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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Kossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Bierteljährlicher Pränumerationspreis 10 Ngr. — Jnsertionsgebühren für den Raum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf.— Annahme von Inseraten bis Montag resp. Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. 24. Freitag, den 15. Mai 1868. Tagesljeschichte. Wilsdruff. Wie wie hören, ist Herr Pastor Achilles in Roth schönberg zum Pfarrer in Störmthal bei Leipzig ernannt und für Rothschönberg Herr Diac. Hochmmh von hier designirt. Einen besonderen Gedenktag feierten Dienstag den 12. Mai die drei Fürstcnschulen Meißen, Grimma und Schnlpforta. Sie wurden vor 325 Jahren an diesem Tage vom Herzog Moritz von Sachsen gegründet. Dresden. Die Finanzdeputation der ersten Kammer soll sich, wie die „L. N." aus guter Quelle vcrncbmen, bezüglich der projec- tirten Eisenbahn zwischen Leipzig und Chemnitz dahin ausgesprochen haben, daß diese Bahn nicbt über Borna, sondern über Lansigk gc- sährt und daß dieselbe nicht auf Staatskosten, sondern als Privat- babn gebaut werde. Aach den von dem Gerichtsamte Pirna bei den Gemeindcvor- ständcn und Rittergutsbesitzern angestellten Recherchen wegen Beibe haltung der neuen Gerichtszeit haben sich dem Vernehmen nach bis jetzt 61 Gemeinden dafür und nur 19 dagegen erklärt. Die in Aussicht stehende Erhöhung der Tabakssteuer und des Eingangszolles auf ausländische Tabake hat einige sächsische Handels kammern veranlaßt, einige statistische Erhebungen über die Cigarren- sabrikation ihrer Bezirke zu veranstalten. Daraus hat sich ergeben, baß in keinem anderen Lande verhältnißmäßig so viel Cigarren ge arbeitet werden, als in Sachsen. Die Jahresproduktion beläuft sich nahezu auf 750 Millionen Stück, die Zahl der Arbeiter 11,200, die gezahlten Arbeitslöhne auf mehr als G/r Million Thaler, für das «eine Land gewiß höchst bedeutsame Ziffern. In Mittweida sind am 9. Akai in der 11. Stunde Abends fünf Häuser mit Hintergebäuden total niedcrgcbrannt. Bei einem am 3. Mai in Oberstützcngrün stattgcfundenen Brande ist eine 74 Jahre alte Frau mit verbrannt. Der Rest des Leichnams war nur noch ein Stückchen zusammengckohlte Knochcnmasse von der Größe und der Gestalt einer znsammcngcdrückten größeren Kanonen kugel. Den Besuchern der diesjährigen, am 3., 4., 5. und 6. Juni in Eassel stattfindenden allgemeinen deutschen Lehrer-Versammlung hat bas Königliche Finanzministerium auf den sächsischen Staatscisenbah- "en insofern Fahrpreisermäßigung gewährt, als den durch Mitglied- karten sich legitimirenden Theilnehmern für die in der Zeit vom 1. bis mit 4. Juni in der Richtung nach Cassel gelösten Tourbillets freie Rückkehr bis mit dein 9. Juni gestattet. Bei bei nunmehr beendigten Ziehung der sächsischen Lotterie in Leipzig hat Fortuna bei Verthcilnng des großen Looses die Binde wieder einmal abgcnommen gehabt, d. h. das Glück hat solche Leute dafür herausgcsucht, die cs am nothwcndigsten brauchen. Der genannte Hauptgewinn von 150,000 Thlrn. fiel in die Collcctc nach Groß-Glogau, fowic ein an demselben Tage gezogener Hauptgewinn von 10,000 Thlrn. nach Sagan. Es sind fast alle größeren Ge winne ausschließlich nach Schlesien gekommen. Aus Glogau wird der „Brcsl. Ztg. geschrieben: Jubel über Jubel herrscht in unserer Stadt, eine hier eingctroffenc Depesche brachte die Nachricht, daß auf Nr. 54,030 der Hauptgewinn von 150,000 Dhlrn. in die Collcctc des Hrn. Weißbach gefallen sei. Ein Viertclloos spielt ein Gutsbesitzer in Echrcpau mit einem Inspektor in Noßwitz, ein Viertel ein Commis m einer hiesigen Handlung mit seinem Vater in Trebnitz zusammen und an den andern beiden Vierteln sind wohl an 30 Personen be- iheiligt, als eine Anzahl Putzmacherinnen, Commis, Lehrlinge, Kauf leute, ein Schänkwirth, ein Schneider, ei» Conditorgehülfc u. s. w. Ter kleinste Antheil gebt bis 'zu einem Geivinnantheile von 900 Thlrn. herab." Um innerhalb des Norddeutschen Bundesgebiets unbemittelten Studirenden oder andern zum einjährig freiwilligen Dienst be rechtigten jungen Männern die Ableistung ihrer Dienstpflicht zu er leichtern, ist es instructionsmäßig gestattet, in einzelnen, ganz außer ordentlichen Fällen die „Hülfsbedürftigsten" in die Verpflegung der Truppentheile aufzunehmen, bei besonderer Dringlichkeit ihnen auch freie Kleidung zu bewilligen, wenn sie ihre Bedürftigkeit und Wür digkeit zu einer derartigen Begünstigung durch glaubhafte Atteste nachweisen. Gesuche um Aufnahme in die Verpflegung, beziehentlich um Bewilligung der freien Bekleidung sind den commandirenden Ge neralen, bei Contingenten mit eigener Verwaltung dem Contingents- Commando vorzulegen, deren Entscheidung endgültig ist. Freiwilligen der Cavallerie- und Artillerie.-Reg., sowie der Train-Bataillone dür fen jedoch derartige Vergünstigungen nicht gewährt werden; vermögen dieselben die Kosten des einjährig freiwilligen Dienstes nicht zu tragen, so sind sie an die Infanterie-Regimenter zu verweisen. Einer Notiz der „N. A. Z." zufolge, beläuft sich die Summe der Gelder, welche durch Privatwohlchätigkeit dein abgebrannten Johanngeorgenstadt allein aus Preußen zugeflossen ist, auf 59,846 Thaler. Das Zollparlamcnt hat mit einer Mehrheit von 36 Stimmen am 7. Mai beschlossen, daß keine Adresse an den König erlassen werde. Die Mehrheit bildeten die Bayern, Württemberger und die Conser- vativen unter den Preußen. Die Süddeutschen, mit wenigen Aus nahmen, wollten sich nicht auf politische Fragen einlassen, am we nigsten zu Gunsten des norddeutschen Bundes. Es war eine heiße Redeschlacht, an welcher vor allen Bennigsen und Bluntschli für die Adresse, v. Blankenburg, der Führer der Preuß. Rechten, und von Thüngen, der Führer der partikularistischen Süddeutschen Theil nah men; die Geister platzten tüchtig auf einander. Bemerkenswerth für die Stimmung in Bayern ist die Rede v. Thüngcn. Im Namen sei ner Partei erklärte v. Thüngen am Schluß, daß Bayern und Süd deutschland am Schutz- und Trutzbündniß mit dem Norden festhalten werde, und daß die süddeutschen Stämme, wenn der Sicherheit oder Ehre Deutschlands von irgend einer Seite Gefahr drohen sollte, mit aller ihnen inwohnenden Kraft und Tapferkeit an der Seite des Norddeutschen Bundes stehen, kämpfen und bluten würden. Das werde man in Paris hören. Das Zollparlament hat den Handelsvertrag mit Oesterreich an genommen. Die beim norddeutschen Bundesrath eingcbrachte Vorlage wegen Herstellung einheitlichen Blaßes und Gewichtes im ganzen Bundes gebiete ist bekanntlich dem Ausschuß für Handel und Verkehr über wiesen worden. Der Ausschuß hat sich mit dieser Vorlage vollkom men einverstanden erklärt und empfiehlt deren Annahme. Dem Reichstage ist der Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung der Schuldhaft, vom Bundeskanzlcramte bereits übersandt. Inmitten der Bürgerschaft Berlins hat sich der „M. Z." zufolge ein Comito ans Mitgliedern aller liberalen Parteien gebildet, welches den süddeutschen Abgeordneten zu Ebren vor Schluß der Zollparla mentssession ein Festmahl im Krvll'schen Etablissement zu veranstalten gedenkt. Die Kosten für die Rückkehr der hannöverschen Legionäre aus Frankreich werden aus den Privatmitteln des Königs Georg bestritten, die sich ja gegenwärtig unter preußischem Sequester befinden. Dem König Georg werden dadurch die Kosten für den weitern Unterhalt der Flüchtlinge erspart. In Frankfurt wird wieder ein Stück freistädtischer Herrlichkeit zu Grabe getragen: die Bürgermeisterwagen werden öffentlich ver steigert.