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38. Iahrg Nummer 89 Mittwoch, 28. April 1837 Im gall« von höherer Gewalt, verbot, elntretender Betrieb— ftörungen hat ver vezteher »der Werbungtrelbend« tetm «nspiüchr, fall, dl« Zeitung in beschiSnttem Umsang«, »««- späiet oder nicht erscheint. <krsallung»ort ist Di«»»«» -chrlsilettung: Dresden.«., Pollerstr. 17, gerinnt 70711 u. rivll Seschöslestell«, Druck und Verlag! lvermanta vuchdruckerel «. Lerlag LH. «- D. Winket, Polierstrotz, 17, Fernruf HO», Postscheck: Nr. IlS», Lank: Stadlbank Dresden Rr. O-7S7 Erscheint 0 mal wSchentlich. pkonatlicher Bezugspreis durch Irliger elnschl M Psg bzw. 10 Psg. TrSgerlohn 1.70; durch di« Post 1.70 einschliestlich Postliberweisungsgebühr, zuzüglich »S Psg. Post-Besteligeld. tkinzei-Nr. 10 Psg., Sonnabend, u. Festtags-Nr. 70 Psg- Abbestellungen müssen spätesten, ein« Woche vor Ablaui der ve,ugs»eli schrlstllch beim «erlag elngegangen sein. 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Mai un wirksam wird, und dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes eine Lücke entsteht. Nach der endgültigen Fassung der Vorlage hat der Präsi ¬ dent darüber zu entscheiden, ob bei einem Krieg zwischen frem den Nationen Waren aus den Vereinigten Staaten ausgesührt werden dürfen, wenn sie nicht vorher vom ausländischen Käu fer bar bezahlt sind. Dasselbe gilt für die Beförderung von Waren für Kriegssührende ckuf amerikanischen Schissen. Es bleibt dem Ermessen des Präsidenten über lassen, ob Waren, die von einer kriegführenden Macht als Konterbande bezeichnet morden sind, auf amerikaniscl)en Schif fen befördert werden dürfen. Amerikaner dürfen nach der neuen Vorlage nicht auf Schiffen Kriegführender fahren, wenn der Präsident nicht anders bestimmt. Amerikanische Handels schiffe dürfen nicht bewaffnet werden. Die Beförderung non Waffen, Munition und sonstigem Kriegsmaterial auf amerika nischen Schissen ist verboten. Llrteil im Düsseldorfer Hochverratsprozeß 11 Zahre Zuchthaus für Roffalnt, S Jahre für Steber, 2 Jahre für Jülich - Kremer zu I V2 Jahren Gefängnis verurteilt - Siemens, Simmes und Schäfer freigesprochen Berlin, 28. April. Im Hochverratsprozetz Rosfaint verkündete der Volksgerichtshof des Deutschen Reiches am Mittwoch nach dreiwöchiger Verhandlungsdauer das folgende Urteil: Die Angeklagten Clemens, Hlmmes und Schäfer werden freigesprochen. Der Angeklagte Rossaint erhielt wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens unter erschwerenden Umständen 11 Jahre Zuchthaus und 10 Jahre Ehr- oÖ: l u st. Der Angeklagte Steber wurde wegen des gleichen De liktes zu einer Zuchthausstrafe von 5 Jahren und S Jahren Ehrverlust verurteilt. Der Angeklagte Jülich erhielt wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens zwei Jahre Zucht haus und 2 Jahre Ehrverlust. Wegen Beihilfe zur Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens wurde der Angeklagte Kremer zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr sechs Mona ten verurteilt, von der Anklage wegen Vergehens nach der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Reiches vom 4. Februar 1933 wurde er freigesprochen. Den Angeklagten Rossaint, Steber, Jülich und Kremer wurden je 14 Monate der erlittenen Untersuchungshaft auf die erkannte Strafe angerechnet. Die sichcrgcstellte Schrift wurde eingczogen. Die verurteilten Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Im Umfange der Freisprechung trägt die Kosten die Reichskasse. Dieses Urteil wird so fort rechtskräftig. fEinen Auszug aus der Urteilsbegründung veröffentlichen wir auf Seite 2.) überraschendes Arte« ln Kattowitz Dr. Ulttz wegen Beleidigung verurteilt Kattowitz, 28. April. Vor dem Vurggericht in Kattowitz ging nach fast zwei- fahriger Dauer ein bemerkenswerter Veleidigungsprozetz zu Ende, den die an der deutschen Minderheitsschule in Zalence beschäftigte polnische Lehrerin Sadzinska gegen den Haupt- oeschästsführcr des Deutschen Volksbundes in Ostoberschlesien, Dr. UlItz, angestrengt hatte. Der Prozess endete jetzt zur all gemeinen Ueberraschung mit einer Verurteilung von Dr. Ulitz zu einer Woche Hast und 30V Zloty Geldstrafe bei Zuerkennung einer zweijährigen Bewährungsfrist. Der Verhandlung lag folgender Tatbestand zugrunde: Der Deutsche Volksbund hatte beim Wojewodschaftsamt aus Grund ständiger Klagen der deutschen Erziehungsberechtigten Be schwerde gegen die Lehrerin geführt mit der Matzgabe, das; diese die deutsche Sprache nur ungenügend beherrsche und das Sprachcmpsinden der Schüler verletze. Die Lehrerin erhob dar aufhin Beleidigungsklage gegen Dr. Ulitz. In den vielen Verhandlungen,' die in dieser Angelegenheit im Lause der zwei Jahre stattgefunden haben, konnte immer wieder festgestellt werden, datz die Klägerin die deutsche Sprache tatsächlich nur ungenügend beherrscht. Obwohl sie im Laufe der Zeit Gelegen heit hatte, ihre deutschen Sprachkenntnisse zu vervollkommnen, hat erst die vor wenigen Wochen stattgesundcne vorletzte Ver handlung erneut den Beweis erbracht, datz ihre deutschen Lprachkenntnisse nur mangelhaft sind. Trotzdem kam das Katto- witzer Gericht am Montag zu dem oben angeführten Urteils spruch. In der Urteilsbegründung wurde ausgeftthrt, datz ein ausreichender Beweis für die in der Beschwerde des Volks bundes erhobenen Behauptungen nicht erbracht worden sei. Degen das Urteil ist Einspruch erhoben worden Göring d»n Rom «-gereist Rom, 28. April. Ministerpräsident Generaloberst Göring hat Rom mit dem Nachtschnellzug verlassen. Zum Abschied hatte sich in Ver tretung des in Florenz weilenden Botschafters der Botschafts rat van Plessen sowie der Landesgruppcnleiter der Auslands organisation der NSDAP., Ettel, auf dem Bahnhof eingesunden. Warschau, 28. April. An zwei Warschauer Hochschulen, nämlich an der Handelshochschule und an der landwirtschaftlichen Hochschule kam eg gestern wiederum zu schweren Ruhestörungen und Ausschreitungen seitens der Studenten. Insolgedessen wur den die Vorlesungen an beiden Hochschulen erneut eingestellt. Schwedische vrotestnote an die spanische Rationalregierung Stockholm, 28. April. Die skandinavischen Autzenministcr hatten, wie seinerzeit geweidet, auf ihrer letzten Tagung in Helsinki beschlossen, gegen die Aufbringung von Handelsschiffen in spanischen Gewässern zu protestieren. Ent sprechend diesem Beschlutz hat nunmehr, wie die Nachrichten agentur Tidningarnas Telegrambyra erfährt, die schwedische Regierung durch Vermittlung ihrer Gesandtschaft in Lissabon den dortigen Vertreter der spanischen Nationalregierung eine Protestnote überreichen lqssen. Der nationale Heeresbericht vom Dienstag Wetterführung der Offensive an der Vaskensront. Salamanca, 28. April. Der amtliche Heeresbericht vom Dienstag lautet: Front von Aragon: Ein Gegenangriff der Bolschewisten auf di« nationalen Stellungen von Santa Barbara wurde ener gisch zurückgewiesen, wobei der Gegner viele Tote und eine grotze Zahl von Gefangenen verlor. Front von Vitoria: Die Offensive der nationalen Trup pen wurde am Dienstag mit demselben Elan weiter sortgesührt wie an den Vortagen. Die nationalen Truppen haben folgende Orte besetzt: Marguina, Basterreel>ea, Bolivar, Eclievarria, Ba- nos de Uberuaga, Arrazola, Axpe und Abadiano. Ferner wurde der Höl;enzug von Atarregui und der Patz von Guerricaiz nach Ueberwindung des feindlichen Widerstandes erolwrt. Unter den Gefangenen befindet sich ein Oberstleutnant. Dem Feind wurde ein« grotze Menge Kriegsmaterial abgenommen. Sehr hoch ist cknch die Zahl der Gefangenen. Die Stadt Durango ist von den nationalen Truppen vollständig umzingelt. Von den Fronten bei A v i l a, S o r i a und Madrid ist nichts Neues zu melden. Südarmee: Leichtes Artillerie- und Gewehrfeuer an den Fronten von Granada und Cordoba. Flugwofse: Das schlechte Wetter verhinderte unsere Fliegerei an stärkerem Einsal; an der Front von Biscaya. Am 1. Mai Flaggen heran-! Berlin, 28. April. Aus Anlaß des Nationalfeiertages des deut schen Volkes fordert der Reichsminister für Volksaus- klärung und Propaganda die Bevölkerung auf. die Woh nungen und Häuser mit den Fahnen des Reiches zu beflaggen. „Heimkehrer" aus Sowjetrußland In jenen Kreisen der französischen Intelligenz, in denen die kommunistische Ideologie in den letzten Jahren immer mehr Freunde und Jünger gefunden hatte, ist Andrö Gide nicht der einzige geblieben, der durch ein persönliches Erlebnis Sowjetrutzlands entzaubert, ernüchtert, enttäuscht wurde. Seinem Bekenntnisbuch „ttoloui- üo l'v. ik. 8. 8.* sind andere Bekenntnisse gefolgt, die als antikommunisti- sches Material um so bedeutender und schwerwiegender sind, als es sich bei ihnen nicht um sensationelle Berichte mehr oder weniger glaubwürdiger Schreiberlinge über mehr oder weniger nachweisbare Greuel handelt, sondern um die eingehend argumentierte, auf persönliche Beobachtung ge stützte Kritik von Männern, die zum Schreiben berufen und befähigt sind. Unter ihnen zeichnet sich durch die Höhe des geistigen Niveaus und die Fülle der Ideen das Buch „lts- tour L la kü'anco" aus (Erasset, Paris), sein Bersasser, Brice Parain, gehört jener Bewegung des jungen geistigen Frankreich an, die, um die sehr hochstehende und einfluß reiche Zeitschrift „Esvrit" gruppiert, Träger des sogenann ten „Personalismus'^ ist und die Forderung nach dem Pri mat des Geistes und der Freiheit der Persönlichkeit stellt. Er läßt sich in die Linie jener Rebellen innerhalb des fran zösischen Katholizismus einreihen, die von Pascal zu P6- guy führt, mit dem ihn viel Wesensverwandteg verbindet. Bei ihm aber endete die religiöse Revolte nicht mit der Heimkehr zur Kirche, sondern — obwohl er bis heute gott gläubig blieb — mit oer Hinneigung zum Kommunismus. Fünfzehn Jahre lang folgte er diesem als blindbegcisterter Jünger, bis er durch einen zweijährigen Aufenthalt in U. R. S. S. sehend wurde. Was ihn, wie einen großen Teil der französischen 20jährigen Nachkriegsjugend in die Arme des Bolschewis mus getrieben hatte, das war die Enttäuschung über das „an der Industrie krankende" Vaterland gewesen: „Um uns herum herrschte Lüge und Unterdrückung: Krieg, schöne Gesten, schöne Worte: Gleichgültigkeit, Anmaßung, Jugend not." Alle diese Uebelstände, alle diese Nöte schrieb er der Industrie zu, „die — als Denkform identisch mit dem In tellektualismus — jeden gesunden Maßstab, alle irrationa len Werte vernichtete, jede Möglichkeit, Gerechtigkeit zu üben, aufhob, und den Menschen in eine endlose Reihe von Verwicklungen und Verkettungen trieb, in denen er jeden Augenblick Kostbarstes zu verlieren riskierte: das Leben, die Gesundheit, den gesunden Menschenverstand, die natür liche Güte, den Glauben an die Vorsehung, an die gutver richtete Arbeit, an sich selbst." Ans diesem „Reich des Todes und der Verzweiflung" rettete er sich in den Kommunis mus, in dem er die Wahrheit, aber vor allem „das Leben" suchte: „Ich habe geglaubt, er würde die Lüge zerstören. Ich habe geglaubt, er würde die Geschichte von Anfang an neu beginnen . . ." Nun entdeckt er, „das; der Kommunis mus, der heftigste, tyrannischste Verteidigerder Menschlichkeit und des Lebens, die Intellektuellen, die Klügler der Bour geoisie um sich versammelt hatte, . . . daß er alle seine Gleichheitsträume dem Industrialismus geopfert hat: daß er „wissenschaftlich" geworden war, „ein großer Versicherer" wie die Industrie, und'„auf Prosit" arbeitete wie sie, an statt die Menschen von dem Bedürfnis nach Sicherheit zu befreien". Wie sehr häufig in seinen Ausführungen beruft Parain sich hier auf ein Ehristuswort: „Seht die Vögel unter dem Himmel . . ." Denn er gehört zu jenen beson ders tragischen Erscheinungen unter den Jüngern des Kom- munismus, die dessen tiefsten und gefährlichsten Wesens zug, die unerbittliche Gottes- und Elaubensfeindschaft, nicht begriffen haben. Er sieht weiterhin, wie der Bolschewis mus die Sowjets, die Syndikate, die Partei zu Negierungs funktionen erniedrigte: wie die kommunistischen Führer der deutschen Volksbewegung verständnislos gegenüberstehen; wie sie Truppen ausrllsten zur Verteidigung des parlamen tarischen Frankreichs, im Moment, da das französische Volk anfängt, antiparlamentarisch üu werden. Er erfährt, daß die sowjetistische Regierung das professorale Leyrsystem wieder einfiihrte, das es zerstört hatte. Er hört das Echo der bäuerlichen Klagen. Er sieht, daß der ganze Kommu nismus „unmenschlich" geworden ist, wie alle Rationalis men; daß die Führer lächerlich und anmaßend sind, wie die Führer aller andern Systeme, umsomehr, als die große De mut des russischen Volkes, seine große Glaubens- und Hin- gabesähigkeit es ihnen erlaubte, so zu sein. „Darin liegt der Fehler, ja, das Verbrechen des Kommunismus, — Feh ler nicht im Sinne von Irrtum, sondern im menschlichen Sinne: sein Mangel an Menschlichkeit und an menschlicher Bescheidenheit. Er hat nicht genügend nachgedacht, ehe er sich als Gott herausstellts. Wenn man sich als Gott her- ausstellt, so nimmt man eine Aufgabe auf sich, die man meistern muß. Er hätte wissen müssen, daß die Vernunft nicht allmächtig ist, daß die Sprache unvollkommen ist. Er hatte nicht das Irrationale in den Gefühlen, die ihn tru gen, aufgeben sollen; er hätte bescheidener sein sollen. Er durlte nicht sagen: Lier ist die Wahrheit: sondern: hier