Volltext Seite (XML)
Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Erscheint jeden Wochentag früh S Uh;. Preis vierteljährlich.15 Rgr. — Inserate werden an den Wochentagen nur LIS Nachmittag« Z U-r, . für die nächsterscheinende Nummer angenommen und di« gespaltene Zeile mit S Pfennigen berechnet. HZ. Dienstag, den 2V. März 1855. ' Tagesgeschichte. Freiberg, 17. März. Der Glaube, daß Pferde bahnen ein Surrogat für Eisenbahnen, namentlich in schwierigen Gebirgsgegenden sein könnten, war biSjetzt noch nicht für ab- und ausgestorben anzusehen: reichte er ja bis vor wenigen Jahren gleichsam als ein schattenhafter Reflex aus der im Anzuge begriffenen besseren Zukunft auch auf unsere Eiscnbahnangclegenheit herein, gewissermaßen zum leidigen Tröste für das eben so unverzeihliche als verhängnißvolle „über Freiberg unausführbar." Bei den außerordentlichen Fortschrit ten nun, welche die Eisenbahntechnik und der Lokomotivenbau in den jüngsten Jahren gemacht hat, durfte es wohl an der Zeit erscheinen, jenem Glauben etwas schärfer ins Auge zu sehen und ihm die Berechtigung zu einem weiteren Fortleben möglichst streitig zu machen. Und das ist in folgender so eben erschienenen Schrift geschehen: ,,Ueb er Eisenbahn-Anlagen und ihren Betrieb durch Dampf- oder Pferdekraft im Allgemeinen. Von F. W. Schwamkrug, K- S. Oberkunstmeister in Freiberg. Verlag von I. G. En gelhardt. 1855. S. 99. 8. (15 Ngr.) Wenn Männer, denen gleichzeitig Theorie und Erfahrung zur Seite stehen, in einer so wichtigen Angelegenheit, wie die vorliegende ist, das Wort ergreifen, so erfüllen sie auf der einen Seite eine Pflicht, auf her anderen Seite verdienen sie sich aber auch den Dank, theils des fachwiffenschaftlichen, theils des größeren Publikums und zwar des letzteren um so mehr, je tiefer die betreffende Ange legenheit in das praktische Leben eingreift. Und das so eben Bemerkte erleidet seine ganze Anwendung so wohl auf den Verfasser, als auf die Frage, die er in seiner Schrift behandelt. Es liegt auf der Hand, daß hier von einer, ins Einzelne ein gehenden Beurtheilung der Letzteren nicht die Rede sein kann. Wir haben blos die kurze Bemerkung auszusprechen, daß der Verfasser in einleuchtender Weise den Beweis geführt hat, daß Pferdebahnen dem gegenwärtigen Stande des Eisenbahnwesens gegenüber in keinerlei Beziehung weder zu empfehlen noch zu vertheidtgen find.. Wir zweifeln übrigens keinen Augenblick, daß der Verfasser allenthalben die verdiente Anerkennung fin den werde. Dresden, 16. März. Se. Majestät der König von Preu ßen find heute Nachmittag gegen ^4 Uhr mittelst Extrazugs von Berlin zu einem Besuche am Königlichen Hofe im streng sten Inkognito hierselbst eingetroffen. Se- Majestät der König waren in Begleitung des Generaladjutanten GenerallieutenantL Reichard Allerhöchstihrsr«. durchlauchtigsten Gaste bis Rödera» entgegengereist. Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg em pfingen Ihre Königlichen Majestäten bei Allerhöchstihrer An kunft im Leipziger Bahnhofe, woselbst auch der Gouverneur der Residenz, Generalmajor v- Treitschke» anwesend war. Der hiesige königl. preußische Gesandte, Graf v. Redern, hatte sich zum Empfange seines hohen Souverains ebenfalls nach RL- derau begeben. (Dr. I.) Schneeberg, 14. März. In dem nahegelegenen Bockau wurde vor einigen Tagen die Ehefrau eines armen Maurer gesellen, Namens Siegel, von Drillingen, sämmtlich Knaben, entbunden. Zwei derselben brachten Zähne mit zur Welt und sind lebensfähig, der dritte ist jedoch nach erhaltener Taufe ver schieden. — In Hartenstein kam vor einigen Wochen eine ebenso seltene als eigenthümliche Geburt vor. Die Ehefrau eine» Strumpfwirkers wurde von todten Zwillingen, Mädchen, ent bunden, welche in der Gegend der Brust- und Bauchhöhle zu sammengewachsen waren und sich mit den Armen umschlungen hielten. Nach unternommener Section feiten des Bezirksarztes fand sich nach dessen Aussage bei beiden nur ein Herz und ein Magen vor, alle übrigen Theile waren vollständig und ausge bildet vorhanden. St. Petersburg, 8. März. Der „Russ. Jnv." bringt heute einen ausführlichen Bericht über die letzten Stunden de» Kaisers Nikolaus, dem wir zur Ergänzung unsrer bisherige» Mittheilungen noch Folgendes entnehmen: Trotz seines kraeck» haften Zustandes gab der Kaiser die Beschäftigung mit den Staatsangelegenheiten nicht auf, und erst am 24» Febr. ent schloß er sich, auf dringendes Begehren der Aerzte diese Mühe dem Cäsarewitsch zu überlassen. Als die Gefahr am 1. März für unzweifelhaft erkannt wurde, entschloß sich die Kaiserin, sich ein Herz fassend, ihrem erhabenen Gemahle vorzuschlagen, da» heilige Abendmahl zu nehmen. Der Kaiser war in der ersten Woche seiner Fastenandacht und hatte, vom Montag bis Don nerstag einschließlich, geruht, durchgehends beim Gottesdienste anwesend zu sein, wiewohl öfter über seine schwache Gesundheit klagend — und so äußerte er den Zweifel, öS er stark- genug sein würde, diese christliche Pflicht zu erfüllen? Gleichwohl hatte er, trotz seiner Schwäche, sich nicht ein einziges Mal im Lause des Gottesdienstes gesetzt, obschon ihn der Protopresbyter Ba»