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iichsische DorßeiluG u« ch' lhr Dienstag, dm 4. Juli 1893 55. Jahrgang ! Feuilleton lhr lhr >e« im»- mit eo; >»rf ie^ ». ger uue sche »rs; mit rrg- >eu» tter rein mm das. u: L- e» mit her lfi« r. I. i«' n« bst- , eia er E. hrNer Vera lt T. p^e« ratzt» lorrdrn biß Mo»tag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenomm« und losten: dit1spalt.ZeiIe15Pfg. Unter Eingesandt: SVPsg. Exped. u. Stedaktio» Dre4»m-UeuftaVt kl. Meißner Gasse 4. Die Zeitung erscheint Dienstag, Vnnnerfta, und Eonnaben» l 3. R. erin S. ister O. eri» c L. R. Solf lsch- ut«» ister l)em !,el- auer c A. O. eu); >°rs; he»; )°,s; ierg» eiter Abonnement»- Pret»: Nt^ieljährl. M. 1,50. Zu beziehen durch bi» kaiserlichen Post» «nUalten und durch unsere Boten, vei freier Lieferung ins HauS erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Psg. Politische Wellschau. Deutsches Reich. Nachdem nun die Stichwahlen beendet, lassen sich die Parteiverhältnisse im neuen Reichs- tage genauer Überblicken. Hiernach haben den Verlust die Freisinnigen (— 32 Sitze), das Centrum (— 9 Sitze) und die Welfen (— 3 Sitze), zusammen 44 Sitze, zu tragen. Den Gewinn haben die Konservativen mlt -f- 6, die Reichspartei mit -f- 6, die Nationalliberalen mit -s- 8, die Socialdemokraten mit -s- 8, die Süddeutsche Volkspartei mit -f- 1, die Polen mit -j- 2, die Antisemiten mit -f- 10 Sitzen, zusammen 41, wozu noch 3 Sitze als Gewinn den sogenannten Wilden zufallen. Gruppirt man die Abgeordneten nach der seitens ihrer Parteien zu der der Wahlentscheidung untergelegten Hauptfrage, der Militärvorlage, genommenen Stellung, so sind 206 für und 191 gegen dieselbe gewählt, waS gegen die Abstimmung vom 6. Mai eine Verschiebung von 36 Stimmen zu Gunsten der Vorlage bedeutet. Damit darf die Wahlbewegung als zu ihrem Abschlusse gelangt idorf kein- '-"x das. Ihme »utS- > auf T); l M. a i» blen» Vere, r R. r. 15 tl s. 2 M. n m er K. »old- hhufe «ich» st: hr «. h» de. n» Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Sandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerr««« Mülle* in Dresden. Abonnements-Einladung. Auf da- mit 1. Juli begonnene dritte Quartal der „Sächsischen Dorfzeitung", „Künfundfünfzigker Jahrgang«, nehmen alle kaiserlichen Postämter, Postexpeditionen und Landpostboten gegen Vorausbezahlung von 1 Mark 50 Pf. Bestellungen an; auch kann das Blatt, wenn eS verlangt wird, den geehrten auswärtigen Abonnenten durch die betreffenden Postanstalten gegen Botenlohn von nur 25 Pf. pro Quartal jeden Dienstag, Donnerstag und Sonin abend Pünktlich ins HauS gesandt werden. Diejenigen Pränumeranten in Dresden und Umgegend, welche ihre Bestellungen direkt bei unS (Neustadt, kl. Meißner, gaste 4), oder bei den von unS angestellten Boten machen, erhalten die Zeitung jeden Dienstag, Donnersiag und Sonnabend ohne irgend eine Preiserhöhung zugeschickt. Dringend ersuchen wir aber, die Abonnements-Bestel lungen gefälligst sofort machen zu wollen, indem wir bei späteren Aufträgen für die Nachlieferungen der bereit- erschienenen Nummern nicht einstehen können. Inserate finden bei der bedeutenden Auflage der «Sächsischen Dorfzeitung" durch dieselbe sowohl in Dresden und dessen Umgegend, als auch im ganzen Lande die au-, gedehnteste Verbreitung. Die Verlags»Expedition. büßt, habe seine Frau, die das beste, liebevollste Weib gewesen, systematisch durch unausgesetzte Krärkungen hingemordet und nun plage ihn sein Gewissen. Er habe keine Ruhe, weder am Tage noch bei Nacht, wandle immerfort durch die Räume seiner weitläufigen Wohnung um seine Schätze zu bewachen, weshalb er auch dre Diebe sich so gut vom Leibe gehalten habe. WaS dieser schlechte Mensch unter den friedlichen Bürgersleuten deS Städtchens beabsichtigte, wußte freilich Nremal d. So viel stand aber fest, daß man sich nicht genug vor ihm in Acht nehmen konnte. Die nächste Wirkung dieses StadtgerüchtS war, daß nunmehr Jedermann dem Fremden aus dem Wege ging. Er wurde gemieden, wie er früher gesucht wurde. Niemand wollte Umgang haben mit dem Manne, der in so schlechtem Rufe stand. Ob Steinfels die allgemeine Verachtung, die man ihm absichtlich und offenkundig an den Tag legte, bemerkte, oder ob er sie nicht bemerken wollte, muß dahingestellt bleiben. Wenigstens verrieth nichts in seinem Aeußeren, daß er sich dadurch im Ge ringsten alterirt fühlte. Ebensowenig änderte sich etwas in der Leben», weise deS seltsamen ManneS. Nur fiel es den Klatsch, schwestern im Städtchen auf, daß er zuweilen einen Besuch bei Rettig- machte und überhaupt mit dieser Familie zu verkehren schien. Schon die lange Unter. Haltung, welche der «großstädtische* Sünder auf dem Balle mit Fräulein Ottilie gepflogen, hatte Stoff zu allerlei hämischen Bemerkungen und Vermuthungen ge geben. Nun gar dieser freie Zutritt in da- HauS des wohlhabenden Manne- der Stadt — e- konnte nicht ander- sein : der Babylonier ging bei dem Fräulein Durch Liebe erlöst. Original-Novelle von Carl Zastrow. (6. Hortlcyuag.) Mit einem halblaut gemurmelten Fluche schritt er wieder nach dem Vslderzimmer und warf einen Blick zum Fenster hinaus. Er gewahrte mehrere Männer in Uniform, erkannte auch sofort zwei der Strolche wieder, die an den Händen m.t Stricken gebunden, von den Beamten in die Mitte genommen waren. Auf sein kurzes «was wünschen die Herren?" lüftete ein anständig aekleideter noch junger Mann in Civil seinen Hu», ent schuldigte mit artigen Worten die Störung, stellte sich als Polizeikommissar, sein Gefolge al- Diener der Polizei vor und bat, ihm den Eintritt zu gestatten, da ein Etn. bruch in seine Wohnung beabsichtigt sei, ersuchte auch, über die Sache zu berichten und ihm die Möglichkeit an die Hand zu geben, ein Protokoll über den Vorfall aufnehmen zu können. So unangenehm dem vielfach gequälten Manne auch diese neue Störung kommen mochte, er konnte doch dem Verlangen deS Polizeibeautten, der sich mit seiner Pflicht entschuldigte, den Thatbestand an Ort und Stelle sogleich seststellen zu müssen, nicht au-weichen. So öffnete er denn und ließ den Besucher mit noch einem Polizisten eintteten. In kurzen Worten erzählte er den H roang. Da- Fenster, durch welche- die Diebe ihren Einbruch bewerkstelligen wollten, wurde einer genauen betrachtet werden, denn die Nachwahlen werden an dem Hauptergebnisse sicherlich nicht- ändern. Eine Folge der Reich-tag-wahlen ist die erfolgte Auflösung deS katholischen FidelitaS - Vereins, der sich gröbliche Statutenverletzung hat zu schulden kommen lassen. In 8 2 seiner Statuten »st ausdrücklich auS. gesprochen, daß in dem Verein keinerlei Politik getrieben werden solle. Trotz vorgängiger Verwarnung ist in dem Verein zuerst für den ultramontanen Reichstag-» kandidaten Müller Simoni- und als eS zur Stichwahl kam, für den Socialdemokraten Bebel agitirt worden. Ein langjähriges Mitglied wurde sogar aus dem Verein ohne Weiteres ausgeschlossen, weil eS für die Wahl Petri'S eingetreten war. In einer christlich, socialen Versammlung äußerte sich Stöcker u. A.: „Wir konnten sonst immer nach den Wahlen verkünden: „Großer Sieg in Siegen." Die-, mal haben wir eine Niederlage erlitten. Viele bedauern dies, allein der Reichstag wird ohne mich nicht schlechter und nicht besser sein. Eine in Hamburg abgehaltene socialdemokratische Parteiversammlung beschloß, daß Bebel die Wahl in Straßburg annehmen solle. Bei der hierdurch erforder lich werdenden Neuwahl in Hamburg soll Molkenbuhr ausgestellt werden. Ahlwardt erklärte in einer Versammlung in Berlin, daß er das Mandat für Friedeberq - Arnswalde an genommen habe und demnach in Neustettin adlehnen müsse. Es wurde für Neustettin Prof. vr. Paul Förster (Fuedenau) ausgestellt. Derselbe nahm die Kandidatur an. Zu seinen Arnswalder Wählern äußerte Ahlwardt: „Meine konservativen Gegner sagen, ich sei Schuld an der Ausdehnung der Socialdemokratie. Das ist unwahr. Die Junker und Juden, die das Volk ausschinden und zur Verzweiflung treiben, sind daran schuld." Für ge wisse Freunde Ahlwardt'- eine recht lehrreiche Sentenz. In Regierungskreisen giebt man sich umsomehr der Erwartung hin, daß die Ergebnisse der Börsenenquete dazu führen werden, die an den Börsen bestehende Ordnung in mancher Hinsicht einer gründlichen ander weitigen Gestaltung zu unterwerfen, als sich bei den Sachverständigen-Vernehmungen herausgestellt hat, wie auch die Vertreter der großen Finanz mit verschiedenen Vorgängen an der Börse nicht allenthalben einverstanden sind und es im Interesse de- legitimen Geschäft- selbst liegend erachten, wenn eine Aenderung bestehender Miß stände erzielt werden könne. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht das Gesetz, die Aenderung de- Wahlverfahrens betr. Die Vorlage, betreffend den Elbe-Trave-Kanal, von welcher in der Sitzung des Preuß. Abgeordneten hauses die Rede war, berührt in noch höherem Maaße Juseraten- Annahmestellcu: Die Arnotdische Buchhandlunä, Jnvalidcndank, HaaftnsteinckBogler, Rudolf Mosse, G. L. Daube « Co. in Dresden, Leipzig, Frankfurt aM., G. Sohl, Kesselsdorf u. s. »v. Besichtigung unterzogen und dann brachte der Kommissar das Gehörte zu Papier. SteinfelS erfuhr auf feine Frage noch, daß die Polizei von einem Nachtwächter auf den Raubversuch aufmerksam gemacht worden sei und daß man sogleich die nöthigen Anstalten getroffen habe, um die Verbrecher womöglich bei der That zu er tappen. Man habe die beiden Strolche auch richtig unterwegs gefaßt, werde für ihre Unterbringung ge bührende Sorge tragen und auch den noch fehlenden dritten Hallunken baldigst ermitteln. Ob der Herr eine Sicherheitswache verlange, fragte der Kommissar noch. SteinfelS verneinte es unter dem Vorgeben, daß er Manu genug sei, um sich selbst beschützen zu können. Nichtsdestoweniger ließ Jener einen Doppelposten zur Bewachung deS einsamen Hauses zurück. Steinfels trat, als die Beamten abgezogen waren, mit umwölkter Stirn in sein Schlafgemach. Nun endlich konnte er sich der Ruhe hingeben, deren er nach der Aufregung deS Tages so dringend bedurfte. Ein Ge. danke mochte ihn noch beschäftigen. Er trat sinnend an da» Fenster und flüsterte: „Bon einem Nachtwächter hat eS die Polizei erfahren, da- ist seltsam, in der That." Die Diebstahlsgeschichte machte begreiflicherweise im Städtchen viel von sich reden. „Das hat er von seinem Klausnerleben", sagten die klugen Leute und mancher Neidische äußerte schadenfroh: „Dem geschieht'- recht, dem reichen Filz, der seine Geldsäcke allein ver- prassen will." Dann aber kamen noch andere Gerüchte hinzu. Der Fremde sei ein Betrüger, ein Erzhallunke, habe bereit- wegen Wechselfälschung und anderer Schwindeleien eine mehrjährige Zuchthausstrafe ver- die Interessen der freien Stadt Lübeck, al- die Preußen-. Mit Rücksicht auf die Bedeutung der geplanten Wasser straße al- Konkurrenz gegen den Nord-Ostsee-Kanal legt Lübeck naturgemäß Werth darauf, ohne Zettverlust an den Bau Herangehen zu können und ist, nachdem die Verhandlungen zwischen beiden Staaten zum Abschluß gebracht waren, feiten- der preußischen Ressort- die Ausarbeitung der Vorlage behufs Einbringung bei dem Landtage thunlichst beschleunigt worden. D»e preußische Steuerreform geht mit Riesenschritten ihrer Vollendung entgegen. Nachdem im Abgeordneten hause bei den Arbeiten der Kommission die konservativ klerikale Mehrheit die unbequemen Nationalllberalen an die Wand gedrückt und die Gesetzentwürfe im Sinne der Konservativen erheblich „verbessert" hatte, traf e- sich für den Finavzmivister sehr glücklich, daß da- Centrum, welch« s für die geleisteten Dienste eine Baar zahlung durch Verstärkung seines politischen Linflusse- in den rheinischen Städten gelegentlich der Abänderung deS Wahlgesetzes schon in der Hand zu haben glaubte, im letzten Augenblicke von den konservativen Verbündeten im Stiche gelassen wurde. WaS den Konservativen zur Wahrung ihres Wahleinflusses auf dem platten Lande, wo der Großgrundbesitz in der ersten Klasse die Herr schaft hat, im Abgeordnetenhause nicht gelungen war, erreichten sie im Herrenhause und die Nationalllberalen beeilten sich, die Beschlüsse deS Herrenhauses zu ratt, ficiren, um das Centrum vollends in den Sand zu setzen. Das Centrum stimmte jetzt gegen die Reform, nachdem e- seinem Einflüsse vor Allem gelungen war, dat anfangs schwer bedrängte Vermögenssteuergesetz durchzudrücken. Diese Parteigrupplrung im Abgeord, netenhause hat nun der Finanzminlster »m Herrenhause mit dem taktischen Geschick, da- ihn au-zeichnet, au-ge- nutzt, um jede weitere Verschlechterung der Gesetzent würfe durch das Herrenhaus zu verhindern. Die Herren haben bereits in zwei kurzen Sitzungen die Gesetzent würfe betr. die Aufhebung direkter StaatSsteuern und das ErgänzungSsteuergesetz nach den Beschlüssen deS Abgeordnetenhauses unverändert angenommen. Sie haben alle Bedenken, namentlich gegen die Rückerstattung der seinerzeit für Aufhebung der Grundsteuerfrecheit gezahlten EntschädigungLgelder niedergekämpft, um dem Centrum im Abgeordnetenhause keine Gelegenheit zu kneten, einen Zankapfel zwischen die Parteien zu werfen, welche die Reform wollen. Die Frage ist nur noch, ob da- Herrenhaus bei der Berathung deS Kommunalsteuer, gesetzes die Anträge seiner Kommission prer-qeben wird, um dem Abgeordnetenhause eine erneute Verhandlung zu ersparen. Es ist zur Zeit noch zweifelhaft, ob Kaiser Wilhelm in diesem Jahre eine Nordlandsreise unternehmen wird. i