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Rr. 27V. Dienstag, de« SS. Rovemder ISIS, abends. 12». Jahrgang. adlig«» Berlin 20,-9' 80,975 84 80 89,80' 92,30 83,00 98.80 102,10 92,20 83,50 82,50 93 98 60 93,40 91/)O B alchenerD Nachrichten. Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Bautzen als Konsiftorialbehörde der Oberlaufitz. Amtsblatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadttätr zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- «nd Gewerbekammer zu Zittau. Erscheinungsweiser Täglich abeodS mit Ausnahme der Sonu, uud Feiertage. Schriftleitung und Geschäftsstelle: Bautzen, Innere Lauenstraße 4. Femiprecher: Nr. 51. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis pro Monat: Bei Abholung in der Geschäftsstelle —.90 bei freier Zustellung InS HauS 1.— Anzeigenpreis: Die Kqespaltene Petitzeilc oder deren Raum 15 Pfennige, t» geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die Igespaltene Petitzelle 50 Pfennige. 100,30- ! 92,30 101.40 175,10, 256,80 162,50 156^5 155,50 84,50 66,50 107,10 93,10 »4 25 »4,30 81^0 an ! uAö werp« id und «. — u ge- inter- l ge- :s ist i n - lileM >rteb ndes Teil des auf. hin. Er- eren ätze, auf > liche »rat nack ate- sche um, »ler öst- ätzt ier. hen us- len / «l- uk, »ar ter ir- ltS. lt- Wegen Betriebsstörung erscheint diese Nummer erst um 7 Uhr. Tas Wichtigste vom Tage. * Der Kaiser wohnte gestern der Einweihung der Marineschule zu Mürwik bei und verlas eine längere K a b in e t t s o r d e r an die Fähnriche. * Im englischen Oberhause kam es gestern anläßlich eines überraschenden Antrags Lansdownes, die Beratung der Vetobill aus Mittwoch zu vertagen, zu einer scharfen und interessanten Debatte. Die Vertragung wurde angenommen; Lord Lansdowne wird neue Resolutionen zur Vermei dung der Parlamentsauflösung einbringen. Die Londoner po litischen Kreise versprechen sich aber keinen Erfolg davon. * In Südwales sind neue Streikunruhen unter den Bergarbeitern ausgebrochen. Das französische Ministerium hat sich über einen Gesetz entwurf zur Unterdrückung der Sabotage geeinigt. * Die portugiesische Regierung hat jetzt Befehl erteilt, die Jesuiten auch aus ihrer ostasiatischen Kolonie Macao aus zuweisen. * In der russischen R e i ch s d u m a wurde nach einer begeisterten Rede des Präsidenten auf Tolstoi, der als der „Stolz Rußlands und der Ruhm der Menschheit" bezeichnet wurde, das Andenken des großen Dichters und Reformators durch Erheben von den Plätzen und mit großer Mehrheit, allein gegen die Stimmen der extremen Rechten, durch Unterbrechung der Tagung geehrt. * Das Washingtoner Kriegsdepartement hat den Kom mandeur im Staate Texas angewiesen, die Unions-Truppen an der mexikanischen Grenze zur Wahrung der Neutralität bereit zu halten. Lier in oer Hauptstadt Mexiko befürchtete Ausbruch einer Erhebung ist unterblieben. In Puebla, wo der Führer der blutigen Empörung, Joss Cerda n, nebst 42 an deren Verdächtigen verhaftet wurde, herrscht Ruhe. * Durch Strolche wurde in der Nacht zum Montag ein deutsches Kriegerdenkmal auf dem Gerardfelde bei Dijon zerstört. * Wetteraussicht für Mittwoch: Allmählich Auf heiterung, kalt, kein erheblicher Niederschlag. * Ausführliches siebe an anderer Stelle. Der Wettbankier Frankreich. „I/srgent iait la Zuerre!" — der alte Montecucculi hat zwar einmal gesagt, zum Kriegführen gehöre erstens Geld, dann nochmals Geld, und nochmals Geld und dann erst seien Soldaten und Offiziere nötig, aber daß das Geld Kriege gewinnt, ist ein ganz modernes französisches Wort. Das ist sogar den Eingeborenen der französischen Kolonien geläufig geworden — und die wissen entschieden Bescheid. In Marokko hat auch mehr das französische Geld gewirkt, als die Kanonen und Maschinengewehre, und in der Türkei hätte Frankreich beinahe einen weittragenden po litischen Sieg an seine Fahnen geheftet, wenn nicht die „vules ?ru8siell8" in die Tasche gegriffen und gezeigt hätten: das können wir auch! Der französische Ueberseehandel ist recht bedeutungs los geworden und die französische Industrie hat in der Ex pansion trotz günstigster Narbedingungen nicht gleichen Schritt mit der deutschen gehalten. Trotzdem ist Frank reich reich, so reich, daß es als „Weltbankier" gilt und un blutige politische Siege erkämpfen kann. — Woher kommt das? Frankreich ist ein reiches Land. Ein mildes Klima, vorzügliche Bewässerungsverhältnisse, erstklassiger Boden, reiche Mineralschätze, eine arbeitssame Bevölkerung von hoher Intelligenz sichern ihm eine wirtschaftliche Stellung, die andere Völker sich erst mühsam erkämpfen mutzten. Dabei sind von 53 Millionen Hektar Land 52,3 Millionen Hektar unter landwirtschaftlicher Bearbeitung. Von dieser Fläche waren 1906 mit Getreide 32,5 Millionen Hektar be baut, 14,6 Millionen mit Futtermitteln, 1,7 Millionen mit Rüben, 1,6 mit Knollengewächsen und 0,18 Hektar waren Gartenland. Mehr als fünf Milliarden betrug allein der Wert der Ernte aus Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Kar toffeln und Rüben. Die Weinernte betrug 1875 an 80 Millionen Hektoliter. Und der französische Wein hat einen guten Namen in der ganzen Welt, wenn er auch an Geist und Kraft nicht an den deutschen Wein heranreicht. Anders steht es mit der Viehzucht. Mit Recht bewun dern wir die französischen Rassezuchttiere, mögen es nun Rinder, Pferde oder Schafe sein. Sie stehen qualitativ autzerordentlich hoch, nur ist die Menge unzureichend. Was hat man sich in Freihandelskreisen Deutschlands nicht von der Zufuhr aus Frankreich versprochen, um der Fleischnot zu steuern! Das Grotzherzogtum Baden hat seine Grenzen geöffnet, um der Not zu steuern — und wie kläglich war der Erfolg, als die erste Sendung eintraf! Frankreich hat eben selbst nicht genug Fleisch. Der Ninderbestand im Jahre 1906 umfahte 7 377 000 Kühe. Schafe gab es zur selben Zeit nur noch 17!4 Millionen gegen 21X-Millionen bei der Züchtung im Jahre 1896. Schweine wurden 7 Milli onen gezählt. Die Zahl der Pferde wird mit 3 165 000 an gegeben. Frankreich hat, wie Deutschland, enorm unter der Ab wanderung nach den Städten zu leiden. Und datz der Staat dabei nicht gerade Vorteile hat, zeigt das Eingreifen der demokratischen Regierung zu Gunsten des Bauernstandes. Intensiver Zollschutz, Ausbau des Kreditgesellschafts wesens, Schaffung von leistungsfähigen landwirtschaft lichen Versuchsstationen — das sind nur einige Daten aus der Tätigkeit der demokratischen Regierung, die schon offen ausgesprochen hat, datz die Erhaltung einer leistungsfähi gen Landwirtschaft die dringendste Aufgabe des Staates ist. Frankreich weih, datz es den grötzten Teil seiner Fi nanzkraft seiner Landwirtschaft verdankt und datz diese den Staat in den Stand gesetzt hat, den Weltbankier zu spielen. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Staatsmiuister Gras Vitzthum in Berlin. De, sächsische Minister des Acußeren. Herr Slaatsminist r Gras Vitzthum hat sich am Montag morgen zur Teilnahme an eine» Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten nach Berlin begeben. Die Bewegung gegen die Schiffahrtsabgabeu. De, Rat zu Dresden beschloß in seiner letzten Sitzung eine Petition an den Reichstag um Ablehnung des Gesetzes, be treffend den Ausbau der deutschen Wasserstraßen und die Er hebung von Schiffahrtsabgaben. — Der konzessionierte Schiffer verein hielt Montag nachmittag in Dresden in, ,,Hotel drei Raben" eine Protestversammlung gegen die geplante Ein führung von SchiffahrtZabgabcn ab. Es wurde eine scharfe Resolution gefaßt, in der energisch gegen den ganzen Entwurs Einspruch erhoben und der Reichstag ei sucht wird, den Gesetz entwurf auf alle Fälle abzulehnen. Sachsen uud Elsatz-Lothrinaen. Wie wir hören, be schäftigen sich auch die hiesigen Ministerien jetzt eingehend mit der Prüfung der Bundesratsvorlage über die Verfassungsreform von Elsaß-Lothringen. Die darin enthaltenen bedeutsamen Fragen bedingen hier eine um so genauere Erörterung als es^stch bestätigt, daß Sachsen das Referat in dieser Angelegenheit obliegt. Finanzen der Residenz. Der R a t zu D r e s d e n be schloß, den Vetrübsübcrschutz des städtischen Haus haltes vom Jahre 1909 in Höhe von 477 387 -41 94 H dem Fond zur Erwerbung von Land, sowie zur Ausführung von Bauten für die Zwecke der städtischen Verwaltung mit dem 1. April 1910 zuzufllhren. — Der Haushaltplan für 1911 gleicht sich in Einnahme und Ausgabe mit 48 966 455 Mark aus gegen 47 340 385 -ft im Vorjahre. Sowohl die Stadt- wie die Schuleinkommensteuer sind nach dem im Vorjahr erhobenen Satze von 76 Prozent für die Stadt einkommensteuer und von 52 Prozent für die Schulein kommensteuer zu erheben. Die Gesamteinkommensteuer für Stadt- und Schulgemeinde wird demnach auf 128 Prozent, wie im Vorjahre, festgesetzt. Der Ertrag an Stadt-Ein kommensteuer für 1 Prozent der Jahressätze der Staats einkommensteuer hat sich von 96 500 im Vorjahre auf 101 500 erhöht. «ationalliberale LaudtagSkaudidatur für Leipzig- Lau-. Für den 23. Wahlkreis Leipzig-Land wurde Baumeister Unger aus Mölkau, nationalliberal, als Kandidat ausgestellt. * * * A Der rumänische Älchenminsster^in Berlin. Der Reichskanzler empfing am Sonnabend nachmittag den rumänischen Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten Djuvara; zu dessen-Ehren fand abends beim Staats sekretär v. Kiderlen-Waechter ein Diner statt, wozu sämtliche Mitglieder der Berliner rumänischen Gesandtschaft und mehrere Herren des Auswärtigen Amts Einladungen erhalten hatten. Der Gesetzentwurf gegen das Kurpfuschertum. Der vom Bundesrat verabschiedete Entwurf eines Gesetzes, das die Mißstände im Heilgewerbe beseitigen soll, ist, wie be reits angekündigt, am Freitag dem Reichstag zugegangen. Er will dem in der letzten Zeit an Ausdehnung gewinnen den Kurpfuschertum einen Riegel vorschieben. Der Ent wurf beabsichtigt nicht, das Praktizieren aller Nichtmedi ziner zu verbieten, will aber einen Teil der sogenannten Heilbeflissenen unter Aufsicht stellen. Für diese Heil beflissenen, die sich gewerbsmäßig mit der Behandlung von Krankheiten und Leiden jeder Art beschäftigen, alfo für alle Nichtmediziner, sieht der Entwurf eine Anmeldung ihrer Betriebe bei der Polizei vor. Auch ist die Polizei berech tigt, Informationen über die persönlichen Verhältnisse dieser Heilbeflissenen einzuziehen. Ebenso kann sie das Verlangen stellen, ihr Einblick in die Geschäftsbücher zu verschaffen, deren Führung besonderen Vorschriften unter liegt. Die Behandlung von gemeingefährlichen Krank heiten, Geschlechtsleiden, Krebs usw. wird den Heilbeflisse nen verboten. Auch eine Fernbehandlung und andere in diesen Kreisen beliebte Behandlungsmethoden sollen ver boten sein. Der Verkauf von Arzneimitteln wird diesen Heilbeflissenen auch nicht mehr gestattet; ebensowenig der Verkauf von Geheimmitteln und anderen Gegenständen zur Verhütung oder Heilung von Krankheiten. Durch diese Vorschriften soll dem Verbrechen gegen das keimende Leben entgegengetreten werden, und vor allem eine Ausbeutung der Käufer verhindert werden. Ferner sei noch erwähnt, daß Strafbestimmungen gegen wissentlich unwahre An gaben in öffentlichen Ankündigungen und über den Wert der angepriesenen Artikel vorgesehen sind. Eine Kom mission, die dem Kaiserlichen Gesundheitsamt angegliedert werden soll, wird dem Bundesrat bei dem Erlaß von Aus führungsbestimmungen, die jederzeit geändert werden können, mit Nat und Tat zur Seite stehen. Oesterreich-Ungarn. Das Flottenbauproqramm der Marine. Die „Neue Freie Presse" meldet: Wie verlautet, ist das Flottenbauprogramm der Marine folgendes: 4 Schlachtschiffe zu 20 000 bezm. 23 000 Ton nen, 3 Schnellkreuzer, 10 Torpedofahrzeuge, 12 Hochseetorpedo boote und 6 Unterseeboote. Die Eesamtkosten betragen 310 Mil lionen Kronen. Diinkmar». Wicderabschassung der Prügelstrafe. Der Justizminister teilte in der Sitzung des dänischen Reichstags mit, daß er eine Gesetzesvorlage zur Abänderung des Strafgesetzes einzubringen beabsichtige. Danach soll die von Alberti eingeführte Prügel strafe, und zwar für die Minderjährigen ebenso wie für die Er wachsenen, wieder aufgehoben und neue Strafbestim mungen gegen den weißen Sklavenhandel eingesührt werden. Belgien. Belgische Rechtspflege. Aus Antwerpen wird uns unter dem 19. d. geschrieben: Ein eklatantes Beispiel von der er staunlichen Langsamkeit, mit der die Justiz in Belgien zu weilen vorgeht, liefert eine sich gegenwärtig vor dem hiesi gen Zuchtpolizeigerichte abspielende Verhandlung. Im Mai 1908 ereignete sich aus der nahen Station Bontich das fürchterliche Eisenbahnunglück, bei dem beinahe 150 Men schen teils getötet und teils verwundet wurden und von dem damals die Presse aller Länder voll war. Ein von hier nach Brüssel abgelassener Expretzzug war mit voller Ge schwindigkeit auf einen in Bontich haltenden Personenzug aufgerannt und hatte so die schreckliche Katastrophe ver ursacht. Am 11. November a. c. nun, also genau 2>L Jahre nach jenem Ereignisse, sind diejenigen, die angeblich durch Fahrlässigkeit das Unglück verschuldeten, vor dem Richter erschienen, um ihrer Bestrafung entgegenzusehen. Es sind vier arme Teufel, Werkführer, Weichensteller und Ar beiter, die sich in der Sache zu verantworten haben und denen durch eine große Zahl von Zeugen und Sachverstän digen ihre Schuld nachgewiesen werden soll. Mit Recht übt die hiesige Presse scharfe Kritik an dem ganzen Verfahren. Wie ist es möglich, so bemerkt sie u. a., daß nach einer so langen Zeit die Zeugen noch unter Eid ihre Aussagen machen und sich dabei der Details, über die sie bekunden sollen, erinnern können? Hätte man die Sache noch etwas länger hinausgezogen, so wäre sie einfach verjährt ge wesen, da der Gesetzgeber in weiser Erwägung der mensch lichen Gedächtnisschwäche und der Schwierigkeit eines Zeugenbeweises nach Ablauf einer gewissen Zeit für das den Angeklagten zur Last gelegte Delikt eine Verjährungs frist von 3 Jahren festgesetzt hatte. Das beste wäre nach allgemeiner Ansicht gewesen, man hätte die Angelegenheit ruhig im Sande verlaufen lassen. Die 4 bedauernswerten Männer haben bereits genug gelitten und es ist außerdem mehr wie wahrscheinlich, daß sie überhaupt freigesprochen werden. Wenigstens haben die bis dahin verhörten Sach verständigen, nach deren Vernehmung der Prozeß auf acht Tage vertagt wurde, sehr günstig für sie ausgesagt. Einer der ersteren trug sein Gutachten in französischer Sprache