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Dresdner Journal : 28.02.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188702284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870228
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870228
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-02
- Tag 1887-02-28
-
Monat
1887-02
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 28.02.1887
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SS. Frbr. (» l loco l«2-^ G., ftemdn Rogam . Spiritus driacr Ri hgebend. Ä , M SS. Ftbr. (P , loco 150- 5 M. I Zuli-Aug. 18 Roggen n 12S,2b M. G., Juli-Au festest. S Mai-Juni S! >0 M. S., ° «00 gek., se G., Mai-; li 44,80 M. co M. G., Juni.; tter: Feucht. eitag, 25. Febr uttenmarkt. i t 4«,00. We -ko 7,10. H 45,00. Lei» mdon . . ariS . . . t. Petersburg rüffel . . >m 26. Febi igc Bewegung ir keine weiu Tendenz im °i bezeichnet wn ich die resem m Grade, so Gebieten als > werden Verdi ekuKUwnsvM 44^,50 bi» hließen bei is« ilicben, wie s> echt schwach, i, lten Jndusir zu geringen! esten waren i 0,50 qb abl« ) Hosbranholl- hnen. Germ« schlüßchen r l , J°sq le Lauchham vrunncr Brom upten. Tram Sachs. F,» rage für sich, ial zur Entm -ist. » Rr» -benso große < kbschnitle sich 4 sächs. er Von deM 0,20 >z> h» um den glen in den Perle zwar nicht j Geschäft. Lin 1 «80er R-i l. 0,80 «- Itzlos. Son en. Österr. j welche in echl > den Bereii l ÄcdMl! '20, n zum Beste» lkünftigen Zn- nschen, ergch - Bitte, dem -bare Austrige t^xpeditio», n der Welt i> cht, und da Hal r Art zu Vri s Provision, I Nrbensvchil artige Blätter st zu erteilt«, eien Lrelleu I är - Invalide», I rol-Bureau,! verkauf stil und das Re I Könixl. I lotteriv ollen. N und Private»! ,'itungen, -re» urnale, Fach« ächer u. a. PM -ompt, billig a edition von öriüvM rnrnern Uhr an zu Habens v Müller, ßl >ler Wetz«» Hof), ect'l (Kiolk a wf), und tav Ledere» Straße so, t A Plöi»e rndlung, Ha» . «lbaut, I ber dem ltä«l verugaprrl»» I» N-iok«. iLbrltcb: . . . . tu Änr» jkstrlieh», 4 »-rlc 5» l's. l5or»!a« Xnwworn: 10 ?k 5v»«rv»1dä»» äoutoch^v keicbon tritt ko»t 8<eu>poIru»cbI»A bivru. «nkNnätennic-ilekvIiren» ^<!r äen N«um einer p-o^^altenon 2eil« Usiver klcbritt 20 ?k Unter ,.Uinsc««nn6t" äi» 2»ü« 50 kk. Akoi TnbsU«- u. 2iü«r«a»t» «otapr ttukaobl»^. " ' Lrvebeln«,, Z ^IRElM^r't itunuUliu» ä« Sonu- anä koiort»^» »dvuäi. Montag, den 28. Februar, abends. 1887 LuuuL»» ro» Loüü»al»»»U«» «»MArt»» Vres-mrZoumal LotpitU: Lra»4«t«tt»e, LororLiaiovltr ÜH» Ore»<jo«r ^ounucl»; Raudur^ - >«rli» Vl«a - LotpitU >»»«1->e»«l»»-Vr»»b1^r4 ». A . ct H-tor, »orU»-Vt«-L»»b*r,- Nr»»-t.«l!»tU-«r»»KN»rt ». N.Le-E Mxo«, v»rt» LooLo» - I-rU» - lkr»nkrart » N ItuttUur«: D»»b« <S t?o L-rU»« /nval>i»««<kan»k, Nr»»«: L AelUo««, >r,»I»a L. Ltanoe«'» Labat/d), »5eM« ü LkÄlor'» /^aeü/ok-er, L»»n»vr: <7. oadeilaol«»', L»U« ». > r /. Lareit 6». Für di« Gesamtleitun- verantwortlich r Mtto Nanck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. N«r»o»,«d«r» Kv»i«1. Lrpeäitioo «i«, l>r««jo«r 7»urv»1ltz vroaäou, 2Miu^«ratr»a« tt» >0 Amilichtr Teil. Bekanntmachung. Da- Ministerium des Innern hat dem Vorstande der ständigen Ausstellung für Kunst und Kunstgewerbe in Weimar auf Anfuchen zum Vertriebe von Loofen der von Letzterem auch für das laufende Jahr in Aussicht genommenen Verloosung solcher Kunst- und Kunstgewerbe-Gegenstände, welche zum Zwecke der Ausspielung der oberwähnten Ausstellung entnommen werden, im Königreiche Sachsen Erlaubniß unter der Bedingung ertheilt, daß die Nummern der gezogenen Gewinne alsbald nach einer jeden der auf den t4.—17. Mai und 17.—20. Dezember d. Js. anbe raumten Serienziehungen im Dresdner Journal und in der Leipziger Zeitung zu veröffentlichen sind. Dresden, am 15. Februar 1887. Ministerium des Innern. v. Rostitz-Wallwitz. Gebhardt. Bekanntmachung. Die Feuerversicherungs-Gesellschaft zu Branden burg a. d. Havel hat an Stelle ihres bisherigen hier ländischen Vertreters Herrn Gustav Tiemann in Leipzig zum Bevollmächtigten für das Königreich Sachsen er wählt. Nachdem diese Wahl bestätigt und und der Ge nannte vom Stadtrathe zu Leipzig in Pflicht genom men worden ist, wird solches in Gemäßheit von tz 10 der Ausführungsverordnung zum Gesetze über das Mobiliar- und Privat-Feuerversicherungswesen vom 20. November 1876 hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, den 25. Februar 1887. Königliche Brandversicherungs - Kammer. Edelmann. Leonhardi. Nichtamtlicher Leit. Dresden, 28. Februar. Zur sozialdemokratischen und anarchistischen Bewegung in Deutschland während der Jahre 1883 bis 1886. Über diesen Gegenstand bringt der „Hamburgische Korrespondent" mehrere aus „berufener Feder" stam mende Aufsätze, denen wir das Nachstehende entnehmen. Der Verfasser thut zunächst dar,wst die sozialdemokratischen Agitatoren nach Erlaß des Sozialistengesetzes, nachdem da» offene und turbulente Vorgehen nicht mehr mög lich gewesen, eine gleichsam unterirdische, schwer kon trollierbare Thätigkeit entwickelt, die indes dem wach samen Auge der Polizei und Justiz nicht gänzlich habe entgehen können. Auf dem vom 29. März bis 2. April 1883 in Kopenhagen unter Vorsitz Bebels abgehaltenen Parteikongreß, an dem 57 Personen mit förmlichen Mandaten, außerdem ein Vertreter des Parteiorgans „Der Sozialdemokrat' und je ein Vertreter der deutschen Sozialdemokraten in London, Paris und der Schweiz Teil nahmen, bezeichnete man die Lage der Partei als eine durchaus erfreu liche, und dieser erfreuliche Zustand sei wesentlich den Reichstagswahlen des Jahres 188 l zuzuschreiben, bei denen, wenn sie gleich nicht überall nach Wunsch aus gefallen, die Partei zum ersten Mal unter dem Aus nahmegesetz sozusagen im Feuer exerziert und Er ¬ kenntnis ihrer Stärke, sowie der einschlagenden Agi- tations- und Organisationstaktik erlangt hätte. Der Geist sei überall, und gerade in den Gebieten des kleinen Belagerungszustandes, vortrefflich; dar Partei organ finde immer weitere Verbreitung, und die Agitation sei durch die Beschlüsse des ReichricgS über die Behandlung der Stimmzettel und der Wahl versammlungen, sowie über die Sammlungen zu gunsten der Familien von Ausgewiesenen wesentlich erleichtert, so daß nur übrig bliebe, diese dem Sozialistengesetz zugefügten , Löcher" nach Kräften zu Erweitern. An Geldern waren vom 5. August 1881 bis 28. Februar 1883 im Deutschen Reiche 95000 M. eingekommen, außerdem 20000 Frc», die zu verschie denen Zwecken nach Zürich geschickt wurden, und noch über 15000s) M. für Unterstützungen, Wahlzwecke u. s. f. Vornehmlich ward der aus Amerika einge- gangenen Beträge lobend gedacht In Betreff der Unterstützung von Genossen hielt man es für notwen dig, zu beschließen, der unter ihnen zu häufig hervor getretenen Neigung zum Auswandern zu steuern und nur nachweisbar Gemaßregelten und Flüchtigen unter die Arme zu greifen. Die Frage der Reichstags wahlen wurde, wie in den bezüglichen Artikeln auS- geführt wird, sehr eingehend behandelt und einstimmig die Herausgabe eines allgemeinen Wahlmanifestes und einer JnstruktionSbroschüre beschlossen, welche die ein schlägigen gesetzlichen Bestimmungen, Ratschläge bezüg lich des Verhaltens gegenüber dem Vorgehen der Be hörden u. s. w dringe. Die große Bedeutung jenes Kongresses lag darin, daß sich nunmehr die ganze Partei zu denselben Grundsätzen bekannte, welche bis dahin für vereinzelte gehalten wurden. Man hatte regierungsseitig nun die Hoffnung auszugeben, daß die Partei irgendwelchen Bemühungen, auf gesetzlichem Wege die Lage der arbeitenden Klaffen zu verbessern, ehrliche Anerkennung zollen und als Äquivalent wenigstens einen Teil ihrer utopistischen Ideen opfern werde. Diese HoffnungS- losigkeit erhielt Bestärkung durch die außerordentlich lebhafte Agitation gleich gegen die erste einschlägige Vorlage, das Krankenkassengesetz, die bis zur Ab lehnung durch die sozialistischen Abgeordneten fort gesetzt ward. Die Majorität des Kongresses hatte e» abgelehnt, das ganze Deutsche Reich mit einer festgefügten gleich mäßigen Organisation zu überziehen. Damit «ar aber nicht die geheime, besonders angepaßte Organisa tion für einzelne Orte (z. B. Berlin, Magdeburg, Hamburg, Kiel, Frankfurt a M., Leipzig, Dresden, München u. a ), wie für kleinere Bezirke verworfen. Im Gegenteil erklärte sie Liebknecht bei seinem Be suche in London für unbedingt nötig, und man ging denn auch damit mehr und mehr vor. Mehr noch Interesse denn früher widmete nach den Tagen von Kopenhagen die Sozialdemokratie den gewerkschaftlichen Vereinen, und den Einflüssen der Parteileiter war eS zuzuschreiben, daß zahlreiche solche Vereine neu entstanden. In denselben tauchten zahl reiche, mitunter sehr redegewandte Sozialisten auf, welche mit den ReichstagSabgeordneten Verbindungen unterhielten und von ihnen Direktiven bekamen, jedoch nach außen hin sich so vorsichtig und zurückhaltend ge bahrten, daß eine Anwendung des Ausnahmegesetzes auf sie verhindert ward. Es wird hierauf gezeigt, wie sich die sozialdemo kratische Partei durch verschiedene Mittel, Verloosungen, Bons und Lustbarkeiten Geld zu verschaffen weiß. Auch flossen der Partei leider sehr bedeutende Geld beiträge von einigen begüterten Personen solcher Stände zu, in welchen man keine Anhänger der Sozialdemo kratie suchte, und bei denen man sich umsonst fragte, welches Interesse sie an den Fortschritten einer Partei haben könnten, die an dem Zusammenbruch der be stehenden Ordnung in Staat und Gesellschaft arbeitet... Die neuen Gesetze zum Wohle der Arbeiter wur den 1884 von dem „Sozialdemokrat" als ein auf „Bauernfang" berechneter Schwindel oder als Köder, der den Arbeitern aus blasser Furcht hingehalten würde, um sie für einige Zeit zu besänftigen, dar gestellt. So sprachen sich auch Hasenclever und andere Führer auf ihren sommerlichen Reisen im AuSlande aus. Sehr bemerkenswert war das Verhalten der Berliner Sozialdemokratie während des 84er Wahl kampfes. Man entwarf drei besondere Wahlflugblätter, die, in Form und Inhalt sehr gemäßigt, nur Forde rungen enthielten, die sich ohne Umsturz der bestehen- den Ordnung verwirklichen lassen und von der Regie rung großenteils schon in Erwäßung gezogen worden waren. Nach der Wahl fiel die MaSke, und einer der Agitatoren, der Stadtverordnete Görcki, sollte wegen seiner wirklichen Mäßigung als Verräter aus der Partei gestoßen werden. Der Verfasser geht hierauf auf die Geldmittel ein, welche sich die Partei zu Wahlzwecken mit Hilfe ihrer Gesinnungsgenossen im AuSlande verschaffte, schildert die geheime Parteiorganisation näher, insbesondere die Wirksamkeit der Arbeiterbezirksvereine und der Fach vereine. DaS Netz der Fachvereine verdichtete sich zusehends, eS wurden auch schon einige Zentralverbände, z. B. der Tischler, Zimmerer und Wirker, gebildet, während die der Steinmetzen und Glaser im Entstehen waren, und die Maurer die Gründung eines Zentral- verbandeS mit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der Bereinsgesetzgebung in den einzelnen Staaten wie der ausgaben. In allen Fachvereinen aber zeigen sich sozialdemokratische Elemente, mitunter sogar in der Mehrheit, doch vermieden sie eS, von vereinSwegen sozialdemokratische Agitation zu betreiben und fanden hierbei die Zustimmung der Parteileitung, welche sich offiziell nicht um sie kümmerte, dieselben indes aus drücklich als einen Teil der künftigen sozialdemokra tischen Armee betrachtete und soviel als möglich för derte. AuS Anlaß der Wahlen flossen die Gelder so reichlich, daß selbst den gegen früher wesentlich er höhten Ansprüchen vollkommen genügt werden konnte. ES leisteten zwar Dänemark, England, Belgien, Frank reich, die Schweiz und Amerika infolge des im Früh- -zahr erlassenen Aufrufs ebenfalls Beiträge, Amerika sogar gegen 20000 M., aber der Hauptposten wurde doch im Inland« aufgebracht. Bedeutende Beträge führten namentlich die Berliner und Hamburger Fach vereine ab. In letzterer Stadt verpflichteten sich außer dem die Parteigenossen, auf eine bestimmte Zeit für das Bier in den sie begünstigenden Schenklokalen einen höheren als den gewöhnlichen Preis zu zahlen und den Mehrbetrag an die Parteikasse abführen zu lassen. Die Expedition de- „Sozialdemokraten" über wies letzterer den Gesamtbetrag des Abonnements eines Quartals. Auffällige Vermehrung erfuhr ferner die im Jn- lande erscheinende sozialistische Presse, vornehmlich durch die Bemühungen Vierecks. Wurden auch ein paar Blätter unterdrückt, so entstand doch eine ganze Reihe neuer, z. B. „DaS Recht auf Arbeit", die „Gerichts zeitung", „Politische Wochenschrift für da« deutsche Volk", das »Königsberger Volksblatt" und das „Rhei nische Wochenblatt." Zu den genannten Zeitungen kam dann noch die von Kegel in Nürnberg heraus gegebene „Bayersche GerichtSzeitung" und das „Ber liner Volksblatt." Rechnete man zu diesen Blättern die schon von früher bekannten, so ergab sich eine stattliche Anzahl von periodischen Preßerzeugniffen, die mehr oder minder versteckte sozialdemokratische Ten denzen zu verbreiten suchten. ES wirb nun die auf da- Arbeiterfchutzgesetz und das Verbot der Sonntagsarbeit bezügliche öffentliche Agitation, sowie die Frage des Normalarbeuttage» berührt Neben der öffentlichen Agitation ward eine sehr geheime fortgesetzt. Die Schauplätze der geheimen Agitationen blieben Werkstätten, Wohnungen, Schenk lokale und besonders Landpartten, welch letztere die erprobteste Gelegenheit bieten, ohne jede Gefahr über Parteiangelegenheiten zu beraten. Starken Rückhalt gewährten der Sozialdemokratie die über ganz Deutsch- land verbreiteten gewerkschaftlichen Vereine, welch« ebenfalls eine straffe Organisation zu erkennen gaben, insbesondere bei Jnscenierung von Streiks. Auf de« Gewerkschaftskongreß in Bern zu Pfingsten (1885) wurde das Verhältnis der Fachvereine zur So»»!- demokratie sehr treffend dahin bezeichnet, daß erstere daS Rückgrat der anderen seien, daß letztere au» ihnen ihre Kräfte schöpse und die Rekiuten für ihre Armee beziehe. Selbstverständlich zogen sie die Aufmerksam keit der Behörden auf sich. Aber auf welchem Wege sollten diese entweder gegen die 13 Zentralverbände oder gegen die einzelnen dazu gehörigen Vereine gleich mäßig einschreiten? Verstöße gegen daS Sozialisten gesetz ihrerseits ließen sich ja nicht konstatieren, und verschiedene Versuche, gegen sie als politisch« Vereine das Vereinsgesetz anzuwenden, hätten nur dann einen durchgreifenden Erfolg bewirken können, wenn die Gesetze der einzelnen Staaten den Begriff „politischer Verein* übereinstimmend definiert hätten. Die Fachvereine suchten allmählich nach einer Form der Zentralisation, welche gegen die bestehenden Ver einsgesetze voraussichtlich nicht verstieß. In Sachsen verbarg man die Zentralisation unter der durchsichtigen Hülle eines Unterstützungsfonds. In Hannover be schlossen die Maurer in einer am 23. März 1885 stattgefundenen Zusammenkunft, an Stelle eines beab sichtigten ZentralverbandeS die Einsetzung einer stän digen Kommission, welche die Interessen ihrer deutschen Gewerksgenossen wahrnehmen, in Streitfragen Rat und Auskunft erteilen und die Wanderunterstützung überwachen sollte, dabei aber nicht al- Kommission mit den Lokalvereinen, sondern nur privatim mit ein zelnen Maurern in den verschiedenen Orten zu ver kehren habe, um auf diese Weise die feste Organisation zu verdecken. Die Geldverhältnisse der sozialdemokratischen Partei waren nach allen verbürgten Nachrichten im Allgemeinen günstiger denn je. Für die Bedürfnisse der Partei, zu denen auch die den Abgeordneten zu zahlende« Diäten gehören, sorgte man in hergebrachter Weife durch Verkauf von BonS oder direkte Sammlungen, wogegen die Kosten der lokalen Agitation durch ven Überschuß bei Festlichkeiten, Verlosungen, Verkauf vo» Druckschriften rc. gedeckt werden konnten. Die sozialdemokratische Presse, soweit sie in Deutsch land erschien, blieb im Jahre 1885 ziemlich auf de» früheren Status, dagegen wuchs die Auflage de» „Sozialdemokrat" fast mit jedem Quartal und dem entsprechend auch die heimliche Einführung nach Deutschland. Derartigem Schmuggel gründlich zu be gegnen, erwies sich als unmöglich. In den Verhältnissen der Sozialdemokratie zu den Anarchisten brachte der Verlauf eines Jahre» keine Änderung zuwege. Man fuhr fort, sich gegenseitig mit der größten Erbitterung zu bekämpfen, was auf Seilen der Sozialdemokraten aber nur rein äußerlich geschah. Während die Anarchisten ebenso innerlich den tiefsten Haß und man möchte sagen schier souveräne Verach tung gegen die andere Partei zu erkennen gaben, lag und liegt ein solches Gefühl den letzteren fern und muß den Sozialisten fernliegen, weil ihre Ziele mit denen der Anarchisten durchaus verwandt sind, und durch deren Thaten oder richtiger Missethaten die Erreichung derselben ebenfalls näher gerückt wird, Feuilleton. Die Stiefmutter. Erzählung au« dem Mittelalter von Franz Eugen. (Fortsetzung.) Hildegard schaute zu ihrem Vater herüber und freute sich, daß er so ruhig schlief, und sie sah wieder hinab auf die Straße, wo die Menschen immer un ruhiger und eiliger vorüber hasteten. Plötzlich ver stummte daS Geläut der Armensünderalocke, einzelne zornige Ausrufe, lautes, erregtes Stimmengewirr klangen an ihr gespannt lauschende- Ohr. War daS Gefürchtete gefchehen, hatten die Weber wirklich, wie sie gedroht, die Verurteilten auf dem Richtplatz be- freit? fragte sie sich bang. Da öffnete sich die Thür, und Maria, ihren Knaben auf dem Arm, trat gefolgt von der Muhme herein. Matthias erwachte darüber. „Was ist?" rief er ihr schlaftrunken entgegen. „ES ist so unruhig auf den Gassen," sagte Maria, „der Lärm hat mich und den Knaben geweckt." „Du trägst noch Dein Gewand von gestern, Mat thias," fiel die Muhme ein, „Du bist wohl gar nicht zu Bett gegangen?" Matthias sprang von seinem Sessel auf. „Schickt den alten Rupert nach dem Rathaus," sagte er hastig, „ich muß wissen, wie eS draußen steht." Aber ehe jemand seinen Befehl auSführen konnte, stürmte mit glühendem Gesicht der junge Gottfried Echrrfgin herein. „Gürtet euer Schwert, Herr Mat- thia«," rief er, „die Weber haben gethan, wie sie ge- droht, sie sind nach dem Richtplatz gezogen, haben die Missethäter der Hand des Henkers entrissen, und füh ren fie jetzt im Triumph durch die Gassen. Die Ge schlechter wappnen sich schon zum Kampf, wir haben Herolde auSgesandt, welche die Zünftigen aufsordern, sich mit uns zu vereinigen, und die Weber für diese freche Verhöhnung deS Gesetzes mit den Waffen in der Hand zu züchtigen. Wir versammeln uns am Rathaus, die Webergilde zieht schon in Hellen Haufen nach der Airsburg, ihr Banner flattert stolz über ihren Reihen, und mit trotzigen Reden laden sie uns zum Kampf. Auf der Spitze des Schwertes schwebt heute die Entscheidung, wer künftig Herr sein soll im billigen Köln, die alten Geschlechter oder die frechen Empor kömmlinge, die Weber ; aber Gott wird mit unS sein; denn wir kämpfen für Recht und Gesetz!" „Mein Harnisch, mein Schwert!" rief Matthia voll KampfeSeifer, und schon trat Rupert mit der Rüstung herein und begann, seinen Herrn zu wappnen, dessen Augen in Hellem Jugendfeuer glänzten, als er den Helm auf die grauen Locken drückte und sich mit dem wuchtigen Schwerte gürtete. Ein hastige- Lebe wohl rief er den Seinigen zu und eilte wie ein Jüng ling die Treppe hinab. „Gott schütze sein teures Leben", flüsterte Hilde- gard mit gefaltenen Händen, indem sie sich weit aus dem Fenster bvg, um dem Vater nachzusehen, der sich schon in den Sattel geschwungen hatte, und mit dem jungen Scherfgin nach dem Rathause sprengte. Maria lächelte ihrem Knaben zu, und mit ihm durch da- Gemach tänzelnd, sang sie ein muntere- Liedche«, al- sei der Gatte zu Spiel und Lust- Die Muhme warf ihr einen bösen Blick zu. „Du heiter sein!" Aber al» nun Stunde auf Stunde verging, während von den Türmen unablässig die Sturm glocken heulten, und von der AirSburg her, wo die Weber sich ausgestellt, da- Geschrei der Kämpfenden, Waffengeklirr und Rossegestampf immer lauter her über schallte, da sank Maria» leichtherzige Zuver sicht, und auch ihre Wange wurde bleicher, sie be gann, den furchtbaren Ernst der Lage zu begreifen. Der alte Rupert, den die Frauen von Zett zu Zett hast kein Herz für Deinen Gatten", murmelte sie leise, schwere Schritte auf der Treppe, die Thür de» Wohn- „wie könntest Du sonst in dieser Stunde lachen und gemachs wurde aufgeriffen, und drei Männer, deren einer Konrad Overstolz war, trugen den mit Blut überströmten Hausherrn herein, und legten ihn saust - auf den Lehnstuhl am Kamin. Maria schrie laut auf, die Muhme stand wie erstarrt, Hildegard aber war, im nächsten Augenblick schon neben dem Vater, löste mit geschickter Hand die eisernen Klammern seine» Harnisches und legte auf die Nässende Wunde, die vom Hals bis zur Schulter sich zog, rasch einen verband von dem Linnen, das sie vorsorgltch feit dem Begin» de« Kampfe» bereit gehalten hatte (Fortsatz»« f»l«t) ausschickten, um zu erkunden, wie e» draußen stand, hatte zwar zuerst die frohe Nachricht heimaebracht, daß die große Mehrzahl der Zünftigen, welche unter dem Druck der Webergilde seither selbst viel gelitten, sich zu den Geschlechtern geschlagen, aber trotzdem schwankte der Kampf unentschieden hin und her und noch immer harrten sie vergeblich auf die ersehnte Siegeskunde. Hildegard schritt ruhelo» von einem Fenster zum andern, dort drüben kämpfte ihr teurer Vater, kämpfte Konrad Overstolz, der noch immer heiß geliebte Mann, vielleicht waren sie verwundet, vielleicht tödlich getroffen, und sie konnte nicht zu ihnen eilen, ihnen nicht helfen, mußte unthätig hier warten in der Qual der Ungewißheit. Der Abend kam heran, da» Läuten der Turmglocken verhallte, der Lärm und da» Geschrei der Fechtenden wurde schwächer, die „große Weberschlacht", wie Chronisten der Stadt später diesen blutigsten aller Kämpfe, die je in den Mauern de» hilligen Köln getobt, nannten, war geschlagen, aber im Hause de» Matthias Weise wußte man noch nicht, auf welcher Seite der Sieg gewesen. Da erklangen barkeit und nicht zu blusigem Kampfe ausgezogen, und auf der Muhme strafendes Wort, daß solch laute Fröhlichkeit sich nicht zieme in dem Augen blick, da Herr Matthias und alle seine Genossen Gefahr und Tod entgegengingen, warf "sie trotzig den Kopf zurück und meinte, die in den Waffen geübten adeligen Herren würden wohl bald mit den Webern fertig werden, welche besser die Nadel (zu der Weber gilde gehörten auch die Gewandschneider) und das Webeschiffchen, als das Schwert führen könnten." Die Muhme schüttelte sorgenvoll ihr Haupt. „Du irrst, Maria, die Weber sind tapfere, im Waffenhand werk wohl erfahrene Gesellen, eS wird ein heißer Kampf werden, und manches Auge, das heute die Sonne aufgehen sah, wird im Tode gebrochen sein, ehe da» Abendrot sich im Rhein spiegelt " „So schweig doch mit Deinem Unkengekrächze*, sagte Maria um einem spöttischen Lächeln, „warum willst Du mir denn durchaus die heitre Laune trüben?"
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