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Vie „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Druck und Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bt« vormittag ;o Uhr. Inserate werden wÜ w Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in Groß-Vkrilla. Nr. 104. — Oertliches und Sächsisches. Mttendorf-Okrilla, Zo. August lSl^. — Der Ausnahmetarif für Futtermittel vom 20. August ab bis einschließlich 30. Ium nächsten Jahres gilt auch für den Versand von den Stationen der Eisenbahnen in Elsaß- Lothringen nach den auf deutschen Gebiete ge legenen Stationen der sächsischen Staatsbahnen; ebenso sind jetzt auch die badischen und württembergischen Staatsbahnen dem Ausnahme tarife für den gleichen Zeitraum für den Versand von ihren Stationen nach dem preußischen und sächsischen Empfangsgcbiete beigetreten. Vom 29. August ab bis 30 Juni N. I. findet der mehrgedachte Ausnahmetarif auch für die schmalspurigen Linien der sächsischen Staatsbahnen dergestalt Anwendung, daß für Wagenladungen von mindestens 5000 KZ die um .-50 "/v ermäßigten Frachtsätze des Spezialtarifs III der Schmalspurbahnen so wohl in deren Binnenverkehr als auch im UebcrgangSvcrkehre mit der Vollspurbahn berechnet werden. Im Binnenverkehre der Schmalspurbahnen werden jedoch 6 Mark für die Sendung von 5000 und darüber ent hoben, dagegen wird im Verkehr der schmal spurigen Linien mit der Vollspurbahn die tarifmäßige Mindestfracht für die Vollspur bahnen berechnet. — Wiederholt gewarnt sei vor gewissen Leuten, die Haussegen, Vergrößerungen von Photographien und dergleichen anbietcn. Ent gegen einem vereinbarten niedrigen Preise werden diese Sachen gegen Nachnahme zu höherem Preise geliefert, abgesehen davon, daß oft eine Anzahlung bei Bestellung gemacht, worden ist. Den unvorsichtig unterschriebenen Bestellschein wissen die Händler durch Ein zeichnung anderer Zahlen meist zu ihren Gunsten auszunützen, so daß auch eine Anzeige wegen Betrugs Schwierigkeiten bereitet. Haus segen und derartige Gegenstände, die diese Leute in unredlicher Weise vertreiben, sind in reellen Geschäften am Orte besser und billiger zu kaufen. — Der erste böhmische Obstkahn, dessen Abfahrt aus Lobositz und Durchfahrt durch Dresden wir in voriger Woche erwähnten, ist Nach Ueberwindung großer Schwierigkeiten am Sonnabend in Berlin eingetroffen und hat an der Verkaufsstelle der böhmischen Obsthändler an der Burgstraße angelegt. Obwohl die Zille noch nicht halbe Ladung hatte, war sie bei dem geringen Wasserstand doch vierzehn Tage unterwegs, während sie sonst die Strecke von Böhmen nach Berlin in vier Tagen zurücklegt. Zur Zeit sind noch vier Obstzillen unterwegs, die zum Teil auf böhmischem Ge biete, zum Teil in der Gegend von Magdeburg fcstliegen und erst bei steigendem Wasserstande die Weiterfahrt werden antreten können. — Ein Herero-Kämpfer der 6. Kompanie des 2. Feldregiment, Sohn des Stadtwacht meisters Meyer in Treuen, 'hat aus Karibik an seine Eltern einen Brief mit interessanten Einzelheiten gelangen lassen. Er schreibt u. a.: „Die Reise von Swakopmund bis Karibik dauerte sechs Lage, im Durchschnitt jeden Tag 85 km. Es ist hier ja sehr schön, nur der Durst ist ziemlich groß. Trotzdem wir jetzt im Winter leben, haben wir doch bei Tage 25 bis 30 Grad Wärme, während es nachts kalt bis zum Gefrierpunkt ist. Wir werden 6 lcm hinter Karibib, weil dort der Typhus herrscht noch einige Tage verweilen. Sobald aber der Befehl des Generalleutnants v. Trotha ein- ^ifft, geht es nach den Warterbergen. Die Herero müßen auf portugiesisches Gebiet durch brechen, damit wird dann wohl der Krieg zu Ende sein. Die Feinde haben noch 14000 Mann im Felde mit 50000 Stück Vieh. Die Hereros sollen sich in einem Bergkeffel, der nur durch einen schmalen Eingang zugänglich m, befinden Nun, unsere Artillecie wird Ichon ihre Schuldigkeit tun. Uebrigens sind", »echt es weiter in dem Briefe, „die Herero Mittwoch, den l keine feigen Kerle, wie vielfach in den Zeitungen zu lesen ist, denn es sind mcfftms Riesen" in der Größe von 2 m und find kolossal kühn. Es kamen Fälle vor, wo ein Feind tot ausgefunden wurde mit fünf bis sechs Schuß im Leibe, die Wunden waren mit Gras oder Holzpfropfen zugestopft; ein anderer wieder bekam einen Schuß m den Bauch, er hielt sich die Wunde zu und focht weiter." Die Kompanie des Briefschreibers besteht nur aus Sachsen. Ihr Führer ist der sächsische Oberleutnant Kirsten, der sich bereits im Kampfe gegen die Chinesen rühmlichst aus- gezeignet hat. Moritzburg. Das Erntefest wurde gestern hier durch Umzug von kostümierten Nadlern, Erntereitern, Clowns und Pulichineüs tc., sowie einer Musikkapelle besonders ergötzlich gefeiert. In bon marvlia fand der übliche Erntetanz statt. Weinböhla. Seit einigen Wochen wird hier ei« an der Leipzig-Dresdner-Eisenbahn, dicht am Wege nach Zaschendorf gelegener großer Teich geschlämmt. In diesem seit 30 Jahren liegenden, stellenweise über 1 m hohen Schlamme werden zahlreiche tote Fische und Fischgerippe aufgefunden. Die Fische haben sich jedensfalls aus Mangel an Wasser in den Schlamm gewühlt und sind darin ver endet. Auch wurden verschiedene land wirtschaftliche Geräte und Handwerkszeug, unter anderem ein Wagenrad, eine Axt mit der Jahreszahl 1718 usw., aus dem Schlamme zu tage gefördert. Der Schlamm wird als gutes Düngemittel an hiesige Wiesenbcsitzer verkauft. Nossen. Eine Holzstoff-Fabrik soll auf der Stelle der Brandruinen der ehemaligen Mühle Bieberstein in der Nähe des Zollhauses Bieberstein errichtet werden. Ein bayrischer Industrieller namens Parucker hat das Grund stück angekauft. Neustadt i. S. Großfeuer entstand am Freitag in Ulbersdorf. Ein Bauerngut und zwei Häuslerwirtschaften brannten nieder. Die Ursache ist auf Fahrlässigkeit eines Schulknaben zurückzuführen. Berthelsdorf b. Herrnhut. Eine Frau hatte sich heim Scheuern mit dem Handballen an einem Nagel gestochen. Obwohl die Wunde anscheinend gering war, schwoll in kurzer Zeit der ganze Arm beträchtlich an. Am anderen Nachmittag ist die 57 Jahre alte Frau an Blutvergiftung gestorben. Dieser Fall mahnt erneut zur Vorsicht auch bei geringer Ver letzung. Bautzen. In einem Steinbruche zu Demitz-Thumitz wurden mittag zwei Arbeiter durch einen zu zeitig losgegangenen Spreng schuß erheblich am Kopf und Gesicht verletzt. Die Leute wurden mit der Eisenbahn in das hiesige Krankenhaus gebracht. Bautzen. Sonntag vormittag fand in dem Grundstück Töpferstraße 23 die Grundstein legung des Vereinshauses des Christlichen Vereins junger Männer statt. Zittau. Mit Beschlag belegt wurde auf dem Bahnhofe von der österreichischen Zoll behörde eine Ladung Frachtgut aus dem nordwestböhmischen Jndustnebezirk, deren Inhalt als Baumwollabfälle deklariert war, für die kein Ausfuhrzoll zu zahlen ist. Die Zoll beamten bemerkten, daß sich wohl an der Tür des Waggons Baumwollenabfälle befanden, daß die übrige Ladung aus Hadern und Lumpen bestand. Außerdem wurden noch sieben Ballen Kettengarn im Gewichte von neun hundert Kilo gefunden. Für die beschlagnahmte Sendung im Gesamtgewichte von fünftausend Kilo sind an Strafe und Zoll etwa 6000 Kronen zu zahlen. Mühlberg a. d. E. Dle Eisenbahnbrücke bei Prettin ist so gut wie fertig. Es finden nur noch kleinere Arbeiten statt. Bei den Bc- lastungsproben werden der preußische und der sächsische Kriegsminister anwesend sein. Be züglich der Ankunft des Kaisers werden nur . August 1904. Mutmaßungen laut: etwas Bestimmtes hierüber steht noch nicht fest. Bereits vorgestern fand die erste Belastungsprobe statt. Am Nach mittag traf mittels Automobils der Kriegs minister von Einem, von Dommitzsch kommend, am Brückenplatze ein und besichtigte die Eisen bahnbrücke und die verschiedenen maschinellen Anlagen. Sofort nach der Ankunft des Ministers wurde ein Belastungszeug, bestehend aus Maschine, Tender und fünf Waggons Kies, in Bewegung gesetzt; dieser fuhr die Brücke hin und zurück. Hierauf wurden die verschiedenen Maschinen der Versuchsabteilung im Betrieb gezeigt. Es ging sodann nach der Feldbahn und nachdem diese besichtigt war, fuhr der Minister abends mittels Automobils nach Annaburg. Gestern fand auf dem Brücken- platze ein großes Konzert statt, ausgeführt von den Kapellen der den Brückenbau ausführenden preußischen, sächsischen und bayerischen Eisen bahner. Das anwesende Publikum zählte nach Tausenden. Freiberg. Die Bauschule beginnt am 18. Oktober ihr 46. Semester. Das Institut bildet in vier Klaffen mit Halbjahrskursen künftige Baumeister, technische Beamte und Tiefbautechniker theoretisch aus. Chemnitz. Ein neuer Schwindlertrik ist dieser Tage hier ausgeführt worden. Durch angeblich auswärtige Konzertunternehmer, sowie durch ihre Beauftragte waren bereits vor Wochen und auch dieser Tage hiesigen Ein wohner Konzertkarten für ein in einigen Tagen bevorstehendes Konzert angeboten und in vielen Fällen auch verkauft worden. Bis jetzt hat aber das von den Kartenverkäufern ange kündigte Konzert nicht stattgefunden und auch in den Tageszeitungen findet sich trotz alles Suchens kein Hinweis auf das fragliche Konzert. Da auch an zuständiger Stelle von der angeblich bevorstehenden Veranstaltung nichts bekannt ist, steht sich die Polizeioer- waltung veranlaßt, bekannt zu machen, daß derartigen Kartenangeboten die größte Vorsicht anzuwenden ist. Rück marsdorf. Infolge von Differenzen im hiesigen Gemeinderate wurde dieser von der Königlichen Kreishauptmannschaft aufgelöst. Buchholz. Ein Schmerzenskind für unsere Stadt ist der Schlachthof. Mit dieser Anlage hat die Stadt bisher traurige Er fahrungen gemacht. Zum Einstürze einer sogenannten balkenlose Decke und zur An bringung einer vollständig ungeeigneten Isolier schicht für den Kühlraum kommen jetzt auch Fehlgriffe in der Wahl maschineller Ein richtungen. Für den Kühlraum erfolgte seiner zeit der geringeren Kosten wegen der Einbau eines Tauchkondensators; dieser verbrauchte bis vor kurzem an heißen Tagen über 200 obm Wasser. Durch in letzter Zeit ausgeführte Abänderungen wurde der Wasser bedarf auf 40 odm reduziert. Im Warmwasser bassin war eine eiserne Heizschlange im Gebrauch; da die Erwärmung des Wassers nur schwer stattfand, wurde letzhin für 378 Mark ein kupferne Heizschlange eingebaut. Auch die Klär grube entspricht nicht den an sie zu stellenden Anforderungen. Diese vielen Mängel in der Schlachthofsanlage werden darauf zurückge führt, daß die Stadt keinen guten technischen Berater gehabt hat- Nach der Weihe des Schlachthofes wurde aber dem damaligen Stadtbaumeister Tränkner eine städtische Ehren gabe als Anerkennung für die Bauleitung und Ausführung gewährt! Zwickau. Vom internationalen Sozialisten kongreß in .Amsterdam kommend, wurde Donnerstag die sozialdemokratische Agitatorin Rosa Luxemburg im Zwickauer Landgerichts gefängnis interniert, um die Über sie vom hiesigen Landgericht verhängte dreimonatige Gefängnisstrafe anzutreten. Rosa Luxemburg hatte sich als Rednerin in einer öffentlichen Volksversammlung in Mülsen der Majestäts beleidigung schuldig gemacht. 3. Jahrgang. Olbernhau. Vermutlich durch Brand stiftung sind in der Sonnabendnacht im nahen Pfaffroda die Ueberreste des altbekannten „Brandgutes" ein Raub der Flammen ge worden. Das Gut war früher Eigentum der Scharfrichterfamilie Brand und war vom Rittergut Pfaffroda erworben worden zum Zwecke der Niederreißung, womit auch schon begonnen war und das ganze Anwesen einer Ruine glich. Klingental. Der 18 Jahre alte Arbeiter Hochmuth, der in Schwaderbach einen Brunnen, der infolge des Wassermangels nicht ergiebig war, tiefer graben wollte, stürzte beim HerauS- steigen in die Tiefe. Hierbei drang im ein Bohrer so tief in den Unterleib, daß er nach qualvollen Leiden verstorben ist. Klingenthal. Infolge des Verbotes der Ausfuhr von Futterartikeln aus Böhmen ist jetzt im oberen Vogtlande eine Erhöhung des Haferpreises von 6 Mark 50 Pfennigen auf 7 Mark 50 Pfennigen eingetreten. Falkenstein. Auf dem Wege von Neustadt nach Poppmgrün wurde am Mittwoch Abend ein Geschirrbesitzer aus Werdau seiner Barschaft von 42 Mark beraubt. Als mutmaßliche Täter wurden zwei italienische Arbeiter verhaftet. Lengenfeld. Keine Einbuße an land schaftlicher Schönheit wird das Göltzschthal durch die neue Bahn erleiden. Nur der Eindruck tiefer ländlicher Stille, der auf diesem Grunde bisher ruhte, ist durch das Bahnbild gewichen. Der geschäftige Geist der neuen Zeit ist eben auch dort hineingedrungen. Der Bahnkörper und die kleinen Haltestellen machen einen schmucken Eindruck. Plauen i. V. Wegen Unterschlagungen in beträchtlicher Höhe wurde hier ein Kommis festgenommen, der seinen Chef nicht nur um einen Geldbetrag in Höhe von 581 Mark gebracht, sondern auch Warenvorräte im Werte von über 1000 Mark entwendet und bet dortigen Aufkäufern untergebracht hat. Bei der Haussuchung fand die Polizei ganze Warenlager vor, die der ungetreue Handlungs beflissene zusammengestohlen hat. Plauen. Der „Vogtl. Anz." meldet aus Papstleithen: Im benachbarten bayrischen Grenzdorf Prex sind gestern früh 9 Bauern güter mit 27 Gebäuden niedergebrannt. Es wird Brandstiftung vermutet. Herold. Der Ziegelarbeiter Ernst Wagner wurde von einer nachrutschenden Lehmmasse so unglücklich erfaßt, daß er einen komplizierten Oberschenkelbruch und innere Verletzungen davontrug, an deren Folgen er bald darauf starb. Oelsnitz. Zur Erbauung einer normal spurigen Eisenbahn von Adorf nach Roßbach und Erweiterung des Bahnhofes Adorf hat die Königliche Amtshauptmannschaft hier zur ArealgewinnungdasZwangsenteignungsverfahren eingeleitet. Bad - Elster. Am Donnerstag früh zeigte im oberen Vogtlande, so in unserer Gegend das Thermometer Nullpunkt. Die Fluren waren mit Reif bedeckt. Tetschen. Der große Hungerstein unter halb der hiesien Kettenbrücke sollte jetzt der hier im Zuge befindlichen Regulierung der Elbe zum Opfer fallen. Auf Einschreiten der Schifferfachgenoffenschaft Tetschen, die ein Ansuchen an die k. k. Statthalterei richtete, wird der Stein doch erhalten bleiben. Der projektierte Uferbau wird so hergestellt, daß man die Mauer auf der Landseite um den Stein herum, der eine Menge Zahlen und Zeichen, sogar aus dem 15. Jahrhundert enthält, bauen wird, so daß der Stein mit Waffen, wie bisher, im Kontakt bleibt. Von dem Steine sind in letzter Zeit viele Tausende Ansichtskarten in alle Welt hinausgegangen und ebenso viel Fremde haben den Stein in diesen Tagen besucht. — In Neschwitz wird die Elbe jetzt vielfach mit Fuhrwerk durchfahren das Wasser geht nicht einmal über die Räder.