte wesentliche Vorteile gehabt. Er gilt als ein sehr kluger Mann, hinter ihm standen der evangelische und der niedere Adel, die breite« Schichten des Mittelstandes und die nationalistische Gruppe der „erwachenden Ungarn". Im Gegensatz zu Otto ist er einer der reichsten Männer Ungarns. Ein un zweifelhafter Vorzug, wenn man die Armut des Lande» be denkt. Außerdem hätte seine Wahl nicht die gesamte Habs burger Familie in ihre Erbrechte auf Grund der Pragmati schen Sanktion wieder eingesetzt, wie es bet einem Stege des Legittmismus zu befürchten stand. Es war einige Wochen vollkommen dunkel, warum Albrecht, der seine Kandidatur bisher mit so viel Geschick und Klugheit betrieben hatte, plötz lich dem jungen Otto als dem Chef des Hauses Habsburg hul digte und damit in feierlicher Form auf seine Kandida tur Verzicht leistete. Was zunächst nur ein Gerücht war, verdichtete sich jetzt zur Tatsache, Albrecht hat, wie einst sein rumänischer Nachbar König Carol ll., um einer Frau willen der Stephanskrone entsagt. Er plant eine Liebesheirat mit einer bürgerlichen Ungarin. So stände nach der Volljährig- kcitscrklärung durch den überraschenden Verzicht Alhrecht» einer Krönung Ottos innenpolitisch nichts mehr im Wege. Aber freilich außenpolitisch waren bisher nicht unerheb liche Schwierigkeiten zu überwinden. Sie gingen in erster Linie von Ungarns Nachbarn, Rumänien, Südslawien und der Tschechoslowakei, ans, die bekanntlich die Nutznießer des Fricdensvertrages von Trianon sind, in dem Ungarn so sehr verstümmelt wurde. Um den Raub an Ungarn zu sichern und den gegenwärtigen Zustand der Nachfolgestaaten -er Donau monarchie zu stabilisieren, haben diese Staaten sich nach Ab schluß der Friedcnsvcrträge zu einer Art Versicherungsgesell schaft auf Gegenseitigkeit zusammengetan, der Kleinen Entente. Es ist psnchologifch leicht verständlich, daß die Staatsmänner dieses Bündnisses in der Rückkehr der Habs burger nach Ungarn durch viele Jahre hindurch einen offenen Kriegsfall sahen und ihre Völker in diesem Sinne erfolgreich zu beeinflussen suchten. Allein, die Zeiten ändern sich, und mit ihnen die Politiker. Wie unser an den Tagungsort der Kleinen Entente, den slowenischen Kurort Strbsko Pleso in der Hohen Tatra, entsandte Korrespondent an dieser Stell« DK WMrettmM» in Mstrslaiilun Lynchjustiz gegen Separatisten Berlin, 1. Juli. «Eigene Drahtmeldung.) Im Anschluß an die Bcfreiungsfeicr in Kaiserslautern kam es. wie bereits kurz gemeldet, am Dienstag früh zu schweren Aus schreitungen gegen die als Separatistenftthrer bekannten Kaufleute Rinsche. Knobloch und Mallach. Gegen 8 Uhr früh zog eine Menschenmenge vor bas Haus des Separatistensührers Rinsche, um mit ihm abzurechnen. Das Schaufenster seines Ladens wurde eiugcschlagcn. Bevor es zu weiteren Ausschreitungen kam. erschien Polizei, die sich nach und nach bis auf zehn Mann verstärkte. Ein junger Mann kletterte an der Fassade hoch und versuchte die eisernen Aushängeschilder RinschcS auszuheben. Er vermochte diese jedoch nicht zu halten und ließ sic fallen. Ein Schild traf hierbei einen Schnpo- beamten aus de» Kops, so daß er eine klaffende Wunde davontrug. Der Beamte wurde an Ort und Stelle verbunden und mußte sich ins Krankenhaus begeben. Der Polizei ge lang es, die Menge, unter der sich viele junge Leute befanden, z» zerstreuen, doch entfernte sie sich mit dem Rufe: „Dann ziehen wir zu Mallach!" In der Zeit zwischen 8 und 6 Uhr kam eS dann z» weiteren schweren Ausschreitungen. Die wütende Menge sammelte sich vor dem Hause Knoblochs, schlug die Fenster scheiben ein, drang in den Laden ein und zerschlug die Laden einrichtung. Dann warf die Menge die zertrümmerte Ein richtung und die Waren aus die Straße. Hieraus drang sie in die Wohnung Knoblochs im dritten Stockwerk ein und warf die gesamte Wohnungseinrichtung auf die Straße. Sogar das Klavier wurde zum Fenster hinaus- RWlmnSanIras men Surtlus abgrlelmt vrnbtmalcknny unvvror LarUoor 8«l»ritt!oiiuvy Berlin, 1. Juli. Am Dienstagnachmittag wnrden im Reichstage einig« Abstimmungen von Bedeutung vorgenom- mcn. Zunächst galt es, den Haushalt des Auswärtigen Amtes zu verabschieden, zu dem ein Mißtranensantrag der Deutsch nationalen gegen den Außenminister Dr. LurtiuS vorlag. Der MißtranenSantrag wurde in namentlicher Abstimmung gegen die Stimmen der rechten und linken Opposition ab- gelchnt und der Etat in der Schlnßabstimmnng genehmigt. Leider wurde auch die Ueberweisung des wirtschaftspartei lichen Vorschlages au den Ansschoß, die Arbeits dienstpflicht einznsiihren, abgelehut. Unverständ licherweise halfen die Nationalsozialisten der Linken bet dieser Ablehnung. Der Vorschlag ist demnach zunächst erledigt. Der kommunistische Mißtranensantrag gegen den Neichsarbcitsminister Ttegerwald wurde mit S»9 gegen öl Stimmen der Antragsteller und Nationalsozialisten bei 138 Enthaltungen der Sozialdemokraten abgelehnt. Der Haushalt des RclchsarbcitSministerinms wurde in der Aus- schußtassung genehmigt. Die Novell« zar Aenderung der Krankenkasfcnoersichcrnng geht an den AnSschnß. DaS Hau» vertagte sich dann auf Mittwoch nachmittag 8 Uhr. Ans der Tagesordnung stehen die Amnestie- vo rlage sowie der Hmishalt der VersorgungS- und Ruhe gehälter Amneltikobllimmmig erst am Mittwoch Berlin, 1. Juli. Entgegen der ursprünglichen Absicht wurde die dritte Lesung der Amnestievorlage am Dienstag im Reichstag noch nicht vorgcnommen. Sie wird nunmehr am Mittwoch nachmittag erfolgen. In parlamen- aeworfen und die Betten. zersetzt und ans die Straße ge schleudert. Die Menge begnügte sich jedoch noch nicht damit, sondern zündete das Hinterhaus an, in dem Knobloch seine Werkstatt betreibt. Das Feuer nahm großen Umfang an. und die Feuerwehr hatte Mühe, den Brand zu löschen. Der Dachstuhl brannte vollständig nieder. Mit der Feuerwehr traf auch die Polizei ein und trieb die Menge auseinander. Die Leute zogen nun vor das Haus des Separatistensührers Mal lack und wiederholten auch hier ihr Zcrstörungswerk. Beide Schaufenster, die Jalousien und ein großes Glasschild wurden völlig zertrümmert. Die Ladeneinrichtung und die VerkausSgcgenstände wurden aus die Straße geworfen und zertreten. Dann ging es in die Wohnung im zweiten Stock. Auch hier wurde die Wohnungs einrichtung von der wütenden Menge aus die Straße ge worfen. Ein hinausgeworfeneö Fi schbassin siel einem Manne aus den Kopf, der bewußtlos zusammcnbrach. Als die Polizei eintraf und die tobende Menge zum Nuseinanber- gehen aufforderte, wurde sie angegriffen und hatte einen sehr schweren Stand. Die Beamten sahen sich daher ge zwungen, vom Gummiknüppel und teilweise von der blanken Wasse Gebrauch zu machen. Trotzdem war es ihnen nicht möglich, der Lage Herr zu werden. Ans Anordnung des Oberbürgermeisters wurde die Feuerwehr eingesetzt, gegen die die er regte Menge ebenfalls Stellung nahm. Der Branddirektor Raguet wurde angegriffen, am Halse gewürgt und befand sich in ernster Gefahr. Da die Tobenden der wiederholten Aufforderung, die Straße zu räumen, nicht Folge leisteten, ging die Feuerwehr mit der Spritze vor, worauf die Menge zurückwich. Drei Verletzte, die Stich- und Schlagvcrletzungen erlitten hatten, mußten ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. torischen Kreisen rechnet man damit, daß die notwendige Zweidrittelmehrheit zustande kommt, daß also die Kom munisten der Vorlage zustimmen werde». Man schließt dies auch daraus, daß bei einer kurzen Aussprache über die Tagesordnung für Mittwoch die Kommunisten dafür ein- traten, daß die Amnestievorlage schon in den frühen Nach- mtttagsstunden erledigt werde. SirlrW EkliöUlms Din lsmiSlmltiüan Berlin, 1. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Der neue Rcichs- finauzmtnistcr Dietrich hat dem Reichstag eine Ergänzung zum Haushaltplan für 1930 vorgelegt, in der auch Ermächti gungen für die neuen Einsparungen in Höhe von 190 Mill. Mark gefordert werben. Es heißt da über diese Sparmaß nahmen: „Bei den Ausgaben des ordentlichen Haushaltes sind Beträge in der Gcsamthöhe von 100 Millionen Mark abzusetzen, deren Höhe im einzelnen von der Reichsrcgicrung festgeftellt wird. Die hiernach verbleibenden AuSgabcn- mittel treten für die Haushaltführung und Rechnungslegung im Sinne der Haushaltordnung an die Stelle der im Reichs- hauShaltplan vorgesehenen Sätze. Sie sind dem Rechnungs hof des Deutschen Reiches mitzuteilen." In der Begründung wird »och gesagt, daß die Abstriche, die sich naturgemäß aus eine große Zahl von Einzelpostcn erstrecken müssen, von der Rcichsrcgiernng sestgestellt wer- den sollen. Im Zusammenhänge damit dürste auch eine Mit teilung des „Demokratischen ZcitungsdiensteS" von Inter esse sein, wonach neue Einsparungen auch im Wehretat, und zwar in Höhe von mehr als 20 Millionen Mark, ge plant seien. Allerdings hat sich bisher noch keine Bestätigung für eine solche Absicht betbrlngcu lassen. Immerhin ist aber, nachdem sich gestern daS Berliner Zentrumsorgan. die „Germania", gleichfalls für Einsparungen am Wehretat ein- gesetzt hat. damit zu rechnen, baß man auch die Ausgaben für die Reichswehr stark beschneiden wird.