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SS? Wochenblatt für fiir die König!. ?lmtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdrnff. Erscheint wöchentUch 2 Mal Dienstag und Freitag.) AbonncmentsvreiS »tertcljährlich 1 Marl. Eine einzelne Nummer kästet 10 Ps. Znscratenannabme Montags «.Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal l DienStag und Freitag.) AbonnemeniSprei« vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer für kostet-10 Ps. AWlsdruA, THßlMndt, Nossen, Siebenlehn nnd die Umgegenden. Rr. 32. Freitag, den 2S. Juni 1883. Die Wirkung des Zmpfgcsetzes in Deutschland. Angesichts der wachsenden Agitation gegen den Impfzwang, einer Bewegung, welche man in ärztlichen Kreisen als eine unheilvolle und verderbliche betrachtet, hat sich das kaiserliche Gesundheitsamt bemüßigt gesehen, die Wirkung des Jmpfgesetzes in Deutschland auf Grund der Statistik nach streng wissenschaftlicher Methode zu untersuchen. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind augenfällig und verdienen, in allen Kreisen bekannt zu werden. Die graphischen Tabellen, welche das Gesundheits amt aufgestellt hat, sind für den an statistische Darstellungen gewohn ten Forscher auf den ersten Blick verständlich, für den Laien dagegen erscheint die Form des Referates unzweifelhaft übersichtlicher. Die erste Tabelle beschäftigt sich mit der Zahl der Pockentodesfälle in Preußen vor und nach Inkrafttreten des Jmpfgesetzes. Es zeigt sich, daß vom Jahre 1816 bis zum Jahre 1870 die Pocken einen beträcht lichen Theil der Bevölkerung dahingerafft haben, und zwar mit einer gewissen Regelmäßigkeit jährlich von 7,32 bis 62,00 auf 100,000 Einwohner. Diese höchste Ziffer entfällt auf das Kriegsjahr 1866. In die Jahre 1871/72 fällt dann die mit dem französischen Kriege in Zusammenhang stehende große Epidemie, welcher 1871 auf 100,OM Einwohner 243,21 und 1872 gar 262,37 zum Opfer sielen. In den folgenden Jahren sinkt diese Zahl auf 35,65 und 9,52, während man alsdann nach der Analogie der Erfahrungen seit 1816 wiederum ein Steigen hätte erwarten müssen. Allein vom Jahre 1875 an zeigt sich der Einfluß des Jmpfgesetzes; statt zu steigen, sinkt die Ziffer der Pockentodesfälle in den Jahren 1875—1881 auf beziehungsweise 3,60 — 3,14 — 0,34 — 0,71 — 1,26 — 2,60 —3,62, auf einen so niedrigen Stand, wie er vorher auch nicht ein einziges Mal erreicht wurde. Daß der Einwand, diese verminderte Sterblichkeit sei nur die Nachwirkung der großen Epidemie der Kriegsjahre, hinfällig ist, lehrt der Vergleich mit Oesterreich. Hier weist die Pockensterblichkeit in früheren Jahrzehnten fast ganz dasselbe Bild auf wie in Preußen. Nur ist die Sterblichkeit etwas höher, sonst herrscht dieselbe Regel mäßigkeit. Indessen hat auch Oesterreich unter dem Einflüsse des französischen Krieges eine heftige Epidemie durchgemacht, 1872 starben 189,93, 1873 323,30, 1874 178,19 von 100,000 Einwohnern. Diese Epidemie hat aber keinen solchen Rückschlag wie in Preußen zur Folge gehabt; es starben vielmehr in den folgenden Jahren noch 57,73 — 39,28 — 16,94 - 5,57—50,83 auf 100,000, und seither hat sogar die Seuche wieder in erschreckendem Maße um sich gegriffen. Das kaiser liche Gesundheitsamt schließt aus diesem Vergleiche, daß die bedeu tende und andauernde Abnahme der Pockensterbefälle in Preußen nur in der Wirkung des Jmpfgesetzes ihren Grund haben kann, da alle übrigen Verhältnisse in Bezug auf die Pockenkrankheit in beiden Staa ten die gleichen geblieben sind." Um diese Wirkung im Einzelnen noch deutlicher zu illustriren, hat das kaiserliche Gesundheitsamt die Pockenfälle in einer Anzahl großer Städle Deutschlands und des Auslandes mit einander ver glichen, und zwar sind dazu folgende Städte gewählt worden: Berlin, Hamburg, Breslau, München, Dresden und London, Paris, Wien, Petersburg, Prag. Aus Paris fehlen indessen die offiziellen Angaben des Pockenjahres 1871, ans Petersburg die Angaben über die Jahre 1870 bis 1877 und aus Prag diejenigen von 1870, 1872 und 1873, Diese Zusammenstellung ist zu lehrreich, als daß sie nicht in den Grundzügen hier wiedergegeben werden müßte, wobei immer zu be achten, daß das Jahr 1875 als das erste seit Einführung des deut schen Jmpfgesetzes zu gelten hat. Von j° 100,000 Einwohnern star ben an den Pocken Petersburg ? ? o ? ? ? ? ? 144,91 142,82 21,57 28,19 77,20 München ? 88,98 61,53 2,95 1,07 0,00 0,52 0,00 0,90 0,00 0,00 10,30 2,94 im Jahre in Berlin London Dresden Prag 1870 22,37 30,20 9,01 d 1871 632,56 242,16 360,27 15,22 1872 138,61 53,80 85,27 ? 1873 11,21 3,55 13,17 ? 1874 2,47 1,66 4,32 30,M 1875 5,19 1,32 2,56 10,92 1876 1,81 20,81 0,50 78,41 1877 0,40 70,98 0,97 395,78 1878 0,78 38,81 0,00 86,85 1879 0,75 12,13 1,86 84,35 1880 0,81 12,50 3,63 290,19 1881 4,74 61,91 2,69 64,05 1882 0,43 11,07 1,33 57,40 im Jahre in Breslau Wien Hamburg Paris 1870 13,82 46,71 25,00 546,24(?) 1871 356,74 74,90 1075,00 ? 1872 282,50 536,96 95,29 5,51 1873 13,70 228,50 0,86 0,92 1874 0,88 135,26 0,56 2,48 1875 0,00 113,50 0,00 13,66 1876 0,00 167,80 1,80 20,14 1877 0,78 84,01 1,27 6,84 1878 1,50 75,91 0,25 4,48 1879 0,37 46,91 0,00 45,81 1880 0,74 73,52 0,00 98,91 1881 1,09 123,95 2,20 49,48 1882 3,21 108,29 0,47 29,65 Aus dieser Tabelle geht zur Evidenz hervor, daß nach der bedeu tenden Epidemie im Anfänge der siebenziger Jahre die Pockensterblich keit in allen Städten ohne Impfzwang nach einer vorübergehenden Abnahme sehr bald wieder auf bedeutende Höhen gestiegen ist, wäh rend sie in allen deutschen Städten, ganz wie in der Gesammtbevöl- kerung, seit 1874 andauernd auf sehr geringe Zahlen herabgesunken ist. In der That läßt sich keine bessere Illustration der Wirkung des Jmpfgesetzes denken, als der Vergleich zwischen Breslau und Wien, Dresden und Prag. Allein mit diesen ziffermäßigen Beweisen hat sich das Reichsgesnndheitsamt nicht begnügt, es sind vielmehr noch die Erkrankungs- nnd Todesfälle in den Armeen von Deutschland, Oesterreich und Frankreich untersucht worden. Hier zeigt?sich unbe streitbar der Einfluß, den nicht nur eine gewissenhafte Revaccination, sondern auch die mehr oder minder pockenfreie Umgebung ausübt. Ans den Jahren 1871/72 fehlen leider die französischen Angaben; allein da schon in den Jahren 1867/69 auf 100,000 Soldaten 412,30 Erkrankungen und 27,93 Todesfälle in Folge der Pocken jährlich vor- kamen, so ist anznnehmen, daß in den Jahren des Krieges und der Epidemie diese Ziffern außerordentlich gewachsen sein werden und je denfalls die deutsche» weit übersteigen. Die deutsche Armee aber hat selbst in diesen Jahren nicht so viel Pockenfälle zu verzeichnen wie die österreichische, welche den Strapazen und Entbehrungen nicht ausge setzt war. Es betrugen auf 100,000 die Erkrankungen in der deutsche» Armee in der österreichischen 1870/71 1280,44 1475,34 mit 60,99 Tobten, mit 57,37 Todten, 1872 161,35 1653,46 mit 5,65, Todten, mit 103,45 Todten. Vollständige Daten, welche eine Vergleichung zulassen, liegen aus de» Jahren 1875 bis 1877 für alle drei Armeen vor. Es zählte auf 100,000 Mann 1875 1876 1877 Seit dem Jahre 1874 ist in der preußischen Armee ein eine graphischen Tafeln mit Oesterreich 328,35 Kranke, 21,08 Tobte. 266,60 Kranke, 10,45 Tobte. 402,73 Kranke, 25,10 Tobte. Frankreich. 141,83 Kranke, 17,82 Tobte. 230,47 Kranke, 28,23 Todte. 222,26 Kranke, 19,62 Todte. Preußen 6,42 Pockenkranke, keine Pvckentodten. 6,35 Kranke, keine Tobten. 4,89 Kranke, keine Todten. Pocken noch immer zahlreiche Opfer fordern. Die deutsche Armee ist fast frei von Pocken, die österreichische und französische Armee leiden dagegen noch sehr von dieser Krankheit. Soweit der Statistik ein Urtheil zu entnehmen ist, muß also das Jmpfgesetz als eine außerordentlich nützliche und segensreiche Institution angesehen werden. (Dresdner Zeitung.) Todesfall an Pocken überhaupt nicht mehr vorgekommen, während die übrigen Armeen, deren Revaccination zugestandener Maßen eine mangelhafte ist und welche nicht den relativen Schutz einer fast pockeufreicn Umgebung genießen, noch ganz erhebliche Mortalitäts ziffern an Pocken answeisen. Mit Durchführung des Jmpfgesetzes ist auch die Zahl der Pockenerkrankungen in der deutschen Armee auf ein Minimum reducirt im auffälligsten Gegensatz zu der österreichischen und französischen Armee, ebenso zu der Zeit vor dem Jmpfgesetz. Das Reichsgesundheitsamt begleitet seine graphischen Tafeln mit folgendem Nachwort: Das Ergebniß dieser Zusammenstellungen spricht in entschiedenster Weise für die nützliche Wirkung des Jmpfgesetzes: die Pocken haben seit dem Inkrafttreten des Jmpfgesetzes in Deutsch land in einer früher nie gekannten Weise abgenommen. In den Nach barstaaten, welche bisher die Zwangsimpfung nicht eingeführt haben, herrschen dagegen die Pocken nach wie vor in erheblichem Maße. Die deutschen Großstädte haben von der Pockenkrankheit fast gar nicht mehr zu leiden, während in den großen Städten des Auslandes die Die Sirene. Novelle von Ludwig Habicht. Verfasser d r Romane: „Zwei Höfe", „Auf der Grenze", „Der rechte Erbe". „Endlich habe ich das Glück, Sie allein zu sprechen! O, wie habe ich diese ganze Zeit über darnach gelechzt! Nein, wenden Sie sich nicht ab! Sie können nicht länger so grausam sein, Sie müssen mich wenigstens anhören, damit ich Ihnen sagen kann, daß ich Sie noch immer wahnsinnig liebe." „Genug, übergenug!" entgegnete die ganz in Schwarz gekleidete Dame und erhob sich mit allen Zeichen der Entrüstung, ja des Ab scheues. „Sie haben Recht, Ihre Leidenschaft ist wahnsinnig, meine Pflicht bleibt es, Sie immer und immer wieder zurückzuweisen!" Anstatt auf diese Abmahnungen zu hören, sank der Mann vor ihr in die Knie und fuhr in noch größerer Erregung fort: „Nein, nein, sagen Sie das nicht. Sie wissen, daß ich ohne Sie nicht leben kann. Sie dürfen mich nicht länger zurückstoßen. Alle Welt behauptet, daß Sie nur ein Spiel mit mir treiben; aber ich glaube den Leuten nicht, ich weiß —" „Wollen Sie nicht endlich aufhören, mich mit Ihren Liebesschwüren zu belästigen?" rief die Dame, und ihre sonst so angenehm klingende Stimme erhielt einen schärferen Ton. „Haben Sie mich damals mit Ihrer unseligen Leidenschaft nicht unglücklich genug gemacht? Und