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Jährlich 16 Hefte (einschließlich 4 Spezialnuntme-rn).' Abonnementspreis pro Halbjahr (inkl. der Beiblätter): für Deutschland u. Österreich-Ungarn 8,—, für alle übrigen Länder: a) bei direktem Bezug untei Streifband Jl 10,50 (inkl. Porto), b) bei Bezug durch die Buchhandlungen oder Postämter Jl 9,—. Insertionspreise • ‘/i Seite Jl 120,—, Seite 60,—, l /, Seite Jl 40,—, */< Seite Jl 30,—, */• Seite Jl 18—, »/j. Seite Jl 12,—, l /i® Seite .* 9,— f */ M Seite .< 4,50. Bei Jahresaufträgen (16 Einschaltungen) 25°/ 0 Rabatt. Herausgeber und Eigentümer: Theodor Martin in Leipzig. Redaktion, Expedition u. Verlag: Leipzig, Brommestriße 9, Ecke Johannis-Allee. Fernsprech-Anschluß• No. fo?8. 7 elegramtn- Adresse: Textilmartin Leipzig. Illustriertes Fachjournal für die Woll-, gaumwoll-, Seiden-, feinen-, ?anj- und Jute-3ndustrie sowie für den Textilmaschinenbau; Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Stickerei, Färberei, Druckerei, Bleicherei und Appretur. Organ der Organ der Sächsischen Textil-Berufsgenossenschaft. Norddeutschen Textil-Berufsgenossenschaft. Organ der Vereinigung Sächsischer Spinnerei-Besitzer. JS» 7. XXVII. Jahrgang. Nachdruck, soweit nicht untersagt, ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Leipzig, 15. Juli 1912. Zellstoffgarn-Industrie. Aus Fachkreisen gehen uns die nachstehenden Auslassungen zu, die wir, ohne zu dem darin behandelten Thema heute selbst Stellung zu nehmen, hier wiedergeben: „Seit mehr als einem Jahrzehnt sind die Bemühungen bekannt, welche, von verschiedenen Seiten ausgehend, das große Feld der Textil industrie „durch einen neuen Faden“ zu bereichern suchen. Zweifellos war die uralte Textil industrie überrascht, als dieser Neuling, das Zellstoffgarn, sich in die Reihe der Berechtigten und der Angesehenen hineindrängte, das Zellstoff garn, das, kurz gesagt, als Papiergarn vielfach bekannter ist, als unter dem Namen Zellu lose- oder Zellstoffgarn. Die Benennung Papiergarn ist eigentlich unrichtig; das nach Qualität hochstehende neue Garn muß Zellstoffgarn genannt werden, denn wenn seine Beschaffenheit besonders hinsichtlich der Reißfestig keit befriedigen soll, gehört dazu eine ausgewählte und für den Zweck besonders geeignete Zieljulose. Der Begriff Papier ist viel zu allgemein, als daß er ein An recht haben könnte, in Verbindung mit dem Worte „Garn“ genannt zu werden. Unter Papier versteht man Packpapiere, die aus Holzschliff be stehen, Zeitungspapiere, die zum größten Teil aus Holzschliff, zum anderen Teil aus Zellulose hergestellt sind, man kennt Klosett papiere, die Schreibpapiere, die eigentlich, als beste Sorten, hochwertige Lumpenpapiere sind; kurz und gut unter Papier versteht man meisten teils, abgesehen von allerbesten Schreibpapieren, ein Mischlingserzeug nis aus Fasersorten verschiedenen Ursprunges. Der Unterschied zwischen Zellstoff und Holzschliff oder Holz stoff muß hier kurz zwecks besseren Verständnisses der Qualitäts unterschiede gekennzeichnet werden. Das Ausgangsrohmaterial für beide Sorten ist vorzüglich Nadelholz, also Fichte, Tanne, Kiefer. Die Zellulpsefaser wird durch Kochung mittels Chemi kalien erzielt, indem dabei dem Holz die Inkrusten entzogen werden! Durch dieses Verfahren erhält man eine lange Faser, die ein reiß festes Fließ und Papier im allgemeinen Sinne des Wortes gibt. Holzschliff oder Holzstoff erzielt man durch Aufschließung des Holzes auf mechanischem Wege durch Schleifen auf großen Steinen. Hierzu kommt noch der sogenannte Braunholzschliff, bei dem das Holz vor dem Schleifen gedämpft wird, wodurch ebenfalls die Faser eine bessere wird als diejenige des gewöhnlichen weißen Holzschliffes. Für Zellstoffgarn kommt also nur die auf chemischem Wege erschlossene Holzfaser in Betracht. Die Fachschriften über Zellstoffgarn sind noch recht spärlich, und es kommt eigentlich nur diejenige des Professors Pfuhl in Riga in Betracht, welche im Jahre 1904 erschienen ist. Diese Schrift ist bis zu ihrem Abschluß, also etwa zur Erschei nungszeit des Buches selbst, mit außerordentlicher Sorgfalt und Um sicht zusammengestellt und dürfte auch für die Zukunft die Grund lage für die Literatur über Zellstoffgarn bilden. In der Zwischenzeit wird wohl wenig von Belang erschienen sein, denn was unterdessen auf dem Gebiete der Zellstoffgarn-Industrie geschehen ist, entzieht sich mehr oder weniger ganz und gar der Öffentlichkeit, weil die Personen und Industrieunternehmungen, welche sich mit der Entwickelung der Zellstoffgarn-Industrie nach der Rich tung befaßten, ein marktfähiges Erzeugnis für die Textil industrie zu schaffen, gewissermaßen hinter verschlossenen Türen arbeiten, ihre Tüchtigkeit und der Erfolg ihrer technischen Beziehung sind dem eigenen Nutzen bestimmt und nicht für die Öffentlichkeit; man winl also wenig in neuer Fachliteratur davon finden. Der Erfolg dieser Bemühungen innerhalb eines Zeitraumes von nahezu 1C Jahren ist aber auch verhältnismäßig gering. — Das hat verschiedene Gründe. Zunächst verlangt der Zeitgeist innerhalb kurzer Fristen gerade auf dem Gebiete der Textil Industrie von Neuheiten das, was sonst zu dem Aufbau unserer Textil industrie in Jahrhunderten und in Jahr zehnten geleistet wurde. — Seit Menschengedenken wird gesponnen und gewebt und unsere Ur-Ur-Urahnen haben ihre Kenntnisse von Ahn’ auf Ahn’ übertragen. Erst war es Hausarbeit, die genau so notwendig gewesen ist wie Fischen, Jagen, Ackerbau, und die Haus frauen saßen am Spinnrad und im Haus regte sich der Webstuhl. Man hat vor allen Dingen weniger auf Äußerlichkeit als auf Innenwerte des gesponnenen und gewebten Erzeugnisses Wert gelegt, die Dauerhaftigkeit war die erste Bedingung. So hat sich in Jahrhunderten Spinnerei und Weberei fortgebildet, sie hörten nach und nach auf Haus-Industrie zu sein, diese wurde zunächst zur Heimarbeit, die von Familien und Familienkreisen in bestimmten Gegenden besonders gepflegt wurde, und allmählich ging man zur Industrie mit mechanischen Mitteln ausgebildeter Art und zuletzt zur Großindustrie über. Heute liegt die Sache ganz anders! Wer heute eine Neuerung bringt, die er beruferf sehen will, auf dem Gebiete des Weltmarktes eine Rolle zu spielen, von dem wird verlangt, ilaß er zunächst eine g.anze Sache bringt. Man verlangt von ihm in unserer schnell lebigen Zeit, daß er in einer kurzen Spanne von Jahren ein marktfähiges Erzeugnis schafft. Ist diese erste Bedingung erfüllt, dann ist der betreffende Er finder oder Industrielle aber noch lange nicht am Ziel. Jetzt muß er sich erst das Absatzgebiet suchen, er muß sich die Wege bahnen, auf denen er sein neues Erzeugnis, in unserem Falle das Zellstoff garn, nutzbringend der berufenen Weberei-Industrie zuzuführen vermag. Und hier steht er vor einem Berg von Schwierigkeiten! Zunächst soll er zeigen, für welche Zweige der Weberei-