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Belehrung und Unterhaltung. Nr. Dresden, den io. Map 1809. 6 2. Zur Kranioskopie. ,^n No. 52. des Morgenbtattes 1809 ka men kleine Noten zum Texte des reisenden Hirnschädelbeschauers vor, deren spätere Er scheinung wohl nur darin zu suchen ist, daß die Mode des ungepuderten Haares nicht frü her allgemein wurde. Hätte man den Wink Gall's, daß ein oft und stark gebrauchtes Organ endlich schmerze, und man ein danie- derliegendeS durch äussere Reizmittel wieder erwecken könne, früher benutzt, so wäre man schon langst auf die Uranfänge jener Lehre gekommen, hätte schon längst dieselbe nicht für rin durchaus neues und unvorbereitetes Wunder gehalten. Nur in den Narrenhäu sern machte man durch Reiben und Zugpfla ster Versuche, die schlafenden Ideen zu er wecken, gleich als ob es bei verständigen Leuten gar nicht möglich sei, etwas zu ver gessen, oder als ob die neue Belebung des Veralteten bei ihnen nicht vom geringsten Nutzen seyn könnte. Vom Gegentheile wird man überzeugt werden, wenn man die leb hafte Unterhaltungsgabe der modernen Welt mit jener der alten vergleicht, wenn man be merkt, wie jetzt alles in den Leihbibliotheken gelesene lebhafter Erinnerung von neuem ent quillt. Denn darf Gall sich den Schluß: ^ost Iioe, erAo propterkoc, d. h. auf einander folgende Erscheinungen verhalten sich wie Ursache und Wirkung, theuer bezah len lassen; warum sollte es auch uns nicht erlaubt seyn, zu schließen, daß jene Bered samkeit aus der Mode der Coq's entspringe? Man darf sich nur als ruhiger Beobachter in irgend einen Gesellschastssaal setzen — das erste, was ein Eintretender beginnt, ist, mit seinen fünf Fingern den Haarbüschel zn reiben, und dadurch die Organe des Gedächt nisses in verstärkte Thätigkeit zu setzen, und so wie dies geschehen, welcher Schwall von Worten entströmt ihm ! sobald es irgend stockt, so wild die Reibung wiederholt, und man darf überzeugt seyn, daß, wenn man einem solchen Schöngeist sein Schöpschen wegschnit- te, er eben so verstummen würde, wie jener Advocat in Addison's Zuschauer, weläxer während des Sprechens immer einen Bind faden um den Daumen herumwickelte, und den Proceß eines Clienten verlor, der ihm diesen Faden seiner Rede vor dem Eintritt in den Gerichtssaal gestohlen hatte. Und wie alt ist nicht schon diese Methode, das Ge- Lff