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Für die Richiigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Feder Rabatt anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. dem Fahre 4844 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, sür den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 140. Sonnabend den 18. Juni 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil Grumbach. Bis 24. Juni 1921 ist die Viehsteuer in den Vormittagsstunden an die hiesige Ortssteuereinnahme abzuführen. Nach Fristablauf erfolgt kostenpflichtige Zwangsbeitreibung. Grumbach, am 17. Juni 1921. ««5? Der Gemeivdevorstand. War knrchr« haben im „Wilsdruffer Tage blatt", das einen weitver zweigten u. kaufkräftigen Leser kreis besitzt, große Wirkung. Mnne >Zeltuna sür etltge Leser. * Die deutsche Regierung bot an die alliierten Regierungen eine Rote gerichtet, in der sic die Säuberung Oberschlesiens von den Insurgenten fordert. * Der Votschasterrat in Paris hat angeordnet, alle deut schen Militärflugzeuge und 25 Prozent der Handelsflugzeuge als Strafe zu beschlagnahmen. * Der französische Minister Loucheur hat sede für die Öffent lichkeit bestimmte Erklärung über seine Wiesbadener Be» sPrechnngen mit Rathenau abgelebnt. * Die Engländer kündigen ein Blaubuch über Ober» fchlesicn an. * Die englischen Bergarbeiter sprachen sich mit großer Mehr heit gegen die Vorschläge der Arbeitgeber zur Beilegung des Streiks aus. * Der amerikanische Senat lehnte die Friedensresolution Porters ab und überwies sie den beiden Häusern zu gemein samer Beratung. * ES sind keine Aussichten vorhanden, daß eine Lösung des japanisch-amerikanischen Konfliktes über die Uap-Frage in Kürze zu erwarten ist „Wir klagen an!" Der neue deutsche Minister des Auswärtigen, Dr. Rosen, hat seine Tätigkeit nicht ungeschickt damit einge leitet, daß er den Mut zeigte, einmal den Spieß gegen Frankreich und England umzukehren. Der von Paris aus schon vierundzwanzig Stunden vorher in der Presse angckündigte Schritt ist nun in Berlin wirklich erfolgt. Der französische Botschafter und auch der englische Ge schäftsträger erschienen, nicht zusammen, sondern jeder für sich, im Auswärtigen Amt und machten Vorstellungen wegen Oberschlesiens I Auffallend ist, daß der Engländer dabei war, ebenso bemerkenswert, daß der Italiener fehlte. Das zeigt, daß Le Rond die englischen Kommissare in Oberschlesien für sich gewonnen hat, während die Ita liener ehrlich genug waren, bei der Wahrheit zu bleiben. Der Inhalt der Vorstellungen bei Dr. Rosen war, wie voraus bekannt, daß die Deutschen, und besonders der Selbstschutz, an den Zuständen in Oberschlesienschuld seien. Wäre der Selbstschutz unter General Hoefer nicht so eigensinnig gewesen, so hätte die Interalliierte Kom mission ihr „Prestige" wiederherstellen, sich mit dem deut schen Zwölfer-Ausschuß einigen und das goldene Zeit alter in Oberschlesien herbeiführen können. Nur in einer Zeit der schlimmsten Vergewaltigung Deutschlands konnte so eine Sprache gewagt werden, für deren richtige Ein schätzung anständige Wörter weder im Deutschen noch im Französischen vorhanden sind. Die Sache läuft daraus hinaus, zu behaupten, daß die Deutschen die Verantwor tung dafür zu tragen haben, daß polnische Räuberbanden mordend und plündernd ins Land gefallen find und mit nachsichtiger Hilse der Franzosen dort tun, was sie wollen. Es ist auch gar nicht zu verstehen, was die Herren eigent lich von der deutschen Reichsregierung verlangen. Diese hat ja offiziell in Oberschlesien gar nichts zu sagen, so lange das Land nicht, dem Abstimmungsergebnis ent sprechend, endgültig dem Deutschen Reiche zugesprochen ist. Das hätte längst geschehen sollen und können, es ist aber nicht geschehen, und deshalb ist die einzige Regie rung in Oberschlesien zurzeit die Interalliierte Kommission. Der deutsche Selbstschutz ist erst ins Leben getreten, als diese Kommission, wir wissen, warum, nicht in der Lage war, im Lande Sicherheit zu schaffen. Das dürste Dr. Rosen den beiden Diplomaten genau so deutlich gesagt haben, wie es der General Hoefer den interalliierten Herren in Oppeln schon mehrfach klarge macht hat. Dr. Rosen ist aber, und das ist das Erfreuliche an der Sache, noch einen Schritt weiter gegangen. Er hat den beiden Gesandten, wahrscheinlich zu ihrer großen Überraschung, mitgeteilt, daß er nicht auf sie gewartet, sondern bereits seinerseits eine Note an die alliierten Re gierungen abgesandt habe, die an ihrer Spitze statt der üblichen diplomatischen Einleitung ganz gut die Worte Zolas trägen könnten: „Wir klagen an!" Es ist klar, daß diese anklagende Note kaum etwas Neues für die Herren in Rom, Paris und London brin gen kann. Das Neue daran ist, daß sie in amtlicher und recht verständlicher Form das bekräftigt, was schon seit Wochen täglich nicht bloß von deutschen, sondern auch von englischen und italienischen Berichterstattern aller Welt mitgeteilt worden ist. Seit sechs Wochen haust Korfan - t y in Oberschlesien, ' Hunderte von friedlichen Bürgern sind, unbekannt wohin, verschleppt, Vieh ist Weggetrieben, Gebäude zerstört, Menschen mißhandelt und getötet, die Ernte vernichtet, die Industrie lahmgelegt, alles unter den Augen der Interalliierten Kommission. Seit Ende Mai sind von der Entente starke Truppenverstärkunaen gekom men, trotzdem ist noch fast das ganze Aufstandsgebiet in der Hand der Insurgenten, die durch reguläres polnisches Militär verstärkt werden, die seiner von Polen aus Waffen und Munition erhalten. Gehen die alliierten Truppen vor, so dürfen vorher die Polen mit all ihrem Raube abziehen, und bald nachher kehren sie zurück. Mit bewundernswerter Selbstbeherrschung hat das schlesische Volk bisher die Ruhe gewahrt. Der von dem Präsiden ten der Interalliierten Kommission gewählte Weg, die Insurgenten gütlich zum Abzug mit den Waffen zu be wegen, führt zu nichts; nur ein Eingreifen mit ernstem Nachdruck kann helfen! So etwa lautet der Inhalt der Note. Aus dem Di plomatischen in einfache Sprache übersetzt, ist das weiter nichts als eine klare und begründete Anklage gegen den jetzigen Machthaber Le Rond, der es bisher immer noch verstanden hat, alle Maßregeln der übrigen zu sabotieren, damit der geliebte Korfanty nur weiter plündern kann. In normalen Zeiten würde seine vorgesetzte Regierung auf einen solchen Schritt nichts anderes tun können, als dieses Musterbeispiel eines französischen Politik-Generals schleunigst abberufen. Aber wir leben eben nicht in nor malen Zeiten, und Le Rond wird ja wohl gewußt haben, wen er in Paris hinter sich hat, als er Korfantys Raub zug ins Land ließ. Lloyd George aber war erstens „krank", und zweitens vielleicht schon wieder einmal um gefallen. Bleibt also der zu erwartende Erfolg auch zweifelhaft, so ist es doch gut, daß wenigstens einmal an die Machthaber, die jetzt die Welt regieren, vor aller Wett die Frage gerichtet wird, ob sie überhaupt noch schamrot werden können. Aöyd George über den Völkerbund. Ein Nährboden für Unfrieden und Streitigkeit. Der englische Premierminister erklärte in einer auf einer Walliser Methodistenversammlung gehaltenen Rede, es bestehe wirkliche Gefahr, daß, wenn nicht etwas mehr geian werde, um die öffentliche Meinung in den zivilisier ten Ländern der Welt zu belehren, der Völkerbund ein Nährboden sür den Unfrieden und Streitigkeiten werden könnte. Es könnten im Bunde Parteien und Gruppen ge bildet werden, und eines Tages, wenn die Mehrheit auf der einen Seite stehe und die Macht auf der anderen, dann werde man sehen, daß die Erörterungen des Völkerbundes nur zu den größten, je erlebten Konflikten geführt hätten. Lloyd George sagte, er sei voller Enttäuschung, wenn er sehe, daß trotz der Lehren des großen Krieges der Geist nationalen Hasses, der Habsucht und der schlimmsten Fol gen nationalen Stolzes ebenso vorherrschten wie früher. Ties sei keineswegs auf die großen Länder beschränkt. D i e verborgenen, vom Kriege ausgegrabenen Nationen seien sogar noch schlimmer. Einige dieser befreiten Nationen scheinen dadurch, daß sie so lange angekettet waren, noch schlimmer geworden zu sein. Lloyd George sagte, er könne unter diesen Nationen keinerlei Zei chen eins Bestrebens zugunsten einer Intervention des Völkerbundes in ihren Streitigkeiten oder irgend eine Ach tung vor den Beschlüssen des Bundes sehen. Das Ge wissen der Völker müsse geprüft werden, damit sie Blutver gießen als Verbrechen verabscheuen. Ob der Völkerbunds vertrag die beste Organisation zu diesem Zweck ist, oder ob der amerikanische Vorschlag eher Erfolg haben würde, dar über brauchten die Kirchen nicht zu diskutieren. Ihre Auf gabe sei es, die Atmosphäre zu schaffen. Lloyd George wird in den nächsten Tagen hören und wahrscheinlich am lautesten von der französischen Presse, was er mit seiner unverhohlenen Charäkicrisie- rung der „vom Kriege ausgegrabenen" Machtgier der sog. polnischen Nation angerichtet hat. Erdrosselung des deutschen Luftverkehrs. Beschlagnahme der Flugzeuge. Der Botschafterrat in Paris soll sich nach übereinstim menden Meldungen dahin schlüssig geworden sein, fast alle deutschen Flugzeuge zu beschlagnahmen. Obwohl die Sachverständigen darüber noch nicht einig geworden sind, was ein militärisches und was ein Zivilflugzeug ist, hat der Botschafterrat entschieden, daß Deutschland die Ver tragsbestimmungen mit Bezug auf den Flugzeugbau ver letzt habe, und als Strafe sollen fast alle Flugzeuge, die Deutschland besitzt, beschlagnahmt werden. Ter Botschafterrat hat die Interalliierte Kommission instruiert, alle Militärmaschinen und 25 Prozent derHan- delsfiugzeuge als Strafe sür die Verletzung der Vertrags bestimmungen zu konfiszieren. Die verbleibenden 75 Pro zent der Handelsflugzcuge sollen vorläufig beschlagnahmt werden, bis Deutschland alle Luftfahrtbestimmunacn des Vertrages erfüllt hat. Davurch werden alle deunme» Flugpost- und Flugpassagicrlinicn zwischen den verschie denen Ländern gezwungen sein, den Betrieb cinzustellen. Nan ist der Ansicht, daß Deutschland nun die Erfül lung der Bestimmungen, die auf das Flugzeugwesen Be zug haben, beschleunigen werde, um die Freigabe von 75 Prozent der Handelsflugzeuqe zu erzielen. * Dem Deutschen Reichstage ist ein Gesetzentwurf über die Beschränkung des Lustfahrzeugbaues vom Neichsver- kehrsministerium zugegangen. Dieses Gesetz wird durch die im Ultimatum übernommenen Verpflichtungen erfor derlich. Danach wird die Herstellung und die Einfuhr von Luftfahrzeugen und Motoren sowie von Teilen derselben bis auf weiteres verboten. Die Aufhebung des Verbots kann nur durch Verordnung der Reichsregierung erfolgen. Der Reichsrat hat einen Paragraphen hinzugefügt, der sür die Schädigungen, die der Luftfahrindustrie aus diesem Gesetz erwachsen, Ersatz durch das Reich vorsieht. In Oberschlesien kerne Besserung. Rückzug der alliierten Truppen. Die letzten britischen Nachrichten des Bureau Reuter auS Oberschlesien lassen keine Besserung der Lage erkennen. Es sind keine Anzeichen vorhanden, daß die Polen ihr vor einigen Wochen gegebenes Rückzugsvcrsprechcn ausführen. ES scheint, daß Korfanty seine Leute nicht mehr in der Hand hat, und daß er seine Befehle nicht durchsetzen kann. Diejenigen alliierten Truppen, deren rückwärtige Verbin dungen von dem guten Willen der Insurgenten abhängig geworden sind, sind wieder zurückgcnommen worden, da ein solcher Zustand aus die Dauer nicht zugelassen werden kLNwe. Man beachte, daß dies eine Reuter-Meldung ist! Ans London wird ferner mitgeteilt, daß man an dor tigen informierten Stellen glaube, die britischen Truppen in Oberfchlesien sollten in einer bestimmten Gegend west lich der Linie der Aufrührer konzentriert werden. Der Zweck soll sein, die britischen Verbindungslinien zu sichern, die bisher nur von der Gnade der Insurgenten abhingen. In Paris waren bereits Gerüchte von einem bevor stehenden Gesamtrücktritt der I. A. K. verbreitet. Hierzu wird aus unterrichteter englischer Quelle heute erklärt, die Gerüchte seien auf die Tatsache einer militärischen Um gruppierung der Ententetruppen, d. h. auf einen teil weisen Rückzug zurückzusühren, der nötig wurde, um die rückwärtigen Verbindungen vom „Wohlwollen" der In surgenten unabhängig zu machen. Doch arbeite Sir Ha rald Stuart weiter mit General Le Rond zu sammen, und es habe sich nichts Außerordentliches er eignet. Korfanty scheine immer mehr Mühe zu haben, seine Leute zu kontrollieren und scheine auch die Lust da zu allmählich zu verlieren. Geplante Bestechung Italiens. Die Polen befürchten, daß Frankreich, nachdem Loucheur die Anbahnung einer Ententepolitik mit Deutschland in Wies baden angestrebt hat, die weitere Unterstützung Polens auft gegeben wird. Deshalb soll eine Kommission von War schau nach Rom gehen, um dort die Unterstützung Italiens sür eine günstige Erledigung der oberschlestschen Frage zu gewin nen. Man hofft in Warschau, die Gunst Giolittis und Sforzas zu gewinnen als Gegenleistung sür Vorzugspreise, die man Italien aus oberschlesisches Eisen, Zink und Kohlen cinräumen will. HilfSwcrl. Für das oberschlesische Hilsswerk hat Herr .trupp von Bohlen und Halbach die Summe von 25V 000 Mark ge stiftet. Die Gruppe der Eisen- und Stahlindustriellen Rhein land-Westfalen hat beschlossen, ihren Mitglieder zu empfehlen, aus den Kopf der Belegschaft sünf Mark dem oberschlestschen Hilfswerk zur Verfügung zu stellen. Die Bürgerschaft von Hamburg hat ans den Antrag sämtlicher Parteien, mit Ausnahme der Kommunisten, be schlossen, eine Million Mark zur Linderung der Not in Ober» fchlesien zu spenden. poMsche Rundschau. Deutsches Reich. Frankreich verlangt Ruhrkoks. Einen wichtigen Gegenstand der weiteren franzö sisch-deutschen Verhandlungen bilden, wie angenommen wird, neben der Erörterung der besonderen Reparations fragen die durch die Neparationsverpflichtungen verur sachten deutschen Einfuhrverbote. Nachdem die Aussicht auf eine Besetzung des Nuhrgebietes geschwunden sei, be stehe bei Frankreich die Absicht, nunmehr auf dem Wege des Vertrages den für die Steigerung der Eisenproduk tion Lothringens unentbehrlichen Ruhrkoks zu gewinnen.