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Früher, vor dem Kriege, als in Deutschland Ruhe herrschte und es mit den Staatsfinanzen noch einiger maßen gut ging, hatallefünfJahre eine allgemeine Bevölkerungs-, Berufs- und Betriebszählung stattgefun den. Das hatte sich ganz gewohnheitsmäßig heraus- gebildet, bis der Krieg und seine Folgen dazwischen kamen; die letzte Vorkriegszählung war 1912 erfolgt. Erst 1 9 2 5, also zwei Jahre nach der Jnflationsbeendigung, Vai man eine solche „Jnventuraufnahme" der deutschen Bevölkerung und Wirtschaft veranstalten, und nun wird sie am 1 6. Iuni ihre erste Nachfolgerin haben, — nach einem Zwischenraum von acht Jahren also. Und dieser Zeitraum umfaßt so recht eigentlich den Niedergang Deutschlands; der Termin des 16. Juni stellt andererseits einen Zeitpunkt dar, von dem ia unserer Hoffnung und Erwartung gemäß ein deutscher Aufstieg erfolgen wird Spiegelten doch die Ergebnisse der Zählung von 1925 namentlich in wirtschaftlicher Beziehung zwar die Zu stände von damals wieder; aber inzwischen sind gerade diese Dinge so eilig auf den Kopf gestellt worden, daß jene Zahlen und Daten für heute herzlich wenig oder gar nichts mehr besagen. Gewiß ruht und rastet auch in der Zeit zwischen solchen Zählungen die Statistik nicht, um ihr Material zu vervollständigen. Aber angesichts der rasenden Schnelligkeit, mit der seit Jahren die Entwicklung aus allen Gebieten des Lebens und der Betätigung unsere, Bevölkerung ergriffen worden ist, hinkte die Statistik dock meist hinterher, besonders dann, wenn dieses Material schwer „auszuwerten" war. Oft, vielleicht meistens, wai manches oder vieles inzwischen ganz anders geworden, und außerdem handelte es sich dabei immer nur um Teilausschnitte aus jenem Leben und Streben, aus der Arbeit und dem Handeln in Deutschland. Eine um fassende Generalinventur ist also nachgerade zr einer dringenden Notwendigkeit geworden, und wenn ihi bisher die innenpolitischen Verhältnisse — übrigens auck ' die finanziellen — widersprachen, so fällt diese Schwierig keit angesichts der jüngsten Entwicklung ja nun fort. Unk um die Kosten nicht übermäßig hoch werden zu lassen um außerdem eine nicht allzu große Kompliziertheit in dii Zählung und Bestandsaufnahme hineinzubringen, wir! sm 16. Juni nach manchem nicht gefragt werden, was in Jahre 1925 Gegenstand der statistischen „Neugierde" ge wesen ist. Nur das wirklich Wesentliche wird erfaß werden. Ein ganz großer Irrtum ist es, die Statistik als eim „trockene" Wissenschaft zu bezeichnen und ihrer Arbeit di< höhnische Bemerkung zu spenden, man könne „mit de: Statistik alles beweisen". Nein, — Zahlen sprechen zu dem, der ihre Sprache versteht! Sie sprechen dann laut, deutlich und überaus interessant. Um ein Beispie! herauszugreifen: Nicht bloß die genaue Bevölkerungs- zahl soll festgestellt werden, sondern auch — aus den Geburtsdaten — die Art, wie sich auf diese Zahl die ein zelnen Lebensalter verteilen, wie also „der Lebens baum" des deutschen Volkes aussieht. Zwischenzählungen haben hier schon eine Entwicklung offenbart, die alles andere als erfreulich ist und in starker Übertreibung schon das Schlagwort von einer Vergreisung des deutschen Volkes hat aufkommen lasten. Nun, die Energie, mit dei die nätionale Revolution durchgeführt und die national« Erneuerung in Angriff genommen wurde, spottet dock recht laut jenes müden Schlagwortes! Aber die aus de: statistisch festgelegten Entwicklung herausgeholten Erkennt nisse sind für die Bevölkerungspolitik von größter Wichtigkeit. Die Bestandsaufnahme über alles, was nun der wirtschaftenden Menschen betrifft, wird einen Ver gleich mit den betreffenden Zuständen des Jahres 1925 ermöglichen, also gewissermaßen eine Bilanz zieher lasten über die seitherige Wirtschaftsentwicklung und Wirt schaftspolitik, über ihren Erfolg oder Mißerfolg. Sc mancher große oder kleine Prophet dürfte dann Wohl als erheblich blamierter Zeitgenosse dastehen! Und so manches wirtschaftspolitische Dogma still und verschwiegen in der alles geduldig in sich ausnehmenden Papierkorb geworfer werden! Schon 1925 hatte sich z. B. herausgestellt, das eine der Grundlagen und Voraussetzungen des marxisti schen Systems, nämlich die Zerreibung der mittlere» und kleineren Betriebe in Industrie und Land wirtschaft, in Handel und Gewerbe, also eine klare Ent wicklung zum Hochkapitalismus durchaus nicht eingetreter war, wie es Karl Marx und seine Nachbeter mit de» dröhnenden Brustton der Überzeugung prophezeit hatten Die wirtschaftliche Entwicklung dachte vielmehr gar nich daran, diesen chr „vorgeschriebenen" Weg zu gehen, der man selbstverständlich auch noch als den „natürlichen" be zeichnet hatte. Das war also denn doch ein allzu vor eiliges Prophezeien gewesen! Die Zählung vom 16. Ium wird ein deutliches Bild von der jetzigen Struktur unsere, WirtschM bringen» und da werde» aroke Teile der Be- Sie mimer Konferenz eröffnet. Nachdem noch im Laufx des Montagvormittag dir letzten Delegationen in London eingetroffcn waren, wurde die Weltwirts chaftskonferenz kurz nach 3 Uhr nachmittags durch eine kleine Ansprache, dir König Georg von England in ein goldenes Mikro phon sprach, feierlich eröffnet. Die Versammlung hörte die Rede des Königs stehend an. Unmittelbar darauf geleitete der englische Ministerpräsident Macdonald den König aus dem Saal hinaus und hielt dann nach feiner Rückkehr eine kurze Ansprache, in der auf die dringlichsten wirtschaftlichen Aufgaben hingcwiesen wurde. Die eigent lichen Verhandlungen werden erst am Dienstag beginnen, nachdem zwischen einer Reihe von Staatenvertretern bereits am Montag vor und nach der offiziellen Eröff nung Vorbesprechungen stattgefunden hatten. Soweit man bisher einen Eindruck haben kann, scheint es, als ob die „Atmosphäre", die allgemeine Stim mung für ein erfolgreiches Arbeiten der Konferenz nicht besonders günstig ist, obwohl alle Vorbedingungen dafür, was Deutschland angeht, durch die offiziellen Er klärungen der Reichsregierung einerseits und die Ver handlungen des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht mit den fremden Bankiers in Berlin sowie seine finanzpoli tischen Mitteilungen geschaffen sind. Dem steht aber gegenüber, daß das Völkerbundsekretariat, dem die technische und die programmatische Vorbereitung der Konferenz oblag, seine Pflicht nur in sehr unzureichender Weise erfüllt hat, wie das ja bei Völkerbundorganen weiter kein Wunder ist. Außerdem aber haben die letzten außen- und wirtschaftspolitischen Erklärungen der Re gierung Frankreichs keinen Zweifel darüber gelassen, daß Frankreich nicht mit dem Willen einer möglichst förderlichen Mitarbeit, sondern mit der Entschlossenheit zur rücksichtslosen Behauptung aller s einer Machtpositionen für die Vorherrschaft in Europa nach London gekommen ist. Die Engländer tragen, wie immer auf internatio nalen Konferenzen, einen betonten Zweckoptimismus zur Schau. Für die deutsche Delegation ist hier der Boden in , gewisser Weise insofern vorbereitet, als die Erklärung des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht über das deutsche Transfermoratorium und über die deutsche Währungs politik in wirtschaftspolitischen Kreisen Londons, vor allem in der City, günstig ausgenommen worden sind; ja, man kann in Gesprächen mit Führern der eng lischen Wirtschaft hören, daß die wirtschaftspolitischen Vorbereitungen Deutschlands für die Konferenz als klug, zurückhaltend und geschickt angesehen werden. Dazu kommt, daß sich die früher zeitweise stark auf tretende Stimmungsmache gegen den Reichswirtschafts minister Dr. Hugenberg gelegt hat und die planvolle sachliche Arbeit des Ministers auch in maßgebenden Kreisen Englands mehr und mehr anerkannt wird. * Macdonalds Ansprache. „Kriegsschuldenregelung ist die vor- dringlichste Frage." Ministerpräsident Macdonald erklärte in seiner Eröffnungsrede aus der Weltwirtschastslonserenz u. a noch folgendes: Die Aufgaben der gegenwärtigen Versammlung seien autzerordentlichwichtig.die Konferenz könne mit einer Autorität sprechen wie nie zuvor. Macdonald wies dann auf die Schäden hin, die der internationale Handel im Verlaufe der letzten Jahre erlitten habe, und fuhr fort: Seit 1929 sind die Preise gefallen und weit unter der Höhe geblieben, bei der die Produktion einträglich sein kann. Der Preissturz hat die Last der Weltverschuldung erdrückend ver- stärkt. Im Jahre 1932 ist die Rohstoffgewinnung im Vergleich zu 1929 um 30 Prozent gefallen, und der Waren austausch zwischen Stadt und Land ist eingeschränkt voilerung mit lebhaftem Interesse der Feststellung ent gegensehen, wo, ob und welche Verschiebungen der Mittelstand zu seinen Gunsten oder Ungunsten inner halb der gesamten deutschen Wirtschaft erfahren bat. Wi« wesentlich in diesem Zusammenhang das Ergebnis de: Zählung für unsere Binne n w irrschaftspoliti! sein wird, liegt auf der Hand und es ist zu hoffen, das der 16. Juni dem Wort vom „sterbenden Mittelstand" trotz der über ihn dahingebrausten Krise ein Ende bereitet! Denn auch wirtschaftlich gilt, daß nur der wirklich ver- lorenZst, der sich selbst aufgibt. worden. Die Arbeitslosigkeit ist ohne Rücksicht auf die Finanzpolitik gestiegen, bis die Wcltarbeitslosenziffer 30 Millionen erreicht hat. Das kann nicht fo weitergchcn. Die Welt treibt einem Zustand entgegen, der sehr leicht wieder eine Zeit herbeiführen kann, in der das Leben gegen das harte Schicksal revoltiert und die Wellen der Vergangenheit durch die Kraft der Verzweiflung hin- weggefegt werden. Macdonald kam dann im weiteren Verlauf seiner Rede auf die Kriegsschuldenfrage zu sprechen. Sie fei von größter Wichtigkeit, obwohl sie nicht auf dem Programm der Konferenz stehe. Die Frage der Kriegs schulden müsse behandelt werden, bevor alle anderen Hindernisse, die der allgemeinen Wiedcrerholung im Weg« stehen, beseitigt seien. Lausanne müsse vervoll ständigt und diese schwierige Frage ein für alle- mal im Lichte der gegenwärtigen Weltlage geregelt werden. Diese Konferenz sei eine Folge des in Lau sanne geleisteten Werkes, durch das Europa vor einem unmittelbaren finanziellen Zusammenbruch gerettet wurde. Macdonald unterstrich dann zum Schluß die Wichtig- kelt internationaler Zusammenarbeitund Eini gung für die Heilung der Weltwirtschaft. Kein Staat könne sich ewig auf Kosten anderer bereichern. Gegenseitig« Bereicherung sei die Bedingung individueller Bereiche rung. Wir sind daher hier, so sagte Macdonald, um den besten Weg der internationalen Vereinbarung zu befolgen. Wir wollen keine Theorien erörtern, sondern prak tische Vorschläge machen, um dem Notstand ab zuhelfen. Die Londoner Konferenz soll der Welt neuen Mut machen. Die Welt wartet auf neue Hoffnung, neu« Energie und neue Gelegenheiten, und wir haben es i n unserer Macht, dafür zu sorgen. * Ein echt enMOer SM entenull. Hundegebcll störte die Eröffnungssitzung der Weltwirtschaftskonferenz. Während der Eröffnungssitzung der Weltwirt-- schaftskonferenz veranstalteten englische Studenten vor dem Konferenzgcbäude einen Studentenulk in typischem Oxforder Stil. Als mehrere Hunde, die in folge der großen Menschenmenge in Aufregung geraten waren, zu bellen anfingen, fiel ein ganzer Stu - dentenchor zur allgemeinen Belustigung in das Ge belle ein. Der Lärm wurde deutlichin der Konferenz- Halle gehört, wo gerade der König sprach. Im Konfe renzgebäude war inzwischen das Gerücht von einer großen kommunistischen Kundgebung verbreitet worden, bis es sich herausstellte, daß es sich nur um einen echt englischen Studentenulk handelte. Das Büro der Konferenz eingefetzt. Zum Schluß der ersten Sitzung der Konferenz wurde noch das sogenannte „Büro der Konferenz" ein gesetzt. Es besteht aus je einem Vertreter der folgenden 16 Staaten: Argentinien, China, Tschechoslowakei, Frank reich, Deutschland, England, Ungarn, Italien, Japan, Mexiko, Holland, Spanien, Schweden, Amerika, Rußland und Kanada. Das gesellschaftliche Programm der Welt wirtschaftskonferenz begann abends mit einem von der englischen Regierung für alle Hsuptvcrtreter veran stalteten glänzenden Empfackgsessen im Gros- oenorhaus. Ministerpräsident Macdonald führte den Vorsitz. Die deutsche Abordnung traf in mehreren Kraftwagen ein, an deren Kühler der schwarz-weitz- rote Wimpel wehte. Reichsbankprksident Dr. Schacht hatte eine Unterredung mit Montague Norman, dem Gouverneur der Bank von England. Hierbei soll Dr. Schacht in Vorbereitung der Gläubigerverhandlungcn die deutsche Schuldenfrage angeschnitten haben. Pressemeldungen zufolge hat auch der amerikanische Staatssekretär Hull mit Dr. Schacht eine Unterredung gehabt. Denkt an die ^Stiftung für Opfer der Arbeit^. Einzahlungen an Reichskrcdit-Gefellfchaft A. - G., Berlin W. 8, Behrenstraße 21/22, sowie auf deren Reichsbankglrokonto und deren Postscheckkonto Berlin 120 unter Angabe der Kontobezeichnnng „Stiftung für Opfer der Arbeit"