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Nachr, »ultlltn. llnderlan,«« Lchriltstück' wc - nicht aulbeir alirt Vv58^kl)-5^KI Qualilätsmarken, ker- gestellt aus eälen Weinen Der Gemein-etag zur Vemaltungsreferm Die Mitslie-erverfammlunv Dresden, den S. Dezember 1928. Heute vormittag >1,15 Uhr begann tm großen Saale beS LuSstellungspalastes dte Mitgliederversammlung des Säch sischen GemeindetageS, an der etwa 750 Gemcindevcrtreter und ebensoviel« Zuhörer tcilnahmcn. Der Vorsitzende des Sächsischen GemeindetageS Oderbürgermeistrr De. Dlüster eröffnet die Verhandlungen mit einer längeren Begrü ßungsansprache, in der er besondere Worte des Will kommens an die zahlreich anwesenden Ehrengäste, die Ver treter der Reichs, und Landesbehörden, des Landtages und der befreundeten Verbände richtet. Es sind u. a. anwesend die sächsischen Staatsminister Dr. Krug v. Nidda und v. Falken st ein. Dr. Apelt, Elsner und dte meisten der Herren, die bereits dem gestrigen EmpfangSabend bei- gewohnt haben. Lautsprecheretnrtchtungen sollen eS ermöglichen, baß die Redner tn dem großen BerhandlungSranm ltberäll gut ver- standen werben. Stadtv. Schneller (Leipzigs stellt im Aufträge der kom- munlsttschen Gruppe des Sächsischen GemeindetageS zur Ge schäftsordnung den Antrag, daß der Gemeindetag zu de» Wirts chastSkämpfen an Rhein und Ruhr Stellung nehme. Er beantragt weiter unter großer Heiterkeit der Ver- sammlung, daß der Gcmeindelag der Internationalen Ar- bciterhilfe 5999 Mark für den genannten Zweck zur Verfügung stelle und die Gemeinden ausfordere, ebenfalls unverzüglich Mittel zu bewilligen. Ferner beantragte Stadtv. Schneller zur Geschäftsordnung, baß dte Aussprache über die VerwaltungS- reform ohne Einschränkung der Redezeit erfolgt. Beide GcschSstsorbnungsantriige werden mit großer Mehrheit abgclchnt. was bei den Kommunisten Psuiruse. bei dem übrigen Teile der Versammlung Gelächter auslöst. Stadtv. GLbel, Dresden sKomm.s, fordert, die Mandate der Bürgermeister von Zwenkau, Limbach, Lößnitz und Oels- nitz i. E. für ungültig zu erklären, da dte Wahl nicht ord nungsgemäß durch die Stadtverordneten erfolgt sei. Er ver- langt, baß andere Delegierte gewählt werden, die der Kom munistischen Partei angehören. Auf Vorschlag des Vorsitzen den beschließt die Versammlung, eine viergliedrige Kommission einzusetzen, die die strittige Frage klären soll. Den ersten Vortrag hält der Geschäftsführer deS Säch- fischen GemeindetageS Präsident Dr. Raumann über die sächsische Berwaltuirssreform. Der Redner knüpft an die bekannte Denkschrift des Präsidenten Schieck an, der der Versammlung selbst beiwohnt. Dr. Naumann sagt u. a.: Die Denkschrift SchtcckS hat sich in den Vordergrund beS allgemeinen Interesses geschoben. Ganz besonders verdienst voll ist es, daß sie alle Fragen der sächsischen Verwaltung, die gegenwärtig erörterungskedürftig erscheinen, erschöpfend hcrauSgearbeitet und zur öffentlichen Diskussion gestellt hat. Ein weiteres Verdienst ist es, daß dabei nicht nur der Gesichts. Punkt des Staates, sondern auch der Selbstverwaltungskörper, tn erster Linie der Gemeinden, dann aber auch der Gesichts punkt der Wirtschaft und schließlich auch der Gesamtheit der Volksgenossen in den Kreis der Betrachtungen gestellt werben. Wir sind schon seit 1lll8 in einem gleitenden Prozeß der Vcrwaltungsresorm. Leiber ist aber bisher ohne jeden inneren Zusammenhang und ohne einheitliches Ziel reformiert wor. den. Einzelne Reichsmintsterien haben für sich Reichsämter, wie Arbeitsgerichte, Arbcitsnachweisämter, Finanzämter usw. gegründet oder wollen es noch tun. Diese Unsicherheit muß auch die sächsische Berwaltnngsreform ungünstig beeinflussen, wie der Plan der Einziehung von Amtsgerichten und die Absicht des ReichsjustizmtnisteriumS. dte Justizverwaltung zu verrecchllchen, beweisen. Dazu kommt, daß in den Vermal- tungSeinrlchtungrn aller deutschen Länder eine Berschie- brnarttgkeit und Verworrenheit herrscht. Jede VerwaltungSresorm muß es sich deshalb als vornehmstes Ziel setzen, diese Verworrenheit zu beseitigen und tnsbesou- dcre den Staatsbürger wieder unmittelbar an den öffent- lichen VerwaltungSgcschäften zu beteiligen und zu tnter- essieren. Besonders ungünstig wirkt sich diese Fremdheit au» in der Einstellung der Volksgenossen zur Gemeind«. Man muß deshalb zunächst prüfen, ob eine VerwaltungSresorm in Sachsen für sich fetzt überhaupt möglich ist. Diese Frage ist zu bejahen, da ein« ganze Reihe von Fragen und Einrich- tungen tn einem io abschließenden Wt^tschaftöbezirk. wie ihn Sachsen darstellt, innerhalb der Landeögrenzen schon jetzt zu regeln sind, wie z. B. etwa die anderweite Austeilung der Amtvha«»t«a»uschaf» tea und Bezirksverbände. hie Ausgestaltung der Selbstverwaltung, Vereinigung der GewerbeauffichtS» Lmter, Wasserbanämter nsw. mit den staatliche« Mittelbehördeu. Zweifelhafter erscheint schon die Frage über die Beibehaltung der KretShauptmannschaften, weil wir danach streben müssen, einmal auch in den übrigen deutschen Ländern und im gesamten Deutschen Reiche einen einheitlichen Aufbau der Instanzen zu erreichen. Deshalb sind auch Gesetze zu begrüßen, die darauf abzielen, einheitliche Grund, lagen für einen Unterbau der Verwaltungsbehörden tm Deutschen Reiche zu schassen, wie es z. B. die vom Deutschen Städtetag geforderte Reichsstädteordnung vorsteht. Auch sür eine Rcichslandgemetndeordnung käme das in Betracht, wenigstens soweit es sich um Rahmengesetze handelt, di« im übrigen der Eigenart der historisch gewordenen Verhältnisse ln den einzelnen Ländern einen gewissen Spielraum lassen. Jede Verwaltungsreform muß i« erster Linie den Zweck verfolgen, die Verwaltung fiir dle beteiligte« ««»»kreise klarer «nd einsacher zu gestalte« und dabei zu dem Steinschen Gedanken der unmittelbaren Heranziehung der Volksgenossen zur öffentlichen Verwaltung zursickkommcn. Das schließt nicht aus, daß Ersparnisse erzielt werben. Der Sparzweck darf aber nicht an di« Spitze gestellt werden, weil sonst die Gefahr besteht, daß die wirk- lichen Zweckmäßigkeitsgedanken verkümmert werden, wie z. B. der Beamtcnabbau des Jahres 1924 bewiesen hat. Im übrigen müssen wir uns gerade bei der VerwaltungSresorm stützen aus eine reformfreudige und r e f o r m e i f r i g e Beamtenschaft, weil nur so eine zweckmäßige Durch führung der oft einschneidenden Maßnahmen möglich ist. Oberster Grundsatz muß sein: Die Verwaltung gehör« ln die «ntere Instanz. Jede Verletzung dieses Grundsatzes kringt folgerichtig Doppel, arbeit und Leerlauf tn der Verwaltung und damit Verteue rung des Apparates mit sich. Insbesondere müssen dte vor mals revidierten Städte, die auch jetzt schon untere Verwal tungsbehörde sind, die unbedingte Forderung erheben, daß sie mit allen Geschäften der unteren Verwaltungsbehörde betraut werden. Es ist ein unhaltbarer Zustand, daß eine diesen Ge- meinden gleichgeordncte Behörde, wie sie zurzeit die AmtS- hauptmannschaft darstellt, über Vorgänge in den vormals revidierten Städten zu entscheiden hat. Gegen den Grund- sah. baß die Verwaltung in die unterste Instanz gehört, ist auch von den Ministerialstellen häufig verstoßen worden. Be- sonders störend haben das die Gemeinden im Bereiche des Volksbildungsministeriums, aber auch des Arbeits. und Wohlfahrtsministeriums empfunden. In Durchführung dieses Grundsatzes sind eine ganze Reihe von Geschäften, die fetzt von Amtshauptmannschaften und Krcishauptmannschaften er ledigt werden, im Interesse der Verwaltungsvereinsachung künftig der Gemeinde als Selbstverwaltungskörper zu über tragen. Man würde über den Kreis der in der Schieck. schcn Denkschrift aufgezühlten Geschäfte noch wesentlich hinauSgchen können. Voraussetzung hierfür ist natürlich, daß überall leistungsfähige Selbstverwaltungskörper vorhanden sind, wie es bet den größeren Gemeinden schon jetzt der Fall ist. Hierzu gehört natürlich auch die finan- zielle Leistungsfähigkeit. ES ist mit allen Kräften auf die Bildung leistungsfähiger Selbstverwaltungskörper durch Zusammenlegung von Gemeinden zu dringen, notfalls auch durch Zwang. Sind in genügendem Umfange leistungsfähige Selbstverwaltungskörper vorhan den, bann kann dte Eigenschaft der unteren VerwaltungS- behörde auf eine weit größere Zahl von Gemeinden aus- gedehnt werden, als es gegenwärtig d«r Fall ist. Man kann unbedenklich auf Grund der neuen Anschauungen, dte auch für die Selbstverwaltung seit dem Kriege gelten, alle Gemein- den bis zu 5090 Einwohner herab und darüber hinaus noch einzelne Gemeinden, deren Leitung besondere Anforderungen stellt, mit der Fähigkeit der unteren Selbstverwaltung betrauen. Reformbedürftig scheint auch baS «erhältnis der Gemetnde« z«m Vezlrk»verd««d zu sein. Ich sehe die Hauptursach« der Klagen darin, daß die Bezirksverbände immer mehr und mehr Aufgaben und Funktionen der gemeindlichen Verwaltung übertragen er halten oder an sich gezogen haben. Man könnte daran denken, das Verhältnis dadurch besser zu gestalten, daß man di« ve- ztrkSverbände als Selbstverwaltungskörper mit frei gewählten Leitern von den staatlichen Amtshauptmannschaften trennt. Der zweite Weg, die AmtShauptleute zu Wahlbeamten zu machen, scheint nicht angängig, vor allem, wenn man damit umgeht, dte KretShauptmannschaften zu beseitigen. Der gesündeste Weg. die Reibungen zu mildern, ist, wenn dte Bezirksverbände sich eine weise Beschränkung tn der Uebernahme und ebenso tn der Durchführung von Ausgaben auferlege«. Da dte «mt»- hauptmannschasten nach unseren Vorschlägen künftig akS unter« Verwaltungsbehörden stark entlastet werden, wird man die Zahl der jetzigen Amtshauptmanuschafte« wesentlich verriuger« können. Die Grenzen der amtshauptmannschaftlichen Bezirk« sind seinerzeit gezogen worden bei einem verhältnismäßig niedrigen Stande des Verkehrswesens. Von besonderer Wich tigkeit ist die Entscheidung der Frage, obdieKretshaupt- mannschaften jetzt schon beseitigt werden können. Da wir unbedingt danach streben müssen, einmal in Deutsch land zu einem einheitlichen Unter-, Mittel- und Oberbau zu kommen, wird diese Frage Schwierigkeiten begegnen, solang« wir noch nicht wissen, wie tn den anderen Ländern, insbeson dere tn Preußen, hinsichtlich der Regierungspräsidenten ver fahren wird. Während maßgebende Vorschläge bisher dte Ab schaffung der Regierungspräsidenten empfahlen, nähert sich daS preußische Innenministerium gegenwärtig wieder der Ansicht daß sie betznbehalten seien. Für Sachsen wird man bei sorg, sältlger Prüfung dahin kommen müssen, daß die Kreishauptmannschastcu eutbehrlich sind und tm Interesse einer Verwaltungsvereinfachung ihre Beseitigung zu begrüßen wäre. Soweit sie jetzt VerwaltungS« gerichtSfunktionen haben, müssen Verwaltungsgerichte natür lich bestehen bleiben. Ganz besonders muß zum Schluß noch darauf hingewiese» werden, daß das Rechtsmittel wesen reform- bedürftig ist, weniger der ordentliche Jnstanzenzug, als vielmehr die sogenannte Aufsichtsbeschwerde, weil die Praxis erwiesen hat, daß damit außerordentlicher Mißbrauch ge trieben werden kann und getrieben worden ist. Alles Bis- hertge war tm wesentlichen Behördenrcform. Ebenso wichtig erscheint aber die A u f g a b e n r e f o r m. Hier ist vom Standpunkt der Gemeinden daraus htnzuweisen, daß die jetzige Definition zwischen eigenen »nd übertragenen Ge schäften im Sinne von 8 4 der Gcmctndeordnung nicht genügt. Sie hat von Anfang an nicht genügt, und deshalb ist auch bereits tn der Begründung zu der Gcmctndeordnung gesagt worden, baß die Regierung einen Katalog aufstellen wird, was als eigenes und übertragenes Geschäft anzusehen sei und daß die Durchsicht und Neuordnung der bestehenden Bor- schriften sofort tn die Hand genommen werden würde. ES muß deshalb verlangt werden, daß. nachdem in der Zwischen- zeit dieser Katalog noch nicht zustande gekommen ist, dte Regierung nunmehr mit größter Beschleunigung diese Arbeiten zu Ende führt. Die eingehenden, von großer Sachkenntnis getragene« Ausführungen finden in der Ricscuvcrsammlung ungeteilte Aufmerksamkeit und rufen am Schlüsse lebhaften Beifall her vor. Man gewann den Eindruck, daß hier ein Mann sprach, der über den Parteien steht und dem die Förderung des Allgemeinwohls am Herzen liegt. Ser WMmoknitisch« etandpunkl Der Zweite Redner zu dem gleichen Thema ist der Erste Bürgermeister Mltg lRaöebers). der frühere langjährige sozialdemokratische LanbtagSabgeord- nete, der dem sächsischen Kabinett auch eine Zeitlang alS Innenminister angehört hat. Uhlig behandelt die Frage vom Standpunkt letner Partei ans und übt an der Schieckschen Denkschrift mehrfach Kritik, wobei er auch zum Ausdruck bringt, daß dte Denkschrift eine politische Stellungnahme er kennen lasse. Die Gründe, die er hierfür anführt, wirken aber nicht überzeugend. Aus den Darlegungen des Redners sei folgendes hervor- gehoben: Selbstverständlich erheben auch wir dte Forderung nach Selbstverwaltung, nach Verlegung aller praktischen Ver- waltungStätigkcit an die unterste Stelle. So kommt auch daS Bedürfnis, daS sich an den Funktionär des Gemeinwesens wendet, am besten zu seinem Rechte. In sehr weitgehendem Maße wird als Beweis für daS Bedürfnis nach Verein- fachung der Verwaltung die Notwendigkeit de» Sparen» hingcstellt. ES bleibt aber fraglich, ob relativ die Ersparungsmöglichkeiten sehr groß sein werden. Auch muß als Motiv der Vereinfachung vor allem das organisa torische Bedürfnis und das Interesse der Staatöbewohner in den Vordergrund gestellt werden. Einfachheit, Klarheit «nd Selbft»erftä«blichkelt der Organifatio« und der für sie getroffenen Bestimmungen muß damit Hand tn Hand gehen. An Uebersichtlichkett leidet gegenwärtig unser gesamte» Verwaltung»- und NechtSwesen in keiner Weise. Die Schaffung klarer und einfacher Regeln für alle Rechts- «nd Leben», beziehungen ist aber ein dringendes Erfordernis auch der VerwaltungSresorm. Insbesondere müssen wir auch für da» Reich zu ,olk»m««ner Recht», «nd Berwalt«ng»ei«heit kommen, und auch unsere spezifisch sächsische Verwaltung», reform muß in den Gesichtswinkel der ReichSetnhett gestellt