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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Prönumerationt-Preis 22t Silbergr. (j Thlr.) vierteljährlich, Z Tdlr. sür da» ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man prönumcrirt aus dieses Literatur- Blatt in Berlin i» der Expedition der Allg. Pr. Surats-Zeitung (Friedrich«. Straße Nr. 72); in Ler Provinz so wie im Auslände bei den Wohllöbl. Posi-Aemtern. Literatur des Auslandes. 89. Berlin, Mittwoch den 18. Mai 1842. England. Thomas Fuller, ein Geistlicher der Englischen Hochkirche. (Nach der Ldiuburi;!» kovie^v.) Seit kurzem hat man in England wieder angcfangen, den Werken Thomas Fuller'S, eines der originellsten Schriftsteller des I7ten Jahrhunderts, einige Aufmerksamkeit zuzuwenden. Daß sie deren nicht unwürdig sind, geht schon aus dem Urtheil hervor, das Männer wie Coleridge und Lamb darüber fällten. Ersterer stellt sogar an Geistesumfang und Fülle der Gedanken nur Shakespeare über ihn; und wie selten man auch der Meinung eines Kritikers beipflichten mag, der sich oft durch den ihin eigenen Enthusiasmus zu Acußcrungen ver leiten läßt, die der kältere Verstand mißbilligt, so können wir doch mit Sicherheit behaupten, daß cs nicht viele Schriftsteller giebt, deren Geist und Charakter ein anziehenderes Studium darbietet, als Fuller'S. Wir wollen mit einer kurzen Skizze seines Lebens beginnen. Er wurde im Jahre 1608 zu Aldwincle in Northamptonshire geboren, wo sein Vater Geistlicher bei der St. Peterskirche war. Schon im zwölften Jahre seines Alters bezog er die Universität Cambridge, wurde 1624 Bakkalaureus und 1628 >1axEr ^rxium. Kurz darauf zum Prediger an der St. BenediktS- kirche ernannt, erwarb ihm sein Rednertalcnt bald eine ausgebreitete Popu larität und schnelle Beförderung. I6ZI erhielt er eine Präbende bei der Kathedrale zu SaliSburp und gab in demselben Jahr sein erstes Werk heraus, ein Gedicht, das ganz den Stempel seiner Zeit trägt. Sogar der Titel schmeckt nach der Liebe zur Alliteration, die den Verfasser charakterisirt. ES heißt: „David's heillose Sünde, herzliche Reue und harte Strafe", und ist jetzt äußerst selten. ES möge in Frieden ruhen, da die Prosa-Schriften Fuller'S ihm ein besseres Recht auf das Andenken der Nachwelt verschafft haben. Nachdem er die Priesterweihen erhalten, wurde er Pfarrer zu Broad- Winsor in Dorsetshire, ging im Jahre I6Z5 nach Cambridge, um den Grad eines Bakkalaureus der Theologie anzunehmen, und kehrte dann zu seiner Ge meinde zurück, wo er sich verheiratete, aber seine Gattin nach drei Jahren im Kindbette verlor. In der Stille von Broad-Winsor beschäftigte er sich mit mehreren Werken, wozu er schon auf der Universität den Plan gemacht hatte; aber der Einsamkeit überdrüssig und ungeduldig, etwas über die öffentlichen Angelegenheiten zu erfahren, begab er sich nach London, wo ihm sein Talent als Prediger bald zu einer Lektorstelle am Savoy verhalf. Im Jahre 1640 gab er seine „Geschichte des heiligen Krieges" heraus, die ihm etwas Geld und noch mehr Ruhm erwarb. Der Kirchen-Versammlung, die um diese Zeit nach Westminster berufen wurde, wohnte er gleichfalls bei und hat uns eine genaue Schilderung ihres Verfahrens hinterlassen. 1642 predigte er in der Westminster-Abbey am Jahrestage der Huldigung des Königs, was ihn zu einigen im royalistischen Sinne abgefaßten, sehr kecken Anspielungen auf die damaligen Ereignisse veranlaßte. Die Predigt wurde gedruckt, gab der Par laments-Partei großen Anstoß und machte den Redner bei ihr nicht wenig verhaßt, obgleich damals sein bestes, populärstes Werk: „Der heilige und weltliche Stand" herausgekommen war. Da er dem Parlament nur unter gewissen Bedingungen den Eid leisten wollte, mußte er London verlassen und begab sich zu dem König nach Orford, wo er sich aber bei der royalistischen Partei eben so unbeliebt machte, wie bei der des Parlaments; ein Beweis seiner Freimüthigkeit und Mäßigung, nicht aber seiner Weltklugheit. Während seines Aufenthalts zu Orford wohnte Fuller in Lincoln-College, entging jedoch dcm Loose nicht, das zu jener Zeit der Reihe nach alle Parteien traf. Er wurde zur Sequcstrirung vcrurtheilt und aller seiner Bücher und Handschriften beraubt. Dieses Unglück wurde zum Theil durch die Großmuth der Lords Beauchamp und Middleser ersetzt, und von dem als tapferen Felv- herrn bekannten Sir Ralph Hopton erhielt er die Stelle eines Kaplans bei der Armee, auf welchem Posten er den Stoff zu seinem Werk; „Um Wor- Gies ok Luxlanfl" sammelte. Es scheint, daß er bisweilen „die Kirchen- trommel"") eben so gut wie die Prediger Cromwcll'ö zu schlagen wußte, in dem er bei der Belagerung von Basinghouse die Royalisten zu einer so hart näckigen Vertheidigung anfeuerte, daß die Republikaner unter Sir William Waller abziehen mußten. Nachdem die Königlichen Truppen nach Cornwall hineingetrieben worden, nahm Fuller in Ereter Zuflucht und war bei der Bc- Was beat 6r»t, iustead öt a lagerung dieser Stadt gegenwärtig. Hier trug sich eine Begebenheit zu, deren Zuverlässigkeit er verbürgt, und die von ihm auf eine so originelle Weise er zählt wird, daß wir sic in seinen eigenen Worten mittheilen. „Als die Stadt Ereter durch die Heerhaufen des Parlaments blokirt wurde, so daß nur die Südseite nach der See offen war, fand man in jener Richtung eine unglaubliche Menge Lerchen, die an Zahl den Wachteln in der Wüste glichen, obgleich ihnen, Gott sey Dgnk! weder in der Ursache noch in der Wirkung ähnlich, indem sie keineSwegcs durch den Zorn Gottes zum Verderben der Menschen hinabgesandt wurden, wie ihre heilsame Verwandlung in gesunde Speise beweiset. Hierüber kann ich mit Auge und Mund Zcugniß ablegcn. Um meine Glaubwürdigkeit zu bewahren, will ich keine Zahl angeben, da ich weiß, daß ich, wenn ich auch unter der Wahrheit bliebe, doch den Glauben übersteigen würde. Sie waren so fett als zahlreich, so daß zu dcm Preise von zwei Pence das Dutzend die Armen kein wohlfeileres, die Neichen kein wohlschmeckenderes Gericht haben konnten, nachdem sie zu Suppe gekocht wordcn. Man hat dafür mehrere na türliche Ursachen herausfinden wollen — die Hauptursachc aber war die gött liche Vorsehung." Nach der Einnahme von Ereter ging Fuller noch einmal nach London; eS wurde ihm aber verboten, das Predigcramt auszuüben, und er nahm da her die Stelle eines Kaplans beim Grafen von Carlisle an. Während der Jahre 1648 und 4'.» beschäftigte er sich hauptsächlich mit der originellsten seiner Arbeiten, der „Pisgah-AuSsicht auf Palästina und dessen Gränzen, mit der da selbst aufgcführten Geschichte des Alten und Reuen Testaments." Das Werk ist mit einigen seltenen Kupfern geziert, bei welchen der Künstler mit dem Ver fasser an sinnreichen Ideen wetteifert, und welche den Geist der Zeit eben so darstellcn wie der sie begleitende Tert. Hierauf gab Fuller mehrere geistliche Reden und Aufsätze heraus, die längst der Vergessenheit anheimgefallen find, und vermählte sich 1654 zum zweitenmal mit der Schwester des Lord Bal- tinglaß. Aber er wünschte wieder die Kanzel zu besteigen und wandte sich deshalb an den bekannten John Howe, den Kaplan Cromwell's, um die Er- laubniß dazu von der sogenannten Prüfungs-Kommission (6ourx ok Drierr,^ zu erhalten. „Sie schcn", sagte Fuller zu ihm, „daß ich gar wohl beleibt bin und durch eine sehr enge Pforte gehen soll. Ich bitte Sie daher, mir einen Schub zu geben, um mir durchzuhelfen." Howe gab ihm den besten Rath, und als ihn die Kommissare fragten; „ob er das Werk der Gnade in seinem Herzen verspüre?" antwortete Fuller mit einem vorsichtigen Gemein platz: „er könne den Allwissenden zum Zeugen nehmen, daß er sich sogar aus seinen Gedanken ein Gewissen mache"; womit er wahrscheinlich sagen wollte, daß er nicht ohne die genaueste Prüfung seiner Beweggründe das heilige Amt angetreten habe. Mit dieser Antwort waren sie zufrieden, und cs war vielleicht für Fuller gut, daß er sich nicht weitläuftiger darüber ausgelassen hatte. Im Jahre 1656 gab er die „Kirchengeschichte von Großbritanien", nebst angehängter „Geschichte der Universität Cambridge und des Waltham-Klosters" heraus. 1658 ernannte ihn der Lord Berkeley, einer seiner vielen Gönner, zu seinem Kaplan und beschenkte ihn mit der Pfarre Cramford, in der Graf schaft Middleser. Unmittelbar vor der Restauration wurde er in die Lektor stelle beim Savoy und in die Präbende zu Salisbury wieder eingesetzt und bald nach jenem Ereignis zum Königlichen außerordentlichen Kaplan und Doktor der Theologie ernannt. Er hatte eine Bischofsmütze im Auge, als der Tod im Jahre 1661 seinen irdischen Aussichten ein Ende machte. Fuller ist einer der wenigen bändercichen Schriftsteller, die nie langweilig werden; wo wir auch hingerathen, finden wir immer Etwas, das die Auf merksamkeit auf sich zieht. Das Thema mag noch so trocken und unfruchtbar seyn, er belebt es immer durch irgend eine unerwartete Wendung, eine unter haltende Eigenheit in den Gedanken und im Ausdrucke; die magerste Thatsache veranlaßt ihn entweder zu einer körnigen Bemerkung, einem originellen Schluß, einer sinnreichen Anspielung oder einer launigen Anekdote; wenigstens zu einer scherzhaften Alliteration oder einem drolligen Wortspiel. Wir haben hiervon ein merkwürdiges Beispiel in den Kapiteln seines „heiligen Krieges", wo er unS, wie er sagt, „eine Pisgah-Aussicht auf Palästina" giebt; und ein wo möglich noch schlagenderes in seiner „Beschreibung Jerusalems". Diese Auf sätze, die unter anderen Händen nur aus einer trockenen Reihe topographischer Notizen bestehen würden, sprudeln von dem unerschöpflichsten Witz über und werden durch endlose frappante Anspielungen belebt. Als Beispiel mögen fol gende Auszüge dienen: „Nain, wo unser Erlöser den Sohn der Witwe wieder ins Leben rief, so daß sie zweimal Mutter ward und doch nur einen Sohn hatte. — Der Berg Carmel, der Jüdische Parnaß, dem die Phropheten so oft zusprachen. —