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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«- Preis 22; Tgr. Tb>x.) riertetjädrlich, Z Thir. sür da« ganze Jahr, ohme Er höhung, in alten Tkeilen der Preulllschen Monarchie. für die Man prännmerir» auf diese« Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Mg. Pr. Staat'-Zeitung (Friedrichtstr. Nr. 72); in der Prooinz so wie im Auslände bei de« Wohllödl. Post Aemtern. Literatur des Auslandes. 38. . Berlin, Freitag de» 27. Mär; 1840. England. Die Knakenjahre des Obersten Jack. Bon Daniel de Foe.°) Nach einem Leben, das ein buntscheckiges Gcmcngscl von Aben- tenern gewesen, ist cS mir jetzt vergönnt, meine Blicke ungestört in der Vergangenheit sich ergehen zu lasten, und zwar von einem sicherem Asyle aus, als das Schicksal gewöhnlich Leuten von der Klaffe be willigt, der ich einst angehört habe. Meine Herkunft ist vielleicht so glanzend, als die deö ersten Lorvs; venu meine Mutter sah immer sehr gute Gesellschaft bei sich; doch dieses Kapitel gehört in ihre Geschichte. Alles, was ich davon weiß, ist mir durch mündliche Ueberliefccuug zugckommcn. Meine Amme belehrte mich darüber, daß meine Mutter eine vornehme Dame und mein Vater ein Mann von Stande gewesen sep; sic hatte von dem Letzteren eine Snmme Geldes bekommen, um meiner zu pflegen und ihn wie meine Mutier der Verlegenheiten zu entheben, Perm man beständig ausgesetzt ist, wenn man ein Kino hat, von dem man nicht gern sprechen hört. ES scheint, daß mein Vater noch etwas mehr gab, als anfäng lich äusbcdungcn war. Dies geschah auf Ansuchen meiner Mutter und auf das feierliche Versprechen der Amme, mich gut zu behan deln und in die Schule zu schicken. Er schärfte ihr angelcgent- lichst ein, daß sie, sobald ich reif genug seyn würde, den hohen Sinn des Wortes zu fassen, mir beibrmgen sollte, ich scp ein G-entlc- man; im Uebrigcn gab er ihr in Betreff meiner Erziehung keine Vorschriften; denn er zweifelte nicht, daß jenes einfache Wort mir früher oder später Gesinnungen cinflößcn würde, die meiner Ge burt würdig, oder mit anderen Worten, daß ich gewiß als Gentle man handeln wükde, wenn ich ein solcher zu seyn glaubte. Aber- ich sollte nicht so bald das Ende meiner Mißgeschicke er leben; der Unglücllichc ist selten nur einen Lag unglücklich. So wie cS für die Großen gewisse Stufen der Größe giebt, aus denen sic bis zum Gipfel ihres Ruhmes cmporstcigcn, so fallen die Kleinen, ich meine die Stiefkinder des Schicksals, stufenweise treppab und gelangen durch eine lange Kette von Widerwärtigkeiten zur tiefsten Tiefe ihres Elendes. Meine Amme und Wärterin erfüllte ihre Verpflichtungen so redlich, wie man eS von einer grau ihres Standes und besonders von der Lage, in der sie sich bcjanv, erwarten konnte; denn sie erzog mich mit ihrem eigenen Sohn und einem anderen Kinde, das sic unter ecnselben Beringungen, wie mich, adoptirt hatte: ihre Sorg'alt war für den Einen eben so groß, wie sür den Anderen und den Dritten. Mein Name war John, wie sie mir sagte; ob ich noch einen anderen hatte, wußte sic nicht, und mir ging cS eben so. Es kam daher ganz aus mich an, ob ich mich eines Tages Herr E-, Herr A. oder Herr I. nennen wollte; und selbst das Wechseln mit Namen war mir unvcrwchrt, wenn cs mir gerade erwünscht war. Dcr Sohn meiner Amme, ein ganzes Jahr älter als ich, hieß ebenfalls 3»hn; und der dritte Knabe, dessen ich schon gedacht, hieß merkwürdiger Weise gleichfalls John. Er kam zwei Jahre später an, als ich — woher s das weiß Gott. Da wir nun alle drei John hießen, so mußten wir alle drei auf den Namen Jack hören; denn dieses sogenannte Diminutiv ist in dcm Quartiere, wo wir wohnten — bei Goodman'S-FieldS — im Gebrauche. Aber mcinc ammc, die freilich das Recht hatte, ihren clnes Bn-be-, da? lM. gin PnegexiechW,^ dcS N-'bmw" bat? o.neNnd ui in England KEe» der Erde erworben reu S-benren Elene, °l".nwn Der Bert woUte LüÄe b'H- Jb-" sc war, at^ee der Annen nachn'le«, Wie", wie ee uch^'-dr-nx," des //Ulct^enö sUl den (Halben 'N" "ne^L iam!t vEäM-i» Vs?' und d.e au-ieroidnitlicken Abenteuer B-' GenNemau gU eeen, ni enwni Gaü , / r eu,>ni ^beui Diebeehandweek trieb, en„nlni und in Pirakn^en vex- V- /- t als .Nau,mann iuruckkebrte, »in, Mat Verben',übet War in sl'lck'kl, Vt'Iil „ IltO lll Pl'tll l'tt Neannentrs mi m"/" '-a'- an der Svlyc feine« b N'eä "eben I ' sann aea n d e aUlken k.nnpsend, r>» lvnnder- und cunchlsffe» ist, aw Venera, m gerbe» - Jungen vor den beiden Anderen ein wenig auSzuzejchncn, gab ihm den Beinamen Capita in, schon weil er der Acltcste war. Dieser Titel mcinrS Gespielen kränkte mich; vor Acrgcr plärrend, erklärte ich meiner Wärterin, ich wollte auch Capitain werden; sie habe mir ja gesagt, daß ich Gentlcman sep und einmal Capitain werden würde. Die gute Frau antwortete inir, um nur Ruhe zu haben: „Ja, ja, Du bist ein Gentleman, und Du sollst sogar mehr werden, als Capitain; ich will dich zum Obersten machen, was viel mehr ist. Mein liebes Kind, es giebt keinen E-ecmann, der sich nicht Capitain betitclte, wenn er auch eine wahre Nußschale komman- dirt; aber die Obersten sind ganz andere Letzte, die sind Militair- Pcrsoneu, und nur Gcntlcmcn macht inanen Obersten. Beruhige Dich also und (cockene Deine Thränen; von heute ab führst Du den Titel Oberst." Diese Vorstellungen und die daran geknüpfte Ernennung stopften mir zwar für den Augenblick den Mund; aber ich fühlte mich doch nicht so ganz befriedigt. Als nun meine Amine bald darauf ihrem Sohne anzcigtc, daß ich Gentleman geworden scp und Oberst be titelt werden solle, fing mein Milchbruder an, zu plärren, denn er wollte von Stund an auch Oberst seyn. Das verdroß mich, weil mir jetzt erst klar wurde, ein Oberst müsse doch höher im Range stehcn, als ein bloßer Capitain. So waren also ein Oberst Jack und ein Capitain Jack ins Leben getreten. Nur der dritte Jack blieb noch ein paar Jahre Jack Ohne-Titel. Ehe ich in meiner Geschichte fortfahre, wird cS gut seyn, von unserem respektive« Naturell etwas zu berichten, so weit nämlich mein Gedächtniß mir erlaubt. Ich werde mich kurz fassen und ganz unparteiisch seyn. Capitain Jack, dcr älteste von uns, war ein derber, stämmiger Junge, der einmal ein rechter Kraftmcnsch zu werden versprach. Kurz und breit von Wüchse, hatte er etwas Arglistiges, Finsteres, DuckmäusigcS, Verschlossenes, BoöhaftcS, Rachsüchtiges in seinem Wesen und zeigte brutale, blutdürstige, grausame Neigungen. In seinen Manieren grob und lümmelhaft, besaß er daneben etwas von der Pfiffigkeit »uv Verschmitztheit eines Gassenbuben; doch blieb er immer uuwisscnv unv unbildsam. Er war unternehmend und ver wegen bis zur Tollkühnheit, aber ganz ohne Großmuth und ritter lichen Sinn. Keine der Schulmcisterinncn, zu denen wir geschickt wurden, vermochte ihm etwas beizubringen; selbst für das A-B-C blieb er unempfänglich; dagegen offenbarte sich sein Talent zum Stehlen, als er noch kaum stammeln konnte. Er stibizte weg, was ihm unter die Hande kam, und dabei galt ihm kein Ansehen dcr Person; seine Mutter, seine Brüder, seine Kameraden, alle Welt wurde von dcm klcinen Capitain Jack bestohlcn. Ehrlichkeit nnd Gc- wiffcn waren ihm in solchem Grave frcmd, daß er nicht einmal das engherzige m-im. Ustmnnenr der Diebe besaß, die sich etwas daraus zu Gute thun, daß sie gegen ihres Gleichen ehrlich sind. Der jüngste von uns dreien wurde nachträglich Major Jack benannt, weil die Dame, die ihn unserer Amme anvcrtrantc, ihr einacstand, daß er einen Major von dcr Gardc, dcsscn Namen sie verschweigen müsse, zum Vater habe. Dcr kleine Major war ein munteres, drolliges, allerliebstes Kind, reich an Mutterwitz nnd voll Muth und Todesverachtung im Kampfe, aber auch großmüthig und voll Mitleid gegen den Schwächeren. Die Tapferkeit war ihm an- geborcn, aber sic hatte keine Beimischung bestialischer Rohheit, wie bei dem Capitain; kurz, cs fehlte ihm zu einem vollendeten Gentleman nichts als — rechtliche Gesinnung. Major Jack lernte lesen, sprach mit Anmuth unv schrieb eben so schön als geistreich. Was nun endlich den Herrn Obersten Jack — d. h. mich selber — betrifft, so war dieser ein armcS unglückliches Wcscn, von gefälligen Manieren unv ziemlich lernbegierig; auch würde er ohne Zweifel Alles gelernt haben, was man ihm bcizubringcn bemüht gewesen wäre, hatte er nur jeden Anderen, als den „Gott sey bei unS", zum Lehrer gchabt. Er dcbütirte so zeitig in der Welt, daß er schon Boses shat, ehe er vom Bösem und von dcn Folgen, die cS für ihn haben könnte, ctwaS wußte und begriff. Ich erinnere mich recht gut, daß ich, als ich eines Tages vor dcn Friedensrichter geschleppt und eines Diebstahls angcklagt wurde, dessen ich in Ver That nicht schuldig war, so klug und gewandt mich vcrtheidigtc und die Widersprüche meiner Ankläger so scharssinnig auidccktc, daß dcr Richler mir sagte, eS scy recht Schade um mich; denn ich sey gewiß zu etwas Bcssebcm er zogen worvcn. Seine Gestrengen waren im Jrrthum; denn ich hatte nie ctwaS Anderes als Stehlen gelernt, ausgenommen Lesen und