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Mchklitz-ZitW Die ..Weißeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-. einmonatlw) 42 Nia. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Amtsljauplinannschaf!, das Königliche Amtsgericht nnd dm Stadtrath zu Dippoldiswalde. Inserate, welche bet d« bedeutenden Auflage d«> Blattes eine sehr wirk sam« Verbreitung findend werden mit 10 Pfg. die Epaltenzetle odervtrar Raum berechnet.—Ta bellarische und complieirte Jnftrate mit entsprechen dem Aufschläge-»- Einge sandt, irn redaktionellen Theile, die Spaltenzeüe 20 Pfg. Verantwortlicher Redactmr: Paul Ichne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Jllustrirten UnterhattungSblatt".Mit land- und hauSwirthschaftlicher Monatsbeilage. Nr. 109. Sonnabend, dm 17. September 1898. 64. Jahrgang. Erntedankfest. ES ist in letzter Zeit mehrfach die Frage auf geworfen, ob Deutschland aus dem Wege sei, auS einem Staat, in dem die Landwirthschaft noch eine hervorragende Stelle einnimmt, ein Industriestaat zu werden. Mögen die Ansichten hierüber sehr verschieden sein, so viel ist gewiß, es giebt noch recht weite Strecken in unserm Vaterlande, wo die Herzen sehr vieler Menschen höher schlagen, wenn eS gilt, Ernte dankfest zu feiern. Und wahrlich, dieses Fest, wie es in Haus und Hof und in der Kirche begangen wird, gehört zu den schönsten Tagen im Leben unseres Volkes. Viel Mühe und Arbeit, viel Sorgen und Bedenken sind durchgekämpft, und nun sind endlich die Schätze in Scheune und allerlei VorrathSräumlichkeiten ge borgen, und man sieht einer gesicherten Winterzeit ent gegen. Das giebt eine stille Befriedigung im Gemüth, wie sie der fort und fort hastend' und spekulirende Kaufmann und Industrielle kaum kennt. Es ist ja auch kein Stand so abhängig von unberechenbaren und der menschlichen Einwirkung gänzlich entzogenen Faktoren wie der der Landleute. Das macht ihn trotz seiner bekannten Neigung zum Schelten über das Wetter zu einem vor Andern ergebenen Menschen. Dazu hat er öfter Veranlassung, zu bekennen, daß doch schließlich noch Alles ein gut Theil besser ge worden, als er gefürchtet. Das möchte gerade in diesem Jahre an nicht wenigen Stellen zulreffen. Im Winter keine Kälte und bis tief in den Sommer hinein keine Wärme, das ist unnatürlich, wie kann daraus Gutes folgen, so urtheilt unsere kurzsichtige Menschenklugheit. Und nun hört man Worte wie die: „Ich erinnere mich nicht, je so viel Gras in der Wiese gehabt z r haben. Getreide, Kartoffeln, alles ausgezeichnet!" Freilich hie und da haben Wassersluthen bösen Schaden angerichtet, aber wo käme jetzt ein wirklich großes Unglück in unserm Volke aus, ohne daß sich alsbald viele Hände öffneten, es zu lindern. Statt in vielen Reden und Zeitungsartikeln einen Stand wieder den anderen und diesen Erwerbszweig gegen jenen zu Hetzen, sollen wir es als eine sehr gnädige Gottes führung erkennen, daß jetzt die Menschen in vieler Hinsicht bedeutend näher an einander gerückt sind als früher. Diejenigen, welche recht Erntedankfest zu feiern verstehen, fühlen sich an dem Tage mit vielen andern wie eine große Ktnderschaar unter einem grundgütigen Vater. Sollte es denn aber nicht über haupt Gottes Liebesabstcht sein, alle Menschen und zunächst jedenfalls die Glieder ein und desselben Volkes zu einer großen Familie zu verbinden? Und wer sollte dafür mehr Verständniß haben, als wir Deutsche? Denn Sinn für HauS und Familie ist von uraltersher «ine besonders köstliche Eigenschaft des deutschen Ge- müthes gewesen. Und wo der herrscht, da weiß man selbst bei spärlicher Ernte fröhliches Danksest zu feiern. Denn man kennt höhere Güter, als die, welche in Geld und Silberwerth ausgedrückt werden können. Man hat den alten Spruch: „Mit Vielem hält man Haus, mit Wenig kommt man auS" darum so gut verstanden, weil man sich für nichts so sehr getrieben fühlt zu danken, als dafür, daß man im Verein mit einigen lieben Leuten in stillem Frieden seine Tage verleben darf. Besseres wüßten wir unserm Volke in der Thal nicht zu wünschen, als daß heut am Ernte dankfeste solch ein edles und tiefes Dankgesühl in unzähligen Häusern und Herzen angetroffen werde! -Lokales und KSchstsches. Dippoldiswalde. Am 1. Oktober d. I. tritt auf den sächsischen EtaatSeisenbahnen und den mttverwal» teten sonstigen Eisenbahnen der Wintersahrplan in Kraft. Nähere Auskunft ertheilen vom 16. d. M. ab die Stationen und Auskunftsstellen. Bei beiden ist auch der neue Fahrplan zu dem Preise von 5 Pf. (Buchform) und von 30 Pf. (Plakatform) zu erhalten. — ES hat sich im Geschäftsleben wie im Privat verkehr der Brauch eingeschlichen, an der Stelle der eigenhändigen Unterschrift das sogen. Faksimile, einen autographischen Stempel, der die eigene Hand schrift nachahmt, zu setzen, ein Brauch, der stillschwei gend al» rechtSgiltig angesehen oder wenigstens ge duldet wird. Wir möchten jedoch vor zu großer Aus dehnung dieses Brauches warnen, da bei einem Rechts streite einer mit einem solchen Faksimile versehenen Urkunde keine Rechtskraft zugesprochen werden kann. — Das am Freitag Abend überall beobachtete Nordlicht veranlaßte den Kirchner in Klingenthal, mit der Feuerglocke Sturm zu läuten. Bald erschollen denn auch die Signale der Feuerwehr und die Spritzen jagten vorbei. Anfangs glaubte man. da der Feuer schein nach R stand, in Ober-Eachsenberg sei ein Brand ausgebrochsn. Als nun aber sich die Erschei nung drehte und im M sichtbar wurde, erkannte man, daß ein Naturphänomen die Lichtquelle sei. Abschied von der Garnison! „Ich war Soldat und war es gerne, doch jetzt ist meine Dienst zeit auS." So singend versammeln sich in diesen Tagen mit freudig bewegtem Herzen die zur Entlassung kommenden Mannschaften zum letzten Male auf dem Kasernenhof, um ihrem Hauptmann und Kompagniechef Lebewohl zu sagen. Zwar war es eine lange Zeit, voller Anstrengung und Entbehrung und sauer genug ist es wohl manchem geworden, doch half das militä rische Ehr- und Pflichtgefühl schwere Stunden leichter überwinden. Ein Jeder sieht am Entlassungstage seine Vorgesetzten mit ganz anderen Augen an, sie Alle sind bemüht gewesen, einem Jeden eine recht gute militärische Erziehung angedeihen zu lassen, war dieselbe auch oft mit großen Schwierigkeiten ver knüpft. Der Abschied fällt schwerer, als man sich diesen gedacht hat. Die Kaserne mit ihrem Exerzier platz, auf welchem man so viels Mal tüchtig „dran gemußt," erscheint jetzt wie ein trautes Heim, in welchem man zwei volle Jahre sorglos gelebt hat. Die Garnison mit ihrer vielseitigen Abwechselung und Zerstreuung, an die sich so manche zarte Erinnerung knüpft, macht das Scheiden doppelt schwer. Ist es doch, als ob man sich von alten, liebgewordenen Be kannten trennen müßte! Der gestrenge Chef hält eine kurze, kernige Ansprache, wünscht einem Jeden ein gutes Fortkommen und spricht die Erwartung aus, daß, wenn einst die Pflicht ruft, sie sich Alle, eingedenk ihres als Rekruten geleisteten Eides, treulich sammeln werden zu ihrer Fahne, dem Symbol der Treue. — Aller Aerger und Verdruß ist vergessen, ein Jetnr erwidert kräftig den Händedruck seines Hauptmanns und ein vielstimmiges, von Herzen kommendes „Adieu, Herr Hauptmann" liefert den besten Beweis, daß Keiner auch nur den leisesten Gedanken der Unver söhnlichkeit mit in die Heimath nimmt. Quohren. Am Mittwoch Nachmittag hielt die Possendorfer Lehrerkonferenz im hiesigen Gasthofe ihre Versammlung ab, welche von sämmtltchen Mit gliedern besucht wa'. Zunächst hielt Herr Lehrer Seyfert - Quohren in seiner 1. Klaffe eine praktische Lektion und hierauf im Gasthofe einen Vortrag über: Der deutsche Aussatz in der einfachen Volksschule. Die sich hieran schließende Besprechung über das Ge botene war eine äußerst lebhafte. Pofsendorf. Nachdem in unserer Gegend oie Ernte, die dieses Jahr ausgezeichnet war und sehr gut unter Dach und Fach gebracht werden konnte, beendet ist, findet nächsten Sonntag das Erntedankfest statt. Der Dankgottesdienst, der Nachmittags 2 Uhr beginnt, wird durch Gesänge des hiesigen Kirchenchors verschönt werden. Die Festpredigt hält Herr Diakonus Arland. Hänichen. Zum Betriebsdirektor des hies. Hänichener Steinkohlenwerkes ist Bergdireklor Günther in Lugau b. Zw. gewählt worden. Bärenhecke. Hier wurde dieser Tage mit dem Abbruch der Gebäude des von der neugegründeten Müllereigenoffenschaft angekausten Mühlengrundstückes begonnen und somit wird der umfangreiche Neubau noch dieses Jahr seinen Anfang nehmen. Dresden. Am 15. September versammelte sich der Kirchenvorstand der LukaSgemeinde und wurde unter Gebet und Segen der erste Spatenstich zur LukaSkirche gethan. — Aus Anlaß des 350jährigen Bestehens der kgl. musikalischen Kapelle findet am 22. d. M. nach dem Concert ein Festbankett statt. Den Ehrenvorsitz über nahm der Intendant Graf Eeebach. — Die Staatsregierung hat Erhebungen an geordnet über Verwendung von Borsäure zur Fleisch- konservirung, über Numerirung der Fahrräder u. s. w. — An der in der Zeit vom 25. d. MtS. bis 5. Oktober im AuSstellungSpalaste zu Dresden stattfinden den Ausstellung der gewerblichen Unterrichts anstalten des Königreichs Sachsen find inSgesammt 259 Unterrichtsanstalten betheiligt, damnter die Pirnaer Handelsschule und die gewerbliche Gruppe der Extraner dieser Schule, sowie dann weiter die deutsche Fachschule sür Müller zu Dippoldiswalde, die deutsche Uhrmacherschule zu Glashütte, die Strohflecht schulen zu Altenberg, Geising und Dippoldiswalde, der gewerbliche Zeichenunterricht zu Gottleuba, die Handelsschule zu Dippoldiswalde und die Schiffer» schulen zu Pirna, Wehlen, Königstein und Schandau. Die Mannigfaltigkeit der Ausstellung wird, entsprechend dem vielseitigen Charakter des getperblichen und industriellen Lebens in Sachsen, eine außerordentliche sein; von der einfachen Klöppelschule bis zur höheren Webschule, von der Sonntags- zmd Abendschule bis zu der die Zeit und Kraft des Schülers jahrelang in Anspruch nehmenden Fachschule find alle Abstufungen vertreten, so daß also ein umfassendes Bild des ge werblichen Unterrichtswesens und der damit ver bundenen Bestrebungen geboten werden kann. — Ein weiterer Schritt für den Bahnhofsumbau in Dresden-N. ist gethan. Die Staatsbahnoerwaltung schreibt jetzt die Vergebung der Erd-, Maurer- und Rüstungsarbeiten für den Unterbau des Empfangs gebäudes sür den Personenbahnhof in Dresden-Neu stadt (rund 5770,00 qw bebaute Grundfläche) ein schließlich der Lieferung der erforderlichen Materialien an den Mindestsordernden aus. Der Bau umfaßt circa 30000 ebva Grundgrabungsmassen, 6050 odm Rohbaumauerwerk, 2470 obw Kalkcementbeton und Stampfbeton-Gewölbe, sowie 980 obm Kalkbston. — Großes Aufsehen, aber auch viel Bestürzung verursacht in Kötzschenbroda der Zusammenbruch der hochangesehenen Firma Hugo Weickert, Kolonialwaaren, Delikatessen rc., des ersten und größten Geschäfts der Branche in der Lößnitz. Weickert erfreute sich eines ausgedehnten Kredites und hat diesen in kaum glaub licher Weise ausgenutzt, viele Tausende betragen die Summen, tüe ihm baar anvertraut wurden. Ein zelne haben ihm ihre ganzen Ersparnisse, ja, ihr ganzes Vermögen anoertraut, darunter sehr kleine Leute. Nebenbei hat W. Wechselfälschungen in bedeutendem Maße ausgeführt, und um der ihm deshalb drohenden Bestrafung zu entgehen, hat sich W. durch Erhängen im Walde bei Langebrück das Leben genommen. Die Frau W.'s ist geistesgestört geworden und befindet sich in der Jrrenstation deS Krankenhauses in Dresden. Der Konkurs über das Geschäft ist eröffnet, wieo.el dabei für die Gläubiger herauskommen wird, ist noch nicht zu übersehen. — Unter dem Verdachte, das große Schadenfeuer auf dem Rittergute Rottwerndorf verursacht zu haben, war bekanntlich der zweite Verwalter jenes Rittergutes in Untersuchungshaft genommen. Vor einigen Tagen ist derselbe aber wieder auf freien Fuß