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«ittwvch, r». Oktober 1»S0 7L. flchkvmo. »r.«» LrahtanIArtst: Nackj richten Lretden Aernlprecher-Sammelnummer: »Sill Nur >ür NachtoelprLche N«. »<X>1l SchrisUettung u. -auptgeichäsisstelle! Dretden - N. 1, Martenstraße SS/1» Gegrün-et 18S6 Be-ug»gebühr bei täglich zweimaliger Zustellung monatlich S.10 Mk. ietnschließlich so Psg. sür Iräacrlohn», dmch Postbezug I.1V Mk. einschließlich SS Psg. Postgebühr (ohne Pop»uftellung«gebühr> dei »mol wöchentlichem Versand, Einzelnummer »0 Psg., außerhalb Dreldenl l» Psg. «nzelgen- preise: Die etnsvaltige »0 mm breite Zelle 3» Psg., sür aulwäri« 10 Psg. Famlltenan,eigen und Ltellengesuche ohne Rabatt lb Psg., außerhalb ib Psg., dle so mm breite Reklame-eile sno Psg., außerhalb Sb» Psg. Ossertengebühr so Psg. Auiwärlige Austräge gegen Borauibczahlung Druck u. Verlag: Liepsch <b Reichardt, Drelden. Postschcck-Kto. ros» Dretden ßiachdruck nur mit deutl.Ouellenangobe IDreSdn. Nachr.) ii»lässig. 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Oktober behandelten Frage« erfolgt dnrch Schiedsspruch einer Tchlichtnugs stelle. Sie besteht aus drei Unparteiischen, die vom Reichsarbeitsminister nach Ber- «rhmen mit den Parteien ernannt werde«. ». Die «erhandlnnge» vor »er SchlichtnngSstelle st«» «Sg» Uchft bald r« beginnen. Di« Entscheidung hat späte, fteq- in Bur erste« Woche des November »« «rsolgen und ist «»»»stltig. Am Mittwoch, dem SV. Oktober, setze« sich d?e Betriebsräte mit den Firmen wege» der Wiederaufnahme der Arbeit in Verbindung. ' ' . * Berlin, 28. Okt. Wie der Gewerkschaftsbund der An gestellten, Geschäftsstelle Berlin, mittetlt, fordert der Verband Berliner Metallinbustrieller in einem Rundschreiben, das er am 25. Oktober 1890 an seine Mitgliedersirmen versandt hat, diese auf, vom 81. Oktober 1830 ab eine Kündigung aller Angestellten mit Wirkung zum 31. März 1831 vorzunehmen, um niedrigere Gehälter zu vereinbaren. Kassel spenbet sür -te Berliner Metallarbeiter Kassel, 88. Okt. In der gestrige« Stadtverordncten- sitznng wurde ein Antrag der Sozialdemokraten, den streiken den Berliner Metallarbeiter« die Sympathie zu bekunden und znr Linderung der Rot 5VVV Mark zu bewilligen, mit 28 gegen 83 Stimmen angenommen. Dafür stimmten die Sozialdemo kraten, die Kommunisten «nd die Rationalsozialisten. rartiverilllnblungkn ln Seltner» gMrtlerl S»lingen» 28. Okt. Die Verhandlungen über den Ab schluß eines neuen Rahmentarifs für die Metallindustrie des Solinger Inbustrtebeztrks — der bisherige Tarif ist vom Arbeitgeberverband zum 91. Oktober gekündigt — sind ge schlittert. I» einer Betriebsräteversämmlung berichtete der Vorsitzende der Verhandlungskommtssion der Gewerkschaften über das Ergebnis der Verhandlungen und die Forderungen der Arbeitgeber. Er erklärte, daß weitere Verhand lungen zwecklos seien angesichts der Abäi.öerungsforöe- rungen der Arbeitgeber. stampf aller seaen alle ln Brasilien Neue Straßenschlacht ln Rio Berlin, 28. Okt. lEig. Drahtmcld.) Nach den neuesten Nachrichten aus Rio de Janeiro sind dort zur Zeit wieder schwere Kämpfe im Gange. Es herrscht augenblicklich ein vollkommener politischer Wirrwarr. Die revolutionäre Militärjunta, die sich nach der Absetzung und Gefangennahme des Präsidenten Lutz gebildet hat, beabsichtigt, den früheren Präsidenten mit dem nächsten Dampfer nach Europa abzuschiebe». Inzwischen ist aber seitens der Polizei von Rio eine ^»eite Revolte angezettelt worden, die sich gegen die Militärjunta richtet und sür eine bedingungslose Aus nutzung des Sieges der Revolutionäre eintritt. tnzu kommt, daß der Führer der sübbrasilianischen Auf- änötschen, Bargas, der Nioter Militärjunta auf deren Kompromißvorschläge hin ablehnend geantwortei hat. Er wird selbst mit Truppcnmacht in Rio etnziehen. Schließlich ist auch noch die brasilianische Flotte wieder in den Hafen von Rio eingelaufen. Ihr Führer, Admiral Bedforb, hat den Mtlttärgewaltigen in Rio seine Unzufriedenheit ausgedrllckt und erklärt, daß er den abgesetzten Präsidenten Lutz schützen wolle. Znr Zeit find also drei, wenn nicht gar vier miteinander ringende Machtgruppen sestznstellen. An mehreren Plätze« der Stadt wird seit heute vormittag schwer zwischen Polizei, Heer und Marine gekämpst. Auch die Kriegsschiffe und Forts nehmen an dem Kampse teil. Die Strave «ach der deutschen Gesandtschaft ist «bgesperrt. Der Bürgerkrieg ist also dnrch den Sturz der Bundesregierung «nd den Rücktritt des Präsidenten Lutz noch nicht beendet; i« Gegenteil, die Formen, die er nach den letzten Meldungen alt Kamps aller gegen alle angenommen hat, können sür die nächste politische Entwicklung, vor allem aber auch sür das brasilianische Wirtschaftsleben verhängnisvoll »erde». Bemerkenswert ist, wie die provisorische Militärjunta noch bis gestern den Dementier- und Beschwichttgungsapparat arbeiten ließ. Nach diesen früheren Darstellungen aus Rio waren die lokalen Putsche vereinzelter Regimenter und die Versuche des Mobs, die unklare Lage zu Plünderungen zu benutzen, in wenigen Stunden durch das Militär nieder- geworfen. Allerdings wurde schon gestern von mehr als hundert Toten bet den Zusammenstößen gesprochen. Gao Vaulo macht sich selbständig Die Agent«, Havas meldet, baß im Staate Sao Paulo eine »ene Regierung gebildet worben ist. Präsident wnrd« der Prosessor Morato. Im übrige« kommt in der Znsammensetznng der Regler««^ der Sieg der demokratischen Partei in Sao Panlo znm AuSdrnck. Di« neu« Regierung soll »«luftig ausgenommen worden sei«. WalleniuS endgültig verabschiedet. Der finnische Gencral- stabsches Wallenius hat nunmehr seinen endgültigen Abschied erhalten. Die Angaben, daß er den Befehl zur Ent- führung Stahlbergs in betrunkenem Zustande gegeben habe, find »autg uusutrLjfenü, Kapitän Rollin ist unschuldiv vrabtmolcknng nnooror Lorltnor Sobrlttloitang Berlin. 28. Okt. Da die Verhältnisse in Rio de Janeiro noch vollkommen ungeklärt sind, befindet sich die deutsche Negierung in großer Verlegenheit, an welche Stelle sie die Schritte zur Sühne des Feuerübersalls aus den deutschen Dampfer „Baden" unternehmen soll. Inzwischen ist, laut einem Bericht der deutschen Gcsairötfchaft einwandfrei scstgestcllt, daß dem deutschen Kapitän der „Baden" keinerlei Schuld an dem fürchterlichen Unglück trifft. Ausdrücklich wird auch in der Wilhelmstrabe daraus hin gewiesen, daß seitens der brasilianischen Regierung keiner lei Borwurf gegen Rollin erhoben worden sei. Nollin habe die Genehmigung zur Ausfahrt erhalten: lediglich war ihm ansgcgcbcn worden, sich mit den Forts in Verbindung zu setzen. Beim ersten Fort habe er drei Sircnensignale ge geben und so sei» Kommen angekündtgt. Daraufhin habe er den international üblichen Flaggengruß »ist dem Fort ge wechselt. Das Fort habe diesen Gruß erwidert. Es trifft also nicht zu, wie die Berliner brasilianische Gesandtschaft behaupten zu müssen glaubt, baß der deutsche Kapitän seine Flagge nicht gezeigt habe. Das nächste Fort habe dann ein vollkomme» unverständliches Signal abgegeben, und zwar lautete das Signal nach dem internationalen Schtffscodc: „Mit Ruder nicht durchzukommen!" Da aber die „Baden" anf demselben Wege in den Hafen hineingekommen war «nd der dentsche Kapitän genau die Fahrtroute kannte, alaubte er. daß dieses Dianal nickt an ihn gerichtet sein könnte, sondern vielleicht irgendein anderes Schiss betresse. Infolgedessen fuhr er weiter. Nun behaupten die brafiliani schen Militärbehörden, das Fort habe, alö der Dampfer nicht beigedrcht hätte, einige Warnungsschüsse abgegeben. Der deutsche Kapitän hat aber von Warnungsschüssen nichts bemerkt und fuhr deshalb weiter. Er befand sich bereits außerhalb der Bucht und kam an dem letzten brasilianischen Fort vorbei. Damit es nun ja keine Zwischen fälle gäbe, ging er in langsamer Fahrt bis auf 200 Meter an das User heran. Inzwischen war die Sonne untergeganqcn. und es herrschte Dämmerung. Bon diesem letzten Fort aus sielen dann die verhängnisvolle« Schüsse. An Bord wurden nicht weniger als 28 Menschen getötet, darunter drei Deutsche; außerdem sind 10 verletzt, darunter sechs Deutsche. Der Hintere Mast wurde einfach über Bord geschossen: der Dampfer kehrte hierauf sofort zurück. In deutschen und spanischen Kreisen in Rio de Janeiro herrscht große Erregung und tiefe Trauer über diesen sinn- losen NnglückSfall. Inzwischen ist gestern abend die „Baden" nach notdürftiger Reparatur auSgelansen. Der deutsche Kreuzer „Karlsruhe" ist i» Bahia vvr Anker gegangen, um nötigenfalls, wenn es der Schutz für die dentschen Interessen und für das Leben der Deutschen in Rio de Janeiro not wendig machen sollt«, sofort »ach Rio de Janeiro auszulausen Teilt euch in -ie Arbeit! Von Syndikus Karl Tögel, Eoßmannsdorf, M. d. L. Drei Millionen Arbeitslose schreien nach Hilse in ihrer Not und die Sozialdemokratie glaubt den Stein der Weisen gesunden zu haben: ein Antrag im Reichstag fordert, die Arbeitszeit gesetzlich aus 18 Stunden herabzusetzen, damit die Arbeitslosen den Rest der Arbeit übernehmen können. Neuer dings hat auch der preußische Ministerpräsident Braun dieses Rezept seiner Partei aufgegrifsen und es der Reichsregierung als das rettende Heilmittel angeprtesen. Und auch in Sachsen werden die gleichen Gedankengänge zwischen der Regierung, den Arbeitgebern und Arbeitnehmern erörtert. Mit anderen Worten heißt diese neue Parole: Nehmt die vor handene Arbeit und teilt sie unter euch! An sich hat der Ge danke für den Laien etwas Bestechendes. Warum, so fragen viele, läßt man die Arbeitslosen nicht für den Unterstützungs betrag irgendeine, wenn auch nur bescheidene Arbeitsleistung vollbringen? Warup, verkürzt man nicht die Arbeitszeit bei denen, die heute noch an der Maschine stehen? Und tatsächlich kommt man rein rechnerisch zu einem überraschend gün stigen Ergebnis. Wir haben nicht ganz 11 Millionen Jndustriearbeitnehmer in Deutschland. Rechnen wir pauschal 3 Millionen Arbeits loser. Bleiben 8 Millionen, die noch in Arbeit stehen. Bon diesen sind nicht ganz 2 Millionen Kurzarbeiter, bet denen eine weitere Einschränkung ihrer Arbeitszeit nicht in Frage kommt. Bleiben rund 6 Millionen Beschäftigter in ungekürzter Arbeitszeit übrig. Rechnen wir sür diese eine durchschnittliche Wochcnarbcitszeit von 48 Stunden, so ergeben sich 288 Mil lionen Wochenarbcitsstunden, die heute noch geleistet werden, und zwar ungekürzt. Wenn wir durch gesetzliche Maßnahmen diese Leute zwingen, nur 40 Stunden wöchentlich zu schassen, so ergeben sich für ihre Leistung 240 Millionen Arbeitsstunden, 48 Millionen stehen den 9 Millionen Arbeitslosen gegenüber. Rechnen wir, daß man nur 2 Millionen unterbringen könne, so würden wir noch 1 Million Arbeitslose zu unterstützen haben, während die anderen 2 Millionen wöchentlich 24 Stun den Arbeit haben. Sie verdienen dann annehmbar mehr als ihre gegenwärtige Wochenuntcrstützung beträgt; die Arbeits- lvsenversicherung spart das Geld und vor allem haben diese Arbeiter — was vor allem die Jugendlichen betrisst — wieder einen, wenn auch bescheidenen Lebensinhalt. Also warum gehen wir diesen Weg nicht, der doch so denk bar einfach ist? Ein Beschluß und die Sache ist gemacht. Letüer ist eine so feingegliedertc überaus komplizierte Volkswirtschaft, wie die deutiche, kein Mechanismus, sondern ein lebendiger Organismus, der gerade in Krisenzeiten den feinsten Eindrücken zu folgen hat. Zunächst gibt es eine Menge Arbeitsleistungen, die man nicht einfach verkürzen kann, um einem anderen Menschen Platz zu machen, wenn auch auf wenige Stunde». Denken wir an die vielen Kleinbetriebe des Handwerks, wo der Meister mit den Gesellen schafft, Bäckereien, Fleischereien usiv. Hier ist es ganz und gar aus geschlossen, die Wochenarbeitszcit mechanisch auszutetlcn. Die ganze Landwirtschaft fällt bis auf wenige maschinelle Tätig keiten von vornherein aus. Aber prüfen wir mit allem Ernst, ob nicht doch hier und da dieses Mittel anwendbar ist? Im Sächsischen Landtag hat der sozialistische Abg. Arndt erklärt, daß man von Gewerkschafts sette bereit sei, in eine Prüfung der Frage etnzutretcn. Er hat aber daran die Forderung geknüpft, daß diese Kürzung der Arbeitszeit sür die noch Beschäftigten mit einem Lohn ausgleich verbunden werben müsse. Das heißt also, daß man für den Teil, der zukünftig nur 48 Stunden arbeiten soll, nicht nur Stundenlohn mal 40. sondern mehr bezahlen müsse, einen Lohnausgleich für den Teil, in dem die bisher Arbeits losen beschäftigt sind. Das würde bedeuten, daß die Gesamtlohnsumme des Betriebes erhöhtwtrd, ohne daß die Produktion steigt. Das ist eine ganz einfache Lohninslation, denn dann steht hinter der erhöhten Lohnsumme derselbe Wert an erzeugter Ware, der Deaungs- l. Neuis: tterariscke vmöckau Seite 9