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Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Dienstag abend kurz nach 6 Uhr wurden durch Alarmsignale der Schutzmannschaft und Glockenzeichen die gesamten Feuerwehren alarmiert. In dem am Wege nach der Ziegenrücks gelegenen Gebäude der Kalliope Musikwerke A.-G. hatte in der Metallpoliererei ein Benzin-ehä Her von ca. 30 Liter Inhalt dadurch Feuer gefangen, daß bei einer Spielerei Benzinspritzer am Ofen sich entzündet hatten, wodurch die Flamme auf den Behälter übersprang. Das Feuer hätte leicht größeren Umfang annehmen können. Durch Aufwerfen von Sand und Asche der in der Fabrik Beschäftigten wurde der Brand rasch gelöscht, sodaß die Mannschaften, ohne eingreifen zu müssen, alsbald wieder abrücken konnten. Ein in dem Raume beschäftigter Arbeiter hat Brandwunden im Gesicht und besonders an den Armen davongetragen. — Heute Mittwoch nachmittag und abend gibt da» Berliner Operetten- und Schauspiel Ensemble im Saale des Schützenhauses Vorstellungen. — Auf den mit der Wanderausstellung von länd lichen und städtischen KleinwohnungsplSnen verbundenen Lichtbilder-Vortrag am nächsten Freitag, nachm. 1/26 Uhr, wird hiermit besonders hingewiestn. Rehefeld-Zaunhaus. Unser Kirchweihfest verlief dieses Jahr besonders festlich, weil mit ihm am ver gangenen Montage die Einweihungsfeier in der erneuerten Kapelle verbunden war. Das Gotteshaus mar von Ge- meindegltedern und Beamtenschaft dicht gefüllt. Aber auch von auswärts waren Ehrengäste in Begleitung ihrer Gemahlinnen erschienen. So zeichneten durch ihre Teil nahme die Feier aus. als Vertreter der Kircheninspektion Negierungsamtmann vr Sonnenkalb und der Amtshaupt mannschaft Amtshauptmann vr. Sala, ferner Konsistorial- rat Seyler und Architekt Voretzsch aus Dresden. Super intendent Hempel war leider wegen Krankheit am Er scheinen verhindert. In der Predigt sprach der Ortsgeist- liche auf Grund des Textes Ps. 84, 2—3 nicht nur über den neuen schönen Schmuck, sondern auch über die alte, herrliche Aufgabe der Kapelle und brachte für beides Lob und Dank zum Ausdruck. Hierauf sang der Kinderchor unter Leitung von Lehrer Maier die Motette von Nägel: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, 0 Herr". Nach dem Gottesdienste sand eine eingehende Besichtigung der Kapelle und des Friedhofes statt, wobei gerade schöner Sonnen schein das friedliche Rehefelder Tal mit seinem Glanze verklärte. In Strellers Easthose, wo die Vertreter der Behörden und andere Gäste liebenswürdigerweise noch einige Zeit verweilten, begrüßte sie der Ortsgeistliche und dankte ihnen noch einmal für alle wohlwollende Teil nahme an der Erneuerung der Kapelle. Seine Ansprache klang aus in einem dreifachen Hoch auf Seine Majestät den König. In freundlichen, ehrenden Worten erwiderte Regierungsamtmann vr. Sonnenkalb und überbrachte der Gemeinde im Namen der Behörden die herzlichsten Segens wünsche. Freiberg. Die Hauptoerhandlungek des Königlichen Schwurgericht» im vierten Kalendervierteljahr finden in der Zeit vom 2l. bis 30 Oliober statt. Ueber die Verhandlungen am ersten Verhandlungstage (21.) berichtet der „Freib. Anz." wie folgt: Auf der Anklagebank nehmen Platz: I. der Handlungsgehilse und vormalige Polizei- erpedient Hugo Dittrich au» Dippoldiswalde wegen schwerer Unterschlagung im Amte; 2. der Handarbeiter Robert Hermann Stähr aus Spechtritz wegen Brand stiftung. Kurz vor 10 Uhr eröffnete der Vorsitzende Herr Landgerichlrdirektor Stebdraht die Sitzung mit der üblichen Begrüßung der Geschworenen. Anwesend sind 27 Ge schworene. Nach Verlesung der gesetzlichen Ausschließungs gründe wird zur Bildung der Geschwvrenenbank ver- schritten. Dies« besteht au» den Herren Privatmann Richard Moritz Hörmann, Freiberg, Mühlrnbesitzer Richard Heise, Dippoldiswalde, Gutsbesitzer Otto Kühne, St. Michaeli», Fabrikbesitzer Oswald Paul Hoppe, Marienberg, Gutsbesitzer Bruno Hugo Sonntag, Groß- waliersdors, Fabrikbesitzer Karl Moritz «Reichel, Nieder lauterstein, Kaufmann Georg Oskar Gelbrich, Haintchen, Rittergutspachter Paullnu» Mälzer, Augustusberg, Mühlen- Mitbesitzer Gustav Horn, Roßwein, Gemeinde vorstand Gottlieb Louis Butze, Sohra, Rittergutsbesitzer Gustav Pietzsch, Wilmsdorf, Hüttenmeister Georg Buck, Hilbers dorf. Die ausgelosten Geschworenen werden auch für die zweite Strafsache (Stähr) verpflichtet. Hierauf wird in die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten Dittrich, der von Herrn Rechtsanwalt Konstantin Täschner ver teidigt wird, eingetreten. Der 20jährige Angeklagte Ditt rich unterschlug in seiner Eigenschaft als Polizeierpedient in Dippoldiswalde nach und nach die Summe von 330 Mark und deckte die Verfehlungen durch FS schung der Kontrollbücher. Sein monatliches Einkommen betrug 70 Mark. Nach Vernehmung eines Zeugen und Ver lesung des Protokolls eines kommissarisch vernommenen Zeugen beantragte der Vertreter der Anklagebehörde, Herr Staatsanwalt Klotzsch, die Bejahung der Echuld- frage und Zubilligung mildernder Umstände, für die auch die Verteidigung eintrat. Gemäß dem Wahrspruche der Geschworenen wurde der Angeklagte zu 8 Monaten Ge fängnis verurteilt. — In der um 3/412 Uhr beginnenden zweiten Verhandlung hat sich der 1878 in Schlesien ge borene verheiratete Handarbeiter Robert Hermann Stähr, zu'etzt in Spechtritz, wegen Brandstiftung zu verantworten. Dem Angeklagten steht Herr Rechtsanwalt Dittrich zur Seite. Die Anklage vertritt Herr Staatsanwalt Arnold. Es sind für heute 17 Zeugen geladen, die zu der ersten, dem Angeklagten zur Last gelegten Brandstiftung vom 10. Januar 1910 in Seifersdorf bei Rabenau, aussagen sollen. Am Abend dieses Tages brannte das dem Guts besitzer Zimmermann gehörige, von ihm und seiner Familie bewohnte, au» Schuppen, Scheune und Kohlen- Haus bestehende Anwesen nieder. Am nächsten Tage wurde der Angeklagte unter dem Verdachte der Brand- stislurg verhaftet, am folgenden Tage aber wieder ent- lassen. Weiter erscheint der Angeklagte dringend verdächtig, am 7. April >912 in Lübau Scheune und Stallgebäude des Mühlenbesitzers August Vollmer vor sätzlich in Brand gesetzt zu haben. Unter diesem Ver dachte erfolgte seine Verhaftung am 7. Mai 1912. Seit dieser Zeit besindet er sich in Untersuchungshaft. Die Ver handlung über diesen letzteren Fall erfolgt morgen. Be züglich der Brandstiftung in Seifersdors bekennt sich der Angeklagte nicht schuldig. Er hat ununterbrochen von 1901 bis 1910 in Seifersdorf gewohnt. Kurz vor dem Brande, am 10. Januar 1910, mar ihm sein Logis ge kündigt worden. Die Kündigung sei, wie der Angeklagte angibt, erfolgt, well der Hauswirt Clemens Silbermann Ihn des Diebstahls von 180 Mark bezichtigt habe. Diesen Vorwurf will er nicht weiter übelgenommen haben. Zur zeit des Brandes war der Angeklagte ohne Arbeit ge wesen. Am Nachmittag des kritischen Tages ist er, von Dippoldiswalde her kommend, wo er Arbeit suchte, bei Oppelt eingekehrt. Am Abend habe er sich im Gasthof ausgehalten und will dort später versucht haben, auf Um wegen, durch Einsteigen durch das Fenster in eine Kammer zu gelangen, was ihm aber nicht gelungen sei. Nachdem er sich in die Gaststube zurückbegeben habe, sei Feuer alarm geschlagen worden. Darauf habe er sich an den Löscharbeiten beteiligt. — Damit schließt die Vernehmung des Angeklagten, es wird in die Beweisaufnahme einge treten. Durch die Beweisaufnahme am Montag wurde festgestellt, daß der Angeklagte an dem kritischen Abend stark angeheitert war. Dies bekundeten mehrere Zeugen, die mit ihm bis zum Ausbruche de» Brandes im Gast hof verweilt hatten. Unter diesen befand sich auch der Gendarm Tietze, dem das unruhige Benehmen des Stähr ausgefallen war. Wie der Zeuge ausführte, habe er das Empfinden gehabt, als ob etwas vor sich ginge und des- )alb den Angeklagten im Auge behalten. Besonders sei ihm aufgesallrn, daß dieser öfters hinausgegangen und daß ihm der Angeklagte ohne weiteres eine Kiste mkt Zigarrenspitzen habe schenken wollen, die er au» seiner Wohnung geholt hatte. Al» der Angeklagte nach kurzer Zeit wiederum hinausgegangen war, halte sich der Zeuge mit dem Müller Walter aus Malter aus die Suche nach ihm begeben, die ergebnislos verlief. Stähr sei nach etwa 10 Minuten riligen Schrittes zurückgekommen und habe seinen Platz am Basset wieder eingenommen. Nach einigen Augenblicken sei dann die Besitzerin de» Gasthofes, WHmtz-Mlttlg Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Donnerstag, den 24. Oktober 1912 78. Jahrgang Nr. 126. MU" Der amtliche Teil befindet sich heute in der Beilage. "MG AmLsötüLL für die Königliche AuttshLuptMaNnschLft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtfeittgem »Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehnr. — Druck und Verlag von Carl Irhne in Dippoldiswalde. Inserate werden mtt LR Ä Pfg, solche au» unsere- > Ämtrhauptmunnschaft mit12Pfg.dieSpalheU« oder deren Raum berech- < net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nm von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile So bez. W Pfg. - Tabellarische und ko nlplizicrte Inserat» mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, i» redaktionellen Teile, dt SpaltenzeUe 3V Pfg. «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donner»- wa und Sonnabend und wird anden vorhergehen» »enAbendenaurgegeben. Preis vierteljährlich 1M. WPfg., zweimonatlich S4 Pfg., einmonatlich 42 pfg. Einzelne Nummern LO Pfg. — Alle Postan- Kalten, Postboten, sowie WsereAusttägernehmen Bestellungen an. § 'M Ä Frau Lieber, mit dem Rufe „Es ist Feuer" herelngestürmt. Der Angeklagte habe daraufhin al« erster mit das Lokal verlassen. Der Zeuge bekundet weiter, daß der Ange klagte allgemein gemieden worden sei, setzte sich aber mit dieser Aussage in Widerspruch mit den Aeußerungen der anderen Zeugen. Von diesen bestätigten der Haus schlächter Traugott Börner, der Gutsbesitzer Börner und der Schneider Pudor die Wahrnehmungen des Gendarmen Tietze im Gasihof. Durch das auffallend unruhige Ver halten des Angeklagten dortselbst will sich der Zeuge Hausschlächter Börner erst der Tragweite einiger Be merkungen bewußt geworden sein, die der Angeklagte ihm gegenüber am Nachmittag fallen ließ. Der Angeklagte habe geäußert: „Ich werde schon Arbeit kriegen und auch ganz in der Nähe" und „Ich habe vielleicht eher eine Wohnung als andere,« die sollen es auch mal kennen lernen, wenn man keine Wohnung hat". (Die Anklage g»ht davon aus, daß der Angeklagte das Gut des Be sitzers Zimmermann in Brand gesteckt hatte, weil er hoffte, das Feuer würde bei dem günstigen Winde auf das Wohnhaus seines Hauswirtes Silbermann, der ihm gekündigt hatte, überschlagen und dieses mit einäschern.) Der Kaiamitose Zimmermann bezisfert seinen ungedeckten Schaden auf etwa 10000 Mark. Die Scheune seines Anwesens habe bereits lichterloh gebrannt, al» er von seinem Nachbar Neubert aus dem Schlafe geweckt worden sei. Lr vermochte nur noch das Vieh in Sicherheit zu bringen. Das Feuer sei rasch auf Stall und Wohn haus übergesprungen. Diese Gebäulichkeiten sink» dann ebenfalls niedergebrannt. Seines Erinnern» hat sich der Angeklagte an den Rettungs arbeiten mit beteiligt. Dies bestätigen die Zeugen Silbermann und Neubert. Dem letzteren war beim Nach- hausekommen kurz vor dem Brande ausgefallen, daß das Türchen vom Hose in die ZImmermannsche Scheune offen- gestanden. Der Zeuge Silbermann jagte weiter aus, er habe dem Angeklagten seinerzeit die Wohnung gekündigt, weil sich auf diesen der Verdacht, den Diebstahl bei ihm . ausgeführt zu haben, lenkte. Erst von dieser Zeit an habe er Stähr mißtraut. Die ehemalige Kellnerin im Gasthof, Möbius, erklärte, es sei ihr nicht erinnerlich, daß an jenem Abend jemand an ihr Kammerfenster geklapst habe. Sie habe sich mit dem Angeklagten nie näher eingelassen. Die Brandstiftung in der Nacht zum Ostersonntag (7. April ' 1912), welcher Scheune und Stallgebäude de» Mühlen besitzers August Bollmer in Lübau zum Opfer fielen, soll der Angeklagte ebenfalls vorsätzlich verursacht Haden. Ec bestreitet, die Tat begangen zu haben Er wohnte damals in Spechtritz. Am Nachmittag des 6. April ist er nach getaner Arbeit nach Borlas nach Kohlen gefahren. Dort will er sich bis l/28 Uhr ausgehalten und während dieser Zeit mehrere Schnäpse und Biere im Gasthof (Hunger) getrunken haben. In Spechtritz wieder angelangt, hat er im Gasthof nochmals Station gemacht, wo er die Brüder Köhler getroffen hatte. Es bestand zunächst die Absicht, ge meinsam nach Lübau zu gehen, daraus wurde aber nichts. Gegen Mitternacht hatte der Angeklagte seinen Kohlenwagen eingestellt und sich dann allein nach Lübau in den Gasthcf Richter begeben, wo er stets verkehrte. Um 2 Uhr hat er den Gasthof verlassen. Er will sich dann entschlossen haben, eine Morgenpartie über Borla» und Spechtritz zu machen. Etwa fünf Minuten von Lübau entfernt habe er sich an der Straße niedergelassen und sei eingeschlafen. Als er aufweckte, stürmte es. Er habe Feuerschein bemerkt un- sich in die Richtung dahin begeben, ohne gewußt zu haben, daß es in Lübau brenne. Er sei schließlich an der Brand- stätte daselbst angekommen und habe dort nur einige Mägde angetrosfen. Bis zum Eintreffen der Feuerwehr habe er dort verweilt und sich dann nach Hause begeben, wo er gegen 4 Uhr eingetrosfen sei. Der Angeklagte gibt zu, daß ihm von dem Gasthofbesitzer Richter in Lübau be deutet worden, er (Stähr) komme wieder dran, da er in jener Nacht nicht zu Hause gewesen Und btt Ausbruch des Brandes sich in der Nähe aufgehalten habe. Es habe ihn dieser Borwurf aber nicht berührt; wenn etwas passierte, habe man sich stet« den „Ulk" mit ihm gemacht. Hierauf wird in die Zeugenvernehmung eingetreten. Der Gastwirt Hunger aus Borla» sagt aus, daß der Angeklagte nuc