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Wochenblatt für ' Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt de» Königlichen Gerichtsamtes und des Sta-trathes zu Kischofswerba. Diese Jeitschrist erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch» und Sonnabend», und tastet vierteljLhrlich 12',, Rgr./ Inserate werden nur bi« Dienstag« und Freitag« früh 8 Uhr angenommen. 38. Sonnabend, den 11. Mai I 1867. Die Bundesverfassung und die Einzel staaten. Der Reichstag und die verbündeten Regierungen haben das Verfassungswerk für den norddeutschen Bund abgeschlossen und die fertige Verfassung liegt nun den einzelnen Landesvertretungen vor. Im preußischen Abgeordnetenhause, der wichtigsten Stelle, hat die Berathung bereits begonnen. Der Abgeord nete Waldeck hat die Parole der Opposition ausge sprochen, indem er die beschlossene Verfassung als ein unerhört unvollkommenes Werk bezeichnete. Wie die Sache steht, ist aber außer allem Zweifel, daß das Ab geordnetenhaus die Verfassung unverändert annimmt, mid die Minorität kann voraussichtlich nur 70 und einige Stimmen zählen. In Sachsen hat die Kam mer die Reichsversassung bereits angenommen. In den kleinen Staaten und deren Vertretungen kann die Zustimmung kaum versagt werden. Die Mit glieder der Einzellandtage haben hierbei eine ganz an dere Stellung, als die Mitglieder des Reichstages sie ein zunehmen verpflichtet waren. Im Reichstage hatten die Vertreter des norddeutschen Volkes, unbeirrt durch Par- ticular-Jnteressen und im Gefühl nationaler Einigung, über das Ganze zu entscheiden, inwieweit es den An sprüchen der Nation genüge. Hier war das eigent liche Feld für den Kampf der Machtverhältnisse mit den Anforderungen eines volksthümlichen Verfassungs rechtes. Dort war Stärkung der Centralgewalt einer seits, und die Wahrung politischer Freiheit und po litischen Rechts andererseits der Gegenstand der Be rathung. Es handelte sich darum, den Entwurf zu Gunsten bestehender und zu gewährender Volksrechte zu verbessern. Än der liberalen Partei war es, Ver besserungs-Anträge einzubringen und durchzufechten, Md je nachdem ihr das Endergebniß dem Auftrag der Nation entsprechend schien oder nicht, die Stimme für oder wider zu geben. Nachdem die Mehrheit ent schieden hatte, war der Abschluß gegeben. Das preu ßische Abgeordnetenhaus allein, welches 25 Millionen gegen 5 Millionen vertritt, hatte noch ein maßgeben des Urtheil zu sprechen, zumal die preußische Ver fassung am wesentlichsten dabei betheiligt ist. Sweümdzwanjigster Jahrgang. In den kleinen Staaten ist die nachträgliche Be rathung der Verfassung keine Frage mehr der politischen Freiheit. Es ist nach Auflösung des alten Bundes und nach dem allgemeinen Macht- oder vielmehr Ohnmachtverhältniß der kleineren Staaten platter dings unmöglich, daß einer dieser norddeutschen Staaten seine volle Souveränetät beibehalten kann. Die Frage ist hier lediglich eine Finanzsrage oder, schärfer ge nommen, eine Existenz-Frage. Halten die Finanzen der Einzelstaaten den enormen Druck der Militärlast nach dem Matricular-Maßstab aus, so ist noch Lebenskraft vorhanden, wenn nicht, allerdings nicht. Die Frage der Zustimmung zu dem nun fertigen Werk kann keinem Zweifel unterliegen. Die Aufgabe der Landesvertretung ist vielmehr lediglich darin zu finden, die damit nothwendig eintretende Belastung der Steuerkraft so auszugleichen, daß eine möglichste Schonung im Allgemeinen und eine billige Vertheilung auf die Steuerpflichtigen insbesondere eintritt. Hierzu sind größere Finanz-Operationen zur Vereinfachung des Staatshaushalts und solche Veränderungen im Steuersysteme nothwendig, welche bestehende Ungleich heiten aufheben und neue vermeiden. Nicht durch eine künstliche Vermehrung der Steuern oder ein Herumtasten in allen möglichen Gebieten, die für die Besteuerung noch nicht genügmd ausgebeutet sind, sondern einzig und allein durch eine durchgreifende, auf das Einkommen nach richtigem Verhältniß repartirte, auf einfache und kostensparende Einschätzung basirte allgemeine Steuer kann hier zweckmäßig geholfen werden. Preußen hat die Beiträge zu den Kriegs lasten nicht erst mühsam einzufordern, denn der Er trag der Zölle, der Zucker-, Branntwein-, Salz-, Bier- und Tabakssteuer soll ohne Weiteres in die Bundescasse fließen. Unsere Sorge muß also darauf gerichtet sein, den Mangel aller indirekten Einnahmen durch directe Besteuerung schleunig zu decken, Md dafür das richtige Mittel zu finden. 8. DAuuöschan. Die Ergebnisse unserer diesmaligen Rundschau gleichen einem reichen Diner mit vielen Gängen, von denen man bei jedem Gerichte nur etwas Wenige-