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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das «Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. srei Haus, bei Posibestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austrägern. . Geschäftsstelle, nehmen zu 1-LerZntBch-llung-nent- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend gegen. Im Falle höherer Gewalt,Knegod.sonstiger ' .. Betriebsstörungen besteht Kem Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Aückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Siaumzeiie 20 Rpfg., di- 4 gespaliene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs. Pfennige, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile l RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. Vorge- werdm, nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 Uüchsichagi.^AnAgA annahme b,svorm.l0 Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 42 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 18. Februar 1933 Die politische Linie. Tas Stichwort aus Paris. — Balkanisierung Europas. Zollmauern gegen Deutschland — Wichtigkeit der Kommu- nalwahlen. „Die wahre Politik faßt die praktischen Interessen, das Notwendige, das Ausführbare ins Auge; sie gibt ihre Ver gangenheit nicht jeden Augenblick um einer vielleicht be- trüglichen Aussicht willen auf; sie beabsichtigt ruhigen Fortgang, schrittweise sichere Entwicklung; siehältsich a u f ih r e r L i n i e." Was hier unser größter Historiker, Leopold von Ranke, über die Methodik außenpolitischen Handelns sagt, dürfte doch Wohl auch auf die Art paffen, in der Deutschlands Außenpolitik dem Endziel zustrebt: Nevisio ndesVersaillerDiktats. Um so mehr muß dabei „das Ausführbare" ins Auge gefaßt werden, als diese Möglichkeiten sich ändern, sich verdichten oder auch nebelhaft verschwimmen. Der Gegenspieler aber — und das muß hervorgehoben werden, um vor einer Ein seitigkeit der Blick-Einstellung zu warnen — sitzt keines wegs allein in Paris. Überall, in Belgrad, Bukarest, Prag, Athen und Warschau, in Kopenhagen, Kowno und Riga, in Brüssel, London und in — Nom sitzen die offenen und heimlichen Gegenspieler, die gar nicht erst auf ein Stich wort aus Paris warten, um mit der „Neuordnung" Euro pas durch Versailles, St. Germain und Neuilly gegen Nevisionsforderungen der ehemaligen Mittelmächte das zu verteidigen, was ihnen diese „Vorort"-Verträge 1919 zu sprachen; denn den damals aus der Beute gewonnenen Besitz zu verteidigen ist oberstes Prinzip aller jener Staaten. Und dieses Prinzip liegt auch der engen Ver einbarung zugrunde, die von den drei Staaten der Zeinen Entente — Tschechoslowakei, Jugoslawien vnv Rumänien — jetzt in Genf auf der Abrüstungs- konferenz getroffen wurde. Man hat Ungarn in Asr Zange. Man hat Polen als offenen Freund. Und Frankreich wird durch diese Kleine Entente angesichts der Spannungen in Europa fühlbar entlastet, denn der deutsche „Gegner" und Italien sind stärkster Flanken- vedrahung ausgesetzt. Der Kleinen Entente geistiges Haupt aber ist der tschechoslowakische Außenminister A"esch, dessen Politik aus zwei Punkte abgestellt ist: Niederhaltung Ungarns und Verhinderung des Zusam menschlusses Österreichs mit Deutschland. Er hat es er reicht, daß es außenpolitisch zu einer Vereinheitlichung der Politik dieser drei Staaten kam. Und diese Politik -hält sich auf ihrer Linie", die 1919 festgelegt worden ist: »eine Revision von Versailles, St. Germain, Neuilly. * Wenn also vor einiger Zeit die Könige von Rumänien und Jugoslawien in dem bekannten rumänischen „Pots dam" Sinaia zusammentrafen, so geschah dies wohl kaum, Um, wie offiziell mitgeteilt wurde, sich über den Bau einer veuen Donaubrücke zu besprechen. Das hätten ein paar Ingenieure auch allein fertigbringen können. Und die in Sinaia anwesenden beiderseitigen Außenminister verstehen mum etwas vom — Brückenbau! Ausgezeichnet verstehen sich aber die Politiker darauf, jede Vereinbarung Wirt- scha fts p o l i 1 is chen B r ü ck e n b a u e s von vorn- hesein zu stören und zu zerstören. Würde ein normaler, geistig gesunder Menschenverstand noch irgend etwas zu jagen haben, dann müßte er doch fordern, daß es heute für die Politik nur eine einzige „Linie" geben kann: Die gleich- wäßig von furchtbarer Wirtschaftskrise geschüttelten Völker Europas sollten sich zusammentun, um in gemeinsamem Handeln den Kampf gegen diese Krise aufzunehmen. Kein ^olk wird einzeln und vereinzelt mit ihr fertig. Aber die W den Pariser „Vorort"-Verträgen durchgeführte Balkani- uerung Europas — sie reicht jetzt bis zum Bodensee — hat außerdem zu einer immer schärferen Abschließung der veuen oder der erweiterten Staaten Veranlassung gegeben. Deutschland spürt in seinem Außenhandel dies allmonat- "ch mehr. Auf einen viel zu engen Lebensraum zusammen- ^arängt, durch Versailles wichtigster Rohstoffquellen be raubt, müssen wir, um unserer überwiegend industriell vcichäftigten Bevölkerung Arbeit zu geben, Rohstoffe im Zustand kaufen. Kürzlich hat der Staatssekretär des ^ichsernährungsministeriums diesen Einfuhrbedarf auf vjwa 4,5 Milliarden Mark beziffert. Nicht in Gold natür- -M, sondern durch Warenausfuhr müssen wir jene Einfuhr Wahlen. Auf gleiche Weise bezahlen wir auch unsere Schulden an das Ausland, können sie nur so bezahlen. vergangenen Jahre gelang dies schon nicht mehr, fvvvern die Neichsbank mußte aus ihrem Goldschatz 200 Millionen hergeben. Nun aber, im ersten Monat des neuen ^;Mres, ging unsere Ausfuhr um 100 Millionen zurück, -"cht neue Märkte eroberte unsere Industrie im Auslande, wndern sie büßte dort an Terrain ein. Immer höher Wurden dort die Zollmauern, immer verhängnisvoller Arkte sich dort die bewußt herbeigeführte Währungs- , wäche für den Absatz deutscher Waren aus. Und immer ^wahrscheinlicher wird es, daß sich die deutsche Ausfuhr M der von jenem Staatssekretär für notwendig erachteten Mindesthöhe von 5,5 Milliarden Mark halten kann. Wenn d".? Ausland alles tut, um unsere Zahlungsfähigkeit Zerstören, dann wird der Tag nicht mehr fern sein, an iin? Zahlen nicht willens sind, weil wir unser Volk ^^win nacktes Dasein nicht den — Gläubigern opfern MMW „MeWW"-Hllr. Ein neuer Vorschlag in Genf. — Plumpe An spielungen des Pariser Luftfahrtministers auf dre deutschen nationalen Verbände. Der französische Luftfahrtministcr Pierre Cot er widerte im Hauptausschuß der Abrüstungskonferenz, die Ausführungen Nadolnys zum französischen Plan und be rührte unmittelbar die grundsätzliche Frage der deutsch- französischen Beziehungen. Pierre Cot faßte den fran zösischen Plan zur Heeresfrage in folgenden drei Punkten zusammen: 1. Frankreich ist bereit, falls die allgemeine Sicher- heits- und Kontrollforderung Frankreichs, wenn auch nicht ganz, so doch im wesentlichen berücksichtigt wird, einem all gemeinen Heeressystem mit kurzer Dienstzeit unter einem Jahre, möglicherweise acht bis neun Monate zuzustimmen. 2. Dieses Heeressystem wird im gleichen Ver hältnis für alle Großmächte eingeführt und hat damit die Gleichheit des Status der Mächte. 3. Anpassung dieses Systems an die besonderen Ver hältnisse der einzelnen Länder, besonders auch Deutsch lands, durch etappenweise Durchführung in drei bis vier Jahren. Pierre Cot versuchte sodann in außerordentlich ge schickter Weise den Nachweis zu führen, daß eine Be rufsarmee, wi'e sie Deutschland im.Versailler Diktat aufgezwüngen worden ist. „eine Angrissswasse allererster Ordnung" (!) sei, während das .Heeressystem der allgemeinen Wehr pflicht „vornehmlich der Verteidigung" (!) diene. Frankreich schlage daher zur Vereinheitlichung der europäischen Heere das Heeressystem mit kurzer Dienstzeit und geringer Truppenzahl vor. Pierre Cot erwähnte so dann, obne auf ein besonderes Land anspielen zu wollen (?), daß der „nationalistische und militärische Geist nicht nur in den Ländern mit allgemeiner Wehrpflicht lebendig" sei. Es gebe auch Länder ohne dieses System, jedoch mit großen „militärischen Verbänden", in denen sich dieser Geist „besonders entwickelt" habe. .Es sei durchaus verständlich, daß für Deutschland in folge des nach dem Kriege ihm mit Gewalt aufgezwun genen Systems ein neues auf der Abrüstungskonferenz ge- fchaffenes Heeressystem „zunächst verdächtig" erscheinen müsse. Die Neichsregierung könne sich jedoch nicht be klagen, wenn jetzt zu einer Abänderung der Entwaffnungs bestimmungen des Versailler Vertrages geschritten würde. Sie könne nicht ein System zurückweisen, das Deutschland „die Gleichberechtigung des Rechts und des Status" hringe. Vielleicht sei, so sagte Pierre Cot zynisch zu Nadolny gewandt weiter, das Deutschland 1919 aufge zwungene Heeressystem in einem Sinne, besonders in den Privaten Militärverbänden durchgeführt worden, der „nicht gerade dem Sinne der Friedensverträge" entspreche. Energische Widerlegung durch Nadolny. Botschafter Nadolny sagte sodann, er müsse ausdrück lich zu den vielen Anspielungen Pierre Cots über die Rolle der privaten Militärverbände Stellung nehmen. Zweifellos beständen in zahlreichen Ländern private Ver bände mit militärischer Ausbildung. Dies sei hinlänglich bekannt. Er könne jedoch den Hinweis Pierre Cots aus den Zusammenhang zwischen der deutschen Armee und den privaten Verbänden unmöglich ohne eine sofor tige Widerlegung vorübergehen lassen. In der Aussprache erklärte Pierre Cot auf die Er widerung Nadolnys, daß er an feiner Erklärung festhalten müsse und zu einer Aussprache über die privaten militä rischen Verbände bereit sei, falls Nadolny dies wünsche. Botschafter Nadolny sagte darauf, daß in dieser Frage auf Deutschland nicht der Schatten eines Vor wurfs fallen könne. AjeWehrmacht kennt keine Parteien Ansprache des Reichswehrministers an die Marine. Der Reichswehrminister General a. D. vonBlom - berg und der Chef der Marineleitung, Admiral Dr. e. h. Raeder, statteten in Kiel dem Stationschef, Vizeadmiral Albrecht, einen Besuch ab. In der Aula der Marinestation, wo das gesamte Offizierkorps versammelt war, hielt anschließend der Reichswehrminister an das Offizierkorps eine Ansprache. Dann fand ein Besuch beim Flottenchef auf dem Linienschiff „Schleswig- Holstein" statt, wo die Flagge des Reichswehrministers in dem Augenblick gesetzt wurde, als er an Bord ging. Beim Anbordgehen wurden 19SchutzSalut abgefeuert und beim Verlassen des Schiffes der Nangsalut von 17 Schuß. Darauf begab man sich nach den Deutschen Werken. Das Panzerschiff „Deutschland" wurde dann vom Reichs wehrminister, dem Ches der Marineleitung und ihrer Be gleitung besichtigt. Auf dem Kasernenhof in der Wik waren die Truppen des Standortes Kiel und die Abordnungen der Flotten streitkräfte in einem großen Viereck angetreten, als der Reichswehrminister General von Blomberg in Generalsuniform und der Chef der Marineleitung, Admiral Dr. e. h Raeder, die Front abschritten. Der Reichswehrminister hielt eine Ansprache, in der er aus- führte: Als mich das Vertrauen des Generalfeldmarschalls von Hindenburg aus diesen Posten rief, da waren es zwei Punkte, die mich besonders stolz machten, einmal daß ick> das Mitglied einer Regierung sein durfte, hinter der Millionen deutscher nationaler Männer stehen, und zweitens, daß ich durch meine jetzige Stellung als Befehlshaber der Wehrmacht in ein besonderes Ver hältnis zur Reichs marine trete. Ich habe in den letzten Jahren als Befehlshaber in Ostpreußen die Marine kennengelernt und habe erfahren, welche entscheidend wichtige Nolle die Neichsmarine für die Verteidigung des Vaterlandes ausfüllen soll. Das deutsche Volk erlebt in diesen Tagen, in diesen Wochen und Monaten eine besondere innere Bewegung. Da sieht die Welt besonders auf uns, die Wehrmacht, denn wir vertreten in vorderster Linie die deutsche Ehre Hw das deutsche Ansehen, ja noch mehr, jeder weiß, daß wir Soldaten herausgehoben sind aus dem politischen Kampf des Tages. Für uns gibt es leine Parteien und es gibt auch keine Klasse. Für uns gilt nur das ganze Deutschland, und mit uns fühlen viele Millionen deutscher Männer. Sie fühlen mit uns und sie wissen, daß es für einen wahren deutschen Mann nur eines gibt, für Deutschland zu leben, für Deutschland zu kämpfen und sür Deutschland zu sterbe«. DiMorische pariser Role an S-erreich. In der italienischen Presse hat der jetzt inRom ver öffentlichte Text der sranzösischenNoteanO st er reich wegen des aus Italien erfolgten Waffentransports nach Hirtenberg das größte Aufsehen erregt und zu neuen scharfen Angriffen auf die französische Regierung geführt. Die betreffende Note, der sich auch England än- geschlossen hat, erinnert im Ton und in ihren Forderungen an die schlimmsten Zeiten nach Versailles. Sie fordert die österreichische Negierung dikta torisch auf, u. a. folgende Maßnahmen zu treffen: Die Bundesregierung in Wien müsse zur Zerstörung der in Hirtenberg liegenden Waffen schreiten, falls eine völlige Rücksendung der Waffen nicht möglich sei. Die öster reichische Regierung habe den Vertretern Frankreichs und Englands den Beweisder Rücksendung oder Zerstörung der Waffen zuliefern (!). Die östereichischen Bundes- bebörden hätten ihre Erklärunaen unter Eid abzu - . sie hält sich auf ihrer Linie", — das hat das neue Reichskabinett auch in den Auseinandersetzungen im R e i ch s rat gezeigt. Bei der Streitfrage darum, ob es im Reichsrat zulässig sei, daß die Stimmführung des Landes Preußen von der Reichsregierung selbst bestimmt wird, hat der Reichsinnenminister erklärt, daß für die Reichsregierung einzig und allein die Verordnung des Reichspräsidenten vom 6. Februar maß gebend sei. Der Antrag der süddeutschen Länder, trotz dem bis zur Entscheidung des Staatsgerichtshofes über die rechtliche Zulässigkeit jener Notverordnung alle wesent lichen Beschlüsse des Reichsrates nur unter Vorbehalt ver zeichnen zu lassen, ist aber angenommen worden, und damit wird der Reichsrat zunächst praktisch außer Funktion gesetzt. Auch für ihn gilt aber letzten Endes als Entscheidung für jode weitere Tätigkeit erst das Ergebnis der Wahle» vom 5. Wärr. Mas kann viel ¬ leicht etwas genauer sagen: Für ihn ist besonders wichtig das Ergebnis der Wahlen vom 12. März. Denn an diesem Ta gegehtdieWahlfürdieKommu- nalvertretungen vor sich, also auch für die Provinzialvertretungen. Entscheidend nämlich für die Stellungnahme der süddeutschen Länder ivar die Tatsache, daß die Hälfte der preußischen Stimmen im Reichsrat durch diese Provinzialvertretungen instruiert wird. Angesichts der großen Wichtigkeit und Bedeutung also, die der Reichsrat heute bei dem chronischen Konflikt zwischen der Reichsregierung und dem Reichstag hat, wird es auch am 12. März, acht Tage nach der Neichstagswahl, sehr darauf ankommen, daß jeder Deutsche durch seine Stimmabgabe bei den Provinzial- und Kommunalwahlen seinem Recht als Staatsbürger derartig Ausdruck gibt, daß man über diese Willensäußerung nicht hinweg schreiten kann, Dr. M,