Volltext Seite (XML)
Dienstag. Nr. 5S. 2. August 1870. K WePenh-Zettung. H ostanstalten. ' "S- Amts- und Mrigc-Dlatt der Königlichen Gerichts-Ämter vnd Stndträthe z« Dippoldiswalde und /raucusteiu. Verantwortlicher Ledacteur: Carl Lehne in Dippoldiswalde. Monats-Bericht. „Ein Augenblick kann Alles umgestalten!" In unserm letzten Monatsberichte betonten wir die über aus friedliche Situation, den gänzlichen Mangel an Stoff für die Zeitungsschreiber, — und wie sieht es heute aus! Das seit 1866 am politischen Himmel gestandene Kriegsgewitter ist mit einem Male losge brochen, und ungeahnt ist der Monat Juli die folgen schwerste Zeit für unser Vaterland geworden. Am 15. Juli wurde Seiten Frankreichs der Krieg er klärt und am 19. diese Erklärung schriftlich in Berlin übergeben. Die ganze deutsche Nation, ohne Aus nahme, antwortete wie ein Mann durch die umfas sendsten Rüstungen, und heute schon steht das deutsche Heer in solcher Masse am Rhein, daß die Feinde noch keinen eigentlichen Angriff gewagt haben. Die Zwie tracht und der alte Stammeshaß ist wie leichter Nebel verflogen, und die von allen Patrioten so lange er sehnte Sonne deutscher Einheit und Einigkeit am wolkenlosen Himmel aufgegangen; unsere deutschen Brüder in Oesterreich und im fernen Auslande sym- pathisiren in der herrlichsten Weise mit dem gemein samen Mutterlande. Die laufende Woche wird schon entscheidende Zu sammenstöße bringen, und wie es scheint, wird man den zögernden Feind in seinem eigenen Lande auf suchen. Gegenüber der Einmüthigkeit Deutschlands, wo der sittlich berechtigte Terrorismus des Volkes den Vaterlandsverrath in Presse und Wort niederhält, begegnen wir in Frankreich einer großen Partei, welche den frivol angezettelten Krieg mit Unwillen und Be- sorgniß betrachtet, und die Wahrscheinlichkeit liegt sehr nahe, daß im Falle einer Niederlage der Franzosen, die Revolution gegen Napoleon sich erhebt. Gespannt kann man sein auf die Haltung der übrigen europäi schen Staaten. Vor der Hand haben zwar alle Neu tralität erklärt; allein es ist mehr als wahrscheinlich, daß im weiteren Verlaufe des Conflikts keine Groß macht vollständig neutral wird bleiben können. In diesem Falle wünschen wir vor Allem, Oesterreich auf deutscher Seite zu sehen, wie dies der fast in allen Adressen der Deutschösterreicher ausgesprochene Volks wille ist. Wir würden hierin den Keim der von uns so oft bevorworteten Allianz Deutschlands und Oesterreichs sehen; dann würden wir zu einem dauernden Frieden gelangen, weil dann kein Ruhe störer in Europa wagen würde, den Frieden zu unter brechen. Leider scheint es, als ob diese unbefangene Auffassung der Sachlage in den leitenden Kreisen Oesterreichs noch nicht Platz gegriffen hätte; nach Zei tungsberichten soll sogar eine Minorität im Ministerium gegen die Neutralität sein. Daß sich Rußland und England mehr auf die deutsche Seite neigen, wird all gemein angenommen. Die Haltung Italiens scheint zweifelhaft; man spricht sogar von einer Mianz zwischen Italien und Frankreich, doch scheint eine solche nicht wahrscheinlich. Doch alle Reflexionen über die Zukunft sind jetzt vergeblich! Bald wird das eiserne Würfelspiel dieses größten und furchtbarsten Kampfes der Neuzeit be ginnen, und der Erfolg der Waffen wird das allein maßgebende Element für die Gestaltung der Zukunft sein. Möge es uns vergönnt sein, im nächsten Monats bericht viel siegreiche Thaten des deutschen Heeres ver zeichnen zu können. Das walte Gott! —r. Tagesgefchichle. Dippoldiswalde, den 1. August. Obgleich wir keinen Augenblick darüber in Zweifel gewesen sind, daß, wo es gilt, eS auch bei uns an opferwilligen Herzen und Händen nicht fehlen werde, so ist eS uns doch eine große Freude, auch weiteren Kreisen berichten zu können, daß die Gründung eines Zweigvereins des „Internationalen HifsvereinS" bei uns voll zogen und gegründete Hoffnung vorhanden ist, daß derselbe neben den anderen gleichen Vereinigungen mit Ehren bestehen und sich bald immer weiter entwickeln werde. Auf die in vor. Nr. unseres Bl. enthaltene Ein ladung hatte sich am Sonnabend Nachmittag eint ziemlich zahlreiche Versammlung aus Stadt und Amtsbezirk Dippoldiswalde auf dem RathhauSsaale eingefunden. Nachdem Hr. Sup. Opitz die Versammlung in einigen Worten bewillkommnet hatte, wurde durch Akklamation Hr. GerichtSamtmann Klimmer zum Vorsitzenden erwählt, und Hr. Bürgermstr. Heisterbergk erstattete nun Bericht über den Zweck der heutigen Vereinigung. „Er wolle," sagte er unter Anderem in einer kurzen, doch von patriotischer Begeisterung getragenen Ansprache, „zur Anregung der Opferwilligkeit sich nicht besonders wenden an Diejenigen, die dadurch, daß sie ihre Lieben hätten in den Kampf senden müssen, schon selbst das größte Opfer gebracht hätten und darum eben zu jedem weiteren Opfer gern bereit sein würden; er wolle sich nicht be sonders wenden an Die, welchen das größte Opfer erspart geblieben sei; sie würden von selbst wetteifern, an ihrem Theile nun erst recht freudig zu dem nationalen Werke beizutragen; er wolle sich gleich gar nicht wenden an die Gleichgiltigen, denn bald werde eine ganz